Hallo Decebalus,
interessanter Denkanstoß, erstmal. Als Newcomer in der historischen Wargaming-Szene wird meine Meinung hierzu sehr subjektiv ausfallen, dazu noch weil mir hier scheinbar dein Kontext fehlt: Mir ist weder im Musik- noch im Freizeit- oder Schrebergartenbereich in deutschen Landen bisher irgendeine ungewöhnliche Neigung zur Dixie-Flagge (sage ich jetzt mal salopp, um nicht andauernd \"Kriegsflagge der Konföderierten Army of Northern Virginia\" tippen zu müssen, weil es sich hierbei schließlich, wie du korrekt sagst, nicht um die Staatsflagge der Konföderation handelt) aufgefallen. Das heißt natürlich nicht dass es den Trend, auf den du da hinweist, nicht gäbe. Nur dass ich mich wohl nicht in den Kreisen bewege, in denen sowas auffällig wäre.
Meine persönlichen zwei Eurocent dazu wären, dass das Clublogo für mich einerseits (auch schon von dir angesprochen) vor Humor und Ironie strotzt. Die genaue Denke hinter dem \"Fat Rebels\"-Clubnamen können nur die beiden Gentlemen verraten die ihn sich ausgedacht haben, aber für mich rührt das vom Bürgekriegsthema her, beinhaltet reichlich Selbstironie, verrät etwas über unsere Attitüde des Selbst-Nicht-Ernst-Nehmens (indem wir einerseits eine Kriegspartei unseres Hauptsettings, andererseits ein Tabletopperklischee durch den Kakao ziehen), und passt ganz nett weil München/Bayern ebenfalls im Süden seiner respektiven Republik liegt. Und (klischeemäßig betrachtet) die eine oder andere oberflächliche Gemeinsamkeit mit den US-Südstaaten hat. So wie leeres Stammtisch-Unabhängigkeitsgegrantel, Eigenbrötlertum, Ländlichkeit und einen gewissen Stolz \'drauf. Man gilt als Eigen.
Dazu sei noch bemerkt dass ich auch kein Bayer bin, sondern wie der gute Regulator (und damit gegenwärtig 2/3 der Bürgerkriegsfans im Club…) aus dem Ländle komme, was uns das ganze extra-augenzwinkernd betrachten lässt.
Zu deinen drei Fakten ist nichts weiter hinzuzufügen… natürlich hat die Flagge nichts in der Nähe von US-Regierungsgebäuden und staatlicher Institutionen zu suchen. Dazu sei leider noch zu sagen dass meinem Eindruck nach leider der durchschnittliche US-Dixie-Flaggenschwenker politisch unwissend oder konservativ bis rechts einzuordnen ist und reichlich bildungsfremd daherkommt, sodass solche Kontroversen vorprogrammiert sind. Solche Symbole ziehen leider immer bestimmte Typen an, auch andernorts. Soweit also mal mein Hintergrund.
Jetzt zur Romantisierung des ganzen Themas: Es gibt sie. Unabstreitbar. Jegliche Popularität der Flagge in Europa hat für mich aber keine nennenswerte Bedeutungskomponente, sondern ist rein popkulturell bedingt. Der Mensch mag auf Anhieb tendenziell den Underdog einer Geschichte, und hier liegt der Knackpunkt: (leider?) ist für uns Europäer erfahrungsgemäß der US-Brügerkrieg eher
eine Geschichte als
Geschichte. Eine Story. Ein Setting für Romane, Filme, Spiele (alles davon gerne \"Lost Cause\"-gefärbt, weil das den spannenderen Narrativ hergibt), zeitlich und örtlich und thematisch fern genug für diese Distanzierung, und das kriege selbst ich zu spüren, trotz Geschichtsstudium, umfangreicher faktischer Auseinandersetzung mit dem amerikanischen 19. Jahrhundert, und trotz dass der Farbige in den USA und vielen anderen Staaten der westlichen Welt noch immer vielerlei Nachteilen, Gefahren und Vorurteilen ausgesetzt ist. Siehe die jüngsten Entwicklungen. Man kann noch so aufgeklärt, dialektisch veranlagt und belesen sein, ab und an lässt man sich doch mal beim Spielen zu \'nem Rebell Yell hinreißen, oder zum einen oder anderen Ausbruch politisch inkorrekten Humors unter Freunden. Geb\' ich sofort zu.
Und ich finde man darf. Ich finde wir haben mit unserer eigenen Geschichte schwer genug zu tragen und zu kämpfen, und gerade mal wieder, aber eigentlich konstant, genug humanistisch Flagge und Stellung zu zeigen, angesichts PEGIDA und Flüchtlingsaversion und all der anderen Schreckgespenster. Da streite ich mich mit Bekannten und Freundesfreunden, gehe eine Jubeljahre auf Demos, empöre und diskutiere ich leidenschaftlich auf Facebook. Was das Thema US-Südstaaten angeht allerdings nicht. Das ist für mich ein Element meiner Freizeitbeschäftigung, und ich hätte noch nie wahrgenommen dass das Dixie-Banner irgendwo in Mitteleuropa politisch instrumentalisiert wird, oder dass europäische Farbige dahingehend zu verletzende Sensibilitäten hätten (da gibts andere Adressaten), also erlaube ich mir Distanz. Gönne mir den Luxus, dieses Hobby nicht zu politisieren, und bin dankbar für jeden Mitspieler der\'s genauso hält- Aber dadurch nicht weniger diskussionsbereit (wie man hoffentlich merkt).
Will man da aber einen Zusammenhang ziehen, schlage ich mal einen vor: Deutschamerikaner waren mit ca. 200.000 Kriegsteilnehmern die in der Unionsarmee zahlenmäßig größte ethnische Gruppe (machten grob die Hälfte des Immigrantenanteils der US-Armee aus), und hatten im Schnitt den (aus heutiger Sicht guten) Ruf aufrichtiger Abolitionisten. Das ist doch mal was.

PS - Zum Süden als Armeethema bin ich gekommen, weil Werit langsamer malt als Regulator, beim Einstieg in die Thematik tendierte ich zu einer Nordstaatenarmee. Aber dann wars eine Frage des Zahlenverhältnisses.
:whistling:
Auch das heißt nicht, dass es diese Neigungen hierzulande nicht gäbe, aber das wollte ich nicht unerwähnt lassen.
PPS - Der Kriegsgrund des US-Bürgerkriegs schlechthin war die Sezession. Der Grund für die Sezession schlechthin war die Unfähigkeit zur Einigung bei der Regelung der Aufrechterhaltung und Ausbreitung der Sklaverei in den Staaten und Territories, sowie ihrer Rechtsbasis in Nicht-Sklavenstaaten (z.b bei Verfolgung entflohener Sklaven über die Grenzen). Im weiteren Kriegsverlauf wurde die Sklavenbefreiung zu einem politischen Werkzeug des Nordens und führte zu einem Rebranding des Konflikts. Lustig: Hier heiligte das Mittel historisch mal den Zweck, und nicht umgekehrt.