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Autor Thema: Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme  (Gelesen 3616 mal)

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Davout

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« am: 22. Januar 2011 - 17:20:36 »

Hallo,
mich bewegt gerade die Frage, ob ich für meine Armeen unbedingt reitende Artillerie brauche. Ich habe derzeit eine französische und eine russische Armee um 1812, jeweils von der Stärke einer gemischten Division, mit je einer Kavallerie- und Infanteriebrigade (in unhistorischer Zusammenstellung einzelner Regimenter). Bisher sind jeweils 1 bzw. 2 Fußbatterien zugeteilt.

Jetzt würden mich mal eure Erfahrungen interessieren. Verwendet ihr reitende Artillerie und wenn ja (z.B. wenn nach historischer OdB gespielt wird) wirkt sich diese deutlich als eigene Gattung aus oder unterscheidet sie sich nur geringfügig von der Fußartillerie?

Viele Grüße,

Davout
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Schrumpfkopf

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #1 am: 23. Januar 2011 - 18:01:10 »

Hallo,

Generell gilt wohl bei den meisten Systemen das die reitende Artillerie entweder der Kavallerie angeschlossen ist und damit halt eine erweiterte und schnellere Bewegung/Reaktion hat, oder das die Artillerie zwar nominell beritten ist aber wie eine Fussartillerie gespielt wird (KuK).

Wenn man bei der Aufstellung einer Truppe eine historische OdB hernimmt, dann eruebrigt sich ja eigentlich die Frage. Man hat eine reitende Batterie oder nicht. Wie die dann zu fuehren ist entnimmt man den gewaehlten Regeln.

VIele Gruesse
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1295886550 »
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Decebalus

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #2 am: 23. Januar 2011 - 18:05:38 »

Fast alle Regeln geben berittener Artillerie eine höhere Beweglichkeit, zumeist indem sie abprotzen UND schiessen kann. Konkret kann ich das für R2E, BP und meine eigenen Regeln sagen, da hab ich eben mal schnell geschaut. Der Effekt ist meistens, dass man Fußartillerie eher positionsorientiert einsetzen muss, berittene Artillerie dagegen spielt sich etwas wie Panzer - man kann auf Bewegungen reagieren.

Typisch sollte wohl sein, dass man mit seiner Kavallerie gegnerische Infanterie ins Karree zwingt und sie dann mit schnell herangeführter berittener Artillerie beschiessen kann.

Leider fehlt meinem Armeen berittene Artillerie, ich will sie aber demnächst bemalen. Mein üblicher Gegner mit seiner Barunschweiger Reitenden Artillerie nervt mich meisten ziemlich.
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vodnik

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #3 am: 23. Januar 2011 - 19:19:30 »

...wenn’s die Regeln verlangen, müsstest du halt schon… oder auf spielbarere Regeln umsteigen…
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...DBX-Regeln zum \'Runterladen: DBA2:2 + so... noch mehr: R19 fur\'s 19. Jahrhundert + andere Regeln...

Davout

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #4 am: 26. Januar 2011 - 20:11:08 »

Hier noch mal ein paar Worte dazu wie ich zu meiner Frage kam. Ich habe einige zeitgenössische Fachpublikationen über Artillerie allgemein und speziell zur berittenen Artillerie gelesen. Als Fazit steht die Tatsache, dass die berittene Artillerie keineswegs eine solche Wunderwaffe war, wie mancher erwartete. Man kann sich fragen ob sie ernsthaft die enormen Kosten rechtfertigte. Die besondere Form einer aggressiven Taktik mit berittener Artillerie wurde erst nach den napoleonischen Kriegen diskutiert, weil man in der Praxis bisher keinen Unterschied zwischen reitender und Fußartillerie machte. Herausragende Aktionen kamen nur selten vor und waren nicht unumstritten. Für die berittene Artillerie wurde zudem die Luft dünner, als sich die Tendenzen zur Mobilitätssteigerung der Fußartillerie verstärkten. Eingesetzt wurde die berittene Artillerie normalerweise bei Kavalleriegroßverbänden, in Korps- und Armeereserven und teilweise auch bei Infanteriedivisonen. In schwierigem Gelände hatte die Fußartillerie Vorteile, da sie mehr Leute zum Anpacken hatte und nicht durch die vielen Reitpferde behindert war. Die Koordination mit Kavallerie klappte auch nicht unbedingt gut, da beide Waffengattungen grundsätzlich sehr unterschiedlichen Prinzipien folgten. Wie schnell sich berittene Artillerie wirklich bewegen konnten, darüber waren sich die Experten schon damals nicht einig.

Artillerie wie Panzer zu spielen geht meiner Ansicht nach zu weit. Schnell nah heranzufahren und dann mit Kartätschen reinzuhalten ist wohl ziemlich unrealistisch, obwohl das nach einigen Regeln geht.

Viele Grüße,

Davout
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Tabris

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #5 am: 27. Januar 2011 - 02:19:34 »

Gerade zu Belle alliance kommen mir da einige Berichte und Geschichten in Erinnerung... leider sind diese Erinnerungen sehr ungen und ich kann keine Quelle angeben:

- Beim Gegenangriff der Engländer in dessen Rahmen D\'Erlors Vormarsch zusammenbrach wurde eine berittene Batterie komplett erbeutet.

- Beim Angriff auf ein Gehöf (weiß nicht mehr ob es Goumont oder L-H-Saint war) protze eine berittene Batterie direkt davor ab um die infanterie zu unterstützen... wurde jedoch von Plänklern stark zugesetzt, habe ich mal so gelesen schwingt imo aber kräftig englischer Pathos mit (95th Rifle ect. blabla... :hiphop: )

- Während der großen Reitereiangriffe haben einige Battereien auf den Höhenkamm Position bezogen und den allierten Karees stark zugesetzt... können eigentlich nur berittene Batterien gewesen sein.

- Letztendlich während des Gardesturms ist eine berittene Gardebatterie mit vorgegangen die angeblich so nahe am Freind abegprotz hat das ein französischer Offizier schon damit gerechnet hat das sie überlaufen :D

was nahelegt das die berittenen Batterien allgemein zur Angriffsunterstützung herangezogen wurde... eher im Verbund mit Infantrie da anscheinend die Koordination mit der Reiterei recht kompliziert war (obwohl sie organistaorisch den Kav.-Divisionen zugeordnet waren) aber deshalb von Panzern zu sprechen ist unpassend.

Intensiv war der Unterhalt der berittenen Batterien bestimmt... gutes Pferdematerial, Reitpferde für die Basatzung und nicht zuletzt hohe verluste (durch die agressive Vorgehensweise) aber Ihre Berechtigung hatte sie höchst wahrscheinlich dennoch sonst wären sie nicht die kompletten Napoleonischen Kriege im Einsatz gewesen und wie bei Punkt 3 angemerkt haben unteranderem die Batterien das allierte Zentrum an den Rand des Zusammenbruch geschossen.

Das relativ plötzliche Verschwinden der berittenen Batterien bzw. deren Taktik (wonach man zum Schluß kommen kann sie seien nie sonderlich effektiv gewesen) ist eher auf die rasante Entwickelung der Handfeuerwaffen zurückzuführen ab Mitte des 19th Jht einsetzte und die zunahme der Reichweiten und Genauigkeit der Geschütze (Krupp-Kanonen) zurückzuführen.

Nennt mich Romantiker aber ich finde es gar nicht so unpassend wenn die berittenen Batterien im Tabletop ein hochmobiles Element darstellen die vor der Nase des Gegners abprotzen :sm_pirat: Natürlich muß für das element der Mobilität die Schlagkraft eingeschränkt werde... demnach finde ich die Umsetzung in Quatre Bras gut.
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1296091500 »
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\"Ein Mann, der unterwegs von plötzlichem Regen überrascht wird, rennt die
Strasse hinunter, um nicht nass und durchtränkt zu werden. Wenn man es
aber einmal als natürlich hinnimmt, im Regen nass zu werden, kann man mit
unbewegtem Geist bis auf die Haut durchnässt werden. Diese Lektion gilt
für alles.\"

HAGAKURE von Yamamoto Tsunetomo

tattergreis

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #6 am: 27. Januar 2011 - 08:10:53 »

Die reitende Artillerie war schon in der franz. Armee der Revolutionskriege als ungemein wichtig empfunden worden. Schon 1793 gab es dreißig Kompanien davon. In kleineren Gefechten (von denen es ne Menge gab) kam die normale (Linien-) Artillerie meist gar nicht zum Tragen.(Quelle:Bayonets of the Rep. von Lynn)

Friedland ist doch ein Beispiel für angewandte aggressive Artillerietaktiken.

Das der Fuhrpark einer solchen ber. Batterie gegen Beschuss empfindlich war, ist aber auch klar.
Richtig entfalten konnte sich ber. Artillerie wahrscheinlich nur in Situationen, in denen der Gegner kavalleristisch stark unterlegen bzw. geschlagen war.

cheers
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Zusatz von 1752: „Die Hauptregel im Kriege bei allen Kämpfen und Gefechten besieht darin, daß man sich selbst in Flanke und Rücken sichert, dem Feinde aber die Flanke abgewinnt. Dies geschieht auf verschiedene Weise, läuft aber alles auf eins hinaus.“

Davout

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Reitende Artillerie? Alle Spielsysteme
« Antwort #7 am: 27. Januar 2011 - 12:27:29 »

Die Vorzüge der berittenen Artillerie werden wohl eher deutlich, wenn man die teilweise geringe Mobilität der Fußartillerie damit vergleicht. In diesem Bereich wurde aber sehr viel getan. Bei den Preußen wurden ab 1813 Einrichtungen getroffen, die Kanoniere auf den Protzen aufsitzen zu lassen, zum Teil auch auf den rechts stehenden Zugpferden. Auch die Russen ließen Teile der Bedienung auf Protzen und Lafetten aufsitzen. Die britischen Protzen und Munitionswagen waren auch zum Aufsitzen eingerichtet. Weitere Beispiele sind in der bayrischen Artillerie mit ihren Wurstwagen und in den österreichischen Kavalleriebatterien zu sehen. Insgesamt lag das Hauptproblem in der geringen Mobilität der Bedienungsmannschaft, denn die Gespanne allein konnten sich schon recht schnell bewegen. Von den Sachsen ist bekannt, dass sich die Bedienung zu Fuß vmtl. mit den Zugseilen am den Protzen bzw. Geschützen einhakten und mitziehen ließen. Sehr schnell wurde man dadurch aber nicht, denn das Ergebnis wurde als \"Zuckeltrab\" bezeichnet. Wie man sich die Geschwindigkeit von mit nur 4 Pferden bespannten russischen Geschützen der berittenen Artillerie vorzustellen hat, ist mir nicht ganz klar. Normalerweise warens bei anderen Armeen doch eher 6 Pferde.
Es wird wohl so gewesen sein, dass die berittene Artillerie aus Pferdemangel bei der Fußartillerie und weil sie ggf. das beste Material erhielt, häufig die einzig wirklich mobile Artillerietruppe auf dem Schlachtfeld war. Allerdings konnte eine mobilitätsgesteigerte Fußartillerie auf kurze Distanzen ähnliche Ergebnisse erzielen.
Die Einteilung im Spielbereich zeigt leider nicht die volle Bandbreite der Mobilität. Es gab folgende Formen:
-reine Fußartillerie
-aufgesessene Fußartillerie
-teilberittene Artillerie
-vollberittene
Zusätzlich konnte es das alles noch mit den unterschiedlichen Kalibern geben, interessanterweise gab es sogar vereinzelt schwere berittene Artillerie.
Übrigens blieb die reitende Artillerie noch als Unterstützung der Kavallerieverbände bis zu deren Auflösung erhalten, d.h. auch noch im WKII.
Soweit mir das bekannt ist, hat Senarmont seine Aktion bei Friedland nur teilweise mit berittener Artillerie durchgezogen und ist auch nicht aufgeprotzt vorgegangen. Die Russen hatten im selben Feldzug eine Aktion von Yermolov, der 3 berittene Batterien (=maximal 36 Geschütze) gemeinsam einsetzte. Das ist dann schon eher eine Referenz für den speziellen Einsatz.

Viele Grüße

Davout
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1302093880 »
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