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Autor Thema: Die Straße nach Keren (mit Bildern)  (Gelesen 2116 mal)

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KingKobra

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« am: 29. September 2015 - 22:28:50 »

Eritrea, 1942. Nach Jahren der Grausamkeiten geht es den italienischen Besatzern an den Kragen, britische Kräfte machen sich auf, das Land zu befreien. Viele der zahlenmäßig überlegenen Italiener ergeben sich, die ehemals Besetzten nehmen blutige Rache. Nur wenige italienische Soldaten werden sich in den kommenden Jahren einen Guerilla-Krieg mit den Briten liefern. In den Reihen der Befreier finden sich auch französische Fremdenlegionäre, zumeist spanische Republikaner, die vor dem Franco-Faschismus in die Legion geflüchtet sind. In Ostafrika treffen sie auch auf Italiener, die für Mussolini dabei halfen, die linke spanische Republik niederzuschlagen...

Jean-Armand und ich haben unlängst mal die Herausforderung angenommen, den ostafrikanischen Kriegsschauplatz nach Chain of Command (CoC) aufleben zu lassen - ich habe bereits mit Florian das eine oder andere Gefecht des spanischen Bürgerkriegs nach diesen zu Recht hoch gelobten Regeln ausgetragen, Jean-Armand war bislang nur Schriftgelehrter, das hat sich nun geändert.

Zwei Partien wurden gespielt, in der ersten entschieden wir uns für das Einstiegsszenario, Patrouille. Vor dem eigentlichen Spielbeginn liegt bei CoC die so genannte Patrol Phase, in der schlicht mehrere Marker übers Spielfeld bewegt werden, die die jeweiligen Patrouillen der beiden Seiten repräsentieren. Sie müssen eine ununterbrochene Kette bilden von max 12\" Abstand, kommen sie 12\" an den Gegner, sind die Marker geblockt. SInd alle Marker geblockt, ermittelt man aus ihren Positionen die Jump-Off-Points, also die Orte auf dem Spielfeld, bis zu denen man seine Truppen sicher bewegen kann. Hier bringt man nach und nach seine Einheiten ins Spiel. In unserer ersten Partie führte das dazu, dass die Legionäre von Jean-Armand das zentrale Dorf hielten und gute Schusspositionen auf den Dächern hielten, meine Italiener dagegen außer einem trockenen Wadi kaum sichere Zugänge finden konnten.



DIe Legionäre waren als regular forces eingestuft, die Italiener vom 11. Plotone di Fanteria \"Nero d\'Avola\" hingegen waren grüne Rekruten, ideologisch gefestigte Schwarzhemden direkt aus der Grundausbildung. Wie man den Kopf unten behält, das hatte ihnen keiner gesagt. Ein einsamer Scharfschütze hielt zunächst die Legionäre in Atem, die aber schnell eine Übermacht in guter Deckung aufs Feld brachten. Die Gewehrgranatwerfer der Legion und ihre leichten MGs machten kurzen Prozess aus jedem kleinen Italiener, der auch nur versuchte, auf die französischen Positionen vorzurücken, der Lancia Panzerwagen \"Il Falcone\" unter Führung von Sergente Matteo Ansolo, der auf der Straße vorrückte, ging nach drei Schüssen der Panzerabwehrkanone in Rauch auf - der MG-Turm war zerstört. Demoralisiert zogen sich die Faschisten zurück.

Fazit: Grüne Truppen werden bei Chain of Command schnell getroffen, wenn sie dann noch im offenen Terrain stehen, bleibt rasch nichts von ihnen übrig. Aber wir haben die Mechanismen gelernt: Der Zug ist bei CoC in eine undefinierte Zahl von Phasen eingeteilt, der aktive Spieler einer Phase wirft seine Kommandowürfel (in der Regel 5). Eine 1 aktiviert ein Team, eine 2 eine ganze Einheit (aus mehreren Teams), eine 3 einen Junior Leader, eine 4 einen Senior Leader, eine 5 zahlt auf ein Konto für Spezialaktionen ein, die Zahl der geworfenen 6er entscheidet darüber, wem die folgende Phase gehört. Wir haben es beide geschafft, drei Phasen am Stück für uns herauszuwürfeln, das kann die Aktionen des Gegners stark einschränken. Auf der anderen Seite muss man gut überlegen, was man mit seinen Aktivierungswürfeln im entscheidenden Moment erreichen kann.



In der zweiten Partie haben wir das Spielfeld etwas umgebaut, erneut das Patrouillen-Szenario gewählt, die Italiener auch auf regular gestuft und ein gänzlich anderes Spiel bekommen. Plötzlich war auf beiden Seiten alles möglich, die Legionäre hatten mehrere Bereiche freien Landes zu überbrücken und arge Schwierigkeiten damit - in CoC wird die Bewegungsweite erwürfelt. 1W6 bewegt langsam, amn kann dann mit halber Kraft noch schießen. 2W6 bewegt normal, ohne weitere Möglichkeiten, 3W6 ist ein schnelles Rennen, aber es bringt die betroffene Einheit ein wenig aus dem Tritt, sie wird sich aller Voraussicht nach nach dem Sprint erst sammeln müssen. Bei ihren Bewegungen lagen die Legionäre unter dem Beschuss zweier leichter Maschinengewehre der Gruppo Rosso, die zunächst aus einer Einheit Kleinholz machten, bevor sie sich in einen Abnutzungskampf mit den Franzosen begaben. Die Gewehrträger ihrer Einheit hatten weniger Glück und wurden durch Beschuss stark minimiert. Auf der linken italienischen Flanke hielt dagegen die Gruppo Giallo exzellent ein Wäldchen und ein Haus gegen den zugegeben stockenden französischen Vormarsch. Am Ende fiel die französische Truppenmoral durch die Verluste von Männern, Offizieren und Gerät auf 2, während sich die Italiener gerade noch an einen guten Durchschnittswert klammerten. ein extrem knappes Spiel.

Uns haben die CoC-Regeln großen Spaß gemacht, die Komplexität ist moderat, ein wenig mehr Übung und es läuft ganz geschmeidig. Weiter geht es auf der Straße nach Keren, zur Befreiung Eritreas.

Mehr Bilder hier.
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Pedivere

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #1 am: 13. Oktober 2015 - 22:30:57 »

wie ich das übersehen konnte....
ja, vielen Dank für einen äußerst spanenden und unterhaltsamen, sehr verlängerten Spielenachmittag.

Meine lang erwartete Initiation in Chain of Command hat sich also genauso zufriedenstellend herausgestellt wie ich es erhofft hatte.
Nichts gegen Bolt Action und andere spaßorientierte historische Spiele (den spitzen Ellenbogen gegen Miniaturverkaufsregelwerke aus dem Hause Warlord Games kann ich mir hier nicht verkneifen 8) ), wer aber Spielmechanismen ausprobieren möchte die den tatsächlichen Einsatz der Truppen nachempfinden, ist mit einem Spiel aus dem Hause Too Fat Lardies nicht allzu schlecht beraten.
Aber Vorsicht - ischt cool man ! :D

weil nämlich die ganzen Hürden die man nehmen muß um in den Genuß zu kommen (ja, man glaubt es kaum, es ist nicht regellastig und macht auch noch Spaß) für den Spieler der annodazumal mit Warhammer eingestiegen ist (jaja, wir auch) schon gewöhnungsbedürftig sind.

Zum einen kommt man nicht drumherum, einen kompletten Zug des jeweiligen nationalen Militärs inklusive der gängigsten Unterstützungstruppen für den Einsatz vorzubereiten. Nicht zehn, nicht zwanzig, im Schnitt vierzig Figuren sind das und die meisten haben sehr unterschiedliche Kombinationen von Waffen und Führungskadern.
Zum anderen wird es die Regeln wohl nie in Goethes Ausdrucksformat geben, in deutsch - immer wieder erstaunlich zu sehen wie dieser Aspekt zu der Beliebtheit eines Spiels in DE beiträgt (zuletzt an Imperial Assault beobachtet), und das alles trotz Globalisierung und englischsprachiger Dominanz in der wargaming Branche.

Ich kann nur betonen, daß die größte Hürde bei CoC nicht die vermeintlich komplexen Regeln sind - sie sind es nicht, wir haben es trotz lange her und noch nie aktiv gespielt sehr flüssig, einig und harmonisch hingekriegt, und die Endphase des zweiten Spiels war kein Zuckerschlecken, sondern ein hartes Ringen.
Man ist immer wieder überrascht zu welch merkwürdiger Spielwahrnehmung die jahre- nein jahrzehntelange Indoktrination durch Regelwerke im Stil von Warhammer führt. Wenn man sich davon freimacht wird man überrascht sein wie dynamisch und spaßorientiert wargaming sein kann.

Einer der nettesten Aspekte des historischen Kriegsspiels ist es ja, daß man mit den gleichen Figuren sehr viele unterschiedliche Spielssyteme bedienen kann. Ich kann nur empfehlen, CoC mal auszuprobieren, das Regelwerk ist verhältnismäßig günstig und die Armeelisten reichlich und für lau.
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Pedivere

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #2 am: 13. Oktober 2015 - 22:55:19 »

Das Bild oben von KingKobras Italiener im Waldschatten finde ich schon sehr gelungen.
Hier im Gegenzug meine Spanier in französischen Diensten unter Palmen.

Ich erkläre ja gerne zu meinen Figuren, drum auch hier:

In CoC starten Spieler nicht an der Tischkante oder an einer vorher festgelegten (und planbaren) Stelle, sondern an Startpunkten durch Manövergeschick erfochten werden. Eine Möglichkeit solche Punkte darzustellen sind die Fahrzeuge in denen die Truppen viellecht angekommen sind. Im Hintergrund also ein Citroen CV.
Im Vordergrund ein typischer französischer Trupp, seit Ende des Großen Krieges unverändert in seiner Organisation.
Ein Unteroffizier (Befehlsgeste), eine Gruppe um das LMG mit 6 Soldaten und eine Manövergruppe mit 5 Soldaten, inklusive der Gewehrgranatschütze.
Und hier greift auch schon die französische Spezialität, alle Gewehrgranaten des Zuges dürfen in einen Spezialistetrupp zusammengefaßt werden (drum ist hier auch keiner zu sehen) die alle gleichzeitig auf Befehl feuern - ziemlich unangenehm, wie Caporale Pisola erfahren durfte, übrigens in beiden Spielen.

Hier kommandiert der Uffz den Manövertrupp direkt - bei CoC ist man wenn getroffen nicht direkt ausgeschaltet, man kann stattdessen für die Einheit Schockpunkte sammeln, die gegen die Kopfzahl aufgerechnet werden - es lohnt sich also darauf zu achten. Die fünfe rechts sind also mein letztes Werk im Bemalen der Künste von Mike Owen von Artizan Designs. Ich habe mich bemüht die französiche Tropenuniform seit 1935 darzustellen, angemessen durchwachsen mit britischen und zivilen Kleidungsstücken, denn die Truppe in Eritrea war von der französischen Versorgung abgeschnitten.
Nicht sehr authentisch sind die Kepis, die wenigen Fotos zeigen i.d.R. die Tropenhelme - aber ich bemale erstmal das was es gibt bevor ich das Messer ansetze (außerdem bin ich persönlich nicht so der Fan von Tropenhelmen).
Die linke Gruppe von sechs sind allerdings künstlerisch sehr frei. Die meisten tragen die korrekte französiche Uniform, es ist aber die kontinentale Winterversion (aus der Zeit vor 1920, man kann den Kragen wegen der Halstücher nicht sehen), die wären in dieser Zeitscheibe angemessen für Vichy-Truppen im besten Fall. Auffallend sind die Sonderuniformen der Compagnie Saharienne mit dunkelstblauer Pumphose - die freifranzösichen Truppen waren ein buntes Sammelsurium aus allen möglichen Waffengattungen und ein Zirkus an Uniformen, drum finde ich diese Anleihe nicht ganz so schlimm. Ich werde in naher Zukunft noch ein paar Briten umbauen und dieser Einheit zuführen.
Ebenfalls im Kolorit angemessen ist auch die Vielfalt der Waffen - neben dem Chatellerault LMG sind das Lebel Gewehr, der Lebel Karabiner (ein Umbau) dazu, der Berthier Karabiner und das MAS 36.
Die Figuren sind Artizan und Foundry (zT heftig umgebaut, siehe meine Galerie) aber vermutlich vom gleichen Künstler
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Florian

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #3 am: 15. Oktober 2015 - 02:08:20 »

schön dass es in köln weitergeht mit coc. interessanterweise habe ich hier gerade das afrikakorps auf dem tisch...
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wir meinten alles ironisch, auch die ironie.

Lt. Hazel

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #4 am: 15. Oktober 2015 - 06:25:44 »

Chain of Command ist ein tolles Spiel, habe Italiener und Briten und muss die unbedingt mal wieder rausholen.
Toller Bericht
Danke Jungs!
Jan
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Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Pedivere

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #5 am: 16. Oktober 2015 - 12:10:44 »

Vielen Dank für die Blumen

man könnte doch über ein gemeinsames Spiel auf irgendeiner Veranstaltung nachdenken?
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Pedivere

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Die Straße nach Keren (mit Bildern)
« Antwort #6 am: 18. Oktober 2015 - 20:03:32 »

hab übrigens Detailfotos von meinen Truppen in die Galerie gepackt
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