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Victrix Athener

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Dareios:
Moin,

das Thema ist sehr interessant und scheint auch direkt den Zeitgeist zu treffen. Ich bin über ein Review einer neueren Publikation gestolpert, die versucht entgegen neueren Hypothesen des eher offenen, Mann gegen Mann Kampfes, die traditionelle Sichtweise der Phalanx als geschlossenen, langsamen Körper erneut zu betonen sowie die zentrale Bedeutung des Hoplon und des othismos bestätigt. Davon abgesehen enthält das Review auch eine Liste neuerer sowie älterer Publikationen, die jeweils Variationen und entgegengesetzte Sichtweisen anbieten. Von Interesse in unserer Diskussion dürfte die Doktorarbeit des australischen Altertumwissenschaftlers Christopher Matthew sein, der sich ebenfalls experimentell der Sache angenähert hat (ist ein reenactor siehe auch Sydney Ancients). Ich hab die Arbeit mal bestellt, sollte eine interessante Lektüre darstellen. Aus dem Review ist zu entnehmen:


--- Zitat ---One important argument that Matthew seems to have put to rest is the one regarding the overarm thrust of the hoplite spear. Matthew has demonstrated beyond doubt in my opinion that hoplites would have thrust underarm enabling a more sustained and powerful constant thrust of the spear. He also suggests that the hoplite adopted an oblique stance, with the body rotated 45 degrees rather than simply a head-on or side-on stance.
--- Ende Zitat ---

Inwiefern seine Argumente überzeugend sind wird sich zeigen.

Ich würde jetzt ähnlich wie der Rezensent vermuten, dass sich zumindest in der spätklassischen Periode der Kampfstil verändert hat und eventuell - bedingt durch die leichtere Ausrüstung und Wandel der Helmmode - die Kampfesweise offener geworden ist. Zumindest agiler und schneller. Inwiefern nun von einer eher offenen Kampfesweise in der Frühzeit und ein Wandel zum statischen Hoplitenkampf in der klassischen Periode  angenommen werden kann, ist für mich noch nicht gänzlich klar.

Hanno Barka:
Zum Thema Speer in Hüfthöhe - klar kann man nicht unbedingt davon ausgehen, daß künstlerische Darstellungen 100% die Realität wiedergeben - ABER: warum werden in praktisch allen Darstellungen klassische Hopliten mit dem Speer über dem Kopf dargestellt und nicht mit Speer in Hüfthöhe? Sorry, diesbez. hilft es dann imo auch nicht wenn man mithilfe von experimenteller Archäologie beweist, daß alternative Haltungen möglich oder sogar effizienter/bequemer waren... Ein moderner Künstler schafft es vielleicht auch nicht ein Gewehr 100%ig korrekt darzustellen, aber wie man beim Schießen hält, bringt er schon halbwegs korrekt zusammen.

Edith: Nur zur Klarstellung, ich halte experimentelle Archäologie für wichtig und lehrreich, aber auch für sie gilt, daß Erkenntnisse und Erfahrungen nicht in Stein gemeisselt sind.

Razgor:

--- Zitat ---...Die Phalanx will ja den Feind körperlich auf Abstand halten. Das kann sie nur durch Speere, die herausragen und den Körper
des Gegner bedrohen. Speere in Kopfhöhe tun das nicht.
--- Ende Zitat ---

Der direkte Körperkontakt wurde ausdrücklich gesucht. Die Schlachtlinien prallten gegeneinander und das Aufbrechen der
gegnerischen Phalanx erfolgte vor allem durch drücken/schieben (othismos) und den direkten Nahkampf. Deshalb hatten die
Spartaner ja auch kein Schwert sondern eher einen größeren Dolch, um in der Enge und im Gedränge besser zustechen zu können.

Die Thebaner unter Epaminondas haben bei Leuktra mit Ihrer schiefen und schwerpunktartigen sehr tiefen Schlachtordnung den
rechten Angriffsflügel der Spartaner einfach niedergewalzt... Man muss sich das so vorstellen, dass z.B. 4-10 Reihen kräftiger
Männer beim Aufprall der Phalanxen anfangen von hinten zu drücken und zu schieben was das Zeug hält (frag nicht wie sich die
1. Reihe fühlt...).  Je höher der Druck desto eher wird die feindliche Phalanx aufgebrochen.
Und ist eine Phalanx einmal aufgebrochen, ist die Schlacht eigentlich fast schon zuende.

Meiner bescheidenen Meinung nach ist dieser othismos bei einer Speerhaltung, der von der Hüfte gehalten wird, nicht möglich
ohne die hinteren Reihen zu gefährden. Das geht nur wenn der Speer über den Kopf gehalten und von oben zugestochen word.
Wenigsten eine Zeitlang dürfte dies gehen... danach dürfte relativ schnell in den vorderen Reihen das Schwert / der Dolch zum
Einsatz gekommen sein.

Hier einen interessanten Artikel dazu. Wenn du bei google \"othismos\" eingibt kommt noch mehr interessante Literatur und Infos.

http://lakedaimon.piranho.de/heer/phalanx3.html

fchenjaeger:
Die Phalanx-Kampfweise... ohoh...

Ein Thema zu dem sich Historiker bereits mit größeren Geschossen als wir Leien-Hobbyisten auffahren können bekriegt haben. Ich hab auch bereits einiges zu dem Thema gelesen, zig Videos aus dem Reenactment Bereich gesehen und selbst mich ein bisschen mit dem Speer beschäftigt. Manches, was Reenacter betreiben ist wirklich fördernd und bringt interessante Erkenntnisse, anderes einfach bloß lächerlich (Ich hab mal gesehen wie ein paar Legionäre inklusive \"Historiker\" das Rotationsprinzip der Römer nachgestellt haben im Kampf: Dabei hat dann die gesamte Erste Reihe auf ein Kommando dem Feind den Rücken zugedreht und ist nach hinten marschiert... alles klar...)

Fazit: Ein definitives Oben oder Unten gibt es wohl (noch?) nicht. Aber bis dahin würde ich mich der Mehrheit und den Aussagen aus der Antike anschließen und sagen: Über dem Kopf


Zu empfehlen mMn: Weapons that made Britain geht wie der Name bereits verrät hauptsächlich um Waffen, Rüstungen und Kampfweisen in Britannien im Frühen bis späten Mittelalter, aber höchst interessant und gut vorgestellt.
http://www.youtube.com/watch?v=As1rGnx9vng

Razgor:

--- Zitat von: \'Greymouse\',\'index.php?page=Thread&postID=142049#post142049 ---Zum Thema Speer in Hüfthöhe - klar kann man nicht unbedingt davon ausgehen, daß künstlerische Darstellungen 100% die Realität wiedergeben - ABER: warum werden in praktisch allen Darstellungen klassische Hopliten mit dem Speer über dem Kopf dargestellt und nicht mit Speer in Hüfthöhe? Sorry, diesbez. hilft es dann imo auch nicht wenn man mithilfe von experimenteller Archäologie beweist, daß alternative Haltungen möglich oder sogar effizienter/bequemer waren... Ein moderner Künstler schafft es vielleicht auch nicht ein Gewehr 100%ig korrekt darzustellen, aber wie man beim Schießen hält, bringt er schon halbwegs korrekt zusammen.

Edith: Nur zur Klarstellung, ich halte experimentelle Archäologie für wichtig und lehrreich, aber auch für sie gilt, daß Erkenntnisse und Erfahrungen nicht in Stein gemeisselt sind.
--- Ende Zitat ---

Noch eine ergänzende Bemerkung...im Gegensatz zu den  meisten heutigen Künstler waren die damaligen Künstler/Handwerker in den Stadtstaaten
selber Hopliten. Viele dürften selber auf dem Schlachtfeld gestanden sein. Ich bin mir sicher, dass die genau wussten was sie da malten.

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