Epochen > Altertum
Kleidung germanischer Stämme 1. Jhd. n. Chr.
Regulator:
Servus zusammen,
ich bin auf der Suche nach ein paar Internetseiten, Blogs oder Büchern zu Kleidungsstücken (vorallem Farbgebung und Mustern) der germanischen Stämme im 1. Jhd. n. Chr., vorallem in der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Kann jemand etwas empfehlen? Das Osprey habe ich schon, bin aber nicht sehr zufrieden damit.
Alternativ freu ich mich natürlich auch über jedes Wissen hier von Forenmitgliedern :)
Stephan
Riothamus:
Ich hatte da schon mal einiges gepostet. Später schaue ich mal, ob ich es wiederfinde.
Wenn Du mit einem Buch zufrieden bist: Andreas Strassmeier, Andreas Gagelmann, Das Heer des Arminius - Germanische Krieger zu Beginn des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, = Heere und Waffen Bd. 11, Berlin 2009. ISBN 978-3-938447-39-0.
Den Historischen Überblick zu Beginn kannst Du getrost vergessen. Der Rest dürfte für männliche Kleidung und Ausrüstung keine Wünsche übrig lassen. Sie zeigen möglichst Rekonstruktionen von Originalen. Bei einigen Mooropferfunden sind ja Farben und Muster untersucht worden. Von Arminius zeigen sie eine römischere und eine germanischere Version.
Was Fell angeht zeigen sie für die Zeit ein Bisschen viel. Und auch ein Bisschen zu wenig. Im Winter wird es getragen worden sein, während es sonst für die ganz Armen war. Nur die kämpften ja nicht, ...
Brauchst Du auch Angaben zur Kleidung der Frauen?
Die Muster dürften da gleich sein. Aber wenn schaue ich nochmal, was ich an Beschreibungen empfehlen kann. (Oder ob es eine Kopie tut.)
Je nachdem, wofür Du es brauchst, würde ich evt. Anderes empfehlen. Wenn es um die üblichen Kriegerminis geht, sollte es reichen. Das Literaturverzeichnis ist m.E. auch brauchbar.
Regulator:
Danke schonmal! Ja genau, nur für normale Kriegerminis. Ich habe mich noch nicht für einen Stamm entschieden... Entweder werden es die Markomannen (Obergruppe Sueben) oder Cherusker. Deswegen dieser \"Rundumschlag\", aber wenn du Infos zu diesen beiden Stämmen hättest wäre ich dir auch sehr dankbar :)
Stephan
P.S.: Mit dem Suebenknoten: hatten das auch die Markomannen?
Pedivere:
zu Kleidung und Stoffen aus der Zeit gibt es kaum aussagekräftige Funde.
Im Prinzip mußt Du selber interpretieren, was so an Webmustern aus römischer Zeit bekannt ist und mit vegetabilen Farbstoffen was erfinden.
Alle Rekonstruktionen die Du als Bild sehen kannst sind Interpretationen, und die kannst Du mir wenig Recherche selbst erbringen, gib mal ein paar Begriffe in Google Scholar ein.
https://scholar.google.de/scholar?q=related:P7quIMwQvuEJ:scholar.google.com/&hl=en&as_sdt=0,5
https://scholar.google.de/scholar?q=related:P6le2vkNdQAJ:scholar.google.com/&hl=en&as_sdt=0,5
wunder Dich aber nicht über die Jahreszahl wenn Du \"Germanen\" eingibst, heutzutage würde man \"Barbaricum\" sagen für die Epoche die Dich interessiert
https://scholar.google.de/scholar?q=related:52Qoay-JFPEJ:scholar.google.com/&hl=en&as_sdt=0,5
https://scholar.google.de/scholar?q=related:jqBxI31j3C4J:scholar.google.com/&hl=en&as_sdt=0,5
https://scholar.google.de/scholar?q=related:Z3nM62Rb6XcJ:scholar.google.com/&hl=en&as_sdt=0,5
hier sind hübsche Artikel zum Einstieg
http://rcin.org.pl/Content/22984/WA308_35476_PIII348_KLEIDUNG-UND-KULTURI_I.pdf
http://s3.amazonaws.com/academia.edu.documents/33137915/purpureae_I.pdf?AWSAccessKeyId=AKIAIWOWYYGZ2Y53UL3A&Expires=1501065459&Signature=IHQWUH7bBQN4Hy9Mem9t7VFuyHo%3D&response-content-disposition=inline%3B%20filename%3DPURPUREAE_VESTES_I._Textiles_y_Tintes_de.pdf#page=39
http://s3.amazonaws.com/academia.edu.documents/36513928/2011_VIN_Gavvo_Purpureae_Vestes_III_69-73.pdf?AWSAccessKeyId=AKIAIWOWYYGZ2Y53UL3A&Expires=1501065534&Signature=uWa2myG2GDwZUIHDQx2KIBApol0%3D&response-content-disposition=inline%3B%20filename%3DVindolanda_and_its_textiles_Gavvo_and_hi.pdf
soviel zur Quellenlage der \"Kleidung der Germanen\"
Die Moorleichen (Mooropfer ist übrigens ein Begriff aus der Forschungsgeschichte, längst überholt) stammen alle aus anderen Zeitaltern, außerdem ist es bekannt daß sich bestimmte Färbemittel zersetzen und man nicht wirklich weiß welche Farben verwendet wurden, selbst wenn Pigmente erhalten sind kann es andere nicht erhaltenen Beimengungen geben. Moore sind halt spezielle Erhaltungsbedingungen, die funktionieren etwas anders als Wüste oder Gletscher.
Ich würde mal mit karierten Mustern experimentieren.
Mir ist klar daß die Reenactor Bildbeispiele brauchen für ihre Klamotten, drum gibt es da einiges an populärwissenschaftlichen Publikationen, und auch die Kollegen lassen ihre Interpretationen gerne von Osprey illustrieren, wer mag keine bunten Bildchen, aber wirklich nachweisbar ist kaum was.
Riothamus:
Wenn Du nach einer \'Stammestracht\' suchst, wirst Du nicht fündig werden.
Es stimmt zwar, dass es in vormodernen Zeiten in aller Regel regionale Besonderheiten bei Kleidung, Schmuck und Haartracht gab, aber bezüglich der Germanen gibt es da 3 Probleme:
1- Es ist anhand von regionalen Merkmalen des Schmucks, die an einer Mini nicht zu erkennen sind, zu erkennen, dass sich in der Zeit der Germanenkriege die Unterschiede anglichen. Zum Einen glichen sie sich untereinander aus, zum Anderen gab es den einheitlichen Römischen Einfluss.
2. Wir haben einfach keine genügende Datenbasis und keine genügenden Schriftquellen, um Aussagen dazu zu treffen. Es sind zum Teil ja recht kleine Unterschiede. Wie und wo wird der Mantel mit der Fibel zusammengehalten? Mitunter gibt es schlaglichtartige Nachrichten: die Goten hatten laut Tacitus als einzige kreisrunde Schilde, die Sueben den Suebenknoten.
3. Die Römischen Quellen sind voller Vorurteile und Fehlinterpretationen. Germanen tragen dort Bärte, weil in der Zeit alle Barbaren mit Bärten dargestellt werden, nicht, weil das so war. Die Moorleichen zeigen, dass es Vollbärte, Oberlippenbärte und auch glattrasierte Gesichter gab. Da sind also auch die Bildzeugnisse mit Vorsicht zu betrachten.
Was den Suebenknoten angeht, war er nicht nur bei den Sueben verbreitet. Allerdings gibt es verschiedene Formen solcher Knoten und wir können dazu keine Regel angeben. Die Bezeichnung Suebenknoten mag darauf hindeuten, dass er bei suebischen Stämmen, wie den Markomannen häufiger war.
Für Chauken ist einmal erwähnt, dass sie Locken tragen. Bei den Chatten, dass sich eine bestimmte Kriegergruppe Haare und Bart nicht Schnitt.
Für Markomannen und Quaden wird vermutet, dass der Adel den Bart lang und das Haar, abgesehen von einem evt. Knoten natürlich, kurz trugen. Aber das kann auch eine Verwechslung mit den Langobarden aufgrund einer Fehlinterpretation sein. Ich schaue es nochmal nach. Aber soviel Auswahl bei den Figuren gibt es ja nicht.
Abgesehen davon fallen mir gerade keine Unterschiede Cherusker-Markomannen ein. Vielleicht ein paar Suebenknoten weniger, wenn du Cherusker willst.
Ich würde dieselben Figuren für die meisten Stämme nehmen und ein paar spezifische Figuren mit den wenigen bekannten Besonderheiten bereithalten, um passend zu variieren, d.h. wenn die Truppe klein genug ist.
Vieles davon wird auch in dem angegebenen Heere und Waffen Band thematisiert, und es gibt auch eine Bildtafel dazu. Ich meine die sei auf der Seite der Berliner Zinnfiguren verlinkt. (http://www.zinnfigur.com)
Feldzeichen und Signaltöne sind so ein Problem. In dem Ospreybändchen zu Germanen und Dakern findet sich eine Umzeichnung römischer Abbildungen auf S. 16.
Noch zu drei ganz schlimmen Fehlern:
Die angebliche Eisenknappheit ist Quatsch. Nach Der Eroberung Gallien s brach der Eisenimpo rt von dort zusammen und es dauerte länger bis sich neu Routen etablierten. Das zog sich dann in der Literatur bis Tacitus durch, so das heute noch davon gefaselt wird, dass es nur ganz selten Schwerter gab: die Archäologie hat enthüllt, dass 30 % der Krieger Schwerter trugen. Da kann man nicht von Adel und nicht von oberen Zehntausend sprechen. Auch Knüppel als Waffe sind Quatsch. Die einzige Darstellung damit zeigt germanische Hilfstruppen der Römer mit römischen Polizeiknüppeln. Und vergiss Nackedeis. Das waren Ausnahmen. Einige Kriegerbünde bei Lugischen Stâmmen zum Beispiel.
Noch 2:
Die Sache mit dem Hirsch bei den Cheruskern ist eine Ente, die auf einer falschen Etymologie basiert. Und Arminius führte im illyrischen Aufstand keine reguläre römische Hilfstruppeneinheit an, so etwas gab es zu der Zeit noch gar nicht, sondern ein Aufgebot der Cherusker, dass germanisch gekleidet und gerüstet war. Natürlich mag er um sich beliebt zu machen auch mal eine römische Offiziersuniform getragen haben.
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