Mhhhh...komplizierte Materie. Ich denke, es hängt immer davon ab, wo das Spiel endet und die ernsthafte Simulation beginnt. Was übrigens auch eine (alte) Bezeichnung für die, gerade historischen, Systeme ist, Strategie Simulation.
Wenn ich ein Bier und Brezel System nehme...vielleicht noch etwas cineastisch angehaucht wie Sharp Practice...dann ist es klar ein Spiel. Oder die Vorgänge stark abstrahiert wie DBMM. Wenn ich aber z.B. ein System wie Johnny Reb 3 nehme, bei dem mir beim Durchlesen schon schwindlig geworden ist, dann wird versucht eine so genaue und realstische Darstellung des Kampfablaufes wie nur möglich zu erzielen...mit genauer Differenzierung der Waffen innerhalb des Regiments, unterscheidlicher Basengröße und ausgefeilten Moralregeln. Vor allem, je mehr "Oldschool" das System ist (wenn schon mal jemand ein Regelwerk aus den Anfangszeiten gelesen hat), desto mehr Wargame-Kriegsspiel ist es.
Grade zu Anfangszeiten unseres Hobbies war die genaue Simulation der Schlacht im Vordergrund gestanden, was die Spielbarkeit stark beeinflusst hat und bisweilen zu echten Auseinandersetzungen am Spieltisch geführt hat, weil alles zu kompliziert und unverständlich formuliert war. Hier würde ich, für diejenigen, die sie etwas mehr einlesen wollen, die Bücher von Charles Grant, Charlie Wesencraft und, nicht zu letzt, Donald Featherstone empfehlen. Gerade Wesencraft hat sich in den 70er Jahren schon für eine Vereinfachung und Abstarhierung der Regeln ausgesprochen. Oder um ein Beispiel aus der Rollenspielecke zu verwenden, bei Rolemaster wirft der Spieler einen Würfel und der Spielleiter sagt ihm eine halbe Stunde später was er getan hat
Und in den letzten 30 Jahren hat es aber eine Vereinfachung der Systeme gegeben, welche ganz klar mit Warhammer und DBA angefangen hat. Standardisierung der Einheitengrößen und einfache Regelmechanismen hat zu einer Erhöhung des Spielspaßes und einer Reduzierung der ernsten Simulation geführt.
Was wir heute spielen, ist von den "What If" spielen der 60er und 70er Jahre ganz weit entfernt, wir haben nur noch den Flair (oder neudeutsch Fluf) des Historischen. Selbst die genauste Recherche und das penibelste Bemalen, können nicht dazu führen, das man, unter Vermeidung historischer taktischer Fehler, der Schlacht einen neuen Ausgang gibt, sondern es bleibt nur ein Spiel, das oft von Würfeln entschieden wird.
Eine Sicht auf alternative Lösungen kann es nicht geben, da wir viel zu viele Faktoren ausser acht lassen (müssen). Es kann nur im Rahmen der Regeln, anders ausgehen. Ob das aber einen Rückschluss auf mögliche historische Ausgänge zulässt, nein, das glaube ich nicht.
Meine 2 Cents