Epochen > Absolutismus und Revolution
Taktik in der 1. Hälfte des 18.Jahrhunderts
Pappenheimer:
Hm, also bei den Preußen schonmal Karree ja - bei den Briten wahrscheinlich (siehe Link zu dem Blog) eher nein?
Ist doch interessant.
Passt jetzt vielleicht nicht hierher - oder doch? - aber findet das in den Regelwerken einen Niederschlag. Sprich: gibts in dezidierten Regelwerken für WAS oder SYW eine quellenfundierte Differenzierung zwischen Staaten, wo Karrees üblich und wo sie unüblich waren?
Mal als Beispiel: Bei den Reichstruppen könnte es ja so sein, dass denen Karrees prinzipiell bekannt waren, aber keine gebildet wurden, weil es nicht geübt wurde. Manöver wie auf größerer Ebene in Mittel- und Großmächten gab es ja da nicht. Mit \"bekannt\" meine ich hier, dass die Offiziere ja nicht selten Profis waren, die in niederen Rängen mal in fremden Diensten bedeutenderer Staaten gedient hatten, meinetwegen bei den Generalstaaten.
tattergreis:
--- Zitat von: \'Pappenheimer\',\'index.php?page=Thread&postID=183976#post183976 ---Hm, also bei den Preußen schonmal Karree ja - bei den Briten wahrscheinlich (siehe Link zu dem Blog) eher nein?
--- Ende Zitat ---
Ich lese den Blog-Eintrag bei Der Alte Fritz anders: DAF beantwortet die Frage, ob sie ein Karree in dieser Situation verwendeten, mit \"Ich denke nicht\". Das heißt nicht, dass die englischen Regimenter grundsätzlich keine Karrees bildeten, zumal die englischen Regimentsinhaber da wohl große Freiheiten hatten, was m.E. auch in anderen Armeen üblich war (abgesehen von den Preußen).
Bei \"Die Kriegskunst\" und bei \"Batailles de L´Ancien Regime\" gibt es keine Unterscheidung zw. Nationen nach der Fähigkeit der Karreebildung.
ich denke noch immer, dass Karrees üblich für Bataillone waren, die allein auf weiter Flur von Kavallerie attackiert wurden, egal ob WAS oder SYW. FdG hat nach dem SYW Pläne für Schrägangriffe angefertigt/anfertigen lassen, in welchen mehrere Bataillone ein Karree bilden, um die Flanke des Kavallerieflügels zu schützen. IIRC sind Grenadierbataillone auch außerhalb der Schlachtlinie zwischen Kavallerieverbände gemischt worden, denen hätte ich auch das Karreebilden empfohlen, wenn die eigene Kavallerie geschlagen und verfolgt zurückbrandet. :help:
cheers
Nachtrag: Problem bei der Karreebildung ist immer, dass man damit sehr früh anfangen muss, weil es etwas dauert. Und deshalb ist es unter Umständen besser, sich auf seine Feuerkraft zu verlassen und /oder das Gelände ausztunutzen. Bei BAR oder DKK kann man auch einen Teil der Linie abknicken, um einen Flankenangriff abzuwehren, ich vertraue da auf das historische Wissen der Regelbuchschreiber, dass dies möglich war.
Pappenheimer:
Ja, das wäre eine gute Erklärung.
Wobei das mit den Freiheiten für die Offiziere (Bsp. Briten) so eine Sache ist. Ein Karree bildet sich ja nicht so Hopplahopp. Jeder Unterführer, das heißt in dem Fall Leutnant, Hauptmann etc. musste genau wissen, was er zu tun hatte, wenn der Bataillonschef ein Karree zu formieren kommandierte. Das bedeutet, dass man das lange vor dem Notfall nicht nur durchgesprochen sondern idealerweise auch geübt haben musste.
Ich lese den Blog so, dass sich DAF fragt, ob es in Reglements der Briten irgendwelche Hinweise darauf gab, dass Karrees vorgesehen waren oder ob man halt mangels einer einheitlichen Lösung dann \"einfach\" das letzte Glied nach hinten feuern ließ (wie man das bei Dorn/Engelmann bzw. Knötel bei der Regimentsgarde (glaube ich) nach der Schlacht bei Kolin sieht http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Kolin#mediaviewer/File:Erstes_pr._Bataillon_Leibgarde_in_Schlacht_bei_Kollin.jpg ). Die Flanken sind dann natürlich enorm anfällig und die Linie sehr zerbrechlich.
Wenn ich über den SYW lese, dann heißt es immer wieder, dass die Reiterei in die Infanterie eingebrochen sei und diese und jene Inf.einheit in die Flucht geschlagen hätte.
Allerdings hast Du recht, dass man vielleicht in der freien Feldschlacht keine Zeit zur Umformierung hatte und daher auf Behelfsmittel auswich. Prinzipiell ist es sicher einfacher aus einer Angriffskolonne ein Karree zu formieren als aus einer Linie (also der Standardformation eines Bat. in Ordre de Bataille).
tattergreis:
--- Zitat ---Wenn ich über den SYW lese, dann heißt es immer wieder, dass die Reiterei in die Infanterie eingebrochen sei und diese und jene Inf.einheit in die Flucht geschlagen hätte.
--- Ende Zitat ---
Seltsam, ich lese das eher selten, die Bayreuther Dragoner haben das bei Hohenfriedberg gemacht, die sächsische Infanterie wurde mal erbarmungslos niedergesäbelt, was für langanhaltende Erbitterung sorgte, aber ansonsten hab ich den Eindruck, dass Infanterie sich gegen angreifende Kavallerie ganz gut zur Wehr setzen konnte. Deshalb hat mich ja auch der Untergang eines Btl in meinem letzten Spielbericht so erzürnt :D
In der ersten Hälfte des 18.Jhdts hat die Kavallerie im Trab angegriffen, meist noch mit Einsatz der Pistolen. Aus dem Trab kommt ein Pferd schneller zum Stehen, als wenn es aus voller Fahrt (Karriere?) sich zum Anhalten entschließt. Warum die Kavalleristen des frühen 18. Jahrhunderts nicht wussten, was heute jeder tabletopper weiß, liegt vielleicht im psychologischen Bereich: vielleicht hatten sie Angst um ihre Pferde, oder um anderes. ;)
Es gab ja die Entwicklung, dass die Abstände zwischen den Btls immer geringer wurden. Wenn also Btls dicht an dicht standen, hatte die Kavallerie ja keine Schwachstelle zum Einbruch. Wenn ein Btl ins Karree geht, sieht das für die benachbarten Btls plötzlich anders aus, die werden sich bei demjenigen nach dem Gefecht schon beschwert haben :punish:
cheers
Davout:
Bei den Preußen wurden zeitweise die Grenadierbataillone dort eingesetzt wo die beiden Enden des Infanterietreffens waren. Sie dichteten also die Gesamtformation der Infanterielinien zur Seite hin ab. Eine geübte Truppe kann schon schnell genug ein Karree bilden und damit kommen wir zum nächsten Punkt. Vernünftig geführte Kavallerie griff soweit möglich im Trab an. Höchstens auf dem allerletzten Stück wurde im Galopp oder so schnell als möglich geritten. Wahrscheinlich schenkte man sich das aber meist, denn der Trab ist die maximale Geschwindigkeit, in der sich noch sowas wie eine Formation halten kann und die Truppe noch mehr oder weniger geschlossen bleiben kann. Marcus Junkelmann schreibt dazu in seinem epochenübergreifend höchst erhellenden Beitrag: \"Wenn die bildlichen
Darstellungen zu allen Zeiten (einschließlich der Spielfilme) mit
Vorliebe den Galopp zeigen, dann liegt das an seinem spektakulären
Charakter, aber nicht an seinem tatsächlichen Anteil an der
berittenen Fortbewegung. Weit davon entfernt, die übliche Gangart im
Gefecht gewesen zu sein, war er selbst in der Schockattacke auf eine
sehr kurze Distanz unmittelbar vor dem Zusammenprall beschränkt und
kam ansonsten nur im regellosen Getümmel, auf der Flucht und in der
Verfolgung vor. Viele Attacken der schweren Kavallerie gelangten
überhaupt nie über einen scharfen Trab hinaus. Wallhausen, in
dessen Werken Gelbhaar keine einzige bildliche Darstellung des Trabs
findet, schreibt Anfang des 17. Jahrhunderts über den in
geschlossener Formation vorgehenden Kürassier, »damit er desto
fester bey einander uniret bleibe/ den Angriff nur im Trab thut/ unnd
mit einem Paß oder Galopp den fliegenden [fliehenden] Feind
verfolgt.«i
Über die Kavallerietaktik im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert
kann man lesen: »It must be emphasized that during this period
whenever troops were to retain their order they could only advance at
the quick trot, at the very fastest. Whenever we hear of charges
being delivered at the gallop in the pre-1743 period, it is almost
certain that these were delivered without any semblance of order.«ii
iJohann
Jacobi von Wallhausen: Kriegskunst zu Pferdt. Frankfurt a.M. 1616,
S. 14. Wallhausen zitiert den italienischen Militärschriftsteller
Giorgio Basta.iiBrent
Nosworhy: The Anatomy of Victory. Battle Tactics 1689—1763. New
York 1990, S. 124.\" (http://www.plekos.uni-muenchen.de/2006/f-kavallerie1.html)Gleiches findet man über die französische Kavallerie der napoleonischen Zeit erwähnt. Die war nur nicht so fertig, die machten das auch absichtlich so. Es gewann beim Kavalleriegefecht bekanntlich immer der, der noch die meisten Reiter unter seiner Kontrolle hatte.
GrüßeGunter
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