Schon vor etlichen Jahren bin ich auf diese Regeln gestoßen, die sich da aber noch in einer sehr frühen Planungsphase befanden. Dabei habe ich auch noch ein bisschen an einem eigenen System für Belagerungen gebastelt.
Als aber 2021/2022 das oben genannte Regelwerk von Eric Burgess fertig und komplett war, habe ich mir dann die pdf-Version gekauft.
Aktuell fand ich dann endlich mal die Motivation, die Regeln nochmal durchzulesen und ernsthaft ein Testspiel zu starten.
Es soll sich um eine generische Belagerung irgendwann im spanischen Erbfolgekrieg drehen. Britische Truppen unter der Führung vom Duke of Marlborough himself belagern eine Festung an einem Fluss, irgendwo in Flandern oder Süddeutschland, die von französischen und bayrischen Truppen verteidigt wird.
Zum Regelwerk:Das System basiert auf "Piquet: Field of Battle" und ist ein typisch amerikanisches, mit unterschiedlichen Würfeln je Truppentyp und konkurrierenden Würfen (z.B. Angreifer kämpft mit W10, Verteidiger würfelt W8 und die Differenz der beiden Würfel erhält der Unterlegene in Schadenspunkten. Bei 2-3 Schadenspunkten stirbt eine Base, wobei Standardeinheiten etwa 4 Basen groß sind).
Das Spiel arbeitet mit Kartenaktivierungen, der Angreifer (Belagerer) und der Verteidiger (Belagerter / Garnison) hat jeweils ein eigenes Kartendeck, das in diversen Belagerungsspielzügen mehrmals durchgespielt wird. Zwischen den Spielzügen haben beide Seiten die Möglichkeit, ihre Kartendecks noch ein wenig zu variieren.
Zwei zusammengestellte Belagerungsdecks. Blau für die Verteidiger und rot für die Belagerer.
Der Autor hat wirklich irgendwie an alles gedacht, was man mit großen Belagerungen in dieser Epoche in Verbindung bringt: Schanzarbeiten, Annährungsgräben, unterirdischer Minenkrieg, Ausfälle, Bombardements von Truppen, Befestigungen und den Zivilisten in der Stadt, Entsatzarmeen, Spionage, Pulver- und Proviantversorgung sowie die Kriegsbegeisterung oder -müdigkeit der Stadtbewohner).
Es ist somit sehr umfangreich, detailliert und geht schon in Richtung Simulation und bleibt trotzdem auch ein relativ flüssiges Spiel (wenn man etwas Erfahrung hat und weis was man machen kann)
Am Anfang gilt es erst einmal Schreibarbeit zu leisten, um die ganzen Versorgungswerte zu bestimmen, die zumeist auf diversen Tabellen ausgewürfelt werden. Auch Truppen und Offiziere werden gekauft und aufgestellt. Bestimmte Einheiten bekommt man umsonst wie z.B. den Governeur, einen General und ein schweres Festungsgeschütz pro Bastion.
Unten die Festung mit dem davor gelagerten weiträumigen Glacis. Am oberen Bildrand die Angreifer. Diese haben zu Spielbeginn immer schon die Circumvallation, d.h. den Belagerungsring geschlossen. Die zwei Bastionen, die in den Fluss ragen, "spielen nicht mit". Es können nur die oberen 3 Bastionen angegriffen werden. In der Stadt muss man noch den Standort des Hauptmagazines (Achtung ! Rauchen verboten) und einen Sammelplatz bestimmen.
Die Angreifer drängen sich knapp außerhalb der Kanonenreichweite. Der Duke of Marlborough höchtselbst ist zugegen. Links davon die Scots Guards (Garde)
Die Verteidiger haben sich so gut es geht verteilt. Wie man sieht, haben sie nicht genug Truppen, um die ganzen Verteidigungsanlagen zu bemannen.
Ein vorgelagerter Ravelin mit einer leichten Artilleriebatterie und schwere Festungsgeschütze auf den Bastionen.
Und es geht los, mit dem Maximum an 6 Sappeur-Einheiten beginnen die Briten damit, gleich vier Annährungsgräben (Approchen) im Zick-Zack-Kurs anzulegen. Britische Infanterie besetzt direkt dahinter die Gräben um die Sappeure zu schützen.
Und keinen Augenblick zu früh, den schon ziehen die Bayern einen Trench Raid. Zwei Basen der Verteidiger stürmen in einer Nachtaktion den Graben und fallen über die Sappeure her. Diese müssen sich mit Verlusten zurückziehen, aber die nahe britische Bewachung verhindert Schlimmeres (z.B. dass die Verteidiger der Graben unbrauchbar machen)
Bald darauf ereilt weiteres Ungemach die Angreifer: ihr fähiger General Blood verstirbt plötzlich und unerwartet (Risiko 1 auf 1W20 ! Herzinfarkt ? Scharfschützen ? egal: tot).
Er wird später von einem neu ernannten Offizier ersetzt, aber dieser hat leider nicht mehr die Anführerqualität wie der Dahingeschiedene.
Ungerührt buddeln die Briten weiter und die Gräben nähern sich der Festung
Bald darauf legen sie die 2.Parallele an, um ihre schweren Belagerungskanonen näher an die Mauern heran zu bringen
Ein leichter britischer Mörser eröffnet das Feuer auf extreme Reichweite auf die Verteidiger am Glacis, aber (noch) ohne Effekt.
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Damit endete der 1.Belagerungsspielzug. Weiter geht es, wenn ich weitergespielt habe