Wie jedes Jahr nutzten wir das Fronleichnamswochenende zu unserem kleinen historischen Ausflug. Diesmal ging es allerdings nicht in die Normandie, sondern in das schöne Elsaß.
Wir wollten uns hier ein paar Festungswerke anschauen, aber vor allem das schöne Wetter und die Terrasse vor unserem Mobile Home nutzen: Grillen, quatschen, spielen.
Schon im Vorfeld hatten wir beschlossen, dass dieser Trip die ideale Location für ein Probespiel Commands & Colors Napoleonics darstellt.
Seid doch mal ehrlich. Was will man eigentlich mehr. Da fährt man nach Frankreich, hat ein Spiel dabei, das an die glorreichsten Zeiten der Grande Armee erinnert, zieht sich einen schönen Rotwein rein und während man langsam bei wunderschönstem Sonnenschein eine Runde spielt, kann man langsam den Hunger aufbauen, der dann am Ende in einer megagenialen Vergrillung seine Befriedigung findet.
Herrlich.
Aber wir wären nicht wir, wenn wir nicht eine very special Version des Spiels dabei hätten, immerhin ist Jens the leader of the gang.
Natürlich hatte er neben den originalen Spielutensilien seine Miniarmeen und sein Minigelände mit, die er in den letzten Monaten mal so nebenbei aus seinem 3D Drucker hatte purzeln lassen.
Na und da lagen sie jetzt in der warmen französischen Frühsommerhitze vor uns: Die roten Engländer, die blauen Franzosen, die braunen Portugiesen, na und das nett bemalte Gelände.

Nachdem das Ganze dann auf dem Spieltisch stand, sah das schon richtig gut aus. Natürlich hat ein Boardgame im Vergleich zu einem Tabletop einen viel höheren Abstraktionsgrad. Aber was soll ich sagen. Ich persönlich mag solche Vereinfachungen. „Ein bisschen schwerer als Risiko …“ ist als Bier&Brezel Variante auch sehr amüsant. Na und nachdem ich dann im Spielfluss war, hatte ich doch den Eindruck, Mensch, das fühlt sich richtig gut an.
Auf dem Spielplan stand die Schlacht bei Rolica; das Einführungsszenario der Regeln.
Bei diesem Szenario wird das Spielfeld in der Mitte durch einen Höhenzug beherrscht, hinter bzw. auf dem die französische Armee Ihre Aufstellung nimmt. Die Mitte der Franzosen hat im übrigen die meisten Bataillone. Die Flügel sind etwas schwächer.
Bei den Briten standen auf dem rechten Flügel die Portugiesen, der starke linke Flügel befand sich hinter einem Fluss. Dieser verzögerte aber nicht den Aufmarsch und war an allen Stellen passierbar.
In der Mitte standen einige Linienbataillone, der Großteil der Artillerie, aber auch eines der starken leichten Bataillone.
Zunächst mussten wir uns nochmals mit den Regeln vertraut machen. Soll man jetzt die Einheiten links oder die rechts, oder die Mitte oder beide Flügel bewegen.

Dann ging es los.
Zunächst zogen die Briten die leichte Infanterie in den Wald.

Der Gegner antwortete direkt mit einem Vorrücken der Kavallerie.

Na dann mal lieber die nächste Einheit ins Karree stellen. Mit dieser Option gelang es mir auch gut die Kavallerieangriffe abzuwehren. Einfach, aber gut abgebildet, dachte ich mir.

Kurze Kampfpause und mit dem Kaffee anstoßen.

Heiko fand Spaß an seiner Kavallerie und machte an meinem rechten Flügel Rambazamba. Mir blieb nichts anderes übrig, als noch eine weitere Einheit ins Karree zu stellen. Jetzt wurde es aber eng mit meinen Optionen.

Bei dem Spiel ist es so geregelt, dass pro Karree eine Kommandokarte auf einer direkt dafür vorgesehenen Taktikkarte deponiert wird. Die erhält man wieder, wenn man die Einheit aus der Formation herausbewegt.
Für den Moment ist es allerdings so, dass die Infanterie zwar sehr sicher gegen Reiter steht, die Taktik aber eingeschränkt und immer langsamer wird, weil eben die Optionen fehlen. Da hat man dann z.B. nur noch die Möglichkeit auf einer Flanke anzugreifen, weil alle anderen Karten blockiert sind.
Heiko machte dann auch das, was man in einer solchen Situation machen muss: Die Infanterie nachziehen.

Den nächsten Kavallerieangriff musste ich dann so aushalten. Zum Glück hatte ich eine super Truppe bzw. mein Gegner hatte Würfelpech.

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo ich den linken Flügel aber auch meine Mitte nach vorne bewegte. Nacheinander griff ich auf beiden Seiten an.
Ein Gegenangriff der Franzosen wurde zurückgeschlagen.

Langsam dünnte sich dann die Mitte der Franzosen auch bedenklich aus.

Dem nachfolgenden Generalangriff der Engländer und Portugiesen konnte Heiko auch nichts mehr entgegensetzen. Ich eroberte meinen fünften Siegpunkt – diese erhielt man in diesem Spiel durch die Besetzung von Kernpunkten auf dem Schlachtfeld bzw. durch Vernichtung gegnerischer Einheiten – und gewann.

Fair wie wir sind, schüttelten wir uns die Hände und freuten uns, nun das Fleisch auf den Grill werfen zu können.

Fazit: Ich bin immer mehr Fan des Spielesystems von Commands&Colours. Im Vergleich zum Tabletop ist der Zeitaufwand für mich optimierter. Einer der Standardsprüche bei Wargamern ist ja die Aussage: Das Spiel dauert 1 ½ Stunden. Theorie. Noch nie erlebt.
Bei C&C ist das Spiel wirklich in 1 h bis max. 1 ½ h erledigt. Also 1:0 für das Boardgame.
Meine „Landschaft“ ist natürlich abstrakt: Wir reden ja auch von einem Boardgame und keinem Tabletop, wo es mir möglich ist, mich in Modellbaukünste zu vertiefen.
Also seien wir fair, es steht 1:1.
Allerdings: Wie oft habe ich es schon erlebt, dass mir ein historisches Szenario durch den Kopf ging, das aber gar nicht zu meiner Platte passte. Bei C&C kann ich dies natürlich darstellen, weil das Hexfeldterrain ja immer wieder neu angeordnet werden kann. Brettspiel eben.
2:1 für das Spielbrett.
Hinzu kommt, dass ich – wenn ich eine Viertelstunde gespielt habe – gar nicht mehr wahrnehme, dass ich da vor einem Spielbrett sitze. Man wird gedanklich quasi von dem Spiel abgeholt. Die Simulation wirkt.
Subjektiv: Einspruch wird nicht in Punkten bewertet.
Wenn man dann natürlich noch eine gepimpte Version a la Jens besitzt, ist das natürlich der Oberknaller. Vor allem das Gelände hatte es mir hier total angetan. Die kleinen Hügel sind eben als solche zu erkennen; ebenso die kleinen Dörfer. Richtig schön.
Ein Sonderpunkt in der Haltungsnote. Fließt aber nicht in die Wertung ein.
Aber was hat mich dann persönlich am meisten geflashed. Ich will es Euch sagen.
Ich kenne einige Systeme, wo es auf seitenlangen Ausführungen versucht wird, den Geist der napoleonischen Kriegsführung abzubilden. Vor allem die Besonderheit des Karrees.
Hier eine Sonderregelung, da ein Modifikator, hier eine Ausnahmeregel, und nochmals ein Modifikator.
Wie praktikabel und nahezu genial ist das bei C&C gelöst. Sobald ich meine Einheit in ein Karree stelle, ist die kaum knackbar. Also historisch völlig korrekt. Klar; ein Lucky Punch ist möglich, aber den gab es auch bei Garcia Hernandez. Das Problem ist allerdings, dass die Rückschlagfähigkeit der anderen Einheiten immer schwächer wird, je mehr Einheiten ich ins Karree stelle. Da sitzt Du da und stellst auf einmal fest: „Mist. Ich habe zwar drei Einheiten im Karree und die sind sicher, aber ich kann den anderen keine Befehle mehr geben. Ich habe zu wenige Befehlskarten.“
Na und weil ich halt immer schlechter reagieren konnte, wurde dann auch irgendwann eine meiner Einheiten in Linie erwischt.
Einfach aber brillant.
3:1 für das Boardgame. ;-)
Natürlich ist diese Wertung völlig subjektiv und nur für mich, sicherlich nicht für Hardcore Napoleoniker, empirisch verifizierbar.
Ich habe jedenfalls mein Spiel gefunden.
Folge der ganzen Geschichte: C&C Napoleonics habe ich ja schon etwas länger, Memoir44 liegt auch schon hier rum (da werden nur die 1/72 Figuren durch 15 mm getauscht), Battle Cry ist bereits für nächsten Monat in den Einkaufskorb gepackt und für C&C Ancients werde ich wohl meine selbstgebastelten Counter für Conquest of the Empire in die Schlacht führen.
Sozusagen ein „Rundum Sorglos Paket“ quer durch die Epochen.