Folgend ein ziemlich langer Bericht, wie ich als Schiedsrichter (bei den Alliierten) die ganze Schlacht mitbekommen habe. Noch habe ich es im Kopf. Ich hoffe, ich kann den Ablauf und die Hektik etwas einfangen.
Aufbau und Schlachtplan (Freitag abend):
Siegbedingung: Auf zwei von vier Bereichen (linke Flanke, linkes Zentrum, rechtes Zentrum, rechte Flanke) mit einer Infanterie-Einheit durchbrechen. Wenn das nicht gelingt, gewinnen die Allierten automatisch um 9.00 Uhr Waterloo-Zeit durch Eintreffen der letzten überlegenen preußischen Truppen.
Aufbau:
Franzosen: Napoleon stellte genau andersherum auf als es historisch geschah. Lobau wurde zum Angriff und der Umgehung von Hougomont eingesetzt. Im Zentrum stand D’Erlon mit mit Donzelot, Marcognet und dem unterstellten Kavallerie-Corps von Kellermann. Rechts in Placenoit stand das Corps Reille mit Jerome und Foy. In Reserve stand ein weiteres Kavallerie-Corps und die riesige Garde. Der Angriffsplan sah ein Vortäuschen rechts vor, für das sich besonders Reille als lautstarker und auftrumpfender General anbot. Der wirkliche Angriff sollte jedoch mit später eingesetzten Reserven links stattfinden, indem über Hougomont hinaus durchgebrochen werden sollte und gleichzeitig Kellermann (linkes Zentrum) den Durchbruch erreichen sollte. Die Mitte des Zentrums, die durch eine Hügelkette mit Hecke geschützt war, sollte eher ignoriert werden.
Alliierte: Wellington stellte den Prinz von Oranien gegenüber von Hougomont auf. Er sollte, wozu es nie kam, dort offensiv werden. Im Zentrum stand rechts Hill, links Picton. General Alten sollte Papelotte verteidigen. Wellington behielt alles zurück, was er an Reserven hatte, um flexibel zu sein und den Franzosen nicht zu verraten, wo seine Truppen standen.
Eindruck nach dem Aufbau: Bei den Alliierten begann schon nach dem Aufbau das Zähneklappern. Ihrer „dünnen roten Linie“ standen, besonders im Zentrum, die tiefgestaffelten Franzosen gegenüber.
Ablauf der Schlacht:
(Es gab zwar eine Uhr, die uns „Waterloo-Zeit“ anzeigte und für den Einsatz von Reserven und das Eintreffen der Preußen wichtig war, die Ereignisse hat aber wohl keiner zeitlich genau eingeordnet. Deswegen der grobe Ablauf.)
- Die Schlacht begann im Zentrum mit einem großen Angriff von Donzelot auf La Haye Saint. Es kam wie es kommen musste: Nicht nur scheiterte das angreifende Infanterie-Bataillon, sondern es riss auf der Flucht auch noch die zweite Reihe mit, so dass sich plötzlich ein Loch in der französischen Linie auftat. Glücklicherweise war La Haye Saint auch von Marcognet angegriffen, so dass hier kein Gegenangriff der Engländer geschehen konnte.
- Nur bei Hougomont hatte man das Gefühl, dass es Platz gibt. So ging Lobau zu einem großen Schwenk auf der linken Flanke vor, während sein General Jeanin versuchte Hougomont zu erobern. Wellington und Uxbridge sahen die Gefahr, der der Prinz von Oranien ausgesetzt war und mobilisierten die ersten Reserven für den Prinzen. Aus Sicht des allierten Generalstabs wurde diese Flanke zur Knochenmühle in die immer weitere Brigaden gesteckt wurden, die oft schon nach wenigen Runden vernichtet waren.
- Auf der rechten französischen Flanke ging Reille vorwärts und Foy besetzte Frichermont. Alten spielte auf Zeit. In der Folge entspann sich ein intensiver Depeschenwechsel zwischen Wellington und Alten, der von einigen Missverständnissen begleitet war.
- Lobau versuchte den Prinzen auszuflanken und ein Infanterie Bataillon ganz außen vorbeizuschieben. Doch Uxbridge aus dem Zentrum nahm das mit seinen Adleraugen wahr. Nachdem der Prinz weitere Reserven direkt nach vorne geschickt hatte, statt abzuriegeln, sah Uxbridge die Gefahr für so drohend, dass er selbst mit Reserven zum Prinzen ritt. Er kam gerade rechtzeitig, denn jetzt setzte dort der Hauptstoß der Franzosen ein: Ney griff mit den Kürassieren der Reserve und der ganzen Jungen Garde an. Die vorher eher leere Flanke war nun voller Truppen. Jeanin hatte inzwischen erst das Chateau und dann den Garten von Hougomont erobert, ein persönlicher Triumpf.
- D’Erlon selbst war fast in einen Privatkrieg gegen Picton verwickelt. Mit geschicktem Vorgehen arbeitete er sich Schritt für Schritt vorwärts.
- Kellermanns Angriff lief erst ein wenig langsam, dann jedoch wurde auch hier der Druck immer stärker. Mit Unterstützung von Donzelot arbeitete er sich Stück für Stück vorwärts, zwang Infanterie ins Karree und vernichtete sie. Der Blutzoll forderte jedoch auch hier seinen Zoll, irgendwann waren alle Kürassiere des ersten Angriffs erschöpft aus der Schlacht zurückgewichen und mussten sich im Reserveraum wieder sammeln. Allerdings hatte er inzwischen die Gardejäger unterstellt bekommen.
- Die ersten Preußen erschienen. Reille ging sofort in die Defensive über. Der preußische General Losthin biss sich in der Folge die Zähne an dem besetzten Frichermont aus. Alten war in der Lage zu ihm geschickte Braunschweiger zurückzuschicken.
- Die Schlacht erreichte ihren ersten Höhepunkt. An drei Punkten drohten die Franzosen durchzubrechen. Linke Flanke (Lobau), linker Rand des linken Zentrums (Kellermann) und rechter Rand des rechten Zentraums (D’Erlon). Würde jetzt die Entscheidung fallen. Doch die Generalstabsarbeit von Wellington und Uxbridge war – trotz kleiner Unstimmigkeiten und einer großen Hektik – im Ergebnis fehlerlos. An allen Punkten kamen zum richtigen Zeitpunkt Reserven an.
- Ney und Lobau hatten den Prinzen soweit zurückgedrängt, dass Lobau Jeanin zum Zentrum schickte, damit er Kellermann hilft. Doch da kam genau richtig niederländische Kavallerie, die sich viel Zeit aus Brüssel gelassen hatte, um die Front zu stabilisieren.
- D’Erlon hatte Picton fast überwunden, als dieser ebenfalls gerade rechtzeitig Reserven bekam. Vor allem aber tauchte plötzlich eine ganze Brigade preußische Landwehr-Kavallerie des Prinzen Wilhelm, die den Tisch wechselte in seinem Rücken auf. Die konnte zwar schnell durch herangeführte Kürassiere gebrochen werden, aber der Angriffsschwung war dahin.
- Da plötzlich marschierte ein französisches Bataillon, das zur Division Marcognet gehörte einfach durch eine Lücke an der Straße nach Brüssel und drohte den Rückraum der Alliierten zu durchbrechen. Wellington stand vor einem Nervenzusammenbruch. Gerade noch rechtzeitig konnte auch dieses Bataillon abgefangen werden.
- Bei Blücher und bei Alten in Papelotte gingen immer drängendere Hilferufe von Wellington ein. Immerhin wurde durch Alten eine braunschweigische Infanterie-Brigade, die verschollen war, weil sie den Weg zum Zentrum für eine lange Rast genutzt hatte, wieder entdeckt. Der Angriff auf Placenoit nahm Fahrt auf, aber was sollte mit den Hilferufen Wellingtons geschehen. Treffend stelle Blücher zu Alten fest: „Du kommst vors Kriegsgericht, nicht ich.“ Alten wechselte mit seinen Truppen ins Zentrum, um dort zu helfen. Da auch inzwischen die Preußen unter Rüssel vernichtet waren, ging der Angriffsschwung jedoch verloren.
- Damit war die Krise überwunden. Bei den französischen Generälen und bei Napoleon machte sich Verzweiflung breit. Wo zauberten die Alliierten denn immer nur wieder Reserven her.
- Während die ganze Schlacht zwar weiterlief, weil das Töten nicht beendet werden konnte, aber doch an Schwung und Hoffnung verloren hatte, kam doch die entscheidende Wende. Ney und Lobau hatten die Truppen des Prinzen von Oranien vernichtet. Nachdem die ihre Siegesmüdigkeit überwunden hatten, wechselten sie ins Zentrum und fielen Hill in die Flanke.
- Jetzt ging es um alles. Um 9 Uhr würde die Hauptmacht der Preußen kommen und die Schlacht wäre für Napoleon verloren. Da entdeckte Kellermann die entscheidende Lücke, da sich Hill mehr um Ney und Lobau kümmern musste. Ein Bataillon der Gardejäger riss sich aus der Unordnung (Elite 4+) und blockierte eine alliierte Artilleire-Batterie, ein anderes Bataillon wurde von ihrem Brigadegeneral Morand persönlich angeführt und brach durch die britischen Linien. Um 8.20 Uhr gelang den Franzosen der zweite Durchbruch. Vive la France.