Kaserne > Projekte

Siamtigers Log-o-rama / Chaosbunker

<< < (139/232) > >>

Riothamus:
Beim Lesen bin ich ja eher für Papier. Aber das ist ja sehr unterschiedlich. Beim Urheberrecht wäre ich vorsichtig.

Ansonste drücke ich den Daumen für den Umzug, damit nichts verloren geht.

Ach ja, die Ausführungen zum Trebuchet waren sehr interessant.

SiamTiger:
Der US-amerikanische Youtube-Kanal Little Wars TV stellt die Frage, "Is historical wargaming dying out?" - stirbt historisches Tabletop aus? https://youtu.be/9m7JWNd0AYE    Also zum einen ist es aus meiner Sicht ein eher ungewöhnlicher Zeitpunkt diese Frage zu stellen, denn der Veranstaltungskalender nicht nur für historisches Tabletop ist quasi leer. Aber nicht nur das, auch der recht enthusiastische Artikel der Zeitschrift The Economist über das Wachstum im Lead Belt spricht von einer guten Marktsituation - und das nicht nur für Games Workshop.
 Ich denke die Annahme stammt aus dem primär us-zentrischen Blickwinkel des Fragestellers. Nicht nur ist die aktuelle Situation eine andere in den Vereinigten Staaten als in Europa (und auch innerhalb Europas), aber insgesamt hat man auch einen anderen Ansatz zu (Teilbereichen) des Miniaturenhobby. Das fällt z.B. bei den Veranstaltungen auf, die in den Staaten häufig in Hotels stattfinden und die Teilnehmer auch Inlandsflüge dafür in Kauf nehmen. Die einzigen Veranstaltungen in Europa die in Hotels stattfinden, die mir aus dem Stehgreif heraus einfallen, sind z.B. die Scale Model Challenge, und bisher einmalige Gastspiele wie das Warhammer Fest Europe 2018 oder eine der Warmachine/Hordes Meisterschaften in Frankfurt. Europäische Veranstaltungen finden häufig in Gemeindehäusern statt, mit Ausnahme der wirklich großen Events. Und das führt natürlich auch zu einer anderen Größe der Spiele bzw. Veranstaltungen die umgesetzt werden. Diese Unterschiede merkt man z.B. auch bei Uncle Atom, da die Themen oder Probleme die er anspricht, sich nicht immer auf unsere Seite des Teichs übertragen lassen (dominante Regelsysteme, Verfügbarkeit von Kickstartern usw.).
   
 Zuallererst muss man sich eine Sache bei Tabletop vor Augen führen, die gerne von denen die bereits im Hobby sind vergessen wird - es hat eine ungemein hohe Einstiegshürde verglichen mit anderen Hobbies. Ja, andere Hobbies haben auch hohe Einstiegshürden, aber diese sind häufig an Ausstattung gebunden und das kann nicht selten finanziell behoben werden. Ja, man kann vorbemalte Miniaturen kaufen, fertiges Gelände und so weiter, aber das ist auch nicht so einfach wie man vielleicht meint. Ich möchte aber auch gar nicht soweit abdriften und einfach mal Tabletop mit Produkten vergleichen die man in den gleichen Lokalen kaufen kann. Nehmen wir mal an, es gibt an einem Freitag Abend eine Veranstaltung in einem solchen Laden. Mit Trading Cards kann man eine halbe Stunde vor Beginn dort auftauchen, ein Deck und paar Booster kaufen und an der Veranstaltung teilnehmen. Bei Brettspielen sollte man etwas früher auftauchen, eine halbe Stunde bis Stunde einplanen um alles vorzubereiten (Marker aus Druckbögen lösen, Tokens und evtl. Modelle zusammenbauen) und hat dann ein in sich geschlossenes Spiel. Aber für Miniaturenspiele? Sofern man nicht gerade auf Spiele wie Warhammer Underworlds (was technisch gesehen auch eher ein Miniaturenbrettspiel ist) wo man mit vorgefärbten Modellen in 2 Stunden Vorlauf spielfertig ist, liegt der Vorlauf eher mal bei 2 Wochen mit intensiver Arbeit.
 
* Abstimmen des Regelwerks und Maßstabs
* Regelwerk und Miniaturen erwerben
* Werkzeug, Kleber, Pinsel und Farben erwerben, die zum Zusammenbau und Bemalen der Miniaturen benötigt werdens
* Sofern die Spielstätte nur die Tische zur Verfügung stellt, eben auch eine Spielplatte mit Geländestücken bereitstellen
* Transport der Armee und des Spielzubehörs zur Spielstätte (etwas aufwändiger als ein Kartenspiel oder eine Brettspielbox) Wir blenden jetzt auch mal bewusst, den potenziellen Umsatz pro Regalmeter aus, den verschiedene Produkte für den Ladenbesitzer erzeugen können. Denn das fällt nicht zu Gunsten unseres Hobbies aus.
   
 Der größte Unterschied zwischen historischem Tabletop und den Marktführer(n) - und auch der Hauptgrund zusätzlich zu den oben genannten Gründen warum es schwieriger ist ins historische Tabletop verglichen mit Fantasy oder Sci-Fi anzufangen - Komfort / Convenience. Dave von The Wargaming Company hat es im Video bereits genannt und die Lücke ist hier besonders groß, wenn man z.B. das gewohnt ist was Games Workshop bietet. Im historischen Tabletop bekommt man seine Regeln von Thomas, die Miniaturen bei Michael, kauft Banner und Bases von Georg und die Bücher und anderen Informationen noch bei wem anders. Warlord Games ändert das im historischen Bereich, da hatte man erst mit 28mm z.B. für 2. Weltkrieg und Napoleonischen Kriegen angefangen und ist von dort aus in "exotischere" Bereiche wie See- oder Fliegerspiele, und das auch weit über 28mm hinaus. Stronghold Terrain bietet in Deutschland etwas ähnliches für SAGA an. Man kriegt hier das übersetzte Regelwerk, dazu passende Modelle der verschiedenen Hersteller von Gripping Beast, Footsore und V&V, passend als Kriegerbanden, die sogar Basezubehör abdecken. Sie sind natürlich nicht die ersten die eine breite Auswahl an historischen Modellen anbieten, hier war z.B. Northstar schon lange am Markt, oder in Deutschland eben Battlefield Berlin und Miniaturicum, aber das "McDonalds Sparmenü" wo man nicht lange überlegen muss und sich alles einzeln bestellt, sondern direkt eine Beilage und Getränk zu seinem Burger bekommt, macht es eben deutlich einfacher eine Wahl zu treffen. Insbesondere wenn man noch gar nicht weiß, was man eigentlich braucht. Und das ist etwas, was gerade jüngere Spieler gewohnt sind.
   
 Außerdem fehlt historischen Tabletop etwas, das andere Spielsysteme anbieten - Einsteigerfreundliche Spiele. In den frühen Tagen des Tabletops sind einige Spieler - besonders im historischen Tabletop - über Modellbausätze von Firmen wie Airfix oder Revell ins Hobby gekommen, auf der Suche nach Regeln um Szenarios oder Spiele zwischen ihren Platoons oder Regimentern durchzuspielen. In meiner Generation, also denen die in den 90ern angefangen haben, sind es häufig die Einsteigerspiele und Kooperationen von Citadel / Games Workshop mit MB Spiele gewesen, die zum Hobby geführt haben. Wir sprechen hier von Heroquest, Claymore Saga und Space Crusade. Heute werden diese Produkte ungemein gut produziert und platziert, aber auch weiterhin primär von Games Workshop. Es gibt hier Underworlds, Warcry, die Conquest Magazine Reihe und kleine "mundgerechte" Einsteiger Pakete um mal hinein zuschnuppern. Obwohl historisches Tabletop insgesamt günstiger ist als eine Warhammer-Armee, gibt es hier einfach keine 30 EUR Einsteigersets für Napoleonische, Antike oder Mittelaltersettings.
   
 Und wenn man sich dann weiterhin noch Gedanken um den Nachwuchs des historischen Tabletop macht, gibt es hier nach der hohen Einstiegshürde und geringerem Komfort dann noch das nächste Problem. Ob man es jetzt "Elitismus", "Gatekeeping" oder sonst wie nennt, es macht es einfach schwieriger sich historischem Systemen verglichen mit fiktiven Spielen anzuschließen. Manche Leute die ich im historischen Tabletop kennengelernt habe, sind unglaublich schlechte Werbung für das Hobby als solches. Knöpfchenzähler und übertrieben pingeliges Verhalten gegenüber neuen. Da werden falsche Uniformfarben, schlecht recherchierte Streitkräfte und so weiter harsch kritisiert und Personen unter 30 als Kiddies abgetan. Bedenkt dass für viele der einzige Kontakt mit historischen Geschehnissen in der Schule oder den breiten Medien stattgefunden hat, und das entsprechend eingekocht und oberflächlich ist. Also mal entspannt mit Leuten umgehen, die Römer nur aus Asterix kennen, den zweiten Weltkrieg aus World of Tanks und mit Napoleon nur langweiligen Geschichtsunterricht verbinden. Die Leute sind schon weit aus der Komfortzone gekommen um sich überhaupt soweit mit unserem Hobby zu befassen, da sollte man etwas offener sein. Denn es ist für die Spieler auch deutlich einfacher, bei den Weltraumsoldaten und Aliens zu bleiben, als sich ins historische einzuarbeiten.
   
 Also alles in allem schätze ich historisches Tabletop fern ab vom Tod. Es gibt eine breite und weiter wachsende Auswahl an Kunststoffbausätzen, mehr professionelle Hersteller, deutlich attraktiv gestaltete Regelwerke und alles deutlich einfacher erhältlich als noch vor 10 Jahren. Wenn das kein Grund ist, sich darüber zu freuen, dann weiß ich es auch nicht.
 

Sorandir:
Klare und sehr vernünftige Analyse, find ich gut.  :) 

Riothamus:
Ich kann dem auch fast ohne Abstriche zustimmen.

In erster Linie möchte ich ergänzen, dass die englische Sprache für viele doch eine Hürde ist. Aber darüber haben wir ja schon oft geschrieben.

Little Wars TV hat dann aber auch mit einem Video nachgelegt, dass ein Einsteigerprojekt ankündigt.

SiamTiger:
Im August hatte ich über mein "professionelles" Tabletop-Jubiläum geschrieben und während meiner Zeit als Chefredakteur habe ich einige Messen und Veranstaltungen besucht, darunter auch ein paar Touren um die Hersteller zu besuchen. Die erste große Tour dieser Art ist heute auf den Tag genau 10 Jahre her (Es ging in der Nacht vom 14. auf den 15. los), und es ging zum Lead Belt, den Zinngürtel.  Wem der Begriff nicht geläufig ist, als Zinngürtel beschreibt man das Gebiet um Nottingham. Da durch dass Games Workshop dort sitzt haben sich in der Zwischenzeit zahlreiche Miniaturen- und Tabletopfirmen dort angesiedelt, einige davon ehemalige Zulieferer und Mitarbeiter von Games Workshop.
   
OpenStreetMap     Da wir damals wegen der Berichterstattung, Messen usw. sowieso schon in Kontakt mit einigen der Großen der Branche standen, hatten wir uns ein paar Termine in und um Nottingham gesichert, und passend dazu ein Hotel in der Stadt (das Jury's Inn, anständiges Hotel, kann man nichts sagen). Wenn ich wir sage, meine ich damit Christian/Darkover (meinen damaligen stellvertretenden Chefredakteur), seine Frau Sarah, und zwei meiner Freunde aus dem lokalen Tabletopclub; Andre (den albanischen Nationaltrainer, dazu aber später mal mehr) und Lukas (mein Mitbewohner aus Studienzeiten).
 Das Portal erzeugte keine nennenswerten Gewinne und ich war damals noch Student, also war das Spaßbudget überschaubar, bot mir allerdings auch nicht mehr Möglichkeiten als mal eine Runde zu geben. Abgesehen davon, wir sind ja effiziente Deutsche, das hier ist war auch kein Urlaub sondern ganz klare Dienstreise für's Portal. Wir sind schließlich zur Kontaktpflege vor Ort ... also "eigentlich". Um vor Ort flexibler zu sein, und da in Nottingham nicht alles mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, hatten wir uns für die Anreise mit dem Auto entschieden. Flüge nach Nottingham werden üblicherweise über Birmingham oder East Midland umgesetzt, nicht wirklich ein Problem von uns aus denn mit Köln, Frankfurt und dem Hahn habe ich drei Flughäfen innerhalb von einer Stunde Umkreis. Aber die Flugtickets, das begrenzte Gepäckvolumen und der zusätzliche Bedarf eines Mietwagens der groß genug für uns fünf wäre, war einfach deutlich teurer. Daher hatte Christian angeboten mit seinem Golf Kombi zu fahren.
   
 Von Koblenz, meinem alten Wohnort, sind es bis Nottingham knapp 900 km. Also eine ziemliche Tour für einen Tag. Lukas und Andre sind nach Feierabend am Dienstag, den 14. schon rumgekommen. Wir haben gemeinsam gekocht und uns breit ausgetauscht über was wir sehen wollen und welche interessanten Projekte sich ergeben können. Scherzend ob ein Kombi überhaupt ausreichend würde, um unsere Beute zurückzubringen oder wir nicht besser einen Transporter gemietet hätten. Gegen halb 11 haben uns dann Christian und Sarah eingesammelt und wenig später ging es dann durch Belgien nach Calais. Morgens um 5 kamen wir am Hafen an und durften auf die Fähre. Eine staufreie Weiterreise bedeutete, dass wir es schon am späten Morgen, etwa 10 Uhr, bis nach Nottingham geschafft hatten. Ein schneller Check-In und frisch machen (ja, das war nach der langen Autofahrt und zu dritt auf der Rückbank zwingend notwendig) war die erste Amtshandlung. Die anderen nutzten die Gelegenheit sich auf's Ohr zu hauen, aber ich hatte mir die Gegend ums Hotel angeschaut und einen längeren Spaziergang eingelegt, der mich an beiden Fussballstadien in Nottingham (Forests City Ground und Countys Meadow Lane) vorbeiführte.
        Wir hatten keinen Programmpunkt für den Tag - also eigentlich schon, aber der wurde kurzfristig abgesagt - und so ging es primär darum erst einmal anzukommen. Wie gesagt, das war 2010, teures Roaming und Internet war in Hotels noch nicht so verbreitet. Daher entschieden wir uns den Nachmittag in der Warhammer World einzukehren.
 Die Warhammer World bot damals schon kostenloses Wi-Fi und mit der Bugmans Bar auch passende Verpflegungsmöglichkeiten (die Studioangestellten nutzen die Bar als Kantine und Pub nach Feierabend), daher also ein perfekter "Heimathafen" für den Trip. Wir hatten das Games Worksoph HQ im Vorfeld kontaktiert, so wie wir es mit den anderen Herstellern auch gemacht hatten. Aber das war noch die Kirby Ära und da war das alles nicht so einfach. Wir hatten schon einen bestätigten Termin für ein Interview mit Jervis Johnson, das wurde dann kurzfristig abgesagt. Wir waren um eine Alternative bemüht, da hatte man allerdings gemauert. Es gab damals einfach noch nicht das Community-Management wie heute und auch der Umgang mit Dritten war ein anderer. Dazu stand in eben jener Woche noch ein Shareholder-Meeting sowie internationales Vertriebsmeeting an, weshalb ich zum Teil schon verstehen kann, dass es nicht ganz optimal war. Man hätte es aber deutlich besser handeln können. Aber wie gesagt, wir waren sowieso in Nottingham, die Bugmans Bar war offen, also fuhren wir trotzdem hin.
 Lukas und Andre nutzten die Spieltische (die eigentlich gar nicht hätten da sein sollen) für ein paar Runden 40.000, mit ihren mitgebrachten Chaos und Oldhammer Space Marine Armeen. Das benannte Shareholder Meeting war auch der Grund dass so wenige Tische aufgebaut waren, davon also nicht irritieren lassen. Und ja, das ist das alte Design der Warhammer World, vor dem großen Umbau, der dann die neue Ladenfront und den Forge World Shop integrierte.
   
    Unsere Hartnäckigkeit würde sich aber bezahlt machen. Wir hatten durch Zufall Jes Goodwin bei seiner Raucherpause getroffen. Und er bot uns an, sich nach Feierabend noch einmal Zeit für uns zu nehmen. Es war ein sehr angenehmes Gespräch, insbesondere als dann auch klar wurde, dass wir aus ihm keine Gerüchte herauslocken wollten oder unsinnige Preis- oder Punktediskussionen führen wollten. Einfach ein angeregter Austausch und ein paar Drinks. Es war sehr angenehm zu sehen, mit wie viel Leidenschaft jemand das macht, was er macht. Wir sprachen über seinen Werdegang, wie er zu Games Workshop gekommen ist und zum Abschied gab es noch ein paar signierte Ansichtskarten aus der Warhammer World. Auch das Wiedersehen auf dem Warhammer Fest in 2018 war eine tolle Sache.
       Zeichenbegrenzung, Restbeitrag hier - https://www.chaosbunker.de/de/2020/09/15/throwback-lead-belt-nottingham-2010-tag-1/

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln