Epochen > Absolutismus und Revolution
Frage zur Verwendung von Bajonetten
Pappenheimer:
Im 18. Jh. habe ich schonmal gefunden (ich glaube in der Schlacht bei Camposanto 1743), dass ausdrücklich das Aufpflanzen der Bajonette erwähnt wurde. Auf zeitgen. Darstellungen fällt aber auch immer wieder auf, dass laufend die Bajonette aufgepflanzt waren.
Für die Napoleonische Zeit habe ich den Eindruck, dass das Abnehmen der Bajonette nur noch in besonderen Situationen stattfand. Armeen auf dem Marsch sieht man bei J.B. Seele z.B. immer mit aufgepflanzten Bajonetten. Das Abnehmen der Bajonette kann in engen Räumen sinnvoll sein oder wenn man das Gewehr unterm Arm trug um es vor Regen zu schützen. Bezeichnenderweise hatten die Preußen 1813 garkeine Bajonettscheiden mehr wo sie das Bajonett hätten reinstecken können, da das bei denen vielleicht garnicht mehr gebraucht wurde.
Das Bajonett wie wir es im 18. Jh. und bis in die Napoleonische Zeit kennen, behindert das Laden der Musketen überhauptnicht, da das Exerzieren sich schon daran orientierte, dass man die Handgriffe so ausführte, dass man die Klinge des Bajonetts garnicht berührte. Hinzu kommt, dass die Bajonette zwar spitz aber nicht scharf sind. Der Sinn der üblichen Bajonette war der Stich. Säbel und dergl. dienten als Hiebwaffen. In manchen Armeen verschwanden Sekundärwaffen auch ganz. Französische Füsiliere verloren bspw. ihren Degen, den sie noch Mitte des 18. Jh. führten. Vielleicht machte das auch den Gebrauch des Bajonetts noch naheliegender. Jedes Ausrüstungsstück musste ja vom Staat angeschafft und vom Soldat rumgetragen, geputzt etc. werden.
Pappenheimer:
--- Zitat von: Darkfire am 15. Februar 2024 - 20:07:31 ---Außerdem waren die Waffen der Jäger meist von besserer Qualität und es wurde wohl bewußt drauf verzichtet, diese im Nahkamp zu verwenden, ein Korn ist schnell verzogen. Musketen waren reine Massenwaffe, zielen war fast unmöglich, der Gegner wurde von einer "Wand" aus Kugeln getroffen. Da machte ein verzogener Lauf ned so viel aus.
--- Ende Zitat ---
Wie soll denn Deines Erachtens ein Lauf verzogen werden? Die Musketen waren schon so gebaut, dass sie vom Gewicht her gut austariert waren und in Relation zum Gewehr selber, wiegt das Bajonett auch nicht mehr allzuviel. Bei Baker Rifles der 95th und 60th rifles ist es nur so, dass die Scharfschützen ihre Bajonette, die gleichzeitig als ihre Seitenwaffe dienten, nur für den Nahkampf aufsetzten, weil diese Bajonette deutlich schwerer waren - wohl auch länger um die kürzere Länge der Büchsen statt der Musketen (eigentlich fusils) auszugleichen.
Die Gewehre der Linieninfanterie waren Massenware. Aber sehr gute Massenware. Die Qualität aller Komponenten wurde präzise überprüft. Mit diesen Waffen konnte natürlich gezielt auf eine gewisse Distanz geschossen werden und das Schießen auf Zielscheiben wurde auch geübt. Nicht nur in Memoiren, sondern auch in Manualen, Herrschaftlichen Verordnungen (z.B. zum Einrichten von Schießständen für die Zivilbevölkerung = Milizen) wie auch im Liedgut "gebt Feur' und trefft den Mann" (aus "Kriegsexerzitium bey der Tafel" Mitte 18.Jh.) spiegelt sich das wider.
Maréchal Davout:
Wieder ein sehr interessanter Austausch hier!
Zu den russischen Jägern kann ich nur sagen, dass die mit normalen Musketen ausgestattet waren.
Aus Pappenheimers meiner Ansicht nach korrekten Ausführungen ergibt sich auch in Bezug auf die fehlende Schärfe des Bajonetts (nur zum Stechen), dass sie nur eingeschränkt für bestimmte Lagertätigkeiten verwendbar waren. Um so beliebter war bei den Franzosen sicher der Kurzsäbel, der ja eigentlich wegfiel, aber vielfach gern behalten wurde, und auch für bestimmten praktischen Gebrauch zweckentfremdet wurde.
Darkfire:
--- Zitat von: Maréchal Davout am 16. Februar 2024 - 12:14:51 ---Wieder ein sehr interessanter Austausch hier!
Zu den russischen Jägern kann ich nur sagen, dass die mit normalen Musketen ausgestattet waren.
Aus Pappenheimers meiner Ansicht nach korrekten Ausführungen ergibt sich auch in Bezug auf die fehlende Schärfe des Bajonetts (nur zum Stechen), dass sie nur eingeschränkt für bestimmte Lagertätigkeiten verwendbar waren. Um so beliebter war bei den Franzosen sicher der Kurzsäbel, der ja eigentlich wegfiel, aber vielfach gern behalten wurde, und auch für bestimmten praktischen Gebrauch zweckentfremdet wurde.
--- Ende Zitat ---
Ohne jetzt zu viel in die physikalische Seite abzudriften, beschädigt jeder Schlag ein System. Schönstes Beispiel ist ein umgefallenes G3, das dann nicht mehr nach links sondern nach rechts zieht. Ich sehe das Problem mit den Schütze und Jägern eher so, das es sich hier um sehr präzise Waffen handelt, die man jetzt nicht in einem nicht notwendigen Nahkampf beschädigen sollte. Also war es schon im Sinn des Schützen, das zu vermeiden. Sollte es dann doch unvermeidbar sein, dann musste man es riskieren.
Natürlich waren die Musketen gute Massenware, aber, um hier wieder meine besten Freund zu BW Zeiten heranzuziehen, waren die G3 in den Ausbildungseinheiten so "zerdengelt", das wir beim Schießen immer spezielle "gute" Waffen bekamen. Wenn wir das jetzt auf die napoleonische Zeit übertragen, so wurde die Qualität einer Muskete ja auch immer schlechter, je öfter sie zum "Bajonettfechten" eingesetzt wurde...also war den die Schußleistung irgendwann weniger gut, aber das Bajonett war eine relativ sichere Waffe. Neben der Tatsache das praktisch jede Waffe, ob Glattlauf oder gezogen bis etwa zum Ende der 1800 sehr ungenau war. Was sich auch vor allem an den Gefechten im ACW zeigt, bei denen Einheiten mit gezogenen Waffen denen mit Glattlaufmusketen weit überlegen waren, von der Trefferausbeute.
Antraker:
Zu meiner Schande: Mich lässt diese Frage noch nicht ganz in Ruhe.
Ich hab zuletzt noch einmal "Sharpe's Waterloo' gelesen. Natürlich ist mir klar, das Bernard Cornwell Unterhaltungsromane schreibt. Aber ein ordentliches maß an Expertise zum Thema würde ich ihm schon zugestehen. Und in seinen Büchern werden Bajonette nur aufgepflanzt, wenn Nahkampfangriff immanent oder Kavallerie droht.
Zudem hab ich mit einem Dr. der Militärhistorik darüber gesprochen. Dieser war auch der Auffassung, dass die Wargaming Miniaturen mit aufgepflanzten Bajonett sehr stark überproportional vertreten sind. Vor allem bei den stehenden oder marschierenden Modellen.
Nun hab ich - ein Hobby von mir - dazu mal Chat GPT gefragt und teile gern mit Euch den Dialog:
Zunächst hier ein Link zum Original.
Dann die abschließende Antwort:
"Die Frage, ob Bajonette während der Napoleonischen Kriege (1797–1815) dauerhaft aufgepflanzt waren oder nur auf Befehl, ist vielschichtig und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter militärische Doktrin, praktische Überlegungen und nationale Unterschiede.
Militärische Doktrin und Praxis
In vielen Armeen dieser Epoche wurde das Bajonett primär für den Nahkampf eingesetzt. Es wurde oft erst auf Befehl aufgepflanzt, insbesondere vor einem geplanten Angriff oder zur Verteidigung gegen feindliche Kavallerie. Das ständige Aufpflanzen des Bajonetts konnte die Handhabung der Muskete erschweren und das Nachladen verkomplizieren. Allerdings gibt es Hinweise, dass in einigen Armeen, wie der preußischen, das Bajonett häufig dauerhaft aufgepflanzt blieb. Eine Verfügung Scharnhorsts besagte, dass bei der Infanterie das Bajonett stets auf den Gewehren verbleiben sollte, um die ledernen Scheiden einzusparen, da Leder in dieser Zeit Mangelware war. Tabletop DeutschlandPraktische Auswirkungen
Ein aufgepflanztes Bajonett veränderte das Gleichgewicht der Muskete und konnte das Zielen und Schießen beeinträchtigen. Zudem bestand ein erhöhtes Verletzungsrisiko für den Schützen und seine Kameraden. Dennoch bot das aufgepflanzte Bajonett einen sofortigen Schutz gegen plötzliche Nahkampfangriffe, was in unübersichtlichen Gefechtssituationen vorteilhaft sein konnte.
Unterschiede zwischen Nationen
Die Praxis variierte zwischen den Nationen. Während in der preußischen Armee das Bajonett oft dauerhaft aufgepflanzt blieb, Tabletop Deutschland könnten andere Armeen, wie die französische oder britische, das Bajonett nur auf Befehl aufgepflanzt haben. Diese Unterschiede spiegelten sich in den jeweiligen militärischen Doktrinen und verfügbaren Ressourcen wider.Darstellung in historischen Gemälden
Zeitgenössische Gemälde zeigen oft Szenen mit aufgepflanzten Bajonetten, insbesondere in Momenten des Angriffs oder der Verteidigung. Ein Beispiel ist das Gemälde "Einzug der französischen Armee unter dem Kommando von General Miollis in Genua am 24. Juni 1800" von Jean François Hue, das Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten zeigt. Allerdings sind solche Darstellungen oft dramatisiert und spiegeln nicht unbedingt den Alltag der Soldaten wider.
Die 'Rule of Cool'
In der Welt der Miniaturen und Tabletop-Spiele spielt die Ästhetik eine entscheidende Rolle. Figuren mit aufgepflanzten Bajonetten wirken dynamischer und kampfbereiter, was dem Spiel und der Darstellung eine besondere Atmosphäre verleiht. Daher entscheiden sich Hersteller oft für diese Darstellung, um den visuellen Reiz zu erhöhen.
Quellenanalyse
Antoine-Henri Jomini, ein Militärtheoretiker der napoleonischen Ära, bemerkte, dass Bajonettangriffe oft dazu führten, dass der Feind floh, bevor es zum eigentlichen Nahkampf kam. Dies unterstreicht die psychologische Wirkung des Bajonetts, unabhängig davon, ob es tatsächlich zum Einsatz kam. WikipediaFazit
Die Praxis des Aufpflanzens von Bajonetten während der Napoleonischen Kriege hing von verschiedenen Faktoren ab, darunter nationale Doktrinen, taktische Überlegungen und praktische Notwendigkeiten. In der Darstellung von Miniaturen spielt zudem der ästhetische Aspekt eine bedeutende Rolle, was die häufige Darstellung mit aufgepflanzten Bajonetten erklärt."
QUELLE: chat-gpt
Dies soweit für heute. Schönen Sonntag!
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