Überarbeitung auf den Stand von Mai. 2022Die folgende Aufstellung soll die Fülle an vorhandenen und gespielten napoleonischen Regeln vorstellen. Es geht dabei um sogenannte taktische Systeme, d.h. die Spieleinheit ist ein Bataillon, als Spieler spielt man eine Armee, die etwa einer napoleonischen Division entspricht.
Nach dem Boom der neuen 28mm Figuren, insbesondere der Plastik-Figuren der Perrys und von Victrix, soll hier besonders berücksichtigt werden, ob diese Regeln auch spielbar mit 28mm Figuren sind.
General de Brigade (Dave Brown)
Ein Klassiker von 1998, bevorzugt für 15mm. Scheinbar spielen es aber doch einige auch in 28mm. Hat den 1/20 Maßstab, d.h. man braucht richtig große Einheiten. So ein übergroßes Österreicher-Bataillon kommt schon mal auf 48 Mann. Die Regeln sind relativ detailliert und genau. Sie geben daher sehr genau die Besonderheiten der Zeit wieder, man braucht aber etwas Zeit, um sie zu beherrschen.
Shako (Arty Conliffe)Shako ist ebenfalls ein Klassiker der 90er Jahre. Die Regeln haben das Kommando-System, das man von Conliffe kennt: Man zeichnet auf einem Plan die Bewegung der einzelnen Brigaden ein. das Kampfsystem ist dagegen relativ einfach und daher gut spielbar.
Shako wird m.W. nicht in 28mm gespielt.
Napoleon (Foundry)
Napoleon hat ein Kartensystem für Einheiten, die sich direkt bedrohen. Diese müssen verdeckt einen Befehl bekommen, der dann mit einem Kommandowurf umgesetzt wird.
Das System ist wegen seiner Schwächen und Ungenauigkeiten nur auf Kritik gestossen. Es wird quasi vin niemandem gespielt.
Black Powder (Rick Priestley)
Hard Cover Buch mit zahlreichen schönen Bildern (insbesondere die Spieltische und Figuren der Perry-Brüder). Die Regeln decken den Zeitraum von 1700-1900 ab und enthalten am Ende je einen unfangreichen Schlachtbericht zu AWI, Nap, Karlisten-Krieg, Krim-Krieg, Buren-Krieg und Suda-Krieg. Es gibt ein minimalistisches Punktesystem und die Regeln sollen verschiedene Basierungen (auch gegeneinander) ermöglichen.
Kern der Regeln ist ein Warmaster-ähnliches Kommando-System. Allerdings gibt es nur einen Wurf, der dann entscheidet, ob eine Einheit keine, 1, 2 oder 3 Bewegungen hat. Damit können theoretisch sehr große Reichweiten entstehen (12\" Reichweite für Infanterie mal 3!). Der Clou ist jedoch, dass man vor dem Wurf einen Befehl geben muss und nur das macht die Einheit dann auch. Bewegung und Kampf sowie Verluste (mit Markern) ist wunderbar unproblematisch und simpel.
Black Powder ist sicher das erfolgreichste Regelwerk für 28mm Figuren, was sicher auch an dem engen Zusammenhang zu den Perry-Brüdern und Warlord liegt. Als \"Nottingham\"-Regel trifft es natürlich auch den Massengeschmack. Es gibt inzwischen drei Ergänzungsbücher für die 100 Tage, Spanien und 1812. Diese treiben allerdings das Prinzip von Spezialregeln ziemlich weit und bieten auch einiges, was historisch etwas fragwürdig ist. Insgesamt ist Black Powder sicher ein lockeres, etwas offenes und teilweise auch ungenaues System mit einer sehr hohen Glückskomponente, aber eben gut spielbar. Mit Sicherheit in Deutschland das meistgespielte napoleonische Regelwerk für 28mm.
Republique to Empire (Barry Hilton)Gleich mal vorweg: Ob man die Regeln mag oder nicht, das Buch ist wirklich Wargamer-Porno. Es erwartet einen eine Fülle von Foundry, Perry, Victrix, AB 15mm, Calpe und Front Rank Bildern, die einen ungeheuer motivieren und Spaß beim Anschauen machen. Alleine für die Bilder lohnt es sich, die Regeln zu kaufen.
Die Regeln sind sehr ausführlich. Jeder Aspekt napoleonischer Kriegsführung (z.B. Plänkler, Pioniere, Milizen etc.) weren in eigenen Regeln berücksichtigt. Das gibt erstmal einen etwas erschlagenden Eindruck. So finden sich alleine für alle Spielgrößen eigene Regeln: 1 gegen 1 mit Divisionen, 1 gegen 1 mit Corps, bis zu x gegen x mit Armeen aus mehreren Corps.
Das Grundprinzip beruht auf einen Kommando-Punkte System je nach Qualität der Generäle. Damit werden ganze Brigaden kommandiert, indem Befehle bzw. der Wechsel von Befehlen bezahlt wird. Zusätzlich können die Kommando-Punkte auch für einzelne Einheiten, die abweichend handeln sollen, benutzt werden. Ein wichtiges Prinzip ist dabei Exploitation, d.h. zusätzliche Punkte können verwendet werden, um Einheiten mehrfache Bewegungen zu geben, so dass sie etwa schnell aus der Reserve vorrücken können etc. Die Bewegungsreichweiten wirken erstmal etwas gering, werden aber wohl durch dieses Prinzip erhöht. Kampf und Beschuss wirkt sehr umfangreich mit einigen Tabellen. Insgesamt aber ein eher klassisches System mit vielen Modifikatoren.
Das Spiel wird allgemein als zu komplex empfunden. International finden sich zwar zahlreiche Spieberichte, die aber alle aus dem Umfeld des Regelautors kommen. Es wird in Deutschland nicht gespielt.
Piquet. Field of Battle. 2. Auflage.Piquet ist ein amerikanisches Regelwerk, dass in den 1990ern als sehr innovativ galt. Es bricht die klassischen Spiel-Phasen auf, indem diese auf Karten verteilt werden. Ich weiß also nicht, wann ich was machen kann. Beispiel: Meine Infanterie gibt eine eher unnötige Salve ab, statt dass ich aber wieder Feuerbereitschaft herstellen kann, bekommt der Gegner zwei Bewegungsphasen und erwischt mich mit seiner Kavallerie mit den Hosen unten. Das ist sehr unberechenbar, etwas zufällig, für Anhänger aber genau das, was echte Schlachten ausmacht. Das Kampfsystem ist sehr amerikanisch, mit verschiedenen Würfeltypen (von W4 bis W12) je nach Stärke. Das Regelwerk umfasst den ganzen Zeitraum 1700-1900.
Es wird in Deutschland nicht gespielt.
KugelhagelDie Kugelhagel-Regeln sind die einzigen kommerziell erhältlichen Regeln zur napoleonischen Zeit auf deutsch. Kern der Regeln ist ein Aktivierungssystem über Karten und abwechselndes Ziehen von Einheiten. Die übrigen Spielmechanismen haben gewisse Ähnlichkeiten zu Black Powder. Durch das abwechselnde Ziehen bietet sich Kugelhagel auch für kleinere Armeen aus wenigen Einheiten an.
Kugelhagel wird in Deutschland inzwischen doch öfter gspielt. Genauere Informationen können auf diesem Forum in zahlreichen Threads gefunden werden.
Lasalle (Sam Mustafa)
Lasalle bietet sicher die klarsten, eindeutigsten und verständlichst geschriebenen Regeln zu taktischen napoleonischen Systemen. Die Zugreihenfolge wirkt ungewohnt, da man mit einer Reaktionsphase (etwa auf Angriffe des Gegners) beginnt, das ist aber letztlich auch nichts anderes, als bei anderen Regeln. Tatsächlich wirken die Lasalle Regeln auf mich sehr konventionell - geradlinig, funktional, aber doch ziemlich normal. Es gibt kaum ein Kommando-System (Gerade im Vergleich mit den anderen hier vorgestellten Regeln). Lasalle ist zwar auch für Szenarien geeignet (wie alle Regeln), bietet aber vor allem auch die Möglichkeit für Pick-up Spiele. Es gibt zwar kein Punktesystem, aber dafür vorgegebene Armeelisten, die man dann mit Ergänzungstruppen auffrischen kann. Ich kann also eine österreichische Avantgarde-Division spielen und mit einer Kürassier-Brigade erweitern. Dann kann man Gelände und Szenario auswürfeln und direkt gegeneinander spielen. Das ganze erinnert etwas an FOW, ist aber sicher ein praktischer Ansatz.
Lasalle hatte sich gut etabliert, das Interesse schwand dann aber schnell. Es funktioniert gut in 28mm. Inzwischen wurde es von Lasalle 2 abgelöst.
General de Armee (Dave Brown)
GdA ist das neue Regelwerk des Autors von General de Brigade. Es ist der Versuch sein ursprünglich recht komplexes Regelwerk zu vereinfachen und spielfreundlicher zu gestalten. Da dabei auch auf die Bedeutung der Figurenzahl verzichtet wurde, ist GdA auch einfach auf 28mm anpassbar.
GdA hat ein Kommando-System, das über ADCs läuft, die man für bestimmte Besonderheiten einsetzen kann. Also z.B. Brigaden weitere Bewegung zu geben oder die Plänkler besser schiessen zu lassen. Das Kampfsystem hat immer noch sehr viele Besonderheiten, ist aber funktional.
Über die Verbreitung lässt sich noch nichts sagen, da GdA sehr neu ist.
Lasalle 2 (Sam Mustafa)
Was wie eine Überarbeitung von Lasalle (siehe oben) daher kommt, ist eigentlich ein neues Spiel. Lasalle 2 funktioniert auch gut mit 28mm, da es - wie bei modernen Regeln üblich - mit Base Width als Entfernungsangabe arbeitet. Der Kern des Systems ist ein PIP-System (hier Momentum genannt). Meine PIPs setze ich zur Aktivierung meiner Einheiten ein, wenn ich jedoch in der Nähe des Gegners aktiviere, wechselt die Initiative und dieser kann wiederum aktivieren. So geht es mit wechselnder Initiative jede Runde hin und her, bis beide Seiten ihre PIPs aufgebraucht haben. Mir geht es bei Lasalle 2 ähnlich wie bei anderen Mustafa-Systemen; sie tun sehr innovativ, sind aber im konkreten Spiel dann doch ganz normal. Die Regeln sind idiotensicher geschrieben, wobei ich auch das schon fast als Zumutung empfinde.
Verbreitung lässt sich noch nicht feststellen. In Dachau gibt es eine sehr aktive Spielergruppe.
Rezension auf dem Sweetwater hier:
https://sweetwater-forum.net/index.php/topic,26022.0.html