Man kann schon sagen, dass "Musketier"-Verfilmungen sowas wie ein eigenes Subgenre des Mantel- und Degenfilms sind. Diese Verfilmungen lassen sich ungefähr in 4 Kategorien einteilen:
1. Verfilmungen der Romane (die Verfilmung aus den 70ern mit Michael Yorck würde da rein passen)
2. Spinn offs - die Geschichte wird weiter gesponnen wie in "D'Artagnan's Tochter" oder "Die Söhne der drei Musketiere" (1952).
3. Freie Verfilmungen, die sich an den Romanen leicht orientieren (das ist wohl die Masse der Filme inkl. denen mit Fairbanks aus den 20ern)
4. Filme, die beinahe nur noch die Namen der Charaktere haben aber eine völlig freie Handlung (z.B. die Steam-Punk oder Motorrad-Rocker Musketiere oder auch manche Zeichentrickserie wie die, wo Aramis sogar eine Frau ist!!!)
Komischerweise hat diese russische Verfilmung einen Titel, welcher eher in Kategorie 4 verweist, obwohl sich der Film sehr stark an die Handlung des Romans hält. Ich habe nur den fast 2-stündigen Film gesehen, der offensichtlich in recht unbedarfter Manier die über 8-stündige (!!!) Serie zusammen schneidet.
"Die drei Musketiere - Kampf um Frankreichs Krone"
Russl. 2013
Regie: Sergey Zhigunov
Darsteller: Rinal Mukhametov, Yuriy Chursin, Aleksey Makarov, Ekaterina Vilkova
Handlung: D'Artagnan bändelt bereits mit den Damen der Nachbarschaft an, als ihn sein Vater zu Monsieur de Tréville nach Paris schickt. Unterwegs begegnet D'Artagnan dem Mönsieur de Rochefort und sieht Lady de Winter. Rochfort verhindert, dass D'Artagnan sein Pferd zu einem guten Preis verkaufen kann und es kommt zum Kampf bei dem D'Artagnan niedergeschlagen wird. In Paris angekommen kommt es zu dem berühmten Duell mit den drei Musketieren. Von da an prügelt sich D'Artagnan und seine neuen Freunde zu allerhand Gelegenheiten mit der Garde des Kardinals. Der König vergibt den Musketieren, da er wohl auch Gefallen am jungen D'Artagnan findet (ausnahmsweise wird hier mal auf Louis Homosexualität angespielt). Die drei Musketiere und D'Artagnan müssen für die Königin die Diamanten aus England zurück holen. Unterwegs erleiden die Musketiere ihre Unglücke. Doch nachdem D'Artagnan den Ruf der Königin Anne gerettet hat, spürt er auch die Musketiere auf der ehemaligen Strecke wieder auf (!!! kommt selten in Filmen vor). D'Artagnan wird nun Musketier und muss Constance aus den Fängen von Rochefort befreien. Da dadurch auch Rochefort blamiert ist, setzt der Kardinal nun wieder auf Lady de Winter, die er zuvor wegen des misslungenen Diamanten-Coups hat fallen lassen. Tatsächlich gelingt ihr die Ermordung des Duke of Buckingham, während die Musketiere vor La Rochelle sind, der dennoch als Leiche zu einer Verabredung mit der Königin erscheint. Athos ist der Lady auf den Fersen und es kommt zu dem düsteren Finale...
Die Schnittfassung lässt die Affäre mit den Diamanten recht unangetastet, rafft dann aber den Stoff danach massiv zusammen, so dass das berühmte Frühstück der Musketiere z.B. wegbleibt. Die Schlüsselszene in der Herberge, als Athos Milady und den Kardinal belauscht ist dann aber drinnen. Die Filmfassung wirkt etwas stümperhaft zusammen gefrickelt. Manche eher unmaßgebliche Szenen blieben in aller Breite drin und andere Handlungsstränge, die man aus dem Roman kennt, fielen ganz weg wie z.B. dass die Lady von D'Artagnan zurückgewiesen wird, was ja erst ihren Hass auf ihn so wirklich erklärt.
Insgesamt hat der Film - und entsprechend auch die Serie - zahlreiche Gemeinsamkeiten mit vielen zeitgenössischen russischen Produktionen wie: sehr unbedarft schauspielernde Protagonisten, sehr müder Humor (v.a. wenn etwas offenbar vom Drehbuch dazu gedichtet wurde), meistenteils unpassende Drehorte (Gebäude aus dem 18. oder 19. Jh., schwach gefilmte Straßenszenen ...), unpassende Schiffe (aber gut, immerhin Schiffe - in modernen Filmen stehen die Darsteller ja meistens in PC-Animationen rum). Die Regie ist immerhin ein bisschen besser als bei "Pakt des Bösen" und wie der Schmarrn alles in den 2000ern hieß.
Positiv ist anzumerken, dass sich die Verfilmung stark an die Vorlage hält. Zahlreiche Motive werden aufgegriffen, auch wenn sich zumindest die Filmfassung nicht sklavisch an den Roman hält. Eigenwilligerweise fallen aber just die witzigen Aspekte weg. Es gibt keine Diener der Musketiere, was zu grotesken Situationen führt indem sie sich um Kleinigkeiten selber kümmern müssen. M. Bonancieux ist eine sehr langweilige Figur, der bereitwillig (und auch irgendwie unmotiviert) seine Frau verpfeift. Positiv ist anzumerken, dass die Kostüme und Frisuren halbwegs OK sind ohne jetzt akribisch authentisch zu wirken. Die Waffen wirken ganz in Ordnung. Eigentlich frage ich mich auch, wozu man in anderen Verfilmungen was dazu erfinden musste, da ja Radschlosspistolen z.B. sowas von cool sind und auch als Schlagwaffen was hermachen. Die Fechtszenen haben manche typisch russische Spielereien wie regelrechte Balletteinlagen, wenn D'Artgnan über die Rücken von Gardisten springt (sieht man oft in heutigen "Historienfilmen" aus Russland"), aber sie sind meistenteils OK und nicht durch sinnlose Grausamkeit oder die Aufhebung physikalischer Gesetze oder jegliche Wahrscheinlichkeit (wie in der Steampunk-Verfilmung) angreichert. Die Rollen bewegen sich insgesamt im Bereich des plausiblen - also kein Musketier, der den König anpöbelt - kein Kardinal, der wie in fast allen neueren Verfilmungen den König ermorden will oder so ein Unfug.
Insgesamt eine mäßige Verfilmung, die aber immerhin als regelrecht originelle Besonderheit für sich hat mit dem Trend der letzten 30 Jahre zu brechen sich meilenweit von der Romanvorlage zu entfernen.
Darsteller **
Bilder ***
Story ****
Fechtszenen ***