Der Pub > An der Bar
wie historisch ist historisch?
Mansfeld:
Tja, als berufsmäßiger Historiker muß ich jetzt aber mal zur Ehrenrettung der TT-Szene laut und deutlich sagen, daß in diesem Hobby mit tonnenweise mehr historischer Kenntnis und Skepsis operiert wird als in diversen TV-Produktionen, Zelluloidopern, sogenannten \"historischen\" Romanen oder total verblödenden Pseudofachbüchern in Thalias Grabbelregal.
Zur Zeit spiele ich gerne SAGA, und da mein Studienschwerpunkt so ziemlich diese Epoche war, fallen mir schon Ungenauigkeiten auf. Wenn man aber mal hinschaut, was die Spielmechanismen abbilden, so ist es gar nicht mal so daneben. Zum Beispiel die Resilience-Regel für den Warlord: Das heisst ja nicht, daß ein frühmittelalterlicher Gefolgschaftsanführer mal locker einen Schwerttreffer wegstecken kann, sondern daß ein sehr gut ausgebildeter und motivierter Kämpfer nicht so schnell zu Boden geht (ist halt doch noch ausgewichen, seine Rüstung ist besser etc.). Natürlich gab es damals auch Anführer von Gefolgschaften, die sich wahrscheinlich eher ungeschickt angestellt haben, aber das spricht ja nicht dagegen, daß es eben auch die kämpferisch überlegenen Anführer gab (und man sollte mal psychologische Dinge wie den sozialen Druck durch die Erwartungen an einen Anführer in einer heroisierenden Gesellschaft nicht unterschätzen).
Dann kommt noch hinzu - und das kann ma nicht oft genug betonen - daß viele Dinge bis heute ungeklärt sind (gab es Berserker? Wie verbreitet waren Kettenhemden? Wie gut ausgebildet war der sächsische Fyrd?). Und das ist in so ziemlich allen historischen Epochen so. Ich muß immer wieder feststellen, daß viele Leute irritiert sind, weil anscheinend feststehende historische Erkenntnisse immer wieder revidiert oder modifiziert werden, aber so ist es in Wissenschaften nun mal, man gewinnt immer neue Erkenntnisse.
Es gibt allerdings einen GANZ GEWALTIGEN KRITIKPUNKT, den ich hier mal anbringen muß:
ZWANZIG ODER HUNDERT MANN SEHEN NICHT AUS WIE EIN EINZELNER SOLDAT!!!! :smiley_emoticons_pirate_censored:
Ähem, tschuldigung, persönlicher Rant-Ausrutscher eines bekennenden What-you-see-is-what-you-get-Fetischisten :blush2:
Constable:
Gut gebrüllt Löwe, äh Mansfeld...:)
Wie viele echte Historiker sind hier eigentlich unterwegs. Und mir kommt oft vor dass wir das alles oft lockerer nehmen als andere hier. :party:
Mansfeld:
Naja, wie gesagt, wenn man mit der historischen Sachkenntnis von Politikern, TV-Leuten, Jouralisten und Romanschreibern konfrontiert ist, so ist das Abtauchen in die Tabletopcommunity doch geradezu eine Rückehr ins Paradies: Leute, die sich mit Geschichte wirklich mal beschäftigt haben! Ohne es studiert zu haben, und ohne damit herumzuprotzen!
Musste wirklich mal gesagt werden, und ich wiederhole es gerne:
Tabletopspieler hier, ich bin sehr froh, daß es Leute wie euch gibt, die sich gerne mit Geschichte beschäftigen, und die sich auch wirklich fundierte Ahnung angeeignet haben, und dazu noch ein zivilisiertes und höfliches Verhalten an den Tag legen.
Okay, es gibt auch Leute wie mich, aber damit müsst ihr leben :P
AndréM:
--- Zitat --- Ich bin der Meinung, dass sich reine historische Wargamer durchaus als die Elite des Tabletop-Hobby\'s bezeichnen können, sowohl was ihr Wissen, was auch oft ihre handwerklichen Fähigkeiten angeht.
--- Ende Zitat ---
Geht das schon wieder los....
Mir ist ja inzwischen fast jeder suspekt, der sich als Elite seines Hobbys bezeichnet. Erfahrungsgemäß dient so ein Ausspruch meist eher der Aufwertung des eigenen Selbstbewußteseins als irgendwelcher wirklicher Information. Und ich dachte diese Art von Einstellung hätten wir so langsam überwunden, aber es scheint immer noch Einzelexemplare zu geben, die sich für was Besseres halte als die anderen.
@Historisch
An erster Stelle ist mir wichtig, dass alle Beteiligten Spass haben. Danach kommt erst die Akuratesse, wobei ich nie das Spiel verweigern werde, wenn einer seine römischen Schilde mal in Blutrot statt in Ziegelrot angemalt hat, sollte er aber nur mit ausgefransten Papierfetzen als Miniersatz und einer speckigen und colaverklebten Armeeliste ankommen behalte ich mir trotzdem vor das Spiel zu verweigern ;) Auch ich hab da meine Schmerzgrenze.
Historische Akkuratesse betrachte ich fast immer als Bonus, wenn der Spielspass gegeben ist und die Armee halbwegs schön aussieht. Wobei auch gesagt werden muss, dass in weiter entfernten Epochen wir ja nur den aktuellen Vermutungsstand kennen und dieser sich immer wieder ändern kann. Von daher kann man nicht 100% akkurat sein. Selbst bei WWII-Panzerbemalungen geraten wir ja schon ins Schwimmen, da zum einen im Feld mit dem bemalt wurde was grad da war und zum anderen die Vorgaben auf Papier mit Blick auf die Realität gerne mal gepfiffen wurde.
Spielerisch sollte halt ein halbwegs mögliches Ergebnis rumkommen. Also die Kelten sollten nicht Caesar allein durch einen Flankenangriff ihrer gepanzerten Igelhorden in die Flucht geschlagen haben...
Nebenbei, FoW basiert auf 40K und war ursprünglich eine direkte Weiterentwicklung aus den Panzerregeln. Das merkt man heute noch an einigen Stellen, auch wenn es sich mit V3 schon deutlich entfernt hat.
Generell aber ist man bei hist. TTlern in der Regel vom Wissen her besser drauf als in den meisten anderen Kreisen, dass kann ich so bestätigen.
@Fetter Ausruf
Volle Zustimmung, spielt mehr 6mm Leute ! ;)
Mansfeld:
Andre: Gut gebrüllt, Comicpanther! Das mit 6mm hab ich mir tatsächlich schon angesehen, will ich irgendwann mal für FoG in Angriff nehmen. Es gibt es ja schicke Wikinger, Angelsachsen und Normannen bei Baccus (https://www.baccus6mm.com/index.php?content=products).
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