Dieses Mal keine Filmbesprechung, sondern ein Exkurs zu den Stars des Genres. Mit wenigen Ausnahmen sind Western-Stars Männer, Frauen sind eher schmückendes Beiwerk - auch wenn es nicht wenige sehr starke Frauenrollen gegeben hat, kann man eigentlich nicht von weiblichen Westernstars sprechen, eher von weiblichen Stars in Westernrollen.
Aber was macht einen Schauspieler zum Westernstar? Nur weil Spencer Tracy, einer der besten Darsteller, die Hollywood je hervorgebracht hat, in drei oder vier Western mitgespielt hat, würde ich ihn nicht als Westernstar sehen. James Stewart dagegen hat zwar legfendäre Rollen in Nicht-Western gehabt, aber er gilt trotzdem zu Recht als einer der größten Westernstars. Woran liegt das? In Meinen Augen macht es einen Western-Star aus, wenn er einen eigenen Charaktertypus geschaffen hat. Bei einem Kopfgeldjäger denkt jeder sofort an Lee van Cleef (so auch Morris & Goscinny für Lucky Luke), bei leicht schmierigen Frauenhelden mit muy Cojones an Clark Gable (obwohl z.B. Brian Donlevy das genauso gut konnte). Eine Top Ten-Liste kann natürlich nicht allen gerecht werden, und natürlich fehlen einige große Namen, die an Meilensteinen des Genres beteiligt waren: Errol Flynn, Clark Gable, Steve McQueen, Yul Brynner, Joel McCrea, Robert Mitchum, Kevin Costner, Stewart Granger, Gregory Peck, Charlton Heston, Robert Duvall und und und. Diese Liste ist also rein subjektiv, aber ich denke, die Top 5 bedürfen keiner Diskussion.
Genug der Vorrede, hier sind meine persönlchen Top Ten der ultimativen Western-Stars:
10 Henry Fonda
Henry Fondas größte Rollen Waren Dramen wie Früchte des Zorns oder Die zwölf Geschworenen. Seine Rollenanlage war oft ähnlich wie bei James Stewart: der etwas linkische nette Typ von Nebenan. Seine heute bekanntesten Western-Rollen dürften wohl Frank in c‘era una volta il west / Spiel mir das Lied vom Tod und Jack Beauregard in il mio nome e nessuno / Mein Name ist Nobody sein, die beide viel von seiner Darstellung in Warlock übernommen haben. In diesen Filmen spielt er den alternden, zynischen Killer, einen Antihelden, der den Rollentyp, den Robert Taylor oft besetzt hat, auf die Spitze treibt. Allerdings hat er schon früh in seiner Karriere mehrere Klassiker des Genres gedreht: Drums along the Mohawk / Trommeln am Mohawk ist trotz der stereotypen Indianer ein gelungener Frühwestern und ein Tip für alle FWI/AWI-Spieler, geradezu ikonisch ist er aber als unfreiwilliger Outlaw Frank James in Jesse James und The return of Frank James / Rache für Jesse James. Diese Filme haben wie wenig andere zur Mystifizierung des Westens und seiner Outlaws beigetragen. In Fort Apache / Bis zum letzten Mann spielt er einen stocksteifen Bürgerkriegsveteranen, der sein Regiment gegen die Apachen ins Verderben führt und nebenbei John Wayne an die Wand spielt. Der beste Western Fondas ist aber zweifelsohne The Ox-Bow Incident / Ritt zum Ox Bow, eine bedrückende Parabel über Lynchjustiz, Schuld und Mitläufertum.
9 Robert Taylor
In den dreissiger Jahren auf die Rolle als Schönling abboniert, hatte Robert Taylor seine Sternstunden im Historienfilm (Quo vadis, Ivanhoe, Ritter der Tafelrunde). Insbesondere zu Ende seiner Karriere hat er aber eine ganze Reihe Western gedreht, darunter ein paar echte Klassiker. Seine Rollenanlage war oft der abgeklärte, schwarzgekleidete Revolverheld auf der Linie zwischen Gut und Böse, dabei immer ritterlich. Billy the Kid / Der letzte Bandit ist ein gutes Beispiel dafür. Devils Doorway / Fluch des Blutes war einer der ersten einer Reihe von Western, die Anfang der 50er Jahre die Sicht auf die Indianer änderte. Taylor spielt einen indianischen Bürgerkriegsveteranen, der erkennen muß, daß er als Indianer weniger Rechte als Weiße hat. Many Rivers to Cross / Ein Mann liebt gefährlich ist die ultimative Lederstrumpfparodie. Robert Taylor als Trapper wird von Siedlertochter Eleanor Parker eingefangen und domestiziert. Taylors beste Westernrolle ist die des Büffeljägers in The Last Hunt / Die letzte Jagd. Taylor jagt die Büffel, um sie und damit auch die Indianer zu vernichten, und driftet dabei immer tiefer in den Wahnsinn ab. Bevor sein Gefährte Stewart Granger mit ihm abrechnen kann, rächt sich der Büffel an ihm. Eine tolle Leistung in einem tollen Film.
8 Richard Widmark
Egal, ob er einen Helden oder Schurken spielt, Richard Widmarks Rollen haben oft etwas von einem verletzlichen Zyniker - und das hebt ihn von den meisten anderen Westernstars ab. Seine Western-Paraderollen sind Comanche Todd in The last Wagon / Der letzte Wagen und Jim Slater in Backlash / Das Geheimnis der fünf Gräber, aber am stärksten war er, wenn er eine führende Nebenrolle - oft als Schurke - hatte, wobei er nicht selten dem Hauptdarsteller die Show stahl. In Yellow Sky / Herrin der toten Stadt, eine seiner ersten Rollen, versucht er Gregory Pecks Bande zu übernehmen, in The Law and Jake Wade / Der Schatz des Gehenkten ist er selbst der Bandenchef, der seinen Ex-Kumpan Robert Taylor lieber verbal als mit Kugeln trifft und in Broken Lance / Die gebrochene Lanze stiehlt er als böser Bruder Robert Wagner die Show.
7 Kirk Douglas
Angefangen hat Kirk Douglas mit Gangsterrollen im Film Noir, zur Legende geworden ist er als Spartacus. Vor allem aber kennt man ihn im Tandem mit Burt Lancaster, der Nummer 8 auf dieser Liste. Im Western haben beide oft einen ähnlichen Rollentyp besetzt - athletisch und immer lächelnd. Zusammen haben sie in Zwei rechnen ab die für mich beste Version des Gunfight at the OK Corral abgeliefert. Grandios war er als Indianer(innen)liebender Trapper in The Big Sky / Der weite Himmel und The Indian Fighter / Als Vergeltung sieben Kugeln, seine wichtigsten Rollen waren aber wohl die Cowboy-Antihelden in Man without a Star / mit stahlharter Faust, ein Klassiker über Weidekriege, und Lonesome are the Brave / Einsam sind die Tapferen, der ultimative Abgesang auf den alten Westen, bei dem der letzte echte Cowboy Kirk Douglas auf der Flucht vor dem Sheriff von einem Lastwagen überfahren wird. Bonmot am Rande: Kirk Douglas teilte sich mit John Wayne den deutschen Synchronsprecher Arnold Marquis. In The War Wagon / Die Gewaltigen, einem der wenigen gemeinsamen Filme, synchronisierte Marquis Kirk Douglas, John Wayne bekam dagegen eine fast piepsige Synchronstimme, was den Film auf Deutsch stark entwertete. Im selben Film steigert Kirk Douglas seinen Körperkult ins Lächerliche. Er zeigte gerne sein Sixpack, nur fällt es hier stark auf, daß er immer wieder seinen Bauch einzieht (der eitle Star trug angeblich oft ein Mieder).
6 Burt Lancaster
Kirk Douglas und Burt Lancaster gehören zu den großem Filmpaaren Hollywoods, trotzdem waren beide auch alleine Superstars. Burt Lancaster kam vom Zirkus, und neben seinen Antihelden im Film Noir waren seine frühen Rollen oft sehr akrobatisch geprägt (Robin Hood, der rote Korsar usw.). Seine prägenden Westernrollen waren zunächst ähnlich angelegt wie die von Kirk Douglas, aber durchaus mit einer dunklen Seite. Sein Joe Erin in Vera Cruz ist einer der besten Westernschurken überhaupt. Weitere Highlights sind The Unforgiven / Denen man nicht vergibt und Ulzanas Raid / Keine Gnade für Ulzana.
5 Randolph Scott
Einer der produktivsten Westerndarsteller überhaupt war Scott abseits der Leinwand vor allem für zwei Dinge bekannt: Er galt als bester Investor Hollywoods und hat an der Börse angeblich mehr Geld gemacht als an der Kinokasse, und er hat einige Jahre eine Wohngemeinschaft mit Cary Grant gebildet. Seine Western waren meist solide B-Ware mit ihm als abgeklärtem Helden, der alles jederzeit im Griff hatte. Ein frühes Glanzlicht war Western Union, legendärer Schlußpunkt Ride the High Country / Sacramento. Aber ewigen Ruhm und Platz 5 in dieser Liste hat er sich mit dem sogenannten Ranown-Zyklus verdient (Ranown war Scotts Produktionsgesellschaft). Einer Reihe klassischer Western, bei denen meist Budd Bötticher Regie geführt und Burt Kennedy das Drehbuch geschrieben hat. Über diese gut besetzten Western, bei denen der Held (Scott) und der Schurke oft mehr voneinander hielten als von der weiblichen Hauptdarstellerin, sind ganze Abhandlungen geschrieben worden. Leider gibt es zur Zeit nicht alle auf DVD, weder auf Deutsch noch Englisch. Der Ranown-Zyklus steht auf einer Stufe mit den anderen großen Kooperationen der Westerngeschichte: John Wayne und John Ford, James Stewart und Anthony Mann, Clint Eastwood und Sergio Leone.
4 Clint Eastwood
Von vielen würde Clint Eastwood wohl an Platz 1 oder 2 gesetzt, und daran wäre wenig auszusetzen. Er ist der einzige auf dieser Liste, der noch lebt, und auch der einzige, der zum Westernstar wurde, als der Western schon ziemlich tot war. Clint Eastwood ist der Italo-Western-Star schlechthin, und natürlich liegt das an Sergio Leone. Der war zwar nicht der einzige bedeutende Regisseur für Spaghetti-Western (Corbucci war fast genauso wichtig, und es gab noch ein paar andere), aber in der Kombination mit Clint Eastwood kaum zu übertreffen. Die beiden haben 3 Filme zusammen gemacht, die man als Dollar-Filme kennt und die man kaum beschreiben muß, gehören sie doch zu den wenigen Western-Klasssikern, die auch heute noch regelmäßig im TV laufen: Per un pugno di Dollari / Für eine Handvoll Dollar, Per qualche Dollaro in piu / Für ein paar Dollar mehr und Il buono, il brutto e il Cattivo / Zwei dreckige Halunken. In diesem Stil - brutale Western mit einem geheimnisvollen, schweigsamen Antihelden, hat Eastwood weitergemacht. Besonders bemerkenswert sind dabei The Outlaw Josie Wales / Der Texaner, und natürlich der ultimative Abgesang auf alles, was im klassischen Western schillernd und heroisch war - Unforgiven / Erbarmungslos, ein Film, bei dem der Held ein Mörder und gescheiterter Schweinezüchter ist und der Bösewicht ein Sheriff, der mit Brutalität in einer brutalen Gesellschaft Ordnung halten will.
3 James Stewart
Jimmy Stewart ist der vielleicht einzige Schauspieler, der in völlig verschiedenen Genres mit gleich 3 der größten und bedeutendsten (weitere Superlative hier einsetzen) Regisseure Hollywoods eine Reihe von Klassikern gedreht hat. Komödien mit Frank Capra, Krimis mit Alfred Hitchcock und Western mit Anthony Mann. In den 30ern wurde James Stewart oft als leicht linkischer, sympathischer junger Mann besetzt. Seine erste große Westernrolle hatte es aber gleich in sich. In Destry rides again / Destry reitet wieder soll er als Sheriff in die Fußstapfen seines legendären Vaters treten, nur hat er keine Lust auf Gewalt. Zuerst von ihr verlacht, opfert sich Marlene Dietrich am Ende für ihn auf, als er doch zur Pistole greift. Eine der besten Western-Komödien überhaupt! Zum Westernstar wurde Stewart aber durch seine Zusammenarbeit mit Anthony Mann, die in einem bitteren Zerwürfnis endete, aber vorher 5 Western hervorbrachte, von denen 4 zu den Klassikern schlechthin gehören. Wenn jemand noch nie einen Western gesehen hat und in 5 Filmen einen Überblick über das Genre bekommen will, wären diese 4 dabei. Winchester ‘73 alleine vereint nahezu jedes Subgenre des Western: Outlaws, Rache, Mut, Indianer und eine schöne Frau. Das so virtuos wie selten. Ist James Stewart hier noch eindeutig der strahlende Held, sind seine Rollen in den anderen 3 Filmen differenzierter. In The naked Spur / Nackte Gewalt spielt er einen Kopfgeldjäger, der in seinem Gefangenen nur das Geld für seine Farm sieht, in Bend of the River / Meuterei am Schlangenfluß ist er der ehemalige Outlaw, der zurück in die Gesellschaft will und in The far Country / Über den Todespaß spielt er einen Goldsucher, dem die Gemeinschaft egal ist, solange er seine Ausbeute heil nach Hause bekommt, und der erst zum Opfer werden muß, bevor er zum Helden wird.
2 Gary Cooper
Jeder Westernfan kennt Coop als großen, ruhigen Vertreter des Gesetzes, der sich mit traurigen Augen High Noon / Zwölf Uhr Mittags alleine der Übermacht der Banditen stellt. In den 30er Jahren war Gary Cooper der Actionheld schlechthin mit Filmen wie Beau Geste, Morocco oder Lives of a Bengal Lancer. Aber schon zu Beginn seiner Karriere hat er mit The Virginian / Der Virginier einen Westernklassiker gedreht (den ich leider nie gesehen habe). Sein nächstes Western-Highlight war die Rolle des Wild Bill Hickok in The Plainsman / Der Held der Prairie, einer der besten Western der 30er Jahre. In The Westerner / In die Falle gelockt ist er (wohl ungeplant) nur der Sidekick von Walter Brennan als Roy Bean, aber in Vera Cruz spielt er gegen den hervorragend aufgelegten Burt Lancaster seine ganze Klasse aus, als er für die Juaristas einen Goldtransport Kaiser Maximilans sichert. Ein weiterer guter Film ist Man of the West / Der Mann aus dem Westen, in dem er einen geläuterten Outlaw spielt, der mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird (auch wenn es seltsam wirkt, daß der 57jährige Cooper den Pflegesohn des 10 Jahre jüngeren Lee J. Cobb spielt).
1 John Wayne
Die Wahl ist ein echter No-Brainer, aber so ist das eben. Es gibt viele hervorragende Western ohne John Wayne, aber der Western ist ohne John Wayne nicht zu denken. In 5 der für mich 10 besten Western spielt er die Hauptrolle. Nach einer frühen Hauptrolle in The Big Trail / Der große Treck (ein Geheimtip für Feinschmecker) verbrachte er Jahre als Darsteller in Serials (sogar als singender Cowboy), bevor er mit Stagecoach / Ringo zum ersten Mal zeigen konnte, wie ein echter Westernstar geht (zu John Waynes typischen Wiegeschritt sollte man sich unbedingt Nathan Lanes Version im Remake von Ein Käfig voller Narren ansehen). Es sollte noch einmal fast 10 Jahre dauern, bis er den Durchbruch hatte. In Red River konnte John Wayne erstmals zeigen, das er als Schauspieler etwas draufhatte. Der Film ist bis heute der ultimative Cattletrail-Western. Die Kavallerie-Triologie unter John Fords Regie Fort Apache / Bis zum letzten Mann, She wore a yellow Ribbon / Der Teufelshauptmann und Rio Grande wurden oft kopiert, aber nie erreicht. The Horse Soldiers / Der letzte Befehl und The Marshall / Der Marschall sind weitere Klassiker. Für mich eine seiner besten Rollen ist die des Tom Doniphon in The Man who shot Liberty Valance / Der Mann, der Liberty Valance erschoß, der personifizierte alte Westen, der von der Zivilisation verdrängt wird. Seine im deutschen Fernsehen meist gezeigten Filme sind wahrscheinlich Rio Bravo und das fast genauso gute Remake El Dorado, beides Lobgesänge auf heldenhafte Gesetzeshüter, die sich gegen die Übermacht der Verbrecher stellen. Die Rolle als Ethan Edwards in Der schwarze Falke / The Searchers gilt als sein Meisterstück. Im nach Meinung vieler (meiner auch) besten Western aller Zeiten sucht John Wayne seine von Komanchen verschleppte Nichte. Bis zuletzt weiß man nicht, ob er sie retten oder töten will. Diesen Film unbedingt auch mal im Original ansehen. John Wayne Catchphrase „That‘ll be the Day‘“ ist einfach unvergleichbar.