Bei den Ausführungen von Sir Tobi habe ich prompt ein paar Dinge dazugelernt. Auf Acrylfarbe bin ich tatsächlich bisher nicht gekommen. Klasse Idee. Super auch die Idee mit den Rollen aus Isoliermaterial. Teilweise habe ich eine leicht andere Technik:
Das Trägermaterial:
Tatsächlich eignet sich jeder Stoff, der mehr oder weniger grobfaserig ist. Hingegen würde Jeans-Stoff vermutlich nicht funktionieren. Ich habe auch mit Kunstleder gearbeitet, was nicht sehr gut funktioniert hat.
Das Acryl greift sich in die groben Fasern fest, wodurch der Zusammenhalt nicht chemisch, sondern mechanisch gewährleistet wird. Daher kann man auch getrost prognostizieren, dass die Matten im Prinzip auf Dauer haltbar sind. Bricht das Acryl-Material, so hängt jedes Bruchstück noch immer am Stoff fest, wodurch die Matte insgesamt unbeschädigt bleibt.
Wichtig ist, dass man den Trägerstoff aufspannt. Dick aufgetragen zieht sich Fugenacryl zusammen, wodurch der Trägerstoff Wellen schlagen würde. Allerdings berichtet Wolfslord aus Berlin, dass er eine Matte auf eine Kunstrasenmatte aufgetragen hat und dabei auch ohne Bespannung gute Ergebnisse erzielt hat.
Ich persönlich benutze Künstlerleinwand. Dabei kann man natürlich vorgespanntes Material nehmen. Viel billiger ist es aber, Keilrahmen und Leinwand separat am Meter zu kaufen. Je größer die Fläche, um so größer die Ersparnis. Für 120cm x 120cm spart man locker schon 80% des Preises (man hat für den Tacker gewisse Anschaffungskosten).
Ein weiterer Vorteil: Man kann Künstlerleinwand am Meter auch ohne Vorgrundierung kaufen. Dann ist das Material viel grober und das Fugenacryl haftet besser.
Fugen-Acryl:
Ich kann Sir Tobis Aussage nur unterstreichen, dass man am Besten das allerbilligste Fugenacryl kauft (das, was man in so ne Pistole reinspannt, um Badfugen zu verspachteln). Ich habe zwischen 1,99 Euro und 7,99 Euro - Acryl keinerlei Unterschied festgestellt.
Nicht benutzen sollte man Fugen-Silikon. Zwar kann man es mit Farbpigmenten einfärben und die daraus resultierenden Matten sind EXTREM dehnbar und rollbar (viel mehr als die Acrylmatten). Aber Silikon trocknet viel zu schnell, sodass man nur immer etwa 10 Quadratcentimeter auf einmal bearbeiten kann. Außerdem ist es essigvernetzend (stinkt) und kann nicht nachbemalt werden. Insgesamt ist eine Silikonmatte deutlich edler, aber der Aufwand mehr als das 20-fache.
Beim Sand, den man beimischt, sollte man zunächst mal feinste Körnung nehmen. Man kann dann und wann durchaus auch gröberes Material reinwerfen. Ich habe auch schon Kieselsteine verarbeitet. Wenn sie im Acryl gut \"eingebacken\" sind, dann halt das. Wenn nicht, fällt der Kieselstein ab - was auch kein Beinbruch ist.
Das Färben:
So schlau wie Sir Tobi, einfach Acrylfarbe aus dem Baumarkt zu nehmen, war ich nicht. Ich habs mir viel komplizierter gemacht: Ich habe mit sehr viele unterschiedliche Pigmente gekauft, die ich in die Acryl-Wasser-Sand-Masse einrühre. Meine älteste Matte ist etwa eineinhalb Jahre alt, und die Pigementlösung hält gut und ist kaum brüchig. Würde mich interessieren, ob die naheliegendere Lösung von Sir Tobi im Dauertest gut abschneidet - denn das Pigmente unterrühren ist sehr anstrengend.
Streumaterial:
Beim Streu arbeite ich anders als Sir Tobi: Bei mir kommt kein Ponal zum Einsatz (ich dachte, das härtet zu steif aus), sondern ich drücke das Streu-, Flock- und Sandmaterial direkt in das noch feuchte Acryl-Wasser-Sand-Pigment-Gemisch. Dadurch backen die Haarwurzeln des Grases direkt im Material ein, was mechanische Stabilität garantiert. Ich mische gerne unterschiedliche Streusorten mit unterschiedliche pigmentiertem Acryl, durchaus auch lokal unterschiedlich. Daher baue ich ungern eine Matte in einem einzigen Arbeitsgang, sondern mach immer wieder in kleinen Arbeitsschritten einzelne Stellen, oder schichte auf alten Stellen neue Flächen drauf. Dadurch wirkt das sehr unregelmäßig und wild, was meiner Vorstellung von Natur mehr entspricht.
Manchmal wirken meine Platten dann zu checkig und bunt. Dann nehme ich eine Sprühdose mit extrafeinem Sprühkopf und mache einen feinen Nebel über die Platte. Das wirkt dann wie ein feiner Farbfilm, der der Platte eine optische Klammer gibt, sodass dann alles wieder zusammengehörig aussieht.
@ Mehrunes: Bei mir fuselt es dauernd. Nach und nach geht ein gewisser Prozentsatz vom Streu weg. Meine Matten sehen nach einigen Wochen etwas anders aus, aber nicht schlechter - sondern nur etwas anders. Teilweise stufe ich das abfuseln vom Streu als schönen Zufallseffekt ein. Nackt werden die Platten dadurch nie.
Meine Tricks:
Was mMn die Matten wirklich lebendig macht, sind die vielen kleinen Kniffe und Tricks:
- Wenn man viel Wasser und wenig Sand zum Acryl hinzufügt (ist am nächsten Tag dennoch trocken) bekommt man spiegelglatte Teilflächen hin. Die sehen dann aus wie getrocknete Schlammpfützen oder Sumpf.
- Viel Sand und kaum Wasser bricht beim Trocknen auf (siehe meine Platte mit dem afrikanischen Dorf)
- Durchaus mal an die ein oder andere Stelle dick auftragen, etwa 1 cm. Dann kommt man von diesem ebenen-Tischflächen-feeling weg.
- Wenn ich Grasstreu aufgebracht habe, warte ich eine halbe Stunde. Dann mit einem Löffel das Gras wieder in langen Strichen abkratzen. Ergibt tolle Spuren eines Weges, und teilweise liegen dann am Wegrand ein Gras-Lehm-Brocken.
- Ich stütze mich auf halbgetrockneter Masse mit dem Handballen auf und drehe dann meine Hand. Dadurch wird der Boden uneben, es entstehen sehr längliche Bodenwellen, die Mitunter klasse aussehen.
- Schichten: Auf fertige Mattenteile ruhig nochmal eine neue Schicht mit neuer Farbe und anderem Streu draufknallen. Das Ergebnis macht den Boden interessanter und abwechslungsreich.
- Mit der Spraydose und Trockenbürsten nachbearbeiten.
- Plastiktüte auf die halbnasse Masse drücken. Beim Abziehen entsteht eine witzige Bodenstruktur (lauter kleine Zähne), die man nach einer weiteren Viertelstunde gut weiterverarbeiten kann.
- Insgesamt: Mattenbau ist nichts für Kontrollfanatiker. Wild arbeiten, kneten, Schmutz machen! Sich über coole, zufällige Ergebnisse freuen. Mit Spachtel, Fingernägel und Zahnbürste ins Material reinmantschen, Acrylmasse aus einem Meter Entfernung auf die Matte schmeißen, oder die Matte mit Wasserbesteuber nachwässern und dann Pigmente drauffallen lassen, die dann schlieren ziehen.
- Nach der wilden Phase das \"Werk\" auf sich wirken lassen und dann bestimmte Stellen gezielt nacharbeiten.
Wie baut man die Matten auf?
Natürlich kann man die Matten einfach auf eine Tischplatte draufwerfen. So richtig kommen die Matten aber erst auf unebenem Boden zur Geltung. Ich gehe dabei wie folgt vor: Auf meinen Spieltisch lege Bücherstapel, T-Shirts, alte Socken, Styroporhaufen ect.. Darauf lege ich mindestens zwei alte, steife Teppiche. Dadurch entsteht ein steifes, belastbares Bodenrelief. Die Teppiche helfen dabei die Kantenübergänge an Büchern zu glätten und zwischen den Socken und Büchern einen nahtlosen Übergang zu erzeugen, der auch unter dem Gewicht von Zinn später nicht einsacken wird. Auf die Teppiche kommen dann die Matten.
Das Ergebnis ist mMn für manches Tabletopspiel ganz erstaunlich. Ich denke noch immer gerne an mein erstes FoW-Spiel gegen Strand, als wir plötzlich auf Augenhöhe der Figuren gemerkt haben, dass sich das Spiel mit diesem Geläden plötzlich vollständig anders spielt. Infateristen können in nahezu jeder Senke aus der LoS verschwinden. Gepanzerte Fahrzeuge wurden plötzlich viel weniger wichtig. Hingegen wurde ein dominanter Hügel hart umkämpft - nicht weil er Missionsziel war, sondern weil nur von dort aus Einblick in viele taktisch wichtige Senken möglich war. auf so einem Gelände kann man fast ohne Missionsziele spielen, weil die sich aus dem Geländerelief fast von selbst aufdrängen. Geil!
Was sind die Vorteile der Matten?
1. Es ist eine andere Art zu basteln, macht Spaß und das Auge bekommt mal was Neues zu sehen.
2. Lagern und Transport sehr einfach.
3. Es ist egal, wenn jemand beim Vorbeilaufen an der Ecke hängen bleibt.
4. Das Bodenrelief kann jedes mal anders ausfallen. Da kann auch modulares Bauen nicht mithalten.
Was sind die Nachteile der Mattentechnik?
1. Große Matten sind teuer in Streumaterial
2. Eine doppelseitige Matte 120cm x 120 cm hat schon ein enormes Eigengewicht. Man muss diese Matte zwingend auf Rollen lagern, weil sonst das Eigengewicht die Matte derart flachdrückt, dass die Oberfläche an den Falzen schließlich doch abbröckeln kann.
3. Man kann zwar tolle Bodenwellen und Hügel darstellen, aber Canyons oder tiefe Einschnitte sind in keinster Weise so darstellbar, wie mit Styrodur.
Insgesamt vermute ich, dass die Mattenbauweise nicht ganz so gute Möglichkeiten bietet, wie die Styrodurplatten der Meisterbauer. Aber sie sind mehr als eine Verlegenheitslösung für Leute mit Stau- und Transportproblemen.