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Autor Thema: Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?  (Gelesen 3474 mal)

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Wellington

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« am: 30. Mai 2010 - 18:11:43 »

Hallo!

Dank Antipater\'s Sharpe Propaganda :thumbup:  Hab ich mich mal in zwei Monaten von Sharpe\'s Tiger bis Sharpe\'s Revenge durchgearbeitet. Ich kämpf deshalb auch mit dem Napo Virus  :D   Der Peninsular War hat schon was. Aber ... wie realistisch ist in den Romanen die tatsächlichen Taktik der Briten und Franzosen und die Qualität der Truppen dargestellt?

- Waren die Rifles den französischen Skirmischern tatsächlich so überlegen?
- War die britische Feuergeschwindigkeit wirklich den anderen Armeen gegenüber so überlegen?
- Konnten die Franzosen nichts anderes als die Kolonnen Angriffe?
- War die Ari der Franzosen die beste des Krieges?
- War die King\'s German Legion wirklich eine solche Elite Truppe?

Grüße

B
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Mad Mö

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #1 am: 30. Mai 2010 - 18:42:49 »

5x nein als Antwort reicht wohl nicht, oder? ;)
Ich schaue mal ob ich etwas Ausführlicheres dazu finde.
In der Zeit von 1798 bis 1815 hat sich einiges getan und was heißt schon besser oder überlegen und vor allem wann gegen wen...
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Koppi (thrifles)

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #2 am: 30. Mai 2010 - 19:01:54 »

Ja damit sprichst Du sicherlich fast alle diskutierten großen Strategiefragen der napoleonischen Geschichte an. Zwei Aussagen vorne weg:

1) Ich bin Sharpe Fan schon seit den 90ern.

2) Sharpe ist die Inkarnation des britischen Sieges über Napoleon. Die Romane spiegeln somit die Propaganda der Sieger.



Deine Fragen:



a) Hieße Sharpe nicht Sharpe, sondern hieße er La Tete - meine Eigenkreation - und wäre sein Erfinder Franzose und nicht Engländer wäre es genau andersrum. Immerhin sind die Franzosen Erfinder der Tirailleutarktik. Auch das Argument, dass doch leichte Regimenter wie das 60. und das 95. Erfahrung in Amerika gemacht hatten, zieht nicht. Die Franzosen haben die gleichen Erfahrungen in Kanada gemacht.

Die von Cornwell immer angeführte Überlegenheit der Baker Rifle, kann man so nicht stehenlassen. Sicherlich war sie treffgenauer, allerdings - was Cornwell ja auch immer schreibt - viel schwieriger zu laden. Das lächerlichste bei den Beschreibungen ist immer das leichte Aufklopfen des Gewehrkolbens auf den Boden, wenn es schnell gehen soll. Das ist natürlich Quatsch. Eine Büchse ist durch die Züge halt schwieriger zu laden, und da muss man schon Kraft einsetzen.

Außer den Briten haben ja auch anderen Nationen in Einheiten Büchsen eingesetzt. Trotzdem haben die Österreicher häufiger gegen die Franzosen verloren. Na und ein Braunschweiger Held im Stil von Sharpe auf Seiten der leichten Jäger ist mir leider nicht bekannt.

b) Die Briten haben nicht schneller geschossen. War normaler Drill bei Franzosen, Preußen etc.

c) Natürlich haben die Franzosen unterschiedlichste Taktiken angewendet: Battailonskolonne, Divisonskolonne, Linie, Ordre Mixte, um nur einige zu nennen. Alleine die Reorgansiation des französischen Battailons in 6 Kompanien - zwei Flanken (Grenadiere und Voltigeure), vier Füsilierkompanien - diente letztendlich taktischen Beweggründen. Die britische Organisation war da viel chaotischer mit ihren 10 Kompanien.

d) Die französische Ari war gut. Liegt daran, dass mit Gribeauval schon sehr früh ein System eingeführt worden war. Napi als alter Artillerist hat diesen Waffenarm auch sehr gut entwickelt und eingesetzt.

e) Die KGL war schon eine gute Truppe. Elite ? Nein. Der englische König als Herrscher von Hannover konnte hier halt Truppenkonstellationen ausheben, was auch notwendig war, denn in Großbritannien ging ja ein Großteil der Gemusterten zur Flotte. Somit waren \"Hilfstruppen\" für die Engländer ein Muss. Die KGL hat sich aber im Kampfeinsatz bewährt, nicht dass das falsch rüberkommt.



Aber: Die Engländer haben halt bei Waterloo gesiegt; na und dann darf man alles behaupten. :thumbup:

Na und Spaß macht es halt doch Dick und Paddy durch die Gegend latschen und siegen zu sehen.
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\" ... Artillerieeinheiten der wichtigsten Nationen (Preußen, Österreich, Russland, Großbritannien ...) sind \"gefärbt\". Das Holz der Kanonen ist bei den Preußen z.B. blau, weil das die Farbe der Nation im Spiel ist (grün für Russland usw.). Das alles sieht scheiße und spielzeugmäßig aus...\"
Zitat aus einer Besprechung von Napoleon Total War

Poliorketes

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #3 am: 30. Mai 2010 - 19:23:34 »

Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',index.php?page=Thread&postID=61459#post61459
Aber: Die Engländer haben halt bei Waterloo gesiegt; na und dann darf man alles behaupten. :thumbup:

Sogar, daß bei Waterloo die Engländer gesiegt haben  :D

Zu berücksichtigen ist bei einem Vergleich der Briten und Franzosen auf der Halbinsel sicherlich auch die Qualität der französischen Truppen. Die besten französischen Einheiten waren meist woanders unterwegs.
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Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

Wellington

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #4 am: 30. Mai 2010 - 19:34:57 »

Dacht ich mir schon dass die Briten da ein bischen besser wegkommen  :D

Schon mal vielen Dank für die Antworten! Bei Napos Landkrieg  kenn ich so überhaupt nicht, ich weiß grad mal die wichtigsten Eckdaten.
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Mad Mö

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #5 am: 30. Mai 2010 - 23:15:03 »

Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',index.php?page=Thread&postID=61459#post61459
Aber: Die Engländer haben halt bei Waterloo gesiegt; na und dann darf man alles behaupten. :thumbup: .
Die Deutschen haben bei Waterloo gesiegt. Notfalls auch in britischen Uniformen...
Die paar Briten sind kaum ins Gewicht gefallen. :D
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Koppi (thrifles)

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #6 am: 30. Mai 2010 - 23:49:06 »

Zitat von: \'Mad Mö\',index.php?page=Thread&postID=61482#post61482

Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',index.php?page=Thread&postID=61459#post61459
Aber: Die Engländer haben halt bei Waterloo gesiegt; na und dann darf man alles behaupten. :thumbup: .
Die Deutschen haben bei Waterloo gesiegt. Notfalls auch in britischen Uniformen...
Die paar Briten sind kaum ins Gewicht gefallen. :D
Ja schon interessant, wie hartnäckig Gerüchte aufrecht erhalten werden. Man schreibt sie sogar unbewußt. Haben sie gut gemacht die Brits. :thumbup:

Na und wo wir schon dabei sind.

Auch die Holländer sind viel besser als ihr Ruf. Ich meine im Feldzug 1815 (jetzt bitte keine öden Fußball Kommentare sm_party_prost1 ).
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Zitat aus einer Besprechung von Napoleon Total War

Mad Mö

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #7 am: 31. Mai 2010 - 07:46:33 »

Kurz zurück zum Thema:
1) Die tollste Ausrüstung und die schönste Eliteeinheit nützen nichts, wenn sie falsch eingesetzt werden. Der Ausbildungsstand des Offizierskorps wird leider viel zu selten in Betracht gezogen.
2) Im laufe der napoleonischen Kriege veränderte sich der Ausbildungsstand der beteiligten Armeen.
Diese Faktoren halte ich für bedeutsamer als die Art der Ausrüstung.
Meiner Meinung nach kann man Betrachtungen über die Qualität einzelner Truppenteile oder sogar Regimenter nur Schlacht für Schlacht anstellen. Selbst das geschieht im Nachhinein und über einen Zeitraum von ca. 200 Jahren.

In der Schlacht von Somosierra, 1808, nahm polnische leichte Kavallerie vier feindliche Artilleriebatterien. Eine nach der anderen.
Läßt sich hieraus eine Regel für Tabletopspiele ableiten? ;)
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Tabris

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #8 am: 31. Mai 2010 - 13:42:43 »

Der große Vorteil war imo die Motivation... ein französicher Soldat konnte, wenn er sich im Feld bewährte /überlebte, nahezu jede Position innerhalb der Armee erreichen während bei den anderen Armeen traditoneller Art der Aufstieg nahezu unmöglich war oder sogar im schlimmsten Falle der Soldat ein Leibeigener war.
Daraus erklärt sich wohl der große Vorteil, gerade in der Plänklertaktik... wo sich der nicht ganz motivierte Soldat mal schnell aus dem Staub machen konnte :)
Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',index.php?page=Thread&postID=61487#post61487
Auch die Holländer sind viel besser als ihr Ruf. Ich meine im Feldzug 1815 (jetzt bitte keine öden Fußball Kommentare sm_party_prost1 ).
Man muß in diesem bezug sich darüber im klaren sein das in Sachen Ausbildung und Erfahrung eine große Anzahl der holländischen/Beligischen Soldaten und Offizieren lange Jahre in der französischen Armee gedient haben (bis 1814 war diese Staaten dem Kaiserreich angehörig) .
Der fragliche Faktor war eher die Moral ... sie dieten einem , Ihnen fremden, monarchen der aus dem jahrelangen Exil zurückgekehrt war, der Oberbefehlshaber traute ihnen keinen Meter weit und ihnen gegenüber standen ehemalige Waffenbrüder :(
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1275313163 »
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\"Ein Mann, der unterwegs von plötzlichem Regen überrascht wird, rennt die
Strasse hinunter, um nicht nass und durchtränkt zu werden. Wenn man es
aber einmal als natürlich hinnimmt, im Regen nass zu werden, kann man mit
unbewegtem Geist bis auf die Haut durchnässt werden. Diese Lektion gilt
für alles.\"

HAGAKURE von Yamamoto Tsunetomo

Poliorketes

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #9 am: 31. Mai 2010 - 13:51:58 »

Zitat von: \'Mad Mö\',index.php?page=Thread&postID=61505#post61505
In der Schlacht von Somosierra, 1808, nahm polnische leichte Kavallerie vier feindliche Artilleriebatterien. Eine nach der anderen.
Läßt sich hieraus eine Regel für Tabletopspiele ableiten? ;)

Ich kann mich daran erinnern, dasß genau das mal diskutiert wurde.
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Davout

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Sharpe - Realistische Darstellung der Taktik?
« Antwort #10 am: 02. Juni 2010 - 12:58:58 »

Ein paar zusammenhanglose Gedanken dazu:

>Meiner Meinung nach kann man Betrachtungen über die Qualität einzelner Truppenteile oder sogar Regimenter nur Schlacht für Schlacht anstellen. Selbst das geschieht im Nachhinein und über einen Zeitraum von ca. 200 Jahren.<

Das ist eine sehr gute und zutreffende Feststellung. Da sollte man nicht mal Garde- und Elitentruppen ausnehmen, denn die hatten auch manchmal ihren schlechten Tag.

>d) Die französische Ari war gut. Liegt daran, dass mit Gribeauval schon sehr früh ein System eingeführt worden war. Napi als alter Artillerist hat diesen Waffenarm auch sehr gut entwickelt und eingesetzt.<

Die Qualität der französischen Artillerie mache ich nicht an der Technik fest. Da gab es wesentlich besseres. Organisatorisch war sie auch nicht überlegen. Ihre Stärke lag vor allem in der taktischen Vorgehensweise. Übrigens war das Material von Gribeauval um 1800 längst veraltet. Ich verstehe nicht, warum man dem eine so große Bedeutung für die napoleonischen Kriege beimisst. In Spanien und Portugal wurde es verwendet, vermutlich weil die Verbände nichts anderes hatten und die Spanier auch schon damit ausgestattet waren. Man kann es vielleicht so ausdrücken, dass die Franzosen den besten Durschnitt aller artillerierelevanter Faktoren aufwiesen. In einigen Einzelbereichen waren andere Armee viel besser.

>Zu berücksichtigen ist bei einem Vergleich der Briten und Franzosen auf der Halbinsel sicherlich auch die Qualität der französischen Truppen. Die besten französischen Einheiten waren meist woanders unterwegs.<

Das ist einfach nur falsch. Den Kern der Spanienarmee bildeten große Teile der Truppen mit denen Napoleon 1805-07 in Mitteleuropa gesiegt hatte. Außerdem standen in den Jahren 1808-13 stets Gardeeinheiten bis zur Korpsstärke auf diesem Schauplatz. 1814 hat man die erfahrenen Dragoner der Spanienarmee als Elite betrachtet. Von mangelnder Qualität kann da wohl keine Rede sein.

Grüße,

Davout
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