Besonders klasse finde ich, dass alles sehr organisch aussieht. Der Kanal läuft nicht parallel zur Spielfeldkante, Straßen und Mauern haben schiefwinkelige Knicke und eine unregelmäßige Anordnung.
Doktor,
Die von dir zu Recht geschmähte Rechtwinkligkeit beruht zu großen Teilen auf der von vielen Wargamern als heiligen Gral betrachteten Modularität. Um die Platten in anderer Anordnung zusammenlegen zu können, müssen die Wege alle rechtwinklig an der selben Stelle über den Plattenrand laufen. Das kann niemals realistisch oder - wie von dir genannt - organisch aussehen.
Hier sieht man schon, was man erreichen kann, wenn einem Modularität schnurz ist.
Hallo Frank,
ich gebe Dir recht, wenn Du in der Hypermodularisierung eine der Quellen für die 90-Grad-Sünde siehst. Besonders unerfahrene Geländebauer unterliegen oft der Zwangsvorstellung, beim Modularisieren müsste jedes Modul in jeder Ausrichtung mit jedem anderen Modul zusammenpassen. Dabei übersehen besagte Leute, dass schon einige wenige Anordnungsmöglichkeiten zu einer unfassbaren Fülle von Möglichkeiten führt (\"kombinatorische Explosion\" ist größer als \"exponentielles Wachstum\" :wissenschaftler: ). Wozu 120 mögliche Anordnungen bauen, wenn man pro Monat eh höchstens zwei Spiele macht? Viel schlimmer an dieser Hypermodularisierung ist aber, dass die Leute stets zu übersehen scheinen, dass das Gesamtbild durch die allpassende Kleinteiligkeit der Module total homogen, schachbrettartig, uninspiriert, unorganisch, uninteressant, langweilig, unglaubwürdig und lächerlich wird :verrueckt: . So wie in der Musik die Pausen wichtiger sind als die Noten, so ist beim Geländebau das \"nicht-Hinsetzen\" einer Straße eine nicht zu verachtende Größe. Wenn dann, um Hypermodularisierung zu garantieren, auch noch überall rechtwinklige Felder, Straßenkreuzungen und Hügel hingesetzt werden, tut es mir immer um die viele reingesteckte Arbeit leid.
Insofern finde ich es super, dass Amsvatnir sich einfach mal traut, ne Platte für ein schönes Game zu machen. Vielleicht ist so ne Platte nach 10 Spielen schon ausgereizt. Aber beim Teutates - diese 10 Spiele waren die Mühe dann auf jeden Fall wert. Super fand ich Deine Taktikaplatte letztes Jahr, weil die das Gegenteil von Hypermodularitär war. Nur zwei oder drei Module, dadurch sehr wenige (aber ausreichend viele) Sortiermöglichkeiten, die bei Bedarf mit dem Bau eines weiteren Geländestückes leicht erweitert werden kann ... klasse!
Aber: Ich denke, dass der Hang zur 90-Grad-Winkel-\"Sünde\" damit allein noch nicht erklärt ist. Schau Dir mal an, wie viele Fertiggebäude für den nahen Osten alle saubere rechteckige Grundflächen haben. Ganz so, als sei man schon im biblischen Zeitalter mit saubersten Industrienormen an den Grundbau rangegangen. Das hat mit Modularisierung nichts zu tun. Ich denke einfach, dass die Leute den rechten Winkel unbewusst anwenden. Ich erkläre mir das mit einem \"kulturellen Automatismus im Kopf\" sm_party_jung2 . Wer heutzutage ein Modellhaus baut, überlegt sich: \"Welche Länge, welche Breite?\". Er fragt nicht: \"Welcher Winkel?\", weil er implizit schön längst von 90-Grad-Winkel ausgeht und ihm gar nicht in den Sinn kommt, dass er es anders machen könnte.
Gegen den Wunsch der Leute, totale Modularisierbarkeit zu haben, kann ich nicht anstänkern. Ich finde Deine Charakterisierung treffend, das als heiligen Gral oder heilige Kuh zu bezeichnen. Aber ich kann gegen einen kulturellen Automatismus anstänkern. Wenn nur genug Leute diese 90-Grad-Kritik hören und sie für sich im Kopf besprechen, wird es mMn zu einer spürbaren Verbesserung der Ästhetik im Hobby kommen. :neo:
Aber spinnen wir die Idee weiter: Immer mehr greift die Erkenntnis um sich, dass Maßstab und Basierung für das Spielen der meisten TT-Regeln völlig irrelevant sind. Warum haben wir dann aber immer noch fein rechtwinklige oder perfekt kreisförmige Bases? Solche perfekten, von ein paar Figuren und Dekosteinchen bevölkerte Geometrien stören das Erscheinungsbild einer Platte sehr. Ich experimentiere sein einiger Zeit mit amorphen Bases aus Fimo. Erste Erfahrung: Sobald in den Bases kein \"geometrisches Raster\" mehr drin ist, fügen sich die Bases viel besser und organischer in das Gesamtbild ein. Das Spielen wird dadurch in den seltensten Fällen beinträchtigt; notfalls muss man an einem Spielabend die eine entscheidende Schlüsselsituation mit Ansagen klären (\"Ich zieh die Base hier hin, und eigentlich hätte die jetzt mit dieser und jener Base Kontakt\").
Der Kampf gegen den 90-Grad-Teufel :diablo: geht weiter: :applaus: Macht mit!! :sehrgut: