Interessant sind da auch andere Dinge. Überall, insbesondere bei Wikipedia hört man, dass die Bielefeld-Theorie 1993 auf einer Studentenparty entstand. Nur haben wir sie in der Schule schon 1990 als etwas aus den 70ern durchgenommen, wie aus meinen Schulheften hervorgeht. Zudem ist es interessant zu beobachten, wie der Wikipedia-Artikel immer weiter im Sinn der Stadt Bielefeld verändert wird. Nun, das erste liegt daran, dass der, der es erforschte (ich bin dem vor einigen Jahren mal nachgegangen), es für ein Netzphänomen hielt und dadurch die Quellenauswahl massiv einschränkte. Keine Verschwörung, sondern eine unzureichende Erhebungsbasis, was ein bekanntes Problem in vielen Wissenschaften ist, dessen Vermeidung aber nicht immer so trivial ist, wie man vermuten könnte. Will sagen: Nicht alles hat einen finsteren Hintergrund. Ganz Vieles, insbesondere im Zusammenhang mit Medien, geht auf simple Fehler zurück. Zum zweiten Punkt siehe dann die weiteren Absätze.
Jene Ausschreibung, die die Theorie zu Bielefeld beenden soll, hat bekanntlich den Fehler, dass Bielefeld sich wissenschaftlich gesehen auch weiterhin der Überprüfung seiner Existenz stellen muss. Wir können hier also zumindest davon reden, dass die Stadtverwaltung Bielefeld eine Verschwörung gegen die Bielefeldverschwörung betreibt und Fake-News produziert, um Fake-News abzuwehren. Ironie der Geschichte!
Sie haben sogar ein Denkmal aufgestellt, um mit allen Mechanismen arbeiten zu können. Und es begann schon vor einigen Jahren, Betroffenheit, Scham und Ekel zu regnen. Das sind, wohlgemerkt, Affekte, keine Argumente. Ursprünglich wurden solche Mechanismen eingesetzt, um schweres Unrecht unmöglich zu machen. Wie der Mensch so ist, wird es immer öfter eingesetzt. Bis dahin die historische Beobachtung zur Bielefeldverschwörung und ihrer Bekämpfung. Wie dann als Autor damit umgehen?
Ich kann einfach nichts entdecken, wieso dies Thema für Fiktion unpassend oder unmodern ist. Wie bei jedem in der Literatur gewählten Thema ist hier die Frage nach seiner Behandlung, nicht sein Inhalt entscheidend. Ein Abenteuerroman wie von Karl May wäre recht unmodern. Ein Thriller wäre da schon moderner und Mystery sowie das allmähliche Eintauchen in eine Fantasy- oder SciFi-Welt ist immer umstritten gewesen, hat aber seit der Antike immer wieder Erfolge gezeitigt. Da ein Thema guter Literatur die Gegenwart ist, wundere ich mich derzeit sowieso, warum das Thema jenseits der unterhaltsamen Aspekte so wenig aufgegriffen wird. Oder ist da ein Schwung Bücher an mir vorübergegangen?
Gerade die Bielefeld-Verschwörung eignet sich gut, die gesamte Ambivalenz des Themas darzustellen. Meine Geschichten sind eher von einer irgendwie doch positiven Grundhaltung und gut, ich hoffe nicht zu reichlich, was zugegebenermaßen Geschmackssache ist, mit Komik versehen. Aber im Grunde könnte ein Jünger der B**l*f*ld-Verschwörung zur Kulisse reisen, nur um festzustellen, dass da eine Stadt ist. Bei den Nachforschungen dazu, ob sie erst vor kurzem erschaffen wurde und künstlich am Leben gehalten wird, kann er auf die Tätigkeit der Stadtverwaltung stoßen, die Verschwörung klein zu halten. Am Ende würde er ratlos von der Sparrenburg aus über eine reale Stadt blicken (ein grandioser Ausblick und zu Füßen des Denkmals des Großen Kurfürsten oder vor den Ausgrabungen fallen einem da einige schöne Bilder ein) und ob der kleinen staatlichen Verschwörung gegen die Verschwörung nicht mehr wissen, was wahr ist. Ein dem Leser gnädiger Autor kann natürlich dafür sorgen, dass er dabei das hübsche Mädel in den Armen hält, das er bei den Nachforschungen kennengelernt hat. Das ist natürlich etwas schwierig, da "Das Leben geht weiter!" hier nicht die einzige Antwort sein kann und ich Romane, die wie Schlager sind, meist unkonsequent finde. Vielleicht schaut aus einer Tasche ein Formular hervor, um eine Kandidatur für den Stadtrat zu beantragen.
Ich sehe schon, ich muss zwei Geschichten dazu schreiben.
(Wem das nicht reicht, dem sei nochmal gesagt, dass ich als jemand aus dem Paderborner Land durch die Tradition verpflichtet bin, zumindest zweifelnd auf Bielefeld zu schauen.
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