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Grande Armee in 1/72: Aufbau der napoleon. Armeen und Spielberichte

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Davout:
Zu den Musketen. Die Gewehrpyramiden bestehen aus britischen Musketen. Auf den Infographien sind aber auch keine Dragonermusketen zu sehen, sondern Gardemusketen. Dragonermusketen hatten einen verstärkten mittleren Laufring aus Eisen, die anderen waren aus Messing. So viel kürzer waren die Dragonermusketen auch wieder nicht. Eigentlich sollte die Fussartillerie Artilleriemusketen haben, die wirklich sehr viel kürzer waren, aber von denen gab es immer weniger.
Inzwischen habe ich aber die starke Vermutung, dass die Kanoniere bei der Bedienung der Geschütze zwar durchaus ihre Tornister aber keine Musketen trugen, denn z.B. Albrecht Adam zeigt sie zwar auf dem Marsch (auch direkt zum Gefecht) mit Musketen, an den Geschützen aber ohne.
1814-15 ging die Ausrüstung stark durcheinander. Irgendwo habe ich eine Liste für eine Division, da tauchen recht seltsame Waffen auf, die nicht die übliche Standardcharakteristik aufweisen.
Noch ein kleiner Seitenhieb auf die Briten (weil die Teile hier aus dem Britenset stammen), die hatten bei der Fussartillerie ziemlich kurze Musketen, teilweise aber auch Kurzschwerter zur Selbstverteidigung.

Stapel aus Kanonenkugeln würde ich keine zeigen. Das widerspricht völlig dem Prozedere. Da wurde nichts auf dem Boden abgelegt, nicht mal der Ansetzer abgestellt. Solche Sachen wie Wischeimer kann man in den meisten Fällen im Gefecht auch vergessen.

Grüße

Gunter

Pappenheimer:
@ Davout
Prinzipiell hast Du recht. Ich habe mal an einem Geschütz gearbeitet. Wenn man genügend Musketen für eine Pyramide zusammen bekommt und die Hände frei haben will, muss man die Musketen zu einer Pyramide zusammen stellen. V.a. wenn man behelfsmäßig Infanteristen als Hilfskräfte hinzu ziehen muss (was in Ausnahmen wohl vor kam) - denn Infanteristen hatten bisweilen keine Gewehrriemen, um die Muskete auf den Rücken zu schnallen.
Du hattest auch recht, ich hatte die Gewehre der Artilleristen falsch in Erinnerung.

Generell muss man aber wohl sagen, dass so eine Gewehrpyramide je nach dem auch hinderlich sein kann. Wenn ich ständig schnelle Stellungswechsel habe, was die Fußartillerie auch aus Muskelkraft der Artilleristen bewerkstelligen kann, dann ist es natürlich blöd, wenn die Musketen an der falschen Stelle stehen. Außerdem müssten mitten im Kampf, wo das Hauptgewicht der Aufgabe des Artilleristen in der Bedienung des Geschützes liegt, extra ein Bajonett aufgepflanzt werden, das man obendrein bei Stellungswechsel - also wieder Gewehr aufnehmen - wieder entfernen muss.

Fragt sich wo die Artilleristen die Gewehre hingetan haben sollen, wenn sie keine Pyramide bildeten und die Gewehre nicht bei der Geschützbedienung dabei haben wollten. Die Artilleristen, die ich kenne, machen alles mit ihren Gewehren. Sie sind dann halt trainiert, auch wenn das Gewicht sicherlich zur Erschöpfung beiträgt.

Davout:
@Pappenheimer,
das ist mal eine gute Frage. Auf zeitgenössischen Abbildungen habe ich noch nie Gewehrpyramiden bei einer Geschützbedienung gesehen. Wie du richtig schreibst hatten die Kanoniere echt andere Probleme. Albrecht Adam zeigt die Fusskanoniere sowohl mit Tornister als auch ohne am Geschütz, beide Male ohne Muskete, denn die wird nur auf dem Marsch oder in Reservestellung gezeigt. Ältere Darstellungen aus der Revolutionszeit zeigen das genauso, z.B. Bagetti zur Schlacht bei Lodi. Es erscheint mir daher nicht unwahrscheinlich, dass die Kanoniere ihren ganzen Kram, oder zumindest die Musketen auf den Packwagen ihrer Batterie unterbrachten, weil sie vorrangig zur Verteidigung auf dem Marsch taugten. Soweit die Indizien. Eine ausreichende Anzahl an Musketen ist bei der Artillerie aber nachweislich auch noch 1815 verfügbar gewesen. Es gab sie also, nur wann wurden sie wirklich mitgeführt? Das war dann wohl unterschiedlich.

Gewehrpyramiden erscheinen insgesamt dann wohl eher unwahrscheinlich, denn so stieg die Gefahr, dass die Artillerie ihre Musketen sehr häufig einfach verlor. Hatte man das Teil umgehängt am Mann war das nicht so. Die hochdetailierten Abbildungen von Moltzheim, die sich auf die Zeit kurz nach Napoleon beziehen, wenngleich mit denselben Ausrüstungsteilen und nach denselben Reglements, legen es nahe, dass die umgehängten Musketen bei der Geschützbedienung nicht zur Selbstverteidigung dienen konnten, denn die Musketenriemen werden dort z.B. UNTER den Riemen für die Kartuschtasche getragen. Im Notfall konnten die Kanoniere also garnicht schnell von der Waffe Gebrauch machen. Ansonsten sind die Musketen bei Moltzheim in der einzig praktikablen Weise umgehängt, was dieses Werk glaubwürdig macht. Die Leute von der 22. aus dem Film machen es genauso.
Eins ist allerdings Fakt, die Trageweise mit der Muskete hinten ÜBER dem Tornister ist unmöglich. Dummerweise zeigen das viele Rekonstruktionszeichnungen, z.B. bei den Zvezdafiguren wird das auch so dargestellt.

Grüße

Gunter

Maréchal Davout:
Schöne, von Kenntnisreichtum geprägte Auseinandersetzung zur Ausrüstung der Kanoniere! Jetzt muss ich überlegen, ob ich es doch ganz sein lasse mit den Musketenpyramiden (an sich sieht es ganz schön aus und ich hatte auch schon dahingehende Rückmeldungen). Statt Kugelhaufen nehme ich dann lieber Munitionskästen. Die wurden doch aber in die Nähe der Kanone gestellt, oder wurde z.B. der Munitionskasten der in der Lafette mittransportiert wurde, während des Gefechts dort belassen?

Davout:
Meinst du mit Munitionskästen die abnehmbaren Lafettenkästen? Da muss ich dich auch ein wenig enttäuschen. Diese Kästen wurden nicht auf der Lafette gelassen, aber auch nicht auf den Boden gestellt, sondern auf die Protze gepackt, wo sie genau in den Zwischenraum hinter der Achse passten. Beim Bewegen des Geschützes mit den Pferden störte das nicht, denn das wurde nach dem ersten Abprotzen mit dem Langtau gemacht, das Protze und Kanone verband, ohne dass man erst aufwendig aufprotzen musste. Der Lafettenschwanz schliff dann eben ein wenig auf dem Boden, er konnte aber leicht mit den Richtbäumen angehoben werden, die auch mit zum Lenken dienten. Währenddessen blieb der Lafettenkasten auf der Protze, so dass der auch nicht so leicht verloren gehen konnte. Später hat man dann gleich mit Kastenprotzen experimentiert, denn das hier erläuterte Verfahren mit den Gribeauvalgeschützen war doch recht antiquiert. Bei den Zvezdaprotzen passt der Lafettenkasten übrigens sehr gut in den Zwischenraum auf der Protze.
Die Variante mit dem auf den Boden gestellten Lafettenkasten wurde vermutlich noch in der Zeit praktiziert, als die Fahrer noch keine Soldaten waren, ist also fürs Kaiserreich weitgehend irrelevant.

Da wir gerade beim Thema sind, in anderen Armeen, die sowohl Kastenprotzen als auch Lafettenkästen hatten, wurden diese sehr wohl auf den Boden gestellt. Bei den russischen leichten Geschützen gehörten sie z.B. 2 m neben das linke Rad. Man muss hier aber auch die Funktion dieser Kästen unterscheiden. Während sie bei den französischen Geschützen praktisch den Protzkasten ersetzten, der als Zwischendepot für den Munitionsfluss dienen konnte, brauchte man sie bei den Russen eher als Behälter für Notfallkartätschen, die in Feuerstellung immer sofort griffbereit beim Lader standen. Die alten Kanoniere waren nicht blöd, die wussten sich schon zu helfen.

Grüße

Gunter

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