Kaserne > Miniaturenforum
...vodniks Figurenmix...
Riothamus:
Das mit dem Reich und Böhmen ist staatsrechtlich recht kompliziert und zeitlich verschieden. Dass ein Reich Lehen eines anderen Reiches war, begründet noch keine Zugehörigkeit und die Sichtweise von Böhmen und Kaiser mag eine unterschiedliche gewesen sein.
Für DBA und Co. sollte aber eher die Frage sein, ob sich die Aufgebote des Reichs von dem Aufgebot Böhmens unterschied. Denn die berühmten 1000 böhmischen Ritter waren 955 und wahrscheinlich auch später einfach nur eine plakative Zahl, weder eine Angabe zur Kampfesweise noch die genaue Zahl.
Und ich meine die zweite Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955. Neben den 1000 Böhmen sind 3000 Bayern, 2000 Schwaben, 1000 Franken, 1000 Mann kaiserliches Gefolge, hauptsächlich Sachsen und Franken erwähnt: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_auf_dem_Lechfeld
(Was man von den Zahlen zu halten hat, wird schon daraus deutlich, dass mehrere dieser Kontingente - jeweils als Legion bezeichnet - ausdrücklich 1000 Mann stark und gleichzeitig das 5. (kaiserliche) als Größtes bezeichnet wird.)
Was du meinst ist nur eine missverstandene Episode der Schlacht bei der Verfolgung. Neutral ausgedrückt. Denn die Böhmen (und Schwaben) waren zunächst geflohen und hatten den Tross preisgegeben. Durch die Überhöhung von Ereignissen bei der Verfolgung bekamen sie dann doch einen guten Teil des Ruhmes ab. Aber ja, als Vorlage für eine TT-Schlacht eignet es sich natürlich dennoch. Der Satz ist übrigens mit anderer Tinte und von anderer Hand anscheinend über eine Rasur eingetragen. Auf der nächsten Seite wechseln sich die Tinte ab und auf der übernächsten Seite ist wieder nur die erste Tinte zu finden. Die zweite Tinte wurde mehrfach genutzt, um den älteren Text zu erweitern. Die Quelle ist also alles andere als unproblematisch. http://www.e-codices.unifr.ch/de/csg/0915/211/0/
Die Handschrift der zweiten Tinte ist deutlich jünger. Der Schreiber tendiert dazu, die Buchstaben zu brechen. Obwohl er versucht, die runderen Buchstaben nachzuahmen, sieht man die Bruchstellen und mitunter rutscht ihm ein gebrochener Buchstabe durch.
Wer die Nachricht aber ernst nimmt, kommt nicht umhin, festzustellen, dass für die berichtete zweite Schlacht -zweiter Krieg könnte auch übersetzt werden- kein zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang behauptet wird. Es fand für diesen Fall also nur im selben Jahr statt.
(Der Satz lautet mit aufgelösten Abkürzungen: "Et aliud bellum cum eis gerebatum a poemanis ubi comprehensus est rex illorum nomine Lele extincto exercitu eius."
zu deutsch: "Und ein anderer Krieg / eine andere Schlacht mit ihnen wurde von den Boehmen geführt, in der ("wo") ihr König namens Lele gefangen wurde als sein Heer ausgelöscht war."
Danach folgen zu 955 noch ein Eintrag zur Schlacht an der Raxa und die Meldung vom Tod des bayrischen Herzogs Heinrich.
Das kann natürlich auch ohne Propagandaabsicht entstanden sein. Denn die Zeitgenossen dachten an örtlich eng begrenzte Schlachtfelder und Ereignisse von ein paar Stunden Dauer. Beides sprengte die Lechfeldschlacht mitsamt der Verfolgung eindeutig. Schon eine Nachricht, dass die Böhmen am nächsten Tag einen der Ungarn-'Könige' gefangen nahmen mag ein paar Jahre später von einem jüngeren Schreiber als eigene Schlacht verstanden worden sein und entsprechend mit anderen Ereignissen in den knappen Annalen nachgetragen worden sein. Dabei das ältere Schriftbild nachzuahmen muss nicht auf eine Fälschungsabsicht hindeuten. Hier, bzw. 3 Seiten später beginnt dann auch der Abschnitt der Annalen, der von verschiedensten Schreibern geschrieben wurde. Wahrscheinlich war der Schreiber gestorben und etwas später wurde ein Anschluss geschaffen, der dann von mehreren Mönchen fortgesetzt wurde. Das wäre jedenfalls meine Ad-hoc-Vermutung bei Schlaflosigkeit. Wenn es mir besser geht, schaue ich dann mal, was darüber geschrieben wurde.)
(In der ersten Schlacht auf dem Lechfeld 910 schlugen die Ungarn das fränkische Aufgebot unter Ludwig dem Kind.)
vodnik:
...da bürdest du mir einen wahren Faktenberg auf, den ich als normaler TT-Spieler kaum tragen mag. Von den 1000 böhmischen Rittern habe ich noch nie gehört. Sie wären aber für eine böhmische Armee sehr praktisch. über die Schlacht auf dem Lechfeld habe ich in einem Buch von Charles Bowlus von 2012. Sa war auch die Rede von der Verfolgung & Aufreibung der Magyaren durch slawische Truppen. Die damaligen Bayern müssten sehr viel nichtgermanisches Blut in sich haben; Awaren, Karantanen...
...ich habe mir jetzt mal die Slawenchronik von Helmold von Bosau vorgenommen um mehr zu erfahren, uA über die Elbslawen. Mindestens eine Verbindung zwischen Elbslawen & Böhmen ist als gegeben anzusehen: Der böhmische Fürst Vrastislav 1. hat zwischen 934-936 Drahomira von Stodor vom Stamm der Heveller geheiratet, die Mutter des heiligen Wenzel & die Schwiegermutter der heiligen Ludmila. Nach der 1000-Wendebestanden belegte Ehen zwischen dem polnischen & dem Böhmischen Adel. Helmold schreibt, Dasss die Polen & die Böhmen sich sehr glichen. Da könnten doch auch deren Armeen ähnlich gestaltet gewesen sein...
Riothamus:
Ich konnte wegen der Schmerzen nicht schlafen und musste mich ablenken. Irgendwann konnte ich es nicht sein lassen, und habe es dann auch gepostet.
Die Ostteile Bayerns waren damals Ungarisch. Wieviel Slawen dennoch bei den Bayern waren, kann ich nicht sagen. Es ist wohl auch eine Interpretationsfrage, ob alles als eine Schlacht gesehen wird, wie man es in späteren Zeiten getan hätte. Außerdem hat anscheinen immer noch jeder Forscher eine andere Meinung zum Ablauf der Schlacht. Je nachdem wie sie gesehen wird, ist eine weitere Aktion der Böhmen dann unmöglich oder passt gut hinein. Ich hatte irgendwie im Kopf, dass sich die Sichtweise eines umfassenderen Plans Ottos sich durchgesetzt hätte. Dem ist wohl nicht so.
Die Hauptquellen für die Schlacht sind übrigens die Sachsengeschichte Widukind von Corveys und die Lebensbeschreibung des hl. Ulrich. Hier eine Übersetzung der Sachsengeschichte: https://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10015837.html
(Die Schlacht wird im 3. Buch, Kapitel 44-49 beschrieben (im Feld oben 104 als Seitenzahl eingeben) - mit Einschüben zu anderen Themen. Und sei nicht verwirrt: Otto wird in der Übersetzung schon mal Odda genannt, was die Übersetzung des hochdeutschen Ottos in das Altsächsische Norddeutschlands ist.)
In der Vita des Bischofs ist es Kapitel 12 (Seite 54 der PDF-Datei): https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/b/b009171.pdf
Wie du siehst bleibt da sehr viel rätselhaft. In der Heiligenvita ist im nächsten Kapitel Augsburg sogar plötzlich geplündert, obwohl vorher geschildert wurde, wie es standhielt. Wahrscheinlich war nur ein Teil der Stadt befestigt. Und Otto gibt plötzlich Befehle an Truppen, die anscheinend schon bereitstehen -teilweise auf Schiffen, den Ungarn den Fluchtweg zu verlegen...
vodnik:
...Nachtangriff der philippinischen Rebellen:
...die schwarzen Platten unserer Küchenkombination gestatten ausschliesslich Nachtangriffe:
...ohne Lara wären sie wohl verloren:
Planspieler:
Das ist eine interessante Diskussion. Von euch beiden kann ich noch viel lernen. Die Spielregeln von Vodnik habe ich mir alle runtergeladen, aber bei uns spielt niemand mehr DBA-Verschnitte. Sehr wertvolle Arbeit für unser Hobby. LG vom Planspieler
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln