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historical wargaming - was formt unser Bild?

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Frank Bauer:
Ah, eine verfrühte Sommerloch-Diskussion. Passt ja zum Wetter.

Eine These aufzustellen, die auf einer rein subjektiven Einordnung basiert, kann zwar einen munteren Antwortstrom anregen, in der jeder seine eigene, subjektive Sichtweise kund tut, ohne groß auf das vorher gesagte einzugehen, wird aber zu nichts führen.
Wenn ich deine These mal auf die Essenz zusammendampfen darf, sagst du, dass Wargaming ohne genauen, historischen Hintergrund wenig (oder zumindest weniger) Wert sei. Zugespitzt formuliert.
Was sollen wir nun mit dieser These anfangen?

Frei von Subjektivität kann man als Faktum postulieren, das wir das große Glück haben, einem Hobby zu frönen, das sehr viele Aspekte beinhaltet, wie Machinehead schon richtig schreibt. Oder zumindest sehr viele Aspekte beinhalten KÖNNTE, wenn man es wollte.

- Da ist zum ersten mal der Spaß am Spiel. Wäre der nicht da, wäre man nicht Wargamer, sondern Modellbauer, Vitrinenmaler oder würde gleich was ganz anderes machen.
- Zum zweiten ist auch eine gewisse Freude an direktem Kontakt zu anderen Menschen vorauszusetzen, denn Wargaming betreibt man gewöhnlich nicht allein.
- Dann hat man mehr oder weniger Freude daran, Figuren zu bemalen. Die einen haben mehr Spaß und sehen womöglich gar ein künstlerisches Schaffen darin, die anderen weniger und wollen nur die Truppen irgendwie rudimentär anpinseln, weils mit bemalten Figuren beim Spielen besser aussieht.
- Als Viertes haben wir noch den Geländebau, ebenfalls mit handwerklichen und künstlerischen Aspekten und ebenfalls ganz unterschiedlich gewichtet bei den Teilnehmern unseres Hobbys. Die einen sind glücklich mit Eisenbahnbäumchen auf einer GW-Rasenmatte, die anderen verbringen Monate mit dem Bau elaborierter Geländeplatten.
- Und zu guter letzt die Beschäftigung mit dem Spielhintergrund. Der mag fiktiv (wie bei 40K, Star Wars oder Herr der Ringe) oder historisch sein. Egal, ob fiktiv oder historisch, Leute legen unterschiedlich viel Wert darauf. Der eine findet, es geht gar nicht, wenn Elfen an der Belagerung von Helms Klamm teilnehmen, dem anderen ist es egal, ob der Panzer III, Ausführung E zum Zeitpunkt der Tabletop-Schlacht nun schon existierte oder nicht.

Irgendwo im Spannungsfeld der Gewichtung dieser 5 Faktoren bewegt sich jeder Wargamer.
Wenn du nun postulierst, \"richtiges\" Wargaming ist es nur, wenn man sich vorher präzise mit den historischen Hintergründen auseinandersetzt, könnte ich dir ebenso subjektiv entgegehalten, dass es kein richtiges Wargaming ist, wenn man nicht auf einer Spielplatte spielt, in der mindestens 100 Arbeitsstunden stecken. Das wäre genau so ein Blödsinn.

Und \"den Mainstream\" definiert auch jeder für sich. Vorzugsweise immer so, dass man selbst außerhalb, aber fast alle anderen zwangsläufig drin sind.

Pedivere:
Ich glaube weder daß es eine einfache Antwort gibt, noch das es ein \"richtiges\" wargaming gibt.

Im Übrigen kenne ich aus dem LAF einige hardliner die der Meinung sind daß tatsächlich wargaming nichts wert ist wenn da nicht 1000 Stunden Arbeit drinstecken.

Mir geht es eher um die klare Abgrenzung von historisch und nicht historisch. Game of Thrones ist da ein gutes Beispiel - es ist ganz klar und offen historisch inspiriert, es ist aber klar daß es Fantasy ist. Die 40K Welt ist da etwas problematischer, aber trotzdem klar.
Wenn man jetzt an den Marketing Trick von Konflikt 47 denkt, wo anfangs die BA Spieler Probleme hatten sich zu sortieren, sowas stört mich immens. Im übrigen stören mich auch sämtliche derartigen Szenarien die was mit der Fortsetzung des 2.WK zu tun hätten. Das lappt für mich zu stark in HIAG Territorium.

Wenn es also nicht historisch ist, sollte man das einfach so verkaufen und sich auch kreativ die Mühe machen das so zu markieren. Das geht durchaus, siehe \"The man in the High Castle\". Oder Harry Turtledove.
Die Firmen die vom derzeitigen Boom profitieren rennen aber lieber der gerade durch das Dorf getriebenen Sau hinterher als sich selber eine Welt zu überlegen. Ich hoffe also auf den derzeitigen Star Wars Hype ;-)

Mir geht es auch nicht um knopf- oder nietengenaue Modelle. Mir ist es relativ Wurst welche Panzer- oder Tschako Version gerade auf dem Tisch ist, solange der historische Kontext stimmt. Ich spiele sowieso lieber kontrafaktische Timelines. Wenn man ehrlich ist kann historisches Wargaming nichts anderes sein.

Historisch korrekte Regelwerke sind übrigens absolut kein Widerspruch zur Spielbarkeit oder der Dicke des Regelwerks. TFL stellen das seit Jahren schon unter Beweis, ohne den Spielern kiloweise Papier anzudrehen mit permanenten updates. Man muß sich halt ein bißchen Gedanken dazu machen und nicht einfach alles schlucken was jeden Monat als Neuigkeit herauskommt.

Schlußendlich ist das Wichtigste natürlich die community, also die Leute mit denen man spielt. Wenn man Gleichgesinnte findet die sich für die gleiche Epoche interessieren und das gleiche Maß an Historizität, dann hat man Glück. Ansonsten muß man sich an den Mainstream halten und im Prinzip austauschbare, historisch inspirierte Püppchenverkaufsspiele Zocken weil alle Anderen das auch tun. Wenn sie den nun wirklich originell wären.

Das meine ich damit, daß die Essenz verwässert wird. Der Boom und der Nachfragemagnet führen eben nicht dazu, daß sich mehr Leute für interessantes historisches Wargaming interessieren. Es produziert im Grunde nur einen Wust an austauschbaren Regeln und Plastikfiguren und Leuten die genausogut auch mit Sammelkarten spielen könnten. Aber das ist nur meine persönliche überspitzte These.

übrigens @Frank Bauer, von einem Moderator erwarte ich einen anderen Gesprächston als gerade eben verschleierte ad personam Seitenhiebe die eine Diskussion diskreditieren sollen. Wenn Du das für eine Sommerloch-Diskussion hältst, dann ist es ja interessant wieviele sich dafür interessieren....

Decebalus:
@ Pedivere. Du hast den Begriff \"Sommerloch\" komplett falsch verstanden. Es gibt eine Tradition des Sweetwaters, dass immer zur Sommerszeit eine größere, eher theoretische (oder von mir aus auch philosophische) Diskussion zum Wargaming begonnen wird. Diesmal hast Du - so verstehe ich Frank - den Anlauf dazu unternommen. Das hat also überhaupt nichts abwertendes.

Frank Bauer:

--- Zitat von: \'Pedivere\',\'index.php?page=Thread&postID=273924#post273924 ---Das meine ich damit, daß die Essenz verwässert wird. Der Boom und der Nachfragemagnet führen eben nicht dazu, daß sich mehr Leute für interessantes historisches Wargaming interessieren. Es produziert im Grunde nur einen Wust an austauschbaren Regeln und Plastikfiguren und Leuten die genausogut auch mit Sammelkarten spielen könnten. Aber das ist nur meine persönliche überspitzte These.
--- Ende Zitat ---

Da hast du deine Grundthese noch mal bestätigt. Sie besteht aus deiner subjektiven Sichtweise auf \"interessantes historisches Wargaming\" und die \"Wurst an austauschbaren Regeln\". Andere mögen die Systeme, die du für interessant hältst, für Wurst halten oder anders herum. Damit wir das richtig einordnen: Ich halte Bolt Action auch für Wurst, aber ich akzeptiere, dass sich viele Spieler anscheinend in dem System wiederfinden und Spaß dran haben.


--- Zitat von: \'Pedivere\',\'index.php?page=Thread&postID=273924#post273924 ---übrigens @Frank Bauer, von einem Moderator erwarte ich einen anderen Gesprächston als gerade eben verschleierte ad personam Seitenhiebe die eine Diskussion diskreditieren sollen. Wenn Du das für eine Sommerloch-Diskussion hältst, dann ist es ja interessant wieviele sich dafür interessieren....
--- Ende Zitat ---
Ach, Pedivere! Eine Diskussion darf auch die ein oder andere Spizte enthalten. Und gutwillig könnte man der Tatsache, dass ich auf dein Diskussionsangebot antworte, per Definition einen gewissen Respekt dem Thema und seinem Verfasser gegenüber unterstellen. Sonst häte ich nichts geschrieben. Ich selbst habe schon eine Menge Sommerloch-Diskussionen losgetreten.

Pedivere:
siehst Du mal, diese Darstellung ist mir zu überspitzt.

In meinem letzten post steht ganz klar daß ich jedem gönne zu spielen wie er lustig ist.
Ich habe versucht einen allgemeinen Trend im Umgang mit Geschichte zu beschreiben und seine Auswirkungen im Wargaming zu skizzieren.
Ich habe das beschrieben, nicht bewertet.

Der Verlust an Qualität oder die Verwässerung die ich bemängele ist rein konzeptioneller Natur. Es gibt eben Spiele, die objektiv belegbar eine Epoche militärhistorisch korrekter modellieren als andere. Das ist ein Gewinn per se, neben schönen Figuren und Gelände. Wer sich nicht dafür interessiert dem historischen Wargaming diese Dimension hinzuzufügen verzichtet dem entgeht etwas. Das ist keine Geschmacksfrage, das ist meßbar.

Wenn ich dann in einem öffentlichen Kontext neben einem BA Tisch stehe und Jungspieler (die den 80er Jahre Wehrmachtsdiskurs nicht mtbekommen konnten) sagen höre daß \"deutsche Eliteinfanterie mit den zwei Buchstaben\" ja nur Soldaten waren die ihre Befehle ausgefürt haben, dann frage ich mich woran das liegen könnte.
Solche Auswirkungen bewerte ich. Spielensoll jeder was er lustig ist.

Oder das Argument mit der Reichhaltigkeit des Angebots. Rubicon macht ja ein Riesenbohai mit den neuen Plastikmodellen, zB die 88. Die 1/48 Version gibt es schon seit 10 Jahren von Tamiya, und die können wirklich Modelle bauen. Billiger oder besser sind die von Rubicon leider nicht.
Der WK2 Markt ist ja heiß umkämpft zwischen Perry und Warlord, und es wurde massiv versucht den \"true scale\" Standard zu etablieren. Hat ja Gottseidank nicht geklappt, jetzt schwenkt Empress auf 1/48 Kooperation mit Blitzkrieg Miniatures um.
Alles eine Spiegefechterei und Ressourcenverschwendung, eine Bereicherung stelle ich mir anders vor.

Es gibt selbstverständlich auch Vorteile, der WK2 Hype hat ja dazu geführt daß es für fast alle beteiligten Nationen umfangreiche ranges gibt. Und die Youngster haben einen leichteren und vielfältigeren Einstieg als nur GW.
Das ist mir schon klar.
Ich versuche halt den ganzen Kontext zu sehen, auch über das Hobby hinaus.

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