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historical wargaming - was formt unser Bild?
Utgaard:
Denke, da ist aber Vieles einfach auch nur Ansichtssache und eigene Vorlieben, auch die Gründerväter des Wargaming, wenn man sie so nennen will, haben sich auch schon Auszeiten von historischer Genauigkeit genommen, Stichwort Imgainations usw.
Wargames sind nunmal ein weites Feld, dazu gehören halt auch Fantasy, SciFi und alle Mischformen genauso, wie reine Turnierspieler, seien es die von BA, 40k, oder FoG etc.
Spiele ist ja schon im Namen enthalten und jeder interpretiert das auch anders, ganz unabhängig vom Einfluß moderner Medien und Spiele, würde ich sagen.
Ich nehm da mal mich als Beispiel:
Ich mag Recherchen und das Durchforsten von Büchern nach Informationen (was manchmal fast schon zuviel Zeit frisst und nicht ausschließt, daß man etwas übersieht, wie aktuell die Farbe Grün in islamischen Ländern).
Mach ich einerseits aus reinem Interesse an Geschichte, andererseits auch, damit meine Figuren nahe an ihr historisches Vorbild herankommen.
Genauso mag ich aber auch reine Spiele ohne jeden historischen Anspruch, wo die Grenzen zu Fantasy/SciFi verschwinden, wie besagtes Congo, was ja auch nicht den Anspruch auf geschichtliche Genauigkeiten erhebt, sondern eher in Richtung PULP geht - und es macht einfach saumäßig Spaß, vor allem mit entsprechend schick bemalten Figuren und Gelände.
Es ist halt letztlich vor allem eines: ein Hobby - für mich jedenfalls.
Poliorketes:
Danke für den Link ist ein interessanter Artikel, aber wo ist der Bezug zum Wargaming? Ich kenne den Schoendorfer-Film leider nicht, aber viele Zeitgenossen mit Kampferfahrung halten Jarhead für einen der realistischsten Kriegsfilme überhaupt. Ist auch ein guter Film, aber als Vorlage fürs Wargaming total ungeeignet. Dagegen sind Abenteuerschinken wie Das dreckige Dutzend oder Die Kanonen von Navarone tolle Vorlagen für schicke Szenarien - die ich aber keinesfalls als historisch bezeichnen würde. Aber das Problem mit der Historizität liegt doch nicht im verwendeten Szenario, sondern im Fehlen eines solchen, weil viel zu viele Spieler heute ‚faire‘ Spiele mit fixen Punktzahlen haben wollen. Dazu kommen noch unrealistische Einheitenfähigkeiten, und schon ist man auf einer Ebene, die sich eher mit Warhammer 40K als mit historisvhem Wargaming vergleichen läßt (aber trotzdem Spaß machen kann).
Die Entwicklung halte ich aber nicht für neu. Schon vor 25 Jahren störte mich an den meisten WW2-Systemen, daß die Armeelisten dazu einluden, eine US-Panzertruppe nur aus Pershings aufzustellen, und der Pershing natürlich gleiche Kampfwerte wie ein Tiger 2 hatte. Trotzdem bin ich froh, daß es FoW oder BA gibt, denn die Systeme haben viele neue Spieler angezogen und vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz des Hobbies erhöht. Mir doch egal, ob irgendwelche Blagen in ihre Liste Fahrzeuge packen, die so gar nicht passen, aber gute Regeln haben, wenn diese Blagen helfen, mit ihrer Kaufkraft das Angebot hochwertiger Figuren zu unterstützen - ich muß ja nicht gegen sie spielen.
Machine Head:
Ich hatte vor etwa 5-6 Jahren meine persönliche Hochzeit \"historischer Genauigkeit\", bei der alles ganz akkurat sein musste. Der Gegner möchte ein Panzer III Modell der Ausführung L aufstellen? Nicht mit mir, denn der kam erst 2 Wochen später an die Front. Stundenlang, wenn nicht sogar über mehrere Tage habe ich mich mit den Szenarien und den Aufstellungen auseinandergesetzt, damit sie ja korrekt sind. Bücher für separate Schauplätze und kleinere Truppenteile wurden angeschafft und durchforstet, ihr kennt das.
Irgendwann hab ich mich gefragt, warum ich das tue. Für die 2 Stunden des Spielens mit Menschen, denen es nicht so wichtig war wie mir und denen ich damit wahrscheinlich auch auf den Sack gegangen bin? Hat die Recherche vielleicht den Spaß für mich ausgemacht? Mit Genauigkeit kann ich das heute nicht mehr sagen. Ich bin aber zu der Erkenntnis gekommen, dass ich an den 1-2 Tagen im Monat an denen ich mit netten Menschen spielen kann, Spaß haben möchte und genau so soll es meinem Gegenüber auch gehen. Wenn er also nur ein PzIII Ausf. L hat, aber einen E spielen möchte, dann sagt er dies vorher an und es ist in Ordnung. Auch bei Regelwerken die \"früher\" hunderte Seiten hatten, bin ich heute dankbar, wenn diese auf unter 100 gedrückt werden. Wenn man nur eine Hand voll Tage zum Spielen kommt und jedes Mal mehrere Stunden zum Auffrischen der Regeln braucht, ist auch keinem wirklich geholfen.
Letztlich ist Wargaming ein Hobby, welches sich aus mehreren Facetten zusammensetzt. Jeder Einzelne muss sehen, wie er für sich die Schwerpunkte legt und wie erfüllend diese für ihn sind.
Spielsysteme wie Bolt Action legen übrigens gar keinen Wert darauf historisch korrekt zu sein. Sie bedienen sich zwar dem Kontext, aber legen den Schwerpunkt ganz klar auf Action und Heroismus. Das ist für mich auch der entscheidende Unterschied zu den meisten amerikanischen Kriegsfilmen, die in deiner Quelle beschrieben werden: Die sind fern ab der Realität und voll von Pathos und Heldentum, wollen aber gleichzeitig sehr ernst und als realistisch wahrgenommen werden. So jedenfalls mein Eindruck. ;)
Hveðrungr:
Antony Beevor ist ja eine schillernde Figur der Geschichtswissenschaft, nicht zuletzt weil seine Bücher gerne mal in der post-SU verboten werden. Ich finde jeden Beitrag von ihm interessant.
Die mediale Pürierung der Geschichte die Dank GW jetzt auch Einzug ins Wargaming gehalten hat (der thrill des totalitären Regimes) ist so eine zweischneidige Sache. Einerseits hält sie das Interesse wach, man denke an die Fernsehserie \"Holocaust\" welche den Zusammenbruch des Wehrmachtsrevisionismus aus der Zeit des Kalten Krieges angestoßen hat. Anderseits befeuert sie unzählige Fernsehprogramme und Filme, so daß diejenigen die es eben nicht genau wissen wollen die Unterschiede nicht mehr sehen und deswegen gerne zum Opfer für Populismus Kampagnen werden, siehe Putin, Erdogan und Trump (et al.)
Ich kann mit vielen Dingen leben, das mag aber daran liegen daß ich den Unterschied erkenne oder weiß wie ich mich informieren kann wenn mir etwas komisch vorkommt.
Traurig sind jedenfalls Tendezen in der realen Welt, daß zB ausgerechnet Großbritannien Geschichte als Schulfach für irrelevant erklärt hat und aus dem Curriculum gestrichen.
Bayernkini:
Ok, dann hab ich jetzt die Frage hinter diesem Thread verstanden,
aber wird dann der Thread/Frage \"historische Recherche/Genauigkeit\" im Resultat dann nicht gleich ablaufen wie alle anderen
Threads zuvor mit der Frage \"einfache oder komplexe/historisch genaue Regeln\"???
Genaugenommen (wie die Antworten bereits zeigen), dürfte sich das eh vermischen weil die jeweilige Spielerklientel/-Fraktion dieselbe ist.
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