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Film historisch interessant, oder schmonzette/beziehungsfilm, der frage und antwort thread
Jimo:
--- Zitat von: \'Angrist\',index.php?page=Thread&postID=23686#post23686 ---... khartoum ... die amazon rezensionen sind gut, aber wir hier sehen das ja teils aus einem etwas anderen blickwinkel (was nicht heisst das der film schlecht ist, aber wenn ich nen film mit der intention kaufe korrektes zu sehen will ich nicht das alles falsch ist )
--- Ende Zitat ---
Ach, da werden Erinnerungen wach. Habe ihn damals (1966) im Original gesehen (Berlin, im brit. Militärkino am Theodor-Heuss-Platz, neben dem NAAFI Summit House). Kurz danach in deutscher Fassung im Royal Palast im Stadtzentrum von Berlin. Dort natürlich noch eine Klasse imposanter wegen z.B. der (für damalige Verhältnisse!) gigantischen Leinwand und erstklassigenTonverhältnisse. Damals eines der modernsten Kinos Europas. Khartoum ist ein Film den man in einem solchen Kino gesehen haben sollte. Seitdem schaue ich ihn mir alle paar Jahre immer wieder an.
Ein Film den man gesehen haben sollte. Und sei es allein aus cineastischen Gründen heraus (Technik des Films, Ton und Musik (natürlich nur im Original), schauspielerische Leistung von z.B. Sir Laurence Olivier (Mahdi). Heston (von dem ich kein Fan bin) zeigt hier eine seiner stärkeren Leistungen als Gordon.
Alles falsch? Na, ich denke einen solche Film gibt es nicht, aber das ist wohl eh nur eine rhetorische Übertreibung Deinerseits. Insgesamt fiel/fällt auf, dass der Film außergewöhnlich nah an den (bekannten) Fakten bleibt. Immer unter dem Blickwinkel das Filme gemacht werden um primär Geld zu verdienen. Nicht um \"Geschichte\" zu zeigen (oder was auch immer). Deshalb sind Skripts, Dramaturgie ein wichtiger Bestandteil. Wer \"Geschichtsunterricht\" haben will ... sollte ein Buch lesen. Aber selbst dort haben wir das Dilemma ... wleche Geschichtbeschreibung ist nun korrekt. Letztendlich keine, da wir uns immer nur der \"wahren Geschichte\" nähern können. Denn Geschichte ist \"Bericht\" von einzelnen Menschen (gefangen in ihrer individuellem (!) Erleben, individueller Wahrnehmung und Deutung. Dazu kommt dann noch die Analyse und Deutung eben dieser Geschich(ten). Und dann schließlich deren Darstellung. So stellt man z.B. fest, dass Menschen immer wieder verschieden berichten (in Details eh, manchmal sogar im großen Bild) von einem gemeinsamen Erlebnis. Faszinierend. Dazu kommt, dass wir inzwischen wissen, dass der Mensch mit jeder abgerufenen Erinnerung und insb. Erzählung dessen (!), die erlebte \"Geschichte\" neu (!) erschafft und ... verändert (!). Anpaßt etc. Nicht bishaft, nicht absichtlich. Jeder der z.B. den großen Vorteil seiner eigenen Tagebücher zu lesen, sofern er sich die Mühe gemacht hat ein solches zu führen, kann hieraus ein stets wiederholbares Selbstexperiment ausführen. Er \"erinnere\" sich an etwas, \"male\" (schöner Begriff, kreativer Vorgang!) es sich aus, am besten schreibe es auf und vergleiche anschließend beide Texte (am besten wenn beide Jahre, Jahrzehnte auseinander liegen). Faszinierend. Insb. wg. der Unterschiede. Ein noch faszinierenderes Beispiel: Ein Ehepaar (o.ä.) beschreibe die erste Zeit des Kennenlernens, Werben, frühe Zeit der Liebe. Am besten schriftlich! Dann vergleiche man beides. In manchen Teilen denkt man es handelt sich um veschiedene Vorgänge *lach*. Insb. Schreiber von \"Geschichte\". so z.B. solche die Gefechte o.ä aus dem 2.WK zu Papier bringen, offizielle Berichte etc. auswerten und (!) Veteranen und/oder Zeitzeugen befragen stellen immer wieder Unterschiede, ja sogar klare Widersprüche fest. Regeln ist dann (die aber eben auch nicht unfehlbar ist) sich an die Mehrheit der \"Versionen\" zu halten. Sofern diese existieren.
Aber er schweife ab ... zum Film: Wenn Du ein Gefühl für den Film bekommen willst, hier findest Du den Einstieg zum Film (plus 10 (!) weiterer Teile) bei YouTube:
http://www.youtube.com/watch?v=RQHMa5NhJF8&feature=related
Natürlich wird es immer jemand geben der meint der Film sei \"völlig unrealistisch\", weil ein Knopf bei einer Uniform falsch sitzt, ein Schreibfehler bei einer Mahdi Fahne zu sehen ist etc. etc. etc. C\'est la vie. Nur ... jeder Film ist eh unrealistisch, auch jedes Wargaming z.B.. da er ein Abbild der realität ist (ein Versuch). Der Einstieg allein motiviert wohl fast jeden Wargamer sich mit der Periode zu befassen, in seiner Phantasie (und schon ist er kreativ!) das Gelände inkl. der Truppen auf Spielbrett zu bringen.
Die historischen Fixpunkte (Orte, Zahlen, Einheiten, Personen etc.) sind genau. Hier und da nimmt er sich Freiheiten, wo wir schlicht die genauen Fakten nicht kennen. An einigen wenigen Stellen nimmt er sich Freiheiten die Fakten dramaturgisch zu erhöhen. So gibt es z.B. keinen Beleg dafür, dass der Mahdi und Gordon sich je persönlich gegenüberstanden. Per Brief haben sie jedoch tatsächlich korrespondiert. Auch das Treffen zwischen Premierminister Gladstone (hervorragend gespielt, selbst im Detail korrekt) und anderen Politikern ist nicht belegt. Das Ende von Gordon ist historisch richtig dargestellt, inkl. dem bei fanatischen Moslems beliebten Kopfabtrennen (natürlich nicht im Detail).
Hört man genau zu (allein am oben erwähnten YouTube Beitrag) und ist an gegenwärtigem Zeitgeschehen interessiert, so fallen die höchstaktuellen Parallelen auf. So zeigt sich Olivier als Mahdi, der zum seinen \"wahren Gläubigen\" redet, seinen Anhängern. Der Mahdi (der Erwartete und vorher Verkündete, Parallen zum hebräisch/christlichem Messias sind nicht zufällig) begründete seine Feldzug gegen die \"Ungläubigen\" dadurch, das er der (! natürlich) der wahre Mahdi sei, berufen durch Gott und dessen Prophet Mohammed (der sogar in Visionen zu ihm spricht). Durch Rhetorik, ein paar Handwinken und primitiven Weltbild (das Volk will es wohl immer wieder so) führt und \"motiviert\" er seine Kämpfe. Hintergrund ist auch der Unterschied (besser Glaubenskrieg) zwischen moslemischer Shia und Sunni Fraktionen. Dieser gärt noch heute (siehe die Irak und Iranproblematik). Welche Sprengkraft (durchaus doppeldeutig gemeint) der Mahdiglauben noch heute hat, zeigt sich u.a. darin, das Irans Staatsoberhaupt eben auch an den Mahdi glaubt (natürlich an den wahren, wahren Mahdi *lach* un dieser Glauben offensichtlich sein Leben und Politik bestimmt. \"Gegenspieler\" im Film ist natürlich der \"Christ\" Gordon \"Pascha\", der Übervater (wie passend für Heston). Wobei Gordon bei einigen Engländern eher eine höhere Reputation als christlicher Evangelist hatte, als militärischer Befehlshaber. Angeblich war das einzige Buch das er las ... die Bibel (siehe auch im Film). Was natürlich erklären würde, warum es sich als \"Retter\" des Sudans sehen konnte, insb. seinem \"Auftrag\" gerecht werden sollte, 2500 Zivilisten zu evakuieren. Hoffend auf eine Wunder der Rettung (man muß ja nur gerecht leben, richtig glauben und beten). Kommt das erhoffte und erbetene Wunder nicht ... so schaltet man im Kopf schnell um und fährt die Märtyrerschiene. Religion kann so unterhaltsam sein. Kommt im Film hier und da dezent rüber, insb. im Widerspiel eben zum moslemischen, selbsternannten Wüstenpropheten, dem Mahdi.
Bolivar:
Auch empfehlenswert ist die sowjetische Fernsehserie \"Kursanti\", die in englisch ubersetzt wurde als \"The Cadets\". Es ist die Geschichte von einer Gruppe von Rote Armee Offizierkandidaten, die gemeinsam den Offiziersstudium machen. Die Handlung ist nichts besonderes, aber die Szene vom alltaglichen Leben war wertvoll (z.B. beim Schiessen des 82mm Moersers). Ich war gerade beim bemalen vieler sowjetische Infanteristen als ich die Serie gesehen habe, und es hat mir viel geholfen, die richtige Farben zu finden, und auch in die richtige Laune dafuer zu bringen (!).
Angrist:
wer kann was zu barry lyndon von stanley kubrik sagen?
das eskein militärfilm ist ist klar,
aber vor napoleon volley and musket filme, find ich nicht viele (napoleonische ja leider auch nicht)
Poliorketes:
Barry Lyndon ist stellenweise anstrengend, aber ein tolles Zeitportrait. Sollte man gesehen haben.
Antipater:
Hatte mal im alten Forum eine Rezension zur Barry Lyndon geschrieben - natürlich ohne Kopie auf der heimischen Platte. Na ja, Fazit war: dichte Handlung, Bilder wie gemalt, ansehnliche Ausstattung, gutes Gespür für die dargestellte Zeit, insgesamt also ein sehr empfehlenswerter Film. Der Name Kubrick sollte aber nicht als Maßstab verwendet werden. Wer zeitgemäße Unterhaltung sucht und sich an gewissen Eigenwilligkeiten stößt, wird nämlich wohl nicht so viel Spaß haben. ;)
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