Man muss es mal knallhart sagen, der Kampf in Linienformation als auch die Aufstellung in 3 Gliedern war in der napoleonischen Zeit bei allen Armeen Standard, die 3 Glieder eigentlich auch in der britischen. Ich verstehe nicht ganz, warum die Linienformation immer so niedergemacht wird. Mit einer geübten Truppe kann man damit alles machen, sogar Bajonettangriffe und Kavallerie abwehren. Im SYW wurden an sich nur die Gesamtformation eines Heeres in Flügel und Treffen langsam aufgeweicht und kleinere Verbände wie Brigaden etwas selbstständiger gemacht, auch mit eigener Artillerie usw. Man hatte also da bereits erkannt, dass die formierte Schlachtordnung nicht mehr flexibel genug war. Zuweilen hatte das zu unsinnigen Aufstellungen geführt, so dass z.B. auf einem der Flügel nach Schema F Kavallerie stand, obwohl das Gelände einen Einsatz garnicht hergab.
Das Problem in den Revolutions- und Napoleonischen Kriegen war die sinkende Qualität der Infanterie, die häufiger nicht mehr in der Lage war, beim Aufmarsch ins Gefecht von der Kolonne zur Linie zu wechseln. Halbwegs trainierte Truppen konnten das aber noch und praktizierten das auch. Insgesamt wurde die Taktik teilweise primitiver, weil weniger Musketen feuern konnten und wenn man Pech hatte die ausgeschwärmten Plänkler auch nicht gut genug ausgebildet waren. All das führte zu hohen Verlusten, was die Qualität weiter senkte, weil es so immer weniger Profis gab. Die Reform der Bataillonsstruktur in der französischen Armee von 1808 spricht dahingehend eine deutliche Sprache, denn da ging es darum, mehr Kanonenfutter durch weniger Führungspersonal zu lenken.
Nochmal zum Thema Gliederzahl. Die britische Armee sollte in den napoleonischen Kriegen offiziell noch in 3 Gliedern stehen, tat das aufgrund geringer Bataillonsstärke und vermutlich um die Feuerkraft aller Musketen besser nutzen zu können aber nicht. Das Feuern in 3 Gliedern mit knieendem 1. Glied wurde wohl nur noch von britischen Karrees praktiziert. Bei den Franzosen ist es bekannt, dass sie im speziellen Fall bei Leipzig, als sie in Unterzahl mit immer schwächer werdenden Bataillonen kämpften, nur noch in 2 Gliedern stehen sollten. Wielange das beibehalten wurde ist noch die Frage, genauso ob das alle Einheiten taten. Ich meine, dass sich die Gardegrenadiere 1809 sogar einmal eingliedrig aufstellten. Bei Preußen und Österreichern war um 1809+ die dreigliedrige Aufstellung teilweise auch nur noch Theorie, weil das 3. Glied als Plänkler eingesetzt werden sollte. Bis um 1806-08 galt bei der preußischen und russischen leichten Infanterie die zweigliedrige Aufstellung als Standard, da sie ideal für die Bildung von Plänklerrotten war. Später wurde das dann wieder geändert. Es hängt also immer vom speziellen Fall ab. Spieltechnisch ist es wohl besser, wenn man 2 Glieder für alles nimmt, denn bei 3 Gliedern müsste man noch breitere Bataillone machen, sonst sieht das immer wie eine Kolonne aus.
Grüße
Gunter