Der Pub > An der Bar
Warum haben sich gerade die Mittelmeer-Hochkulturen durchgesetz?
Menic:
Die Antwort zu deiner Frage ist hochkomplex. Menschliches Handeln ist im Grossen nie linear. Geographie spielt eine grosse Rolle, wobei auch hier die Verkettungen von Ursache und Wirkung nie eindeutig auszumachen sind (eg. kulturelle, technologische und religiöse Dominanz der Mittelmeerkulturen). Diese von Euch schon erwähnten Punkte hätt\' ich auch aufgezählt,, v.a. die Einzigartigkeit des Mittelmeeres (rel. ruhiges Binnenmeer, Kleinräumigkeit (viele Täler, abgeschlossene Ebenen, Flüsse in alle Himmelsrichtungen, moderates Klima etcetc.), Konzentration der Handelswege auf der persisch-syrische Landbrücke Europa-Asien u.v.m..
Was mir noch in den Sinn kommt:
Ich vermute, die christlich-abendländische Verbindung von Staatsmacht, Glaube und Wirtschaft ist ein weiterer gewichtiger Grund für diese Dominanz. Das christliche Europa entwickelte seit der Glaubensspaltung einen unersättlichen Expansionsdrang ,
- vordergründig legitimiert durch den Missionsauftrag (Kolonialisierung/Unterwerfung der Völker im Namen Gottes);
- gespiesen durch die Konkurrenz zwischen Katholizismus und dem neuen Glauben (z.B. Wettrennen um die neuen Kolonien: z.B. Spanien-England);
- ermöglicht durch Fortschritte in der Wissenschaft und Technologie, welche wiederum sich erst durch die Abkehr von der mittelalterlichen, theozentrischen Weltanschauung etablieren konnten (neu: „der Mensch ist das Mass aller Dinge“).
Zusätzlich schaffte die protestantische Heilslehre eine enge Verbindung von Arbeit und Glauben, die sogenannte puritanische Arbeitsethik, d.h. ob Gott dir wohlgesinnt ist, zeigt sich erst durch deine Arbeit: hast du Erfolg, ist dir die göttliche Gnade gewiss.
Es ist erwiesen, dass protestantische Staaten vor der Industrialisierung eine auch schon für die Zeitgenossen wahrnehmbar grössere wirtschaftliche Prosperität als die Katholischen Staaten aufwiesen. Salopp gesagt: Das prot. Europa packte eine regelrechte Arbeitswut. Die USA reitet immer noch auf dieser Welle. Die machen ja kaum mal richtig Urlaub dort drüben :P
Mein Senf
menic
Poliorketes:
Zu Ghibellines Ausführungen möchte ich noch hinzufügen, daß West- und Mitteleuropa nach dem 10. Jahrhundert relativ wenig Probleme mit verheerenden Invasionen hatte. Sicherlich waren 100jähriger oder 30jähriger Krieg verheerende Angelegenheiten für das Landvolk, aber doch kein Vergleich zu den Vernichtungsfeldzügen eines Dschinghis Khan, Hülägü oder Timur Lenk. Dadurch konnte sich in Europa über 1000 Jahre eine Anzahl relativ stabiler Nationen etablieren.
Decebalus:
Möchte hier nur erwähnen, dass die Geographie in Europa nicht nur Handel udn Kommunikation erleichtert hat, sondern auch Eroberung erschwert hat. Daher gibt es viele Staaten, ergo viel Konkurrenz, ergo viel Bestreben stärker als der Andere zu sein, ergo eine ungeheure Machtsteigerung. Schließlich kann man zwar immer noch nicht den europäischen Nachbarn beherrschen, aber mal so einfach die halbe Welt.
Odoaker:
Danke für eure Ansichten! Haben mir sehr geholfen!
--- Zitat --- Ernsthaft: Was verstehst du unter durchsetzen?
--- Ende Zitat ---
Hmmm.... also mit durchsetzen mein ich halt, dass sie nicht, wie andere, wieder von der Bildfläche verschwunden oder als Subkultur in einer anderen aufgegangen sind.
--- Zitat --- Dazu kommt noch, das Amerika viel später besiedelt wurde, was auch zu einer Verzögerung der Expansion geführt hat.
--- Ende Zitat ---
Ja aber wenn man jetzt vergleicht, auf welchem Stand die indogenen Einwohner Nordamerikas waren, als die Spanier bzw. Briten später kamen, so ist da schon ein deutlicher Unterschied. Und in Nordamerika wüsste ich jetzt auch nicht von großen Verwüstungen a la Dschingis Khan. Und die verschiedenen Stämme standen ja ebenfalls in Konkurrenz, wie die Europäischen Königreiche untereinander. Also warum war die Entwicklung in Nord-Amerika so verzögert?
Winston:
--- Zitat von: \'Odoaker\',index.php?page=Thread&postID=14384#post14384 ---Ja aber wenn man jetzt vergleicht, auf welchem Stand die indogenen Einwohner Nordamerikas waren, als die Spanier bzw. Briten später kamen, so ist da schon ein deutlicher Unterschied. Und in Nordamerika wüsste ich jetzt auch nicht von großen Verwüstungen a la Dschingis Khan. Und die verschiedenen Stämme standen ja ebenfalls in Konkurrenz, wie die Europäischen Königreiche untereinander. Also warum war die Entwicklung in Nord-Amerika so verzögert?
--- Ende Zitat ---
Die Besiedlung fand sehr viel später statt. Ein genaues Datum gibt es natürlich nicht, aber vermutet wird ein Abstand von mehreren tausend Jahren. Einen solchen Rückstand kann man kaum aufholen. Durch die späte Besiedlung in Kombination mit den nicht ganz so günstigen Lebensbedingungen viel das Bevölkerungswachstum niedriger aus, was wiederum zu einem geringeren Entwicklungs- und Expansionsdruck führte. Hinzu kommen noch einige nicht schlüssig geklärte Ereignisse (wahrscheinlich Naturkatastrophen) die lange vor der Entdeckung Amerikas durch die Europäer ganze Kulturen ausgelöscht haben.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln