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Steinhagel - Regeln für historisches Tabletop in der Antike (auf Deutsch)
Riothamus:
Die Sache mit den größeren 1. Kohorten ist auch historisch nicht so eindeutig.
Woher wissen wir davon?
Aus einem Werk, das traditionell einem als Hyginus Gromaticus - man könnte ganz grob Hygin der Vermesser übersetzen - bezeichneten Autor zugeschrieben wird. Er wir heute meist als Pseudo-Hygin zitiert. Es handelt um eine neue Methode zur Anlage von Marschlagern und firmiert als \'De munitionibus castrorum\' (Von der Befestigung des Lagers) oder als \'De metatione castrorum\' (Von der Vermessung des Lagers). Geschrieben wurde es im späten 1. oder frühen 2. Jh. n. Christus.
Darin wird erwähnt, dass die erste Kohorte \"milliar\" sei. Aus den Stärken der Auxiliareinheiten, der Legionskohorten und der Zenturien ist der Rest errechnet.
Eine Bestätigung findet die Nachricht in den ausgegrabenen Anlagen von Legionslagern. Dort wird für die größere 1. Kohorte ein ausreichender Platz freigehalten. In Inchtuthil / Schottland ist das sogar mit entsprechenden Kasernengebäuden baulich zu fassen. Durch diese Bauten wird auch die Annahme von 5 Doppelzenturien belegt. Woanders kann nachgewiesen werden, dass zumindest ausreichend Platz eingeplant wurde.
Im 2. Jh. findet man dann wieder Lagerbauten, die eine 1.Kohorte berücksichtigen, die nicht mehr verstärkt ist. Zum Teil ist noch ein größerer Platz vorgesehen, aber die eigentlichen Kasernen sind wieder nur für die normalen Zenturien berücksichtigt.
Was die Einführung angeht, findet man in der Sekundärliteratur mitunter einen Hinweis auf die Mitte des 1. Jh. oder auf Claudius, der das Reich in Hinsicht auf die Verwaltung fest organisierte. Allerdings wurden die größeren Auxiliareinheiten erst unter Vespasian geschaffen. Daher datiert man die Verstärkung der 1. Kohorte meist erst auf die Flavier.
Wir haben es also mit einer Organisation zu tun, die wahrscheinlich gerade einmal 50/60 Jahre existierte.
Auch der Zweck ist unklar. Aus den Legionen gab es zahlreiche Abkommandierungen. So wurden z.B. aus den Legionen einer Provinz 500 Mann als Garde des Statthalters abgezogen. Wie bei anderen Abkommandierungen sollten gute und Erfahrene Legionäre ausgewählt werden. Da es sein kann, dass der Dienst in den 1. Kohorten eine Auszeichnung war, könnte dies diese überproportional geschwächt haben. Aber auch, wenn diese Überlegung nicht stimmt, könnte die Verstärkung der 1. Legion als Ausgleich für solche Abkommandierungen oder die ersten Verluste im Krieg gedacht gewesen sein. Ja, dass ist nur Spekulation. Aber auch, dass hier die Kampfkraft der 1. Kohorten erhöht werden sollte, ist eine Spekulation. Die letztere Spekulation liegt zwar näher, aber man sollte sich diese Unsicherheit doch einmal klar machen, wenn man über die Berücksichtigung in Regeln redet. (Zur Organisation der Kohortenlegion vgl. unter anderem Kate Gulliver, Auf dem Weg zum Imperium - Die Geschichte der Römischen Armee, Hamburg 2007, S. 25-28.)
Daher ist hier nicht nur die Berechnug des Punktwertes, sondern auch die Betrachtungsweise des Regelautors hinsichtlich Zweck und Größenordnung der 1. Kohorten interessant.
Bei den Prätorianern hatte Augustus 9 Kohorten von 1000 Mann eingerichtet: 900 Infanterie, 100 beritten. Zusätzlich ergänzten dich die Prätorianer durch Auswahl aus anderen Einheiten. Sie waren also sowohl größer, als auch eine elitäre Auswahl. Allerdings gab es im Laufe der Zeit Veränderungen, sowohl was die Stärke und auch, was die Auswahl betrifft. Z.B. in der Frage, ob Prätorianer nur aus den Legionen genommen wurden. Meist wurden auch die Stadtkohorten berücksichtigt, oder sogar bestimmte Auxiliareinheiten. Wer keine allzu komplexen Listen haben will, wird da einen Kompromiss darstellen müssen. (Thomas Fischer, Die Armee der Cäsaren - Archäologie und Geschichte, Regensburg 2012, S.26f. Er wirft zwar nur ein Schlaglicht auf die Organisation der Garden, liegt aber gerade griffbereit auf meinem Schreibtisch.)
Also: :smiley_emoticons_xmas_popcorn_essen: bei der Erklärung, wie unser Regelautor das ausgewählt hat.
Riothamus:
Nicht unterschlagen wollte ich Vegetius, Epitoma Rei Militaris (\'Abriss der römischen Militärgeschichte\') aus dem späten 4. Jahrhundert, Buch II, Kapitel 6.
Allerdings ist seine Angabe rätselhaft. Er spricht für die erste Kohorte von 1500 Mann zu Fuß und 132 Reitern. Auch den weiteren Kohorten sind Reiter zugeordnet. Da man bei ihm oft nicht einordnen kann, aus welcher Zeit eine Information stammt, zusätzlich Missverständnisse wahrscheinlich sind, kann man aus dem \"Habet pedites mille centum quinque.\" nichts konkretes schließen. (Für die restlichen Kohorten nennt er 555 Fußsoldaten und 66 Reiter.) Allerdings spricht auch er in diesem Zusammenhang von \"cohors miliaria\". Wie der Zusammenhang ausschaut, kann man bei diesen Informationen aber nicht sagen. Vielleicht hat er einfach Kohorten und typische Legions-Vexillationen verwechselt. Und die fragliche Zeit steht auch nicht fest.
Diese Quelle gibt uns also keine zusätzliche Information.
agrivain:
Riothamus und alle die jetzt sich schon wieder bemüssigt fühlen ähnlich loszulegen...und natürlich bei allem Respekt vor eurem historischen Wissen...aber wäre es evtl möglich, dass ihr (und bitte entschuldigt schon vorab die folgenden etwas härteren Worte) für eure Grundsatzdiskussionen, Regelfriemeleien hinsichtlich dem aktuellen wissentschaftlich-historischen Diskurs sowie anderen ähnlich tiefgreifenden show off der eigenen Bildung einen eigenen Threat zu eröffnen anstatt diesen hier weiter zuzuspamen??!
Edit: leider wurde wohl die Hälfte meines Posts nicht übertragen; insofern nur nochmal der Vorschlag diese Ideen oder auch Fragen hinsichtlich den theoretischen Überlegungen hinter bestimmten Regeln betreffend...schreibt doch einfach mal den ebenfalls hier vertretenen Autor per PN an, das dürfte zielführender sein und für den Rest auch weniger nach Haarspalterei aussehen ;)
Danke und Grüße, Marcus
Wellington:
Hallo agravian!
Angesichts der Tatsache dass das Thema Steinhagel seit 2 Jahren fast ausschliesslich hier in einem News Tread diskutiert wird und niemand einen neuen Thread zu Regelfragen usw. aufmacht, halte ich Deine Aufregung jetzt nicht für angebracht. Ich denke Ihr solltet Euch jetzt nicht streiten Wer Was Wie in diesem Thread diskutieren oder beantworten darf. Alos alle ganz lieb!
Grüße
MOD Wellington
Riothamus:
Hm, hatte gar nicht gemerkt, dass das hier ein News-Thread ist. Ich dachte aufgrund der Frage nach der Punkteberechnung, es wäre der Regelthread.
Und da das angesprochene Phänomen wohl prominenter ist, als seine reale Existenz, fand ich eine kurze Erläuterung der Quellenlage, die ich übrigens auch nicht so ganz genau im Kopf habe und nachschlagen musste, durchaus relevant.
(Jemandem auf dem Gebiet der Geschichte vorwerfen zu wollen, er wolle mit seinem Wissen angeben, ist schwierig. Mommsen hat nicht von ungefähr gesagt, dass Geschichte die Kunst sei, so zu tun, als ob man etwas wüsste. Und selbst das Zitat kann ich nicht wörtlich auswendig. ;) Neben der Unmöglichkeit alles zu wissen, hat man immer das Gefühl ein Thema nicht ganz erfasst zu haben. Schon aufgrund der Vielzahl möglicher Betrachtungsweisen stimmt das auch meist. Es ist eben die Frage, ob \'relevante\' Gesichtspunkte übersehen wurden. Gleichzeitig darf man Lücken oder Unsicherheiten nicht zugeben. Im Gegensatz zu anderen Themen, wo es von Professionalität zeugt, zu wissen, wo die eigene Kenntnis Lücken hat, wird bei historischen Themen immer wieder ad hominem argumentiert, wie ich es ja auch, siehe unten zu Haarspalterei, in diesem Forum erleben durfte.)
Und auch nach den Prätorianern wurde gefragt.
In dieser Hinsicht kann ich den Vorwurf des \"Zuspammens\" nicht nachvollziehen.
Da diese Spiele nun mal die Existenzberechtigung dieses Forums sind, wäre es in meinen Augen geradezu asozial nur per PN den Autor eines dieser Spiele nach den Hintergründen zu befragen. Nicht jeden mag es interessieren, aber wo, wenn nicht hier soll man danach fragen? Denn eine solche Frage nach der Konzeption von Listen passt eben so gut, wenn nicht noch besser in den Newsthread, als in einen -hier zufällig nie eröffneten- Regelthread.
Die Haarspalterei steht -so vermute ich- für meine Art der Darstellung. Nun, ich habe die Erfahrung gemacht, dass, sobald ich etwas salopp formuliere und nicht korrekt belege, Kritik erfolgt. In meinen Augen spricht dies durchaus für die Qualität dieses Forum. Allerdings ist mir auch bewusst, dass dies von vielen als Haarspalterei empfunden wird. Doch seitdem ich aufgefordert wurde, zu einem bestimmten Thema zu schweigen, weil mein Beitrag so schlecht sei und ich offensichtlich keine Ahnung hätte, nur weil ich den Sachverhalt vereinfacht hatte und nur einen zugegebenermaßen veralteten Osprey-Band anführte, kann sich niemand mehr über eine ausführliche Antwort beschweren. Dazu hätte er damals auch posten müssen.
Wenn ich es aber recht verstehe, steht hinter der Einzelkritik in erster Linie aber der tiefere Vorwurf an mich und ein paar Andere, in diesem Forum nicht adressatengerecht zu formulieren. Wie ich schon andeutete, lässt sich darüber reden. Wenn diese Vermutung zutrifft, wäre es aber wohl besser, einen eigenen Thread aufzumachen.
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