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Autor Thema: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500  (Gelesen 9034 mal)

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DonVoss

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« am: 23. April 2012 - 11:19:30 »

Was sind eigentlich die Unterschiede der Waffen in dieser Zeit?
Reichweiten, Durchschlagskraft, Ladezeit?

Ich will gerade ein paar kleine Skirmishregeln aufpolieren und suche etwas fundierte Infos zu diesen Waffen.
Was konnte man schneller laden: Armbrust oder Muskete, wer schoss weiter und so...

Meine englisch geprägte Wargamerbildung erklärt den Bogen natürlich zur Wahnsinnswaffe (Rüstungsduchschlag, superschnell im Nachladen, Klasse Reichweite), die allem überlegen ist. Aber warum wurde er dann von den Feuerwaffen verdrängt?

Erleuchtet mich,
DV... :)
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Koppi (thrifles)

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #1 am: 23. April 2012 - 11:43:42 »

Es gibt Untersuchungen, dass der Langbogen definitiv effektiver war als sogar die Muskete. Entscheidend für den Siegeszug der Feuerwaffe, war allerdings die Tatsache, dass relativ unausgebildete und schwache Soldaten diese bedienen konnten. Die effektive Nutzung des Langbogens erforderte ein sehr langes Training. Dies begann im Grunde schon in der Kindheit. In England gab es quasi \"Bogenclubs\", die dies förderten. Heinrich VIII. War z.B. Auch noch ein absoluter Anhänger des Langbogens.
Die Armbrust war eine sehr effektive Waffe für das direkte Schießen. Sie wurde allerdings nicht für den indirekten Beschuss verwendet. Hier war der Bogen gefragt. GW hat da in seinem HDR Regelwerk die sehr schöne Regel der Pfeilsalve zur Unterscheidung. Dass die Armbrust allerdings eine immense Durchschlagskraft hatte, zeigt allein die Tatsache, dass sie bereits im Mittelalter verboten werden sollte. War ja auch unfair, wenn so ein Bolzen eine Rüstung zerschlagen konnte.
Die Armbrust war allerdings auch wesentlich schwieriger zu laden. Hier benötigte man schon entsprechende Kraft, was dazu führte, dass der Lademechanismus auch immer mehr verfeinert wurde (z.B. Seilwinden).
Die Feuerwaffe war in dieser Zeit noch sehr ungenau. Im Grunde nichts anderes als ein Eisenrohr, in das die richtige !!!! Menge Pulver gestopft werden sollte. Dann die Kugel drauf, anzünden und ruummmms; wenn alles gut ging.
Nachteil: Ungenau, oftmals explodierten diese Waffen, waren also auch für den Schützen extrem gefährlich. Ladezeit schneller als bei der Armbrust, aber ich wiederhole ... Sehr gefährlich (ein in unseren Kreisen ja bekanntes Opfer einer solchen Waffe ist ja M.Perry. Für mich immer noch beeindruckend, wie er dieses Handicap meistert).
Wenn eine solche Waffe traf, richtete sie auch entsprechendes an. Aber in dem von Dir genannten Zeitraum, wäre es regeltechnisch interessant eine Zufallsnummer aus dem Beschuss zu machen, der dann - wenn getroffen wird, aber auch effektiv ist. Bei einer gewürfelten 1 - ich würde sogar noch die 2 dazunehmen - explodiert allerdings das Ding.
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1335175409 »
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\" ... Artillerieeinheiten der wichtigsten Nationen (Preußen, Österreich, Russland, Großbritannien ...) sind \"gefärbt\". Das Holz der Kanonen ist bei den Preußen z.B. blau, weil das die Farbe der Nation im Spiel ist (grün für Russland usw.). Das alles sieht scheiße und spielzeugmäßig aus...\"
Zitat aus einer Besprechung von Napoleon Total War

HeinzKnitz

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #2 am: 23. April 2012 - 11:44:25 »

Zitat
ist. Aber warum wurde er dann von den Feuerwaffen verdrängt?
Hallo Oli,

Nachteile beim Langbogen:
Das beste Holz (Eibe) war Importware aus Spanien, somit teuer.
Bogenbauer waren teure Facharbeiter (die nicht Nachts arbeiten durften, da Arbeit bei trübem Funzellicht
die Qualität der Bogen mindern könnte)
Bogenschützen begannen ihr Training im Kindesalter von ca. 8 Jahren, um später einen Kriegsbogen ziehen
zu können, somit war der Nachschub an tauglichen Schützen begrenzt

Jeder Dorfschmied kann ein Eisenrohr auf einemn Knüpper fixieren und der passende Dorfdepp
binnen kürzester Zeit lernen, wo bei der Wumme das böse Ende ist.

Es gab während der Napoleonischen Kriege ernsthafte Überlegungen den Langbogen wieder als
Kriegswaffe einzuführen (lt. Philips Haythornthwaite) das scheiterte jedoch an o.g. Gründen.

Noch was für die Miniaturengestaltung wenn man es ganz genau nehmen will: wahrscheinlich haben die Bogenschützen keine Eisenhüte mit Krempe getragen weil die Sehne hängenbleiben würde, auch wenn die Schußhaltung damals anders
war als heute. Erfahrungsgemäß stört schon eine weiche Mütze mit Krempe oder Schirm beim Schuß.

Hoffe das hilft,
Gruß,
Heinz
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Driscoles

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #3 am: 23. April 2012 - 13:28:19 »

Hallo,

mein bescheidener Beitrag ist folgender :
Ich habe erst vor kurzem eine Doku gesehen in der versucht wurde ein Stück Stahl - mit einem Bodkin Pfeil - zu durchschlagen das eine vergleichbare Qualität des  Plattenrüstungsstahls aus dem 15. Jahrhundert  hatte. Es gelang mehrfach nicht.

Ein damaliger Bogen hatte sicherlich eine größere Reichweite als eine Armbrust aus gleicher Zeit.
Keine Ahnung wie weit eine Arquebuse geschossen hat.
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Poliorketes

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #4 am: 23. April 2012 - 13:58:05 »

gegen den Bogen sprechen Ausbildung, Platzbedarf beim Schießen und was immer vergessen wird die lange Vorbereitungszeit. Armbrust oder Arkebuse sind natürlich aufeendigrr zu Laden. Aber sie können geladen getragen werden. Ein dauernd gespannter Bogen taugt nicht lange.
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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #5 am: 23. April 2012 - 14:13:51 »

Also zu dem was schon geschrieben wurde lässt sich nicht mehr viel hinzufügen. Aber wenn du die Regeln aufgefrischt hast, würden die mich durchaus interessieren. Die Perry Söldner stehen hier auf meinem Tisch.
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Decebalus

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #6 am: 23. April 2012 - 16:57:17 »

Ich glaube die moralische Wirkung der Feuerwaffe ist nicht zu unterschätzen. Eine Feuersalve stoppt einen Angriff nicht wegen der Toten sondern wegen Lärm und Feuer.
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DonVoss

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #7 am: 24. April 2012 - 21:44:16 »

Super, danke JUngs für die Antworten.

Zitat
Aber wenn du die Regeln aufgefrischt hast, würden die mich durchaus interessieren.

Da ich nicht mit nem Punktsystem arbeite wird es wohl auf darauf hinauslaufen, dass ich die Waffen balancen muss.
Es werden also wohl nicht so toll ausgebildete Bogenschützen sein, dafür kriegen die Arnbruster Pavaisen etc.
Schlecht ausgebildete Bogner wurde ja z.B. mit miesem Ergebnis von den Franzosen am Ende es 100J.-Krieges eingesetzt.

DV
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Draconarius

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #8 am: 25. April 2012 - 16:12:54 »

Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',\'index.php?page=Thread&postID=108844#post108844
Es gibt Untersuchungen, dass der Langbogen definitiv effektiver war als sogar die Muskete.
Zitat von: \'HeinzKnitz\',\'index.php?page=Thread&postID=108845#post108845
Es gab während der Napoleonischen Kriege ernsthafte Überlegungen den Langbogen wieder als
Kriegswaffe einzuführen (lt. Philips Haythornthwaite) das scheiterte jedoch an o.g. Gründen.

Sind derartige Überlegungen nicht teilweise auf der Insel im Nachhinein entstandene Heroisierungen? Erfolge haben die Langbögen auch gegen Frankreich nicht automatisch garantiert, und in Italien gab es zwar auch die Langbogenschützen als Söldner, hervorgetan hatten die sich da aber scheinbar auch nicht wirklich.
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Koppi (thrifles)

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #9 am: 27. April 2012 - 00:04:47 »

Natürlich sind dies Betrachtungen englischer Historiker. Immerhin ist die Langbogentradition ja auch hier am stärksten vertreten gewesen. Von einem deutschen Autor würde ich auch eine solche Thematisierung nicht erwarten. Ob es sich dabei um die typische Heroisierung des Azincourt Syndroms handelt, würde ich nicht unbedingt unterstellen. In diesen Untersuchungen wurde nur die Effektivität eines geübten Bogenschützen dargestellt, eben im Vergleich zur frühen Schusswaffe.
Der Hinweis auf diese Untersuchung sollte nur dazu dienen, dass man eine Betrachtung der Effektivitäten verschiedener Schusswaffen aus der Zeit heraus zu erklären versucht, und nicht aus heutiger Sicht. Zwischen 1450 und 1500 war eben der Langbogen und die Armbrust noch die bessere Waffe, nicht das Schießrohr.
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\" ... Artillerieeinheiten der wichtigsten Nationen (Preußen, Österreich, Russland, Großbritannien ...) sind \"gefärbt\". Das Holz der Kanonen ist bei den Preußen z.B. blau, weil das die Farbe der Nation im Spiel ist (grün für Russland usw.). Das alles sieht scheiße und spielzeugmäßig aus...\"
Zitat aus einer Besprechung von Napoleon Total War

Sir Leon

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #10 am: 03. Mai 2012 - 22:19:55 »

Die ersten Feuerwaffen waren in der Herstellung auch sehr einfach und deutlich billiger als andere Schusswaffen. Damit konnte man in sehr kurzer Zeit sehr viele Soldaten ausrüsten, ohne diese groß trainieren zu müssen. Masse kann Klasse eben durchaus besiegen. ;)
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virago

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #11 am: 03. Mai 2012 - 23:09:31 »

In einem Artikel in der Wargames Illustrated wurde mal eine sehr schlüssige Argumentation PRO Armbrust geliefert, das ging ungefähr so:
    [/li]
  • Die meiste Action ging zu der Zeit bei Belagerungen ab.
  • Wenn du hinter einer Mauer oder hinter einer Pavise hockst, dann ist es völlig schnurz wie lange du brauchst um nachzuladen.
  • Ebenso ist es mit bereits geladener Waffe wesentlich einfacher, hinter oben genannter Deckung hervorzulugen, einen Schuss  abzugeben und gleich wieder zu verschwinden.
Die bereits genannten Gründe was ewig lang dauernde Ausbildung und Versorgung mit geeignetem Material angeht, sind natürlich auch nicht zu verachten (sind aber bei der rein taktischen Betrachtung für ein Skirmish-Regelwerk eher egal)
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Draconarius

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #12 am: 04. Mai 2012 - 00:07:54 »

Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',\'index.php?page=Thread&postID=109169#post109169
Der Hinweis auf diese Untersuchung sollte nur dazu dienen, dass man eine Betrachtung der Effektivitäten verschiedener Schusswaffen aus der Zeit heraus zu erklären versucht, und nicht aus heutiger Sicht. Zwischen 1450 und 1500 war eben der Langbogen und die Armbrust noch die bessere Waffe, nicht das Schießrohr.
Aber die Untersuchung erklärt doch nicht aus der Zeit heraus. Würde sie aus der Zeit heraus erklären, dann müsste sie - trotz nicht zu leugnender Effektivität von Langbogen (und Armbrust) - letztlich doch auch feststellen, dass der Langbogen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts alleine nicht mehr so entscheidend war und dass den Feuerwaffen ausreichend Entwicklungspotential zugebilligt wurde, so dass sie - trotz aller angeblichen und tatsächlichen Nachteile - weiterentwickelt wurden.
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Longshanks

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Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
« Antwort #13 am: 04. Mai 2012 - 08:12:33 »

Laut Delbrück und Dan Carlin (der sich wiederrum auf Delbrück bezieht) ist der, schon genannte, Vorteil der Feuerwaffen das man in rel. kurzer Zeit (ein paar Wochen) einem Bauern halbwegs beibringen kann eine Schusswaffe zu führen, während die Ausbildung eines Langbogners Jahre benötigt.
Im Vergleich zur Armbrust ist das Herstellen und \"en masse\" ausrüsten besagter Bauern günstiger als die aufwändiger herzustellende Armbrust (wobei sich das später zur Muskete hin relativiert, aber die Schusswaffen dann auch besser werden)

Es sind also mehr logistische und strategische Gründe warum die Feuerwaffe nach und nach alles verdrängt hat. Der Podcast mit Bezug auf dieses Thema: http://dancarlin.com/dccart/index.php?main_page=product_music_info&cPath=1&products_id=128

D.h. so ein frühes Feuerrohr dürfte auf dem Schlachtfeld wirklich die schlechste Wahl sein, dafür könnte man sie aber in größerer Zahl (oder wenn man mit Punkten arbeiten will: günstiger) verfügbar machen.

@Draconarius: Soweit ich weiß stieg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Prozentuale Anteil Schützen im Vergleich zu den restlichen Truppentypen rasant an, was, dank den günstiger und schneller aufzustellenden Rohrschützen, jetzt einfacher zu realisieren wahr.

Auszug aus der Wikipedia zum Thema Handrohr:

Taktische Nachteile, strategische Vorteile

Obwohl die Handrohre den Langbögen und Armbrüsten
in Handhabung, Zielgenauigkeit und Schussfrequenz (Handrohr: 1
Schuss/Minute; Armbrust: 2 Schüsse/Minute; Langbogen: 12 Schüsse/Minute)
taktisch unterlegen blieben, eroberten sie dennoch ihren Platz in den Waffenarsenalen der mittelalterlichen Kriegsherren. Strategische
Gründe dafür waren die niedrigen Produktionskosten (20× billiger als
eine Armbrust), die einfache (innerhalb eines halben Tages mögliche)
Herstellung und die damit erleichterte Massenproduktion. Zudem verlangte
die Verwendung nur wenige Tage Schützenausbildung: Bei Bedarf waren
große Schützenkontingente in kürzester Zeit rekrutierbar, die zudem
einen geringeren Sold bezogen als die in langen Jahren ausgebildeten Langbogen-Spezialisten.


just my 2cts
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1336113384 »
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DonVoss

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« Antwort #14 am: 04. Mai 2012 - 09:43:55 »

Thanx, assi, für die Zusammenfassung.
Jetzt muss ich noch sehen, wie ich das in meine Regeln gequetsch kriege... 8o

DV
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