Lieber Koppi,
Ich bewundere es, wie du dir, mit einer bemerkenswerten Konstanz, Woche für Woche, nicht nur immer wieder neue Themen für deinen Blog ausdenkst, sondern es dann auch noch fertigbringst, immer etwas Lesenswertes darüber zu schreiben.
Insofern ist dein Blog sicherlich dein erfolgreichstes Wargaming-Projekt.
Das Thema "Wargaming-Projekt" finde ich als Betrachtungsgegenstand sehr spannend und betrachte es in vieleriei Hinsicht völlig anders als du. Wobei es da nicht Richtig und Falsch gibt, sondern jeder seinen Weg finden muß, wie er das Hobby betreibt und ob er projektorientiert arbeitet oder nicht.
Ich arbeite ja fast ausschließlich projektorientiert.
Wobei ich Projekte im engeren Sinne definiere. Also so, wie du sie am Anfang deines Artikels beschrieben hast. Mit einem definierten, klar begrenzten Umfang von Zeit und Ressourcen.
Insofern gehe ich sogar so weit, nur Projekte, die auch eine Fertigstellung erleben, überhaupt als Projekte zu bezeichnen. Großspurige Ankündigungen, Vorüberlegungen und Figurenkäufe, die niemals in die Umsetzung gelangen oder in einem frühen Stadium sterben, sind dann eher fixe Ideen, die niemals ein richtiges Projekt werden.
Was zeichnet nun also ein erfolgreiches Projekt aus? Meiner Meinung nach gibt es drei entscheidende Faktoren.
1. Eine gute Einschätzung der eigenen Motivation und der Zeitressourcen. Am Dahinschwinden der Motivation scheitern die meisten Projekte.
Es gibt einige Wege, die Motivation hoch zu halten. Zum Beispiel durch das realistische Setzen von Zwischenzielen. Erreicht man die, steigert das die Motivation. Außerdem hat jedes Projekt Arbeiten, die man lieber macht als andere. Wer zuerst all seine Kommandanten und Lieblingseinheiten anmalt, wird in der zweiten Hälfte ein Problem bekommen, wenn nur noch die "langweiligen" Massen an Rank&File Truppen übrig sind.
2. Eine saubere Planungsphase. Was will ich mit dem Projekt erreichen? Wie soll das optimale Ergebnis aussehen?
Wenn man eine Präsentation für eine Convention plant, sollte man schon am Projektanfang wissen, was in Bezug auf Spieldauer, Komplexität der Regeln, Optik , Aufbau der Spielplatte etc. dabei herauskommen soll.
Ich selbst verbringe im Schnitt mindestens 50% der Gesamtzeit in der Planungsphase. Dazu gehören lange Recherchen zu dem Konflikt, den man darstellen will, zu den Truppen, dem Baustil von Gebäuden der Epoche, genauso wie unzählige Stellproben der zu bauenden Platten, damit die endgültige Struktur sowohl den Ansprüchen der Spielbarkeit als auch denen der Optik entspricht. Außerdem schadet es nichts, mal im Netz zu gucken, ob andere das Gleiche oder etwas Ähnliches schon mal umgesetzt haben und sich bei denen etwas abzugucken. Und sei es nur, sich abzugucken, wie man es NICHT machen will.
Wobei ich ein vehementer Verfechter der Meinung bin, dass generische Bauteile in einem guten Projekt nichts verloren haben. Ich verstehe zwar, dass man das, was man da mühsam in seinem Projekt gebaut und bemalt hat, auch hinterher, nach der Präsentation auf einer Convention, noch benutzen und zu Hause bespielen will. Aber mit generischen Bauteilen wird man niemals das optische Maximum erreichen, niemals DEN Hingucker unter den Präsentationen auf einer Convention kreieren.
Wer ein Projekt mit mehreren Leuten plant, tut gut daran, einen Projektleiter zu benennen, der auf die Einhaltung der Milestones und die Gesamtoptik achtet und Maßnahnen ergreift, wenn das Projekt aus dem Ruder läuft.
3. Eine gute Einschätzung der eigenen Möglichkeiten. Es ist frustrierend, am eigenen Anspruch zu scheitern.
Nicht jeder kann malen wie beispielsweise Regulator/Stephan oder bauen wie der Don. Oder beides wie Frank Becker. Auch sollte die eigene Malgeschwindigkeit in Relation zur Menge der im Projekt benötigten Figuren stehen. Man sollte sich also der eigenen Grenzen bewusst sein.
Wobei es ein valider Ansatz ist, im Zuge eines Projektes eine Erweiterung der eigenen Fähigkeiten anzustreben. Also eine neue Maltechnik auszuprobieren oder eine neue Methode im Geländebau. Wenn es funktioniert, wirkt das sehr motivationssteigernd. Wenn nicht, erzeugt es dummerweise das Gegenteil. Daher würde ich diese neuen Methoden relativ an den Anfang des Projektes stellen, damit das Projekt nicht spät daran scheitert oder man noch Zeit hat, eine alternative Methode anzuwenden. Außerdem ist es nicht ehrenrührig, sich in einem Projekt dort Hilfe zu holen, wo man selbst vielleicht nicht so gut ist oder einfach die Zeit fehlt. Also Teile des Projektes outsourcen.
Schlußbetrachtung
Die Entscheidung darüber, ob man nun in unserem Hobby projektorientiert arbeitet oder lieber ohne klar definiertes Ziel vor sich hin muckelt, muß wirklich jeder für sich entscheiden. Wer sich keine Ziele setzt, kann nicht scheitern.
Natürlich kommt es vor, dass man bei einem klaren Termin, zu dem ein Projekt fertig werden muß, manchmal an den Punkt kommt, an dem man weitermacht, obwohl man eigentlich keine Lust mehr hat. Und ja, das letzte Häuschen und der letzte Soldat hinten links ist dann vielleicht nicht mehr so gut bemalt wie die Truppen und Geländeteile zu Anfang des Projektes, weil am Ende einfach die Zeit oder Motivation fehlte.
Auf der anderen Seite hilft ein gewisser Druck, auch mal aus den Hufen zu kommen und Sachen anzugehen.
Und am Ende ist nichts befriedigender als ein fertiges Projekt.