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Was muß ein gutes Regelwerk bieten?

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Hanno Barka:
Tja was macht ein gutes System aus?
Imo ist das eine subjektive Geschmackssache - die am besten allgemeingültige Antwort ist imo noch es muß Spass machen. Aber was Spass macht ist dann im Endeffekt wieder höchst subjektiv. Wie heissts so schön? Des einen Uhl ist des andern Nachtigall.
Ein Punkt, der für Wargames wohl unverzichtbar is, ist das Einbaues eines Zufallsfaktors, der es unmöglich macht eine Situation exakt vorauszuberechnen. So sehr wir doch über Würfelglück und unglück jammern, wenn wir ein determiniertes und berechenbares Spiel wollten, würden wir wohl Schach spielen. (Interessanterweise haben die meisten Wargamer, die ich kenne früher Schach gespielt und der determinierte Ablauf war letztendlich der Grund, der sie zum Wargaming gebracht hat)
Geschmacksache ist wie viel Zufall man im Spiel sehen will und ab welchem Level der Zufall zur Glückssache wird. Hier gibts einerseits verschiedene Geschmäcker, andererseits auch \"objektive\" Argumente - für beide Seiten. Vom taktischen Standpunkt her ist es wünschenswert den Würfeleinfluss niedrig zu halten, vom Standpunkt der Realitätsnähe sollte er wohl größer sein als den meisten lieb ist. Es gab Anfang der 90er, als man langsam zum Schluß kam, daß der den Oldschool (aus heutiger Sicht) Regelwerken innewohnende Determinismus nicht sehr realistisch wäre, einen interessanten Artikel im Miniature Wargames mit dem Titel \"Playing Poker Instead of Chess\" -Auch hat es seinen Grund warum die meisten Antiken Taktikmanuals dazu rieten die offene Feldschlacht zu vermeiden, da sie viel zu glücksabhängig sei und stattdessen berechenbarere Belagerungen empfahlen.
Imo gibts noch einen Punkt, der gegen einen zu niedrigen Zufallsfaktor spricht. Es klingt zwar auf den ersten Blick gut, daß der taktisch bessere Spieler deutlich öfter gewinnen sollte, wenn man allerdings seine Spiele wie die meisten von uns in relativ kleinen Gruppen von nicht mehr als 4 -6  Spielern macht, wird es schnell langweilig, wenn fast immer derselbe Spieler gewinnt, nur weil er eben der beste Taktiker ist. Da ist es dann langfristig imo von Vorteil, wenn der Glücksfaktor da dagegenhält und dafür sorgt daß auch die anderen gewinnen - kann man natürlich anders sehen, Geschmackssache halt. Aber es hat schon seinen Grund warum es Golf Handicaps gibt...
Ich finde auch, daß die Menge an Glücksfaktor die ich mag tagesabhängig ist. Ich spiele z.B. (immer noch) Newbury, bei denen das Würfelglück eine verschwindend kleine Rolle spielt und die Regel schon fast ein Wargamingschach sind, aber ich spiele auch gerne (auch immer noch) Confrontation - im Prinzip ein Fantasy-Mensch-Ärgere-Dich-Nicht mit wunderschönen Figuren. Wie gesagt ich mag grundsätzlich beides und vieles was zwischen diesen Extremen liegt, es ist tagesabhängig in welche Richtung ich tendiere.

Zur Mechanikenthematik... es mag vielleicht nicht so toll sein klassische Mechaniken immer wieder aufzuwärmen, allerdings ist das leider auch vorkommende \"zwanghaft\" neue Mechaniken Erfinden nicht unbedingt besser. Es geht mir z.B. furcht bar auf den S..., wenn (wieder einmal) Spieleautoren meinen sie müßten Spielkarten nutzen um einen Zufallsfaktor einzubauen. Abgesehen, daß ich Spielkarten aufgrund der ihnen innewohnenden mathematischen Eigenschaften für denkbar ungeeignet halte, hasse ich persönlich Spielkarten wie die Pest (ich glaub ich hab das schon mal in irgendeinem Thread näher ausgeführt und begründet) und wenn ich bei einem Regelwerk lese, daß es (auch) mit Karten arbeitet, ist es für mich bereits gestorben, da werf ich keinen näheren Blick mehr drauf...
Das Regeln jede Situation klar abdecken sollen wird imo immer ein frommer Wunschtraum bleiben. Klar kann man das Jahrzehnte alte Dogma, daß es immer Situationen geben wird, die man beim Schreiben nicht vorhergesehen hat und in denen die Regeln keine klare Antwort geben können, hinterfragen - hinterfragen ist immer gut :)
Allerdings denke ich, daß angesichts der Tatsache das es nicht wirklich möglich ist Gelände, Zeit und Figurenmaßstab (sowohl in punkto Größe der Figur in mm als auch in Punkto welche Größe die von der Figur repräsentierte Einheit hat) unter einen Hut zu bringen, es fast unausweichlich ist, daß es Situationen gibt, in denen die Regeln dann einfach versagen müssen.

Was ein Regelwerk erfolgreich kann man imo nicht beantworten, sonst könnte auch jeder ein solches herausgeben. Professionelle Aufmachung hilft sicher, ist aber weder eine Vorraussetzung (DBA trat seinen Siegeszug an als es ein unscheinbares Smallpressheftchen war, daß nicht einmal professionell gesetzt war, ohne Farbe mit nur ein paar Diagrammen auf der Umschlagsinnenseite), noch eine Garantie - Medieval Warfare von Foundry, ein imo gutes System (daß auch als es noch beim Originalverlag SAGA verlegt wurde etliche Awards gewonnen hat) ist trotz schöner bunter \"professioneller\" Aufmachung trotzdem eine Randerscheinung geblieben.
Es ist wie in anderen Wirtschaftszweigen nicht immer setzt sich das beste Produkt durch und auch nicht immer das mit dem aufwendigsten Marketing. (VHS, USB, BETAcam sind bekannte Beispiele, die sich durchgesetzt haben obwohl es sich dabei um vergleichsweise schlechte technische Lösungen gehandelt hat und Viviane ist auch mal mit einer sehr aufwendigen und teuren MArketingkampagne fürchterlich eingefahren)
Im Endeffekt sind erfolgreiche Regelwerke wohl die, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind...

Im Endeffekt glaube ich ein gutes Regelwerk ist eines, das die mir wichtigen Sachen in dem Detailgrad abbildet, der mir Spass macht. Das heisst, das es etwa genausoviele gute Systeme gibt wie Wargamer und etwa 10 mal soviele schlechte :) Und welche davon Erfolg haben und welche nicht - im Nachhinein kann man immer perfekt analysieren was den Erfolg eines Sytems ausgemacht hat. Auf dieser Erkenntnis dann einen weiteren Erfolg landen? - machmal klappst, manchmal nicht - die Götter würfeln augenscheinlich...

Edith: Es ist erschreckend wieviele Tippfehler mir zur Zeit unterlaufen.... ich sollte wohl mehr schlafen ;) - ich hoffe ich hab zumindest die Gröbsten rausbekommen....

keckse:
Gutes Thema !

Meine 2 Cents

Was muß ein Regelwerk leisten

1) Vielfalt ... ich kann alles stellen und richtig eingesetzt bringt es was. Also nicht das Age of Empires Prinzip (sorry für den PC-Spiel-Vergleich) baue Hopliten die können Alles und Alles besser & sind noch dazu günstig.

2) Ausgeglichenheit ... jede Armee hat unterm Strich eine Chance gegen jede ander & das nicht nur an guten Tagen. Wie das zu machen ist sei mal was anderes. Wegen mir auch mit nem Punkteschlüssel das Grüne Armeen immer + 20% mehr Punkte als Graue Armeen bekommen oder so was in der Art aber es muß halt durchdacht sein in der Spielstärke.

3) Klarheit ... ich kann sehen wie & warum welche Einheiten was kosten an Punkten oder was auch immer. Also so etwas wie eine mathematische Grundlinie.

4) Zufall ... ich will taktisch spielen aber es darf schon mal was gewürfelt werden. Nur ist es da halt wichtig das es 1 Wurf (auch mit 10 Würfeln ggf) ist und dann ist gut. Rerolls oder Sonderfertigkeiten die noch mal nen weiteren Wurf um das Ergebniss abzuwenden usw sind einfach störend. Wenn die Einheit mit 1/36 halt rennt dann rennt die aber dann darf die nicht weil der General Lord Hotzenplotz ist das noch mal neu Würfeln oder hat immer +1 auf den Wurf wodurch es gar nicht mehr machbar ist das die rennt. Wie gesagt Zufall gerne aber halt auch dann wirklich irgendwo klarer Zufall und kein Trick-17 regelzusammenbasteln um da dann noch was dran drehen zu können.

4.1) Sicherheit ... Zufall schön und gut aber es muß auch planbar sein. Kein Herohammer oder D&D Charakter (\"ja klar bist du Level 20 Krieger aber es sind halt 20 Langbogenschützen und na klar hast du eine +5 Rüstung aber man verprügelt trotzdem nicht die Stadtwache von Tiefwasser ohne Grund). Es muß also ne Bruchlinie geben wo man Sicherheit hat Held Xaver schafft ohne weiteres immer 5 Orks, aber auch eine Bruchlinie : Held Xaver schafft nicht 10 Orks (außer in einem engen Tunnel wo die immer 1-1 ran müssen). Es muß also Boni in irgend einer Art geben (ob durch Masse, durch Flankieren oder in den Rückenfallen ist egal).

4.2) Logik ... was micht oft stört sind so \"Einheit kämpft bis zum letzen Mann\" oder \"Einheit kämpft nicht bis zum letzen Mann\" .... bsp. zu 1 wären umzingelte Ritter die lieber sterbend untergehen als sich trotz auswegloser Lage in Gefangenschaft zu begeben & nach Lösegeld wieder frei zu kommen da es die \"Moral\" im System nicht zuläst. Oder für das andere wären Menschen die im Kampf mit Orks lustig wegrennen wo eher der Gedanke naheliegt \"Verkauf dich so teuer wie möglich, du bist eh im Arsch, da vorne, links+rechts und hinten nur Orks sind. Nicht falsch verstehen die sollen mitnichten gewinnen, aber ein episches \"teuer verkaufen\" hat halt auch was und gehört für mich auch in manche Systeme rein.

5) Gelände ... klare Regeln was wo & warum auf den Tisch kommt & was es für Vor-/Nachteile bringt. Das \"ich stell das mal dahin\" past mir einfach nicht, gibt zu oft dann doch mal ne Diskussion. Feld in 9 Felder aufteilen, in jedes kommen 1+w3 Teile und die sind auf ner W20 Tabelle zu würfeln z.B. und gut ist. Dazu noch ne Regel das kein Teil so nah an ein anderes ran darf und wer es reinstellt und es past. Wälder sind dann immer mit ner Grundfläche von 10x10cm oder 5x20 usw. und Häuser haben ne Abmessung von LxHxM von XY (+/- 10%) usw usw geraed da finden sich meist zu wenig Regeln für.

6) Fortsetzung ... was mir immer fehlt sind Regeln für Folgeschlachten, gute Logistisch durchdachte Kampagnensysteme mit durchdachten Mechanismen die nicht einfach nur \"du hast Feld 1 du bekommst 1 Gold & 1 Gold sind 10 Punkte für deine Armee\" .... Versorgung, Wetter (guter Punkt fehlt mir auch oft für in der Schlacht), Moral usw. also halt richtig Butter bei die Fisch.

7 ... Fortsetzung folgt.

drpuppenfleisch:
Bei der Frage, was ein gutes Regelwerk ist, werden sich unterschiedliche Spieler nicht immer einigen können. Aber ich denke, dass sich einigermaßen ein Konsens darüber bilden lässt, was schlechte Regelwerke sind. Wenn man gute Regelwerke negativ, also als nicht-Scheiss-Regelwerke definiert, und von einem neuen Regelwerk verlangt, dass es in mindestens einem Punkt einen deutlich innovativen Beitrag gegenüber dem bisherigen Bestand bietet, dann bleibt mMn die Auswahl bei den Neuerscheinungen doch massiv überschaubar.

Poliorketes:

--- Zitat von: \'Greymouse\',\'index.php?page=Thread&postID=138420#post138420 ---Imo gibts noch einen Punkt, der gegen einen zu niedrigen Zufallsfaktor spricht. Es klingt zwar auf den ersten Blick gut, daß der taktisch bessere Spieler deutlich öfter gewinnen sollte, wenn man allerdings seine Spiele wie die meisten von uns in relativ kleinen Gruppen von nicht mehr als 4 -6  Spielern macht, wird es schnell langweilig, wenn fast immer derselbe Spieler gewinnt, nur weil er eben der beste Taktiker ist. Da ist es dann langfristig imo von Vorteil, wenn der Glücksfaktor da dagegenhält und dafür sorgt daß auch die anderen gewinnen - kann man natürlich anders sehen, Geschmackssache halt. Aber es hat schon seinen Grund warum es Golf Handicaps gibt...

--- Ende Zitat ---

Ein Golfhandicap würde sich aber eher in einer Anpassung des Armeewertes in Relation zur Spielstärke wiederspiegeln. Den Würfeln ist es aber egal, wer stärker spielt, sie bevorzugen eben nicht automatisch den Schwächeren. Ein zu hoher Glücksfaktor ist gerade bei stark unterschiedlichen Spielstärken für den \'besseren\' Spieler endlos frustrierend. Verliert er durch Pech gegen einen schlechten Spieler, macht es keinen Spaß, aber die für mich ätzendsten Spiele waren immer die, bei denen ich einen mir ohnehin nicht gewachsenen Spieler einfach weggewürfelt habe, denn da kann er nicht einmal etwas lernen, um besser zu werden.

Strand:
Ein gutes Regelwerk stört nicht und fördert den Spielspaß. \"Stören\" im Sinne von rumpeligen Regeln, endlosen Referenzen (z.B. Tabellen- und Modifikatoren) und \"tischfremde\" Spielhilfen (Yes, I look at you, Battleboards!). \"Spielspaß fördern\" im Sinne von Raum für Abstruses bieten, wohl durchdachte Pläne belohnen oder den Zufallsfaktor angemessen berücksichtigen.

Prinzipiell stehen für mich aber Mitspieler und die Story eines Szenarios immer im Vordergrund, bevor es zur Mechanik geht.

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