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Wargaming Podcast \"Unfinished Armies\": Episode 16 – Kampagnen

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Tellus:
Pazifismus ist fùr mich schon ein wenig enger gefasst und in der Verbindung mit Wargaming ähnlich komisch wie \"Belegschaft bei McDonalds alles Vegetarier\".

Tankred:
Nuc, vielen Dank für Deine Hinweise. Der Aspekt des Gewalt ausübenden Menschen hat in der Tat gefehlt. In meinem Umfeld habe ich allerdings auch kaum Menschen, die ernsthaft der Meinung sind, dass Menschen in sich friedfertige Wesen sind. Das letzte mal habe ich das in einem Essay im Englischunterricht behandelt, der von einem Stamm im Urwald berichtete, der keine zwischenmenschliche Gewalt kannte. Immerhin ein Völkchen auf diesem Erdball. Was dazu führt, dass wir noch einen Gast benötigt hätten, der eine andere Position bezieht. Eine solche Person zu finden ist allerdings immens schwer. Ich bin schon froh die Stammpodcaster an einem Termin zusammenzutrommeln.

Dass ich zu viel Redezeit einnehme, das sehe ich genau so. Daher habe ich mir für den nächsten Podcast vorgenommen, meine Redezeit zu limitieren (Stoppuhr). Der Podcast ist einfach gerade mein Baby und ich bin noch etwas übereuphorisch. Danke für den Hinweis. Sowas hilft ungemein.

Ich würde mich nicht als Pazifist bezeichnen, weil ich in dem Faszinations- und Ästhetikding tief drin stecke, wenngleich ich gegen fast alle bewaffneten Konflikte bin, die wir gerade erleben. Für mich ist der Begriff eng mit der Forderung nach Abschaffung des Militärs verbunden. Soweit bin ich  noch nicht, wenngleich ich z.B. die Erfolgsstory von Costa Ricas Abschaffung des Militärs sehr beeindruckend finde. Insofern sehe ich das ähnlich wie Tellus, allerdings komprimiere ich das nicht so.

Frank Bauer:

--- Zitat von: \'Tankred\',\'index.php?page=Thread&postID=134475#post134475 ---Ich würde mich nicht als Pazifist bezeichnen, weil ich in dem Faszinations- und Ästhetikding tief drin stecke, wenngleich ich gegen fast alle bewaffneten Konflikte bin, die wir gerade erleben. Für mich ist der Begriff eng mit der Forderung nach Abschaffung des Militärs verbunden.
--- Ende Zitat ---

Hier mal drei Definitionen, die ich auf die Schnelle im Netz gefunden habe.

\"Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.\"

\"Pa•zi•fịs•mus der; -; die Überzeugung, dass Gewalt und Kriege unbedingt vermieden werden müssen ↔ Militarismus\"

\"So sehr der Friedliche die Gewalt verabscheut, kommt der Begriff Pazifismus von Frieden und nicht von Gewaltlosigkeit oder gar Wehrlosigkeit, so dass der Pazifist dem Aggressor mit dem Recht verteidigender Gewalt begegnen kann.\"

Die erste Definition entspricht ungefähr meiner persönlichen Meinung, die dritte Aussage finde ich fragwürdig.
Ich habe mich vor Kurzem in einem Interview im Zuge der Tactica ebenfalls als Pazifist bezeichnet. Und das aus voller Überzeugung. Obwohl mich kriegerische Ausseinandersetzungen und alles, was damit zusammenhängt, sehr faszinieren. Wie wahrscheinlich alle von uns, sonst hätten wir ein anderes Hobby. Die Gründe dafür sehe ich in den menschlichen Grundmustern, ähnlich wie Nuc das weiter oben beschreibt.


--- Zitat von: \'Dareios\',\'index.php?page=Thread&postID=134466#post134466 ---Demnach kann man sich über jegliche Ausprägung von kriegerischer Aktivität und Gewalt informieren, Waffentechnik studieren und dennoch Pazifist sein. Gerade durch das Studium dieser Aspekte des Menschseins bekommt doch eine weit besseres Verständnis über Ursachen von Gewalt und krieg und als logischer Schluss (wenn man im Oberstübchen rational funktioniert) beide ablehnt.
--- Ende Zitat ---

Dareios trifft es auf den Punkt. Obwohl oder gerade weil man sich mit dem Krieg beschäftigt, kann man ihn aus voller Überzeugung ablehnen. Und zwar immer und ohne Einschränkung. So jedenfalls interpretiere ich den Pazifismusbegriff.

Eine Abschaffung von Militär, wie sie Tankred voraussetzt, ist nicht zwingend im Pazifismusbegriff impliziert. Wobei man das natürlich als weitergehende Forderung sehen könnte. Für die Definition eines Pazifisten halte ich diese Forderung aber nicht für inhärent.

Antipater:
Nur als Fußnote zu dem, was andere (stellvertretend: Dareios) hier gesagt haben: Wenn man nicht aus einer Grundhaltung heraus ablehnen könnte, womit man sich mit Interesse beschäftigt, gäbe es wohl keine Sozial- und Geisteswissenschaften. Zumindest nicht solche neuerer Couleur. Im Gegenteil ist es inzwischen totales cutting edge, genau da forschend anzusetzen, wo es weh zu tun beginnt, wörtlich und übertragen. Denn das sind genau die Punkte, an denen man sich am leichtesten von sich selbst distanzieren, eigene Vorprägungen und Werturteile tatsächlich kritisch betrachten und dann auch in die Analyse einbeziehen kann. Und das ist ja das Ziel jeder Forschung: nicht Wissen, sondern Erkenntnis.

Ein Beispiel: Ein Freund von mir beschäftigt sich mit der medialen Inszenierung der französischen Religionskriege. Darunter fallen dann auch Darstellungen einschlägig bekannter Massaker, wie etwa der Bartholomäusnacht. Stellvertretend für die Haltung vieler (älterer) Forscher sagte ihm ein Prof mal, dass er ja nicht verstehen könne, warum man sich damit befasse, das sei doch alles sehr unleidlich. Im Effekt hat sich bislang aber genau deshalb niemand ernsthaft mit dem Kram auseinandergesetzt, hat sich niemand angeschaut, wer von wem da auf welche Weise gemeuchelt wird usw. Schien ja alles klar: Gewalt. So war das. Igitt. Klappe zu, Protestant tot. Und es hat sich folglich niemand überlegt, wie solche Szenen eben ganz gezielt komponiert und eingesetzt werden, um für die eine oder andere Seite oder eben auch bewusst gar keine Partei zu ergreifen. Die Erkenntnisleistung besteht also einerseits darin, diese Strategien aufzudröseln, andererseits auf sich selbst gespiegelt zu finden, wie diese Strategien eigentlich (bis heute) funktionieren, wie sie mit dem Betrachter interagieren etc.

Ich will jetzt nicht behaupten, dass wir Kriegsspieler alle verkappte Soziologen sind oder sein sollten. Aber ein bisschen Selbstreflexion kann dieses Hobby wirklich nochmal aufwerten. Und vielleicht hilft das dann auch, die vermeintlich schizophrene Haltung von Leuten wie mir zu verstehen, die Krieg und Gewalt kategorisch ablehnen und trotzdem mit gutem Gewissen \"Krieg spielen\".

Insofern bin ich sehr dankbar, dass die Podcaster hier in Vorleistung getreten sind und eine bislang – und hoffentlich auch weiterhin – tolle Diskussion ins Rollen gebracht haben. Sicherlich fehlte im Gespräch der ein oder andere Aspekt, aber das liegt dann auch immer an der Tagesform der Teilnehmer bzw. dem Anspruch der Hörer. Ein solches Thema in einer Sendung erschöpfend zu behandeln, ist wohl ziemlich unmöglich. Deshalb umso schöner, dass es hier weitergeht. Alle Daumen hoch! :thumbup:

Max1984:
Ich würde sagen es gibt durchaus Arten des Pazifismus, bei dem man ohne Schwierigkeiten noch Kriegsspiele spielen kann.

Religiöser Pazifismus

Anhänger dieser Art gehören verschiedenen Glaubensrichtungen an, wie den Quäkern, Fanziskanern, Waldensern, Hussiten, Hutterern, Mennoniten usw. Viele Glaubensgruppen verweigern den Kriegsdienst,
da sie dies mit ihren religiösen Ansichten nicht vertreten können. Sie
lassen sich lieber dafür einsperren, als ein Gewehr in den Händen zu
halten. Sie sind auch politisch nicht aktiv. Heute lehnen viele
Großkirchen Kriege als Mittel der Politik ab und treten für die
Kriegsdienstverweigerung ein.
Bürgerlicher Pazifismus

Eine organisierte Friedensbewegung des 19. Jh. war Produkt des aufstrebenden Bürgertums. Der Grundgedanke ist es, das es zwischen Staaten möglich sein sollte, Konflikte auf friedliche Weise zu lösen.
Es sollten andere Institutionen, wie ein Völkerbund oder andere
überstaatliche Rechte für friedliche Lösungen der Konflikte suchen.


Radikaler Pazifismus

Die Menschen hatten nach dem 1. Weltkrieg genug vom Töten und davon,
dass viele Menschen verletzt waren, also wurden Möglichkeiten gesucht,
weitere Kriege zu verhindern, u. a. durch Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht, Kriegsdienstverweigerung, Streben nach Abrüstung.
Anarchistischer Pazifismus


Anhänger des anarchistischen Pazifismus tun ihre Meinung oft in großen Protestaktionen kund.
Hierunter versteht man im Allgemeinen herrschafts- und staatsablehnende Vorstellungen.
Die Anhänger lehnen es ab, dass es bei Aktionen zu Angriffen oder
Verletzungen von Menschen kommt. Sie haben ihre eigenen
Widerstandsmethoden. Meist richten sich diese gegen militärische
Einrichtungen. Sie benutzen Streiks oder Boykott-Aktionen, errichten u. a. auch Blockaden um ihren Protest kundzutun. (Quelle: http://pazifist.com/der-traum-vom-frieden/ )
Also so wie ich das sehe, kann man von der Grunddefinition alle diese Formen des Pazifismus mit einem Kriegsspielhobby vereinbaren, weil es eben nur ein Spiel ist.

Oder seht ihr das anders?

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