Update Eins- Im Gegensatz zu den sechsfachbasierten Bürgerkriegsjungs bot sich Bolt Action dafür an, die gesamte Armee (bis auf das Hanomag, das noch woanders wartet) in einem ausgedehnten Aufwasch zusammenzubauen, was mich mit wohliger Einzelbasierungsnostalgie erfüllt hat.

Bis auf einen Spähtrupp (der zu zwei Dritteln zur Kommendoeinheit umfunktioniert wurde) und die Besatzung des Nebelwerfers entstammt die gesamte Infanterie einer einzigen Warlord Games Late War German Grendadiers Box. Top Preis-Leistungs-Verhältnis, allerdings habe ich das eine oder andere Hühnchen mit der Box zu rupfen, denn der Zusammenbau hat mich ziemlich kirre gemacht. Zwei sehr allgemeine Probleme erstmal: Einerseits die ganzen furchtbar aufgeregten Actionfilmposen. Ich hätte die Jungs lieber etwas gesetzter und abwartender, aber die allermeisten Figuren sprühen vor nervöser Energie, Haltungen zum Zerreißen angespannt, alles auf Action. Das... ist ermüdend. Das andere Problem ist etwas schwerer zu umreißen, aber ich versuchs: Die Spezialisierung der Einzelteile. Es gibt gefühlt für jede Waffe nur eine Konfiguration von Armen die Sinn ergibt, was soweit nicht ungewohnt ist- ungewohnt ist aber, wie viel Potenzial zur Austauschbarkeit eigentlich da ist, und sich vom optischen Ersteindruck bis hin zur groben Passprobe durchzieht, aber dann am Ende im Detail scheitert, anfangs- bei den ersten Gehversuchen- erst beim Kleben. Es ist, als hätte es nur etwas mehr Erfahrung auf Seiten der Designer gebraucht, um die Armpaare, Einzelarme und Waffen viel modularer zu gestalten und für benutzerfreundlichere Vielfalt zu sorgen. Ich hatte beim Basteln ein konstantes \"das hätten die Perry-Brüder besser gemacht\"-Gefühl.
Beispiel? Die Mp40i mit Trageriemen passt im Grunde nur als frei baumelndes Nackenanhängsel, aber mit etwas besserem Design hätte sie auch super um die rechte oder linke Schulter gepasst, am Magazin oder Lauf gehalten, was auch aussieht als würde es funktionieren, bis man es klebt und feststellt dass es nicht ganz passt- dass jede denkbar passende Hand danebengreift, der Schultergurt nur etwas zu ausgebeult ist, et cetera. Und wegen der Kleinteiligkeit des ganzen fallen solche kleinen Diskrepanzen auch dann noch auf, wenn man als erfahrenerer Bastler der Sache mit Messer, Modelliermasse und Biegearbeit zu Leibe rückt, um mehr Vielfalt zu schaffen. Eine Arbeit, die entsprechend nervenzehrend gerät.
A propos Vielfalt: Eine größere Auswahl frei verwendbarer Arme die nicht dazu bestimmt sind etwas bestimmtes zu halten wäre super gewesen, ich habe bei meinen MG-Teams wirklich viel improvisieren müssen um nicht viel zu sinnlos viele Landkarten- und Ferngläser-Arme auf freie Schultern zu verbauen...
Last but not least gibt es einen bestimmten Torso (mal Fünf) dessen Fehlguss in meiner Box bei jedem Exemplar vorne \"eingefallen\" ist, ein offensichtlicher Graben der sich von der Brust bis zur Gürtelschnalle zieht. Was öfter mal halbwegs von der Waffe oder Taschen zu verdecken ist, aber trotzdem sehr ärgerlich.
So viel zum Gemecker... dem entgegen stehen das erwähnte Preis-Leistungs-Verhältnis, der ansonsten einwandfreie und scharfe Guss der durchaus (bevor man anfängt sie zusammenzusetzen) hervorragend aussehenden Einzelteile, die schiere Vielfalt der Teile und Bewaffnung, das gut zu bearbeitende Material, und die gute bis sehr gute Abstinenz allzu nerviger Gussgrate. Das kompensiert das Fehlen der letzten entscheidenden Quäntchen Erfahrung beim benutzerfreundlichen Design, die schiefe Qualitätssicherung und die nicht nach meinem Geschmack gelungenden Posen für mich soweit, dass ich die Box dennoch empfehlen kann, obwohl ich widersprüchlicherweise so\'n bisschen hoffe, nicht nochmal eine davon zusammenbauen zu müssen. Wenn man Geduld und Nerven mitbringt kann man aus der schieren Menge der Teile sehr viel Indivisualisierung herausholen.
Lehrreich, das ganze: Ich hatte mich schon länger darüber gewundert warum viele Hobbyisten Metallminiaturen vorziehen. Jetzt weiß ichs. Bisher hatte ich es in erster Linie mit den neueren Perry-Bausätzen zu tun, die weniger vielfältig, aber auch simpler und benutzerfreundlicher ausfallen... aber diese Warlord-Plastikinfanterie opfert der Vielfalt und Posierbarkeit eindeutig die Benutzerfreundlichkeit und macht den Zusammenbau zu einer ausgedehnten Angelegenheit. Die mir die Sehnsucht nach ein- bis zweiteiligen Zinnmodellen einjagt.
Für den erfahreneren Bastler dennoch zu empfehlen. Und was wäre das Hobby wenns nicht solche Anstöße zu umfangreichen Erfahrungsberichten gäbe?

(A propos, mein Panzer IV war und ist ein Albtraum, dazu aber später mehr. ^^)
Gruß,
Longstreets zeitreisender falscher Bart