Liebes Forum,
derzeit suche ich, gemeinsam mit einem regelmäßigen Mitspieler, nach einem Regelsystem, um Fantasy-Schlachten zu spielen. Von dieser Suche möchte ich hier berichten, weil die (kurzen) Berichte über die verschiedenen Regelsysteme vermutlich den einen oder anderen hier interessieren.
Unsere Ansprüche sind:
- wir wollen große Schlachten darstellen, keine Geplänkel (Geplänkel sind ein anderes Thema)
- 15mm-Maßstab
- relativ kleine Tische. Idealerweise wollen wir auf 60x60 cm spielen, max. auf 120 x 90 cm
- Basierung mit Multibases; kein Entfernen einzelner Verluste
- recht zügiges Spiel; idealerweise unter zwei Stunden
- Kein DBX-Derivat (das ist eine völlig willkürliche Setzung; mein Mitspieler mag das für Fantasy halt nicht)
- Idealerweise ist eine Base eine Einheit (das ist eine Präferenz, keine zwingende Anforderung)
- Darstellen wollen wir Armeen in der Art von Warhammer, Demonworld, aber auch nach literarischen Vorbildern wie Tolkien, Williams etc.
Aufgrund dieser Voraussetzungen fällt einiges schonmal raus: Warmaster braucht sehr große Tische. HotT und DBA 3 sind sehr gute Systeme, aber halt DBX. Warhammer und Nachfolger haben das Entfernen einzelner Verluste.
Was andere spielen und die Frage der Kompatibilität sind uns weitgehen egal. Es macht eh praktisch niemand 15mm-Fantasy. Und wenn, dann ist es praktisch immer HotT. Und dafür habe ich eh ein paar Armeen, die ich auch behalten werde. Jenseits von HotT gibt es aber wirklich fast nichts. Insofern kann man auch einfach das machen, was man wirklich machen will - man muss es ja eh allein oder im kleinsten Kreis machen.
Hier also Berichte, was wir probiert haben. Die Berichte werden ergänzt werden, wenn wir weitere Regeln probieren.
Kommentare und eigene Gedanken und Erfahrungen sind sehr erwünscht.
(Anmerkung: Ich habe einiges aus meinen Berichten im Tanelorn-Forum kopiert, eingefügt und leicht verändert. Ich denke, das ist kein Problem - merke es aber an, damit niemand sich den Kopf zerbrechen muss, wenn es zufällig auffällt.)
Dragon Rampant
Wir haben Zwerge (Warlord, zwei Einheiten Axe Thanes, eine Einheit Armbrustschützen) gegen Goblins (Overlord, Bärenreiter, vier Einheiten Warriors) gespielt. Die Zwerge haben die Goblins fast ohne eigene Verluste besiegt. Der Versuch, die Zwerge einzukessen, misslang, weil die Goblins schnell geflüchtet sind. Wir fanden es OK, aber die taktische Tiefe war uns nicht ausreichend. Letztlich fällt das wohl raus, weil es eben doch ein Geplänkel-Spiel ist. Wir wollen Einheiten mit Ausrichtung und Flanken.
Einiges ist in den Regeln auch Lückenhaft. Sichtlinien sind überhaupt nicht definiert, Deckung und Geländeauswirkungen ziemlich vage. Und das Spiel sieht nur mit einzeln basierten Figuren richtig aus und es ist sicher auch schöner, wenn man Verluste entfernt. Man kann das natürlich auch so spielen, aber es fühlt sich nicht richtig an.
Fantastic Battles
Das Spiel hat einige Regellücken, die ergänzt werden müssen. Geometrisch ist es leider potentiell durchaus hakelig. Vor allem die relative Ausrichtung von Einheiten zueinander, die Auswirkungen von Zudrehen, die Frage, wer wen wann noch Beschießen und Angreifen darf etc. sind leider nicht so klar, wie man es sich wünschen würde. Insgesamt etwas viel kleinteiliges Gefriemel. Riesen fallen um, wenn sie sterben und können dabei Schaden machen. Leider ist völlig unklar, wie genau das funktioniert. Für "uphill" gibt es einen Malus für den Gegner - aber "uphill" ist nicht definiert. Hügel sind extrem wichtig, aber es gibt keine vernünftigen Regeln für den Geländeaufbau. Die Bewegungsregeln sind sehr schwammig. Flanken- und Rückenangriffe und deren Bedingungen sind weder für den Beschuss noch für den Nahkampf gut definiert.
Sehr schön sind die Regeln für Zufallsereignisse vor und während der Schlacht. Und die Regeln für die Kommandostruktur sind auch super. Wobei mich ein wenig stört, das Artillerie ohne eigenen Befehlshaber (der bei den Geschützen bleiben muss) nicht schießen kann. (Das stimmt nicht. Sie kann nachladen. Die Regel ist aber ein wenig versteckt.) Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall, dass die Vielzahl an Sonderregeln eine breite Vielfalt an baubaren Truppen zulässt. Nicht so toll finde ich, dass manche Sonderregeln einfach nur einen permanenten Modifikator geben, also einen Wert verändern. Das wird schnell unübersichtlich und sollte - finde ich - dann einfach eingerechnet werden und auch so im Profil vermerkt werden. Nun ja.
Die Basierung gefällt mir nicht. Einheiten bestehen aus einer oder mehreren (max. vier) Bases. Es werden keine Verluste entfernt. Aber dadurch entstehen Einheiten mit sehr unterschiedlicher Größe, was Probleme mit der Geometrie schafft. Die Einheiten werden unter Umständen sehr groß, dafür sind die Bewegungsreichweiten zu klein. Das Spiel legt außerdem nahe, dass man sehr große Einheiten als Puffer hat, mit denen man gegnerische Einheiten bindet, denen man dann mit schnellen, kleinen Einheiten in die Flanken fällt. Das ist grundsätzlich OK, funktioniert aber aufgrund der sehr unterschiedlichen Einheitengrößen und der vergleichsweise kleinen Bewegungen nur teilweise.
Die Formationsregeln leiden darunter, dass die Regeln dafür, wie ein Formationswechsel ausgeführt wird, ziemlich unklar sind. Zwar wird beschrieben wie man von Linie in Marschkolonne kommt; umgekehrt aber nicht. Außerdem ist die Marschkolonne häufig eine ziemlich sinnvolle Formation für den Angriff, weil sie schneller ist als die Linie.
Zudem können die Bases im Kampf einzeln (oder in der Gruppe, man darf das möglicherweise wählen; die Regeln sind unklar) kämpfen. Das macht es unnötig hakelig und langwierig; außerdem bringt das (für mein Verständnis) den Fokus total durcheinander: Bin ich jetzt Feldherr und führe eine Armee, oder bin ich Hauptmann einer Einheit und leite den Kampf im Detail? Es gibt auch Horden, die aus einer einzigen, riesigen Base bestehen; aber die sind nur für die Darstellung von Masseneinheiten gedacht und geeignet. Außerdem ist ein Umfassen gegnerischer Einheiten nicht möglich, weshalb ein Teil einer großen Einheit nur rumsteht und Trefferpunkte beiträgt. Ich habe es nicht ausprobiert, vermute aber, dass viele Armeen am besten funktionieren würden, wenn man überhaupt keine großen Einheiten ("Groups") aufstellt und sich stattdessen auf kleine Einheiten ("Companies") beschränkt. Maximale Flexibilität und eigentlich keine Nachteile.
Noch ein Problem mit dem Nahkampf: Die Modifikatoren sind völlig unklar formuliert, weil der Autor anscheinend seine eigene Terminologie wild durcheinandergeworfen anwendet. Es ist möglich, dass er sich was dabei gedacht hat, unterschiedliche Modifikatoren für Companies, Units und Groups zu geben. Dagegen spricht aber, dass das teilweise völlig übermächtig wäre (Flankenangriffe würden damit fast immer zum sofortigen Auslöschen der angegriffenen Einheit führen - die Regeln legen nicht nahe, dass das gewollt ist), andererseits spricht der Fließtext auch davon, dass die Modifikatoren pro Company angewendet werden sollen. Tja... Man weiß es nicht, muss alles gehausregelt werden.
Ein Problem ist auch die ziemlich unausgegorene Punktebewertung mancher Einheiten. So wird etwa "Slow" - was normalerweise eine Verlangsamung der Einheit um ein Drittel oder gar die Hälfte zur Folge hat - mit nur -1 Punkt bewertet. Selbst bei Regeln, die nicht für kompetitives Spiel ausgelegt sind, ist so eine Option ziemlich offensichtlich Quatsch. Selbst wenn man die gesamte Armee "Slow" macht und dadurch erhebliche Nachteile bekommt, hat man meist noch nicht genug Punkte eingespart, um auch nur eine einzige zusätzliche Einheit zu kaufen (Einheiten kosten im Schnitt ca. 30 Punkte, eher etwas mehr). Das Punktesystem eignet sich entsprechend nur sehr eingeschränkt dafür, gleichstarke Armeen zu bauen. Kommt noch dazu, dass eine "Company" (eine Base) immer gleich teuer ist, unabhängig davon, ob sie allein agiert oder in einer Einheit ("Group"). Das macht aber einen großen Unterschied für die Effizienz und unabhängig agierende Einheiten sind eindeutig vorzuziehen. Vermutlich lässt sich das - wie bei allen Systemen - dadurch lösen, dass man nicht auf Effizienz optimiert, sondern versucht, "stimmige" Armeen aufzustellen und sich ggfs. darüber abzusprechend, was funktioniert und was nicht. Der Nachteil daran ist, dass es für Leute, die "stimmig" nicht verstehen wollen oder können und die gern auf Effizienz optimieren wollen, eher kein geeignetes System ist. (Glücklicherweise bin ich ganz klar im Lager der "Stimmigkeitsspieler" verortet - und kann damit irgendwie umgehen. Es gefällt mir aber nicht und ich würde mich ärgern, wenn mein Mitspieler darauf besteht "nach den Regeln" optimiert aufzustellen).
Es ist leicht, übermächtige Kombinationen zu finden. So kann ein Rogue (quasi ein Held, der Helden tötet) in Kombination mit dem Zauber "Prophesy" (Beeinflussung beliebiger Würfel), welchen man auch in Settlement-Gelände recht einfach bekommt, quasi sicher gegnerische Helden töten. Dagegen gibt es auch nicht wirklich ein Gegenmittel. Der Rogue ist ohnehin quasi eine Pflichtauswahl - was mich wiederum aus thematischen Gründen stört, weil es gar nicht so viele Armeen gibt, in die ein Assassine gut passt.
Manche Regeln gefallen mir auch einfach aus geschmacklichen Gründen nicht. "Poison" erlaubt es, Einsen im Kampf erneut zu würfeln. Denselben Effekt hätte man mit einem um 1 erhöhten Kampfwert haben können. Und wenn man irgendwas thematisches haben möchte, dann ist diese Lösung auch nicht ideal, weil eben völlig unklar ist, was das mit der Wirkung von Gift zu tun haben soll.
Basen sollten quadratisch sein, sonst wird es geometrisch noch komplizierter. Ist zwar auch machbar, aber für mich hört da der Spaß auf. Gemessen wird in Basenbreiten. Wir haben mit 4 cm breiten Bases gespielt und das funktioniert gut, zumal wir dafür ohnehin die Messstäbe für DBA 3 mit 4-cm-Markierungen hatten.
Die Spieldauer ist mit ca. zwei Stunden angegeben für ein normalgroßes Spiel, also 750-1000 Punkte. Das kommt mir ziemlich optimistisch vor, weil doch ziemlich viele Kleinteilige Dinge zu verwalten sind und weil taktisch sinnvolles Spiel eine gewisse Genauigkeit bei der Bewegungsplanung und anderen Distanzen erfordert. Man wird eher nicht dahin kommen, "aus dem Bauch" zu spielen.
Kings of War
Orks gegen Zwerge, 1000 Punkte. Halbierte Basengrößen, halbierte Spielfeldgröße, halbierte Entfernungen. Das funktioniert mittelmäßig; Artillerie wird dann eigentlich zu klein, auch die Einzelfiguren bräuchten eigentlich etwas größere Bases. Das kann man aber alles umgehen und es macht für das Spiel keine großen Probleme. Und es passt so dann auf eine 60x60er-Platte.
Die Orks haben ein wenig Pech mit den Würfeln gehabt, der Zwerg dagegen großes Glück mit den Kanonen. Dazu noch ein wenig ungeschicktes Agieren seitens der Orks, die vermutlich besser gegen die zwergische Artillerie hätten vorgehen können.
Mir ist die Bewegung zu frei, ich hätte gern Regeln für Kommandostruktur. Und es sind viel zu viele Würfel. Auch das Verwunden á la Warhammer ist nicht mein Ding; das würde eleganter gehen und ich mag es auch nicht, dass dadurch einige Einheiten andere Einheiten gar nicht treffen können. Der Einfluss von Gelände ist gering, es fehlen aber auch Regeln für die Platzierung. Das ist blöd, weil gerade Hügel extrem wichtig sind für Schützen und Artillerie, die von Hügeln aus über eigene Einheiten hinwegeschießen dürfen.
Andererseits sind die Regeln ziemlich sauber und lassen erfreulich wenig Unklarheiten offen.
A Game of Knights and Knaves
Ist ein DBX-Derivat, weicht aber so stark ab, dass wir einen Versuch gewagt haben. Leider sind die Regeln - auch in der zweiten, überarbeiteten Version - extrem chaotisch. Grundsätzlich ist es eine schöne Idee, die grundlegenden Truppentypen der DBX Welt als Grundlage zu haben, die man dann durch Sonderregeln ausgestalten kann. Leider wird das schnell extrem unübersichtlich und die Regeln haben weder eine Kurzübersicht, noch ein vollständiges Glossar. Leider ist das so kaum spielbar und man müsste die Regeln neu schreiben, um sie sinnvoll nutzen zu können.
Im Kern ist es eine DBA-Abwandlung und entsprechend geometrisch recht sauber. Das vermisse ich bei den meisten anderen Regelwerken. Mir geht dieser Ansatz von "wird schon irgendwie passen" auf die Nerven - es hängt ja doch bei fast jedem System sehr viel daran, wer nun wen wie angreifen kann.
Das Resultat unserer Partie - Orks (viele Krieger zu Fuß, ein paar Wolfsreiter und Bogenschützen) gegen Menschen (Schwertkämpfer, Ritter, eine Kanone) - war solcherart, dass sich beide Armeen gegenseitig in der gleichen Runde zerlegt haben und vom Feld geflohen sind. Das war auch ganz passend.
Warband
Haben wir mit Menschen gegen Orks gespielt. Ich war skeptisch und eher angenehm überrascht. Das Aktivierungssystem bietet interessante Entscheidungen, das Spiel lief recht flüssig und mit überschaubarem Aufwand. Die Kämpfe waren auch leicht abzuarbeiten, dabei aber schon etwas arg simpel. Die Magie kann recht mächtig sein, allerdings kam das nicht zum Tragen, weil wir beide fast durchgehend sehr schlechte Magiepunkte für die Magier erwürfelt haben. Ansonsten ist der Witz an dem System, dass Kommandanten so ziemlich alle Aktionen (Bewegung, Fern- und Nahkampf, Moral) durch seine Kommandopunkte beeinflussen kann. Das gibt dem ganzen Würze und einen guten Fokus auf die Kommandanten.
Geometrische Probleme werden hier weitgehend dadurch gelöst, dass sie überhaupt nicht zugelassen werden - man darf sehr frei bewegen und durch kleinste Lücken schießen etc. Gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber, wenn man sich darauf einlässt.
Das Spiel ist nicht kompliziert und großteils auch recht intuitiv. Die einfachste Lösung ist meist die richtige. Einiges, z.B. die Beschussregeln, sind durchaus elegant und mit wenig Regelballast sehr sauber gelöst.
Allerdings kann das Spiel ein wenig zäh werden, weil Einheiten grunsätzlich nie sofort aufgerieben werden, sondern mit Maximalbewegung vom Tisch fliehen. Auf dem Weg zur eigenen Spielfeldkante kann man sie sammeln und sie zählen dann nicht als Verluste. Das ist insofern etwas problematisch, als dass dann notdürftig gesammelte Einheiten hinten herumstehen, die nicht als Verluste zählen, aber auch nicht mehr wirklich kampffähig sind. Die muss man dann zeitraubend ausschalten, vorher geht es nicht zuende. Den Regeln nach kann man Einheiten eigentlich nur dadurch direkt vernichten, dass man sie vollständig umzingelt, was natürlich meist nicht sinnvoll möglich ist.
Die Regeln gehen von 10cm breiten Bases aus und 10 cm sind dann auch die Maßeinheit. Dafür braucht es dann einen ziemlich großen Tisch. Man kann das beliebig reduzieren, wir haben mit 8 cm breiten Bases gespielt. Man sollte sich allerdings dann Messhilfen anfertigen, weil Vielfache von 8 doch recht unbequem in der Handhabung sind. Tatsächlich müssten wir die Basen eher auf 6 cm verkleinern, weil wir mit 8 cm auch schon an die Grenzen der Tischgröße kamen.
Nachteilig ist, dass es zwar Armeelisten gibt, aber kein Punktesystem, mit dem man selbst Einheiten basteln kann. Das lässt sich sicherlich recht leicht lösen, indem man sich änliche Einheiten aus anderen Listen nimmt und diese ggfs. ein wenig anpasst. Schöner wäre trotzdem ein Baukasten. Der Armeebau ist auch nicht sonderlich flexibel und die Armeelisten sind teilweise etwas speziell; halt an das Sortiment des Herstellers Pendraken angepasst.
Die Testergebnisse muss ich weiter unten fortsetzen, da ich hier mit der maximalen Zeichenzahl in Konflikt komme.