Der Pub > An der Bar
Ethik und Wargaming
Graf Gaspard de Valois:
Was mir bei all diesen Diskussionen fehlt, ist die Zerstörung unserer Umwelt durch die Kampfhandlungen und die Hinterlassenschaften der Kriege ab dem 20 Jahrhundert!
Da hier die Südstaaten im Zusammenhang mit der Sklaverei erwähnt wurden, wie sieht es z.B. mit der Slavenrevolte zu Zeiten des Spartacus aus? Oder mit der Leibeigenschaft im Mittelalter?
Spielt die zeitliche Nähe eine Rolle bei der moralischen Einschätzung?
Das wichtigste beim Tabletop ist für mich die Beschäftigung mit allen Zusammenhängen rund um den ausgewählten Konflikt!
Ohne diese Recherche ist eine ernsthafte Auseinandersetzung nicht möglich!
Shapur:
Diese Alternativen WWII-Spiele üben eine besondere Anziehung für viele Wargamer aus.
A) Es ist der letzte richtige Kampf Gut gegen Böse
B) Kurz vor Kriegsende wurden viele Waffen zum Einsatz gebracht, die aus unserer Erfahrung bahnbrechend waren. Nachtsichtgeräte, Hubschrauber, Düsenjäger, Panzerabwehrraketen mit Steuerung, Nur-Flügler, Panzer mit Restlichtverstärker oder IR-Sicht, Flugabwehrraketen, ... .
Es ist eben wie ein Kind im Bonsche-Laden, Haben-Wollen und dann damit spielen. 8)
Pedivere:
ja gut, soweit es um die Ausrüstung geht die tasächlich entwickelt war, meinetwegen, häufig sehe ich aber das Arsenal and \"Wunderwaffen\" was nur als Holzmodell oder Zeichnung existiert hat, (geschweige denn diese absurden Läufer und Mechs die besser in einem SF Spiel untergebracht sind) und ich frage mich - wo sind denn die alliierten Pendants dazu?
Es schmeckt dann doch sehr danach, als müßte die \"technologische Überlegenheit\"-s Mythologie des \"ewigen Reichs\" weitergesponnen werden.
Es gibt jede Menge historisch seriöse Alternativszenarien, ich nehme als Beispiel einfach nur mal das Gelingen von Walküre - warum gibt es dafür keine Klientel?
In Frankreich gibt es ein ernsthaft betriebenes Alternativ-Szenario ohne Waffenstillstand und Vichy Regierung, was als Grundlage für vieles geeignet ist und was den Kriegsverlauf tasächlich hätte ändern können, weil es Barbarossa unmöglich gemacht hätte - auch wenig Interesse in der Wargaming Szene.
Selbst Dinosaurier und Zombie-Nazis sind für mich glaubhafter als technologische Wunder-Hirngespinste, und wenn es noch so nur der Spieltrieb wäre.
Goltron:
--- Zitat ---Spielt die zeitliche Nähe eine Rolle bei der moralischen Einschätzung?
--- Ende Zitat ---
Natürlich! Je näher desto eher kann man unsere heutigen Moralvorstellungen anwenden.
Der Grund für diese WWII+ Szenarien (auch im Film!) ist doch zunächst das Nazis die perfekten Bösewichte abgeben die es dazu noch wirklich gab. Dazu hat sich ein nebulöses Wissen eingebürgert welche diese mit Mythologie und überlegener Technologie in Verbindung bringt (was bei letzterem zumindest teilweise stimmt) wodurch Zombienazis oder selbst fliegende Untertassen in ihrem Genre glaubwürdig erscheinen. In einem militärischen Kontext war die Wehrmacht den Alliierten qualitativ über den Großteil des Krieges deutlich überlegen, das spricht ebenfalls viele an. Bei Flames of War etwa dürften Deutsche die meistgespielte Armee sein und ich denke das lässt sich nicht nur mit den \"cooleren\" Panzern im LW erklären.
Das das im Ausland gut ankommt mag auch an einer Verbindung von Unbetroffenheit und Unwissen liegen. Als Deutscher ist man durch die Aufarbeitung der Vergangenheit etwas Befangen und darauf können wir durchaus Stolz sein finde ich.
Dust ist ein System das Sci-Fi mit WWII Technik verbindet. \"Cool\" mit nostalgischem Wiedererkennungswert. Man muss jetzt keine Läufer mit Sherman Turm mögen und ich brauche auch keine Zombiesoldaten auf dem Spieltisch aber so im großen und ganzen spricht das auch mich ein wenig an. Schau dir mal 40k an, das schlägt in der Optik durchaus in eine ähnliche Kerbe.
--- Zitat ---In Frankreich gibt es ein ernsthaft betriebenes Alternativ-Szenario ohne Waffenstillstand und Vichy Regierung, was als Grundlage für vieles geeignet ist und was den Kriegsverlauf tasächlich hätte ändern können, weil es Barbarossa unmöglich gemacht hätte - auch wenig Interesse in der Wargaming Szene.
--- Ende Zitat ---
Der Reiz daran für die Franzosen ist halt das sie dadurch nicht so einfach aus dem Kriegsverlauf gekegelt worden wären wobei das entstehende Westeuropäische Szenario durchaus interessant wäre. Ein wesentlich realistischeres Szenario wäre wohl ein Waffenstillstand mit den Briten wodurch Barbarossa durchaus Erfolg haben könnte...das mag man sich aber eigentlich gar nicht so wirklich ausmalen.
Mandulis:
Diese Alternativer-WWII-Fokussierung kommt wohl primär aus den USA und England. In den USA scheint es eine magische Faszniation mit der Wehrmacht und vor allem den Schutzstaffeln zu geben. Einerseits werden sie als aufrechte und stramme Soldaten die halt einfach alles für ihr Land taten glorifiziert (zumindest als ich drüben war wurde mir das öfters mal so erklärt), andererseits sind sie halt ein dankbarer Bösewicht. Viel schlimmer als Hitler geht es nicht und gegen den zu gewinnen erfüllt die Liebe nach heroischen Helden und Taten. Und jetzt kannst sogar DU den Zweifingerbart-Mann auf dem Spieltisch besiegen. Fantastisch!
Reiner WWII ist natürlich taktisch je nach Regelumsetzung sehr anspruchsvoll. Es gibt viele Systeme und Möglichkeiten diese einzusetzen. Da es noch nicht so lange her ist, ist das auch präsenter. Wahrscheinlich spielt hier die Schulbildung auch stark mit rein. Wer kennt denn heute Assyrer, wenn er sich nicht selber in der Freizeit mit Geschichte beschäftigt? Ich halte mich nicht für komplett dämlich, aber im Schulunterricht habe ich davon nie etwas erfahren und bis zum Studienbeginn waren die Kerle mir komplett unbekannt. Und auch wenn sich viele Despoten moralisch nicht viel nehmen, Deportationen, Nationalismus und Überlegenheitsdenken gab es immer wieder in der Geschichte, so sind viele Völker halt gefühlt weit weg. Römer waren auch nicht zimperlich, aber da regt sich doch heute niemand mehr am Tabletoptisch drüber auf. Bei den Stahlhelmen mit Runen weiß man halt auch viel präziser was da verbrochen wurde, das ist viel eher im Gedächtnis und dementsprechend auch die Diskussion dazu.
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