Epochen > Absolutismus und Revolution
Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
carthaginian:
Ich weiß nicht wie euch es geht, aber ich habe so ein abstruses Hobby und spiele solche Schlachten einfach nach.
Das Historische mal außen vor gelassen und aus ganz praktischer Erfahrung eines vielfachen Replays als Napoleon: Greift man auf der französischen rechten Flanke an, steht man wirklich sehr unter Zeitdruck, mehr als beim Angriff auf die Mitte, weil dann die Preussen nicht nur von der Seite sondern in den Rücken der vorgerückten Franzosen zu fallen drohen.
Auf der Linken, jenseits von (und als rechter Ankerpunkt der Angriffsmacht auch direkt) Hougemont in großer Kraft anzugreifen ist allerdings in der Tat eine französische Option. Dadurch dreht sich das Schlachtfeld um 90° und die vorbereitenden Bewegungen Napoleons sind sehr (zeit-)aufwändig. Angesichts des Schlamms, des Zeitdrucks und auch der sich ergebenden Gegenangriffsoption für Wellington im Zentrum ist Napoleons Entscheidung durchaus nachvollziehbar, zumal die britische rechte Flanke ihm genauso obskur erscheinen musste wie das Zentrum. Die Erfolgsaussichten waren im Zentrum ja da, siehe z.B. tattergreis` Post.
Generell wird aber vielleicht auch Napoleons taktische Finesse überschätzt: Er war ein genialer Stratege in der Großbewegung und Vorbereitung, aber in der konkreten Schlacht hatte er dann doch meist den Hau-Drauf-und-Schluß-Ansatz. Siehe insbesondere Borodino.
tattergreis:
Das \"Lustige\" an Waterloo ist doch, dass auf dem tabletop die Franzosen mit einem sofortigen massiven Angriff meist gewinnen. Der \"Fehler\" Napoleons aus dieser Perspektive ist meist die Zeitverzögerung und die eigene Ablenkung durch den Angriff auf Hougomont.
cheers
Pappenheimer:
--- Zitat von: \'tattergreis\',\'index.php?page=Thread&postID=186925#post186925 ---Das \"Lustige\" an Waterloo ist doch, dass auf dem tabletop die Franzosen mit einem sofortigen massiven Angriff meist gewinnen. Der \"Fehler\" Napoleons aus dieser Perspektive ist meist die Zeitverzögerung und die eigene Ablenkung durch den Angriff auf Hougomont.
cheers
--- Ende Zitat ---
Kann ich von einer Partie Command & Colors (die aus dem Grundregelwerk) auch so bestätigen. Frichemont abgeklopft - ewig kein Durchkommen und hohe Verluste. Hougomont - das Gleiche. Dann mit allen Truppen durch die Mitte, dann ist der Erfolg da. Die Garde stürmt La Haye Sainte und die Schlachtlinie der Alliierten wird in der Mitte auseinander genommen. Wenn man die Hügel rechterhand von La Haye Sainte hoch ist, können auch mal die Kürassiere rumtoben.
Aber man sieht halt in der Regel auch alles auf dem Tabletop. So eine allumfassende Sicht hatte Napoléon sicher zu keiner Zeit. Zuviele Nebelmarker - würde ich jetzt in \"Kugelhagel\"/\"Steinhagel\"-Manier sagen. 8) ;) :D
Killerhobbit:
Wir haben ja mal Waterloo als Kriegsspiel nachgespielt
Ich sehe den Grund darin, dass der nächtliche Regen die Strassen dermassen aufgeweicht hat
das insbesondere (schwere) Artillerie nicht mehr normal bewegt werden konnte
Links an Hougemont vorbei macht nur Sinn
wenn man dann die Hügelposition direkt nördlich hinter Hougemont
sowohl von dort also auch frontal gleichzeitig angreifen will
Für einen Umgehungsmarsch mit Ziel Brüssel (also die Versorgungslinie abschneiden)
ist die ganze Bewegung zu nah an der britischen Artillerieposition
und ein Flankenmarsch rechts herum kann wegen der Brücke nur bei Ohain erfolgen
ansonsten bleibt die Ari zuhause
Meiner Ansicht nach hätte es jedoch Sinn gemacht nach Osten zu ziehen
um den Raum bei Ohain, Lasne und insbesondere auch östlich von Chapelle S. Lambert zu besetzen
und sich erneut zwischen den Preussen und den Briten zu drängen
und wenn man dann die innere Front hat
gegen den Briten defensiv seine Artillerie Überlegenheit zu benutzen
um gleichzeitig den anmarschierenden Preussen zu vernichten.
Da hätte sich der Brite dann nämlich NICHT einfach nur reserve slope verstecken können
Alternativ dazu wäre wirklich nach Westen mit der Armee ziehen
aber dann die Schlacht verweigern
und einfach beide Versorgungslinien bedrohen
Grouchy hat zu diesem Zeitpunkt ja die Preussische Versorgunglinie gekappt
Dann hätten sich die Allierten nach ein paar Tagen von selbst wieder trennen müssen
tattergreis:
--- Zitat ---Meiner Ansicht nach hätte es jedoch Sinn gemacht nach Osten zu ziehen
um den Raum bei Ohain, Lasne und insbesondere auch östlich von Chapelle S. Lambert zu besetzen
und sich erneut zwischen den Preussen und den Briten zu drängen
--- Ende Zitat ---
Napoleon wußte ja nicht, was da an Preußen ankommt, er hat ja wohl augenscheinlich nicht damit gerechnet, dass die Preussen schon wieder kämpfen wollten.
In einem Buch über den Krieg von 1809 \"Napoleon´s Last Victory and the Emergence of Modern War\" vertritt Robert M. Epstein die These, dass das Etablieren eines Korpssystem die Kriegsführung insofern modernisiert hat, dass Kriege nicht mehr durch einzelne Schlachten entschieden werden konnten (á la Austerlitz), sondern dass die größere Widerstandsfähigkeit einer in Korps formierten Armee längere Feldzüge nötig machte.
Die Preußen hatten zwar schwer gelitten, aber sie hatten noch immer voll einsatzfähige Korps (Thielmann und Bülow). Vielleicht hätte er die Preußen nach Ligny selbst weiterverfolgen müssen, aber hinterher ist man immer klüger...
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