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Kanoniere auf Linienschiffen der Jahrhundertwende?

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prof. Zweistein:
Hallo Zusammen,

Folgender Hintergrund: Bei einem nautischen Spiel (Trafalgar) haben sich mein Mitspieler und ich gewundert warum Schiffe ihre Breitseiten-Feuerkraft halbieren, wenn sie Ziele auf beiden Seiten angreifen.

Erklären konnten wir es uns nur so, dass ein Segelschiff jener Zeit nur eine Bedienmannschaft für Bord und Steuerbord hatten, das glaub ich aber nicht so richtig. Hierzu konnte ich leider auch nichts finden.

- War das den so? Mussten die 3+ Mann für eine Kanone jeder Seite Bedienen, oder 1 Kanone, 1 \"Team\" ? Sonst wüsste ich gerne von euch warum ein beidseitiges Feuern problematisch war (evl. durch Schwanken des Schiffe?)

Grenadier Christian:
Zur Klarstellung: es geht um die Wende zum 19. Jahrhundert, oder?

Schlüssig erscheint mir eine solche Regelung unmittelbar auf kleineren Schiffen niedrigen Ranges oder Fregatten mit geringer Mannschaftszahl und der Schwierigkeit der Feuerleitung.

Geht man von einer Mannschaftsstärke je Geschütz von 7 Mann plus Gun Captain aus, benötigte eine 74er bei voller Stärke (28+30+16)x8 = 592 Mann allein für die Geschütze. Dazu käme noch die seemännische Crew, und bei einer Gesamtstärke von typischerweise 700 Mann, weniger auf britischen Schiffen, liegt der Schluss nahe, dass man nicht alle Geschütze mit voller Mannschaftsstärke besetzen konnte, insbesondere nicht nach längerer Zeit auf See (Krankheiten) oder wenn es Probleme mit der Rekrutierung gab.

Zusätzliche Faktoren könnten die Windstellung sein (d.h. in durch die leichte Krängung nach Lee wäre ein Einsatz der untersten Decks nicht immer mit voller Effektivität möglich, wobei das eher ein Problem im 17. Jahrhundert war), aber ich denke, dass die Regelschreiber eher die Mannschaftsstärke berücksichtigen wollten.

prof. Zweistein:
Mit der Jahrhundertwende meinte ich das 18 zum 19 Jhr, also ca. napoleonische Epoche. Die Regelung ist universell, also auch auf Linienschiffen.



Woher hast du die 7+ Mann? Kommt mir auf Anhieb etwas viel vor. Evl. ist diese Zahl aber auch mit der Größe der Kanone Verbunden.


Deine Rechnung habe ich auch mal überschlagen und kam bei 4 Mann im Mittel auch auf zu große Zahlen, wenn man eine Mannschaft um die 650 Mann annimmt. Demnach wären ja kaum noch Leute zum Navigieren etc. übrig gewesen. Generell ist ein beidseitiges Schießen aber auch etwas recht seltenes, wenn man die Linienschiffe ihrem Namen nach verwendet. Eine Aktion wie Nelson\'s \"T\", bei der man seitlich durchbricht bildet ja eine Ausnahme.



Grenadier Christian:

--- Zitat ---Mit der Jahrhundertwende meinte ich das 18 zum 19 Jhr, also ca. napoleonische Epoche. Die Regelung ist universell, also auch auf Linienschiffen.
--- Ende Zitat ---

Das dachte ich mir aus dem Kontext des Posts, wollte nur auf Nummer sicher gehen.


--- Zitat ---Woher hast du die 7+ Mann? Kommt mir auf Anhieb etwas viel vor. Evl. ist diese Zahl aber auch mit der Größe der Kanone Verbunden.
--- Ende Zitat ---

8 Mann (einschließlich des Gun Captain) ist eine allgemein tradierte Mannschaftsstärke für 24- und 32-Pfünder. Eine 74 hatte gemeinhin 28 32-Pfünder und 30 18-Pfünder auf den Batteriedecks sowie 16 9-Pfünder im Oberdecksbereich verteilt, wobei später auf britischen Schiffen einige der 9-Pfünder durch 32-pfündige Karronaden ersetzt wurden. 9-Pfünder kämen in der Tat mit kleineren Mannschaften aus, der Einfachheit halber habe ich hier auch noch mal 8 gerechnet (was dann mit dem Feuerkampf befasste Deckoffiziere und Pulverjungen einschließt).


--- Zitat ---Deine Rechnung habe ich auch mal überschlagen und kam bei 4 Mann im Mittel auch auf zu große Zahlen, wenn man eine Mannschaft um die 650 Mann annimmt. Demnach wären ja kaum noch Leute zum Navigieren etc. übrig gewesen.
--- Ende Zitat ---

Vier Mann sind viel zu wenig für einen 32-Pfünder. Ein Geschütz dieser Größe wiegt mit Lafette mindestens 2 metrische Tonnen, und selbst mit den ausgereiften Flaschenzug-Spannwerken wäre das zu viel. Die Aufgaben wurden ja auch zumeist auf einzelne Mitglieder der Geschützmannschaft aufgeteilt (d.h. einer wischt aus, einer lädt die Pulverkartusche, einer die Kugel, der nächste stopft; der Kanonier richtet das Geschütz mit Hilfe der anderen, etc., und alle zusammen rennen nach dem Ladevorgang das Geschütz wieder aus). Für großkalibrige Geschütze sollte man im 18.-19. Jahrhundert mindestens 6 Mann rechnen, eher mehr, wenn die Feuerrate von 3 Schuß je 5 Minuten aufrechterhalten werden soll.


--- Zitat ---Generell ist ein beidseitiges Schießen aber auch etwas recht seltenes, wenn man die Linienschiffe ihrem Namen nach verwendet. Eine Aktion wie Nelson\'s \"T\", bei der man seitlich durchbricht bildet ja eine Ausnahme.
--- Ende Zitat ---

Sehr richtig. Insofern wird auch jeder Kapitän, der sein Handwerk versteht, auf Teufel komm raus ein solches Kreuzfeuer zu vermeiden suchen - schlimmer ist ja eigentlich nur ein Stern Raking, wenn der Gegner über das Heck geht.

hallostephan:
ich kann dazu Hornblower, die Serie empfehlen, da kommt es vor, dass ein kleineres Schiff ein grosses ausmanöveriert und es auf der falchen Seite erwischt, die offensichtlich nicht besetzt ist-der Feuerbefehl kam dann auch.....

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