Sweetwater Forum

Sweetwater Forum

  • 26. April 2024 - 09:12:06
  • Willkommen Gast
Erweiterte Suche  

Neuigkeiten:

Autor Thema: Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?  (Gelesen 3734 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Thomas Kluchert

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.684
    • Dice Knights Berlin
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #45 am: 03. September 2011 - 10:53:23 »

Zitat
Na gut, erstmal allgemein: warum hat es ein Teil der Deutschen immer noch nötig Oma und Opa in Schutz zu nehmen?
Na, die Erklärung ist doch denkbar einfach: Familie. Blut ist eben dicker als das Wasser, dass zur Herstellung von dem Papier verwendet wird, auf dem das Gegenteil steht. Ist doch wie so oft, man glaubt eben meist dem, was man persönlich erzählt bekommt. Und die wenigsten Menschen sind eben Leute die sowas kritisch reflektieren.

Zitat
Woher kommt nur das Bedürfnis dauernd zu betonen, dass andere auch
grausame Dinge getan haben nur damit die \"eigenen\" Grausamkeiten, also
die der eigenen Vorfahren, nicht mehr so schlimm aussehen? Als würde es
irgendwas am Judenmord der Deutschen verbessern, dass Stalin auch
Antisemit war, dass die Türken die Armenier massakriert haben oder es
würde (um ein hier schon genanntes Beispiel zu nehmen) irgendwie den
Mord an der Herero relativieren, dass es auch andere Länder gab, die
sich in ihren Kolonien wie die Axt im Walde aufführten. Tut es nicht.
Verbrechen bleiben Verbrechen auch wenn es viele andere Verbrecher gibt.
Das ist natürlich eine Frage des Standpunkts. Natürlich kann man darin eine Relativierung der deutschen Verbrechen erkennen - und sicher ist es manchmal auch so gemeint. Aber man muss eben auch einräumen, dass es eben nicht nur relativierend gemeint ist. Wenn man über den zweiten Weltkrieg spricht muss man eben alle Seiten erwähnen. Schließlich haben es die Opfer aller Verbrechen verdient erwähnt zu werden, wie ich finde. Es kommt natürlich immer auf den Kontext an!
Gespeichert

AndréM

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.785
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #46 am: 03. September 2011 - 13:58:53 »

Zitat
Wer das Bündnis der westlichen Demokratien mit totalitären Systemen damals nicht versteht, der wird sich auch heute nicht fragen, wieso man gleichzeit aus vorsätzlicher demokratieliebe und philanthropie ein totalitäres Land zerbombt und das andere untersützt, um mal auf ganz aktuelle Ereignisse Bezug zu nehmen.

Man werfe hierzu nur einen Blick auf die Kommentare bei Tagesschau.de. Es bedarf wirklich einer besseren Wissensvermittlung, um den Blödsinn, der dort zum Großteil verzapft wird einzudämmen.
Gespeichert
> I like Tabletoppers with a stiff upper lip but not a broom up their arse!

> Dublin Mud is a mix of Baily\'s and Guiness... and should not be used to paint ships!

opa wuttke

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.237
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #47 am: 03. September 2011 - 14:46:26 »

Danke für deinen Beitrag Florian, ich finde, er bringt es ziemlich genau
auf den Punkt. Leider bezweifle ich, dass sich ein (leider zu großer)
Teil der Figurenschieber in diesem Forum zu einer solchen Aussage
durchringen könnte bzw. sie akzeptieren würde. Nach acht Jahren hier
hab ich jetzt den Punkt erreicht, an dem ich mich frage, ob ich mich
jedes mal aufs neue aufregen soll, wenn irgendein Hirni wieder mit der
alten \"Die-anderen-haben-aber-auch...-Leier\" anfängt. Waffen-SS anmalen, sie
über die Platte schieben und trotzdem soviel Größe besitzen, um zu sagen
\"Ja, war falsch\" ist wohl auch zu viel verlangt.

Schalom dann mal...
Gespeichert

Ursus Maior

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 388
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #48 am: 03. September 2011 - 16:10:54 »

Ich bin ja nun noch nicht so lange hier und kann nur mutmaßen, dass es zu dem Thema sicher mal eine Reihe Diskussionen mit härteren Bandagen gab. Was mich auf anderen Foren extrem gestört hat, war die stete, sich aufdrängende Vermutung, die kleinen, schwarzen 15mm Kerle müssten gefälligst gewinnen, damit das alte Trauma der Niederlage überwunden werden kann. Frei nach dem Motto: \"Meine WSS hätte gewonnen, wenn nur ich statt dem Österreicher das Sagen gehabt hätte. Und dann wären die ganzen schönen Landstriche im Osten noch \"unser\" und man müsste nicht auf ARD/ZDF \"Als der Osten noch Heimat war - Teil 754 \'Oberschlesien\'\" gucken. Bei sowas kommt mir die Galle hoch.

Aber vielleicht gibt\'s noch was zum ursprünglichen Thema?
Gespeichert
ad astra per aspera
liber et infractus
sapere aude

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #49 am: 04. September 2011 - 14:34:13 »

Zitat
Ich fühle mich allerdings dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass sich sowas nicht nochmal ereignet und dazu gehört eben zuerst anzuerkennen, was war und nicht drum herum zu reden nur weil es einem vllt. nicht passt?

Darum geht es eben gerade nicht. Aber es sagt schon einiges über den Horizont der \"Bewältiger\" aus, dass alles, was irgendwie die Generation unserer Großeltern entlassten könnte als \"Aufrechnerei\" verteufelt und jegliche Debatte sogort abgewürgt wird mit dem Verweis aufs rechte Lager. Wenn du schon \"aus der Geschichte etwas lernen\" willst, dann ist DAS der falsche weg. Durch Verschweigen lehrst du im Endeffekt nur, dass

- der Sieger jedes noch so abartige Verbrechen begehen kann, denn nur der Verlieren muss sich für seine Verbrechen verantworten.
- nach dem Motto \"der hat angefangen\" JEDES Verbrechen vollkommen OK ist; handelt sich ja nur um so ne Art Blutrache. Natürlich sind wir guten Demokraten hier im Westen viel zu zivilisiert für ein \"Auge um Auge\" Prinzip, ausser wenns um den Zweiten Weltkrieg geht, da wars OK. Wenn Recht und Unrecht nichts universales ist, sondern von Fall zu Fall ausgelegt wird, wies grad passt, dann kann ich auf diese Heuchelei gleich verzichten.

Was dabei rauskommt, wenn nach derlei Maximen gehandelt wird, konnte man ja sehr schön in den letzten Jahren im Iraq, Afganisthan, Gaza Streifen und zuletzt in Lybien beobachten. Also nix mit \"aus der Geschichte lernen\".

Zitat
Und klar, wenn zwei Leute aufeinander schießen unterscheidet sie nicht ihr momentanes Ziel, das immer das unmoralische Motiv ist, den Anderen zu töten, sondern der Grund, warum sie überhaupt in der Situation sind, aufeinander zu schießen. Und da gibt es eben einen elementaren Unterschied zwischen einem angreifenden Faschisten und einem angegriffenen Demokraten (übrigens gilt das auch für den angegriffenen Kommunisten, denn der hat den Krieg halt auch nicht angefangen).

\"Der angreifende Faschist\". Klar, man kann sichs auch einfach machen. Dann setzte dich vielleicht nochmal über dein Geschichtsbuch und schlägst nach WER 1939 Polen agegriffen hat.Dann kannste mir sicher auch erklären wieso man von demokratischer Seite her nur einen Aggressor den Krieg erklärt hat. Bevor hier irgendwier wieder sagt \"das machts auch nicht besser\", sag ichs lieber gleich selber: ja, es macht den Deutschen Angriff nicht besser, dass sich die SU daran beteiligt hat; interessant ist an diesem Vorgang etwas ganz anderes. Die Menschen sind halt leider größtenteils blind für die jahrzehntelange Heuchelei und Doppelmoral des Westens und DAS ist es was man mit einem solchen Beispiel vlt. mal exemplarisch aufzeigen könnte. Denn der nächste Krieg für \"Demokratie\" kommt bestimmt.
Gespeichert

Poliorketes

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.966
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #50 am: 04. September 2011 - 15:34:42 »

Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
Na gut, erstmal allgemein: warum hat es ein Teil der Deutschen immer noch nötig Oma und Opa in Schutz zu nehmen? Woher kommt nur das Bedürfnis dauernd zu betonen, dass andere auch grausame Dinge getan haben nur damit die \"eigenen\" Grausamkeiten, also die der eigenen Vorfahren, nicht mehr so schlimm aussehen? Als würde es irgendwas am Judenmord der Deutschen verbessern, dass Stalin auch Antisemit war, dass die Türken die Armenier massakriert haben oder es würde (um ein hier schon genanntes Beispiel zu nehmen) irgendwie den Mord an der Herero relativieren, dass es auch andere Länder gab, die sich in ihren Kolonien wie die Axt im Walde aufführten. Tut es nicht. Verbrechen bleiben Verbrechen auch wenn es viele andere Verbrecher gibt.
Ich finde es auch überhaupt nicht schwer zu akzeptieren, dass große Teile der Generation meiner Großeltern ein verbrecherisches Regime unterstützt haben, einen verbrecherischen Krieg geführt haben und an der Ermordung der Juden Europas aktiv oder durch Duldung/ Wegsehen usw. teilgenommen haben. Ich muss da nichts schönreden oder relativieren. Da war nichts schön oder relativ o.ä. daran. Das verletzt weder mein Selbstwertgefühl noch meine \"Ehre\" noch sonstwas und ich fühle mich übrigens auch in keiner Weise dazu aufgerufen mich permanent für diese Verbrechen meiner Vorfahren zu entschuldigen. Ich fühle mich allerdings dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass sich sowas nicht nochmal ereignet und dazu gehört eben zuerst anzuerkennen, was war und nicht drum herum zu reden nur weil es einem vllt. nicht passt.
Du triffst hier sehr gut den Kern des Problems, das ich mit der derzeit vorherrschenden Bewertung der deutschen Geschichte und davon abweichender Meinungen habe. Es geht nicht im Geringsten darum, die Taten der Deutschen unter dem NS-Regime zu verharmlosen oder gegen die Taten anderer Kriegsteilnehmer aufzurechnen. Das ist das Totschlagargument, das immer wieder gegen Jeden vorgebracht wird, der eine Meinung hat, die von der \'Sonderweg der Deutschen-These\' abweicht. Und wenn Opa Wuttke mich deswegen auch noch als Hirni bezeichnet (sorry, Opa, aber auch wenn wir sicherlich politisch selten einer Meinung sein werden, habe ich Deine Argumentation bislang zumindest respektiert, ohne Dich als linken Spinner darzustellen, der aus 70 Jahren Kommunismus nichts gelernt hat - was ich auch hiermit ausrücklich nicht tue. Trotzdem enttäuscht mich Dein Kommentar doch sehr).

Um es nochmal deutlich zu sagen: Die Verbrechen unter dem NS-Regime sind das Schlimmste, was in der Deutschen Geschichte je passiert ist. Ich kann aber nicht akzeptieren, daß die Untaten aus 12 Jahren NS-Herrschaft nach 65 Jahren immer noch dazu herhalten müssen, jeden Deutschen mit einem bißchen Nationalstolz das Gefühl zu geben, ein verkappter Nazi zu sein. Ich will Opa und Oma nicht in Schutz nehmen, aber im Gegensatz zu manch anderem sehe ich mich nicht als etwas Besseres an, denn ich bin so ehrlich zuzugeben, daß ich nicht sagen kann ob ich anders gehandelt hätte, wenn ich 1918 statt 1968 geboren worden wäre. Und ich betone dabei noch einmal - Nazis sind der letzte Dreck!  Wenn ich also nicht die Verbrechen der Nazis mit denen der Kommunisten aufrechne, erwarte ich aber umgekehrt genauso, daß die Verbrechen eines Josef Stalin nicht verharmlost werden, weil er ja immerhin dafür gesorgt hat, daß Adolf besiegt werden konnte. Leider erreicht man mit so einer Meinung sogar Fraktionsstatus im deutschen Bundestag. Wer stellt eigentlich mal einen Verbotsantrag für die Linke angesichts der dauernden verfassungsfeindlichen Äußerungen einer Gesine Lötsch?

Statt dessen direkte Antworten auf Deine Thesen:
Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
Na gut, erstmal allgemein: warum hat es ein Teil der Deutschen immer noch nötig Oma und Opa in Schutz zu nehmen?
Ich sehe keinen Grund, meinen Opa in Schutz zu nehmen. Er war in der SS, und auch wenn er angeblich \'nur Kraftfahrer\' war muß meine Tante, die keinen einzigen Juden persönlich kennt, ihren Antisemitismus irgendwoher haben. Rein vom Alter her zieht für ihn auch die beliebte Entschuldigung nicht, als Wehrpflichtiger in die SS geraten zu sein. Da er aber 15 Jahre vor meiner Geburt gestorben ist, konnte ich ihn nie zur Rede stellen.

Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
Woher kommt nur das Bedürfnis dauernd zu betonen, dass andere auch grausame Dinge getan haben nur damit die \"eigenen\" Grausamkeiten, also die der eigenen Vorfahren, nicht mehr so schlimm aussehen?
Du unterstellst mir damit, daß ich die Naziverbrechen verharmlosen will. Bist Du nie auf die Idee gekommen, daß ich statt dessen der Tendenz, die Verbrechen eines Stalin oder Mao zu verharmlosen, entgegentreten will? Ich könnte Dir mit den gleichen Argumenten vorwerfen, daß Du die Massenmorde im Kommunismus gutheist, weil ja schließlich damit die Nazis bekämpft wurden. Das wäre allerdings absurd, oder? Es ist völlig egal, mit welcher verqueren Ideologie ein Genozid begründet wird, er ist und bleibt ein Genozid.

Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
Ich finde es auch überhaupt nicht schwer zu akzeptieren, dass große Teile der Generation meiner Großeltern ein verbrecherisches Regime unterstützt haben, einen verbrecherischen Krieg geführt haben und an der Ermordung der Juden Europas aktiv oder durch Duldung/ Wegsehen usw. teilgenommen haben. Ich muss da nichts schönreden oder relativieren. Da war nichts schön oder relativ o.ä. daran. Das verletzt weder mein Selbstwertgefühl noch meine \"Ehre\" noch sonstwas und ich fühle mich übrigens auch in keiner Weise dazu aufgerufen mich permanent für diese Verbrechen meiner Vorfahren zu entschuldigen. Ich fühle mich allerdings dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass sich sowas nicht nochmal ereignet und dazu gehört eben zuerst anzuerkennen, was war und nicht drum herum zu reden nur weil es einem vllt. nicht passt.
Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Allerdings weigere ich mich, auch das Verhalten der Generationen davor damit gleichzusetzen.  Wilhelm II. war vielleicht eine Niete, dessen realitätsfernes Verhalten zum Tod von Millionen beigetragen hat, aber er damit nicht alleine in Europa und er war auch kein Völkermörder.

Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
das sagt über die Westalliierten, dass sie den Krieg gegen Deutschland und Japan gewinnen wollten, den sie nicht angefangen hatten. Und das wäre ihnen übrigens ohne die UdSSR ziemlich sicher nicht gelungen. Sonst sagt es erstmal gar nichts.
Es wurde zwar schon erwähnt, aber nochmal: Deutschland hat weder Großbritannien noch Frankreich den Krieg erklärt, und Deutschland hat Polen nicht alleine angegriffen. Das ist nicht als Verteidigung des Angriffs auf Polen gedacht, wobei selbst der nicht so unbegründet war, wie man es heute gerne darstellt. Mit dem folgenden Wüten in Polen haben wir Deutschen dann allerdings zu Recht alle Ansprüche auf polnisches Staatsgebiet verwirkt.

Zitat von: \'Florian\',index.php?page=Thread&postID=93369#post93369
Und klar, wenn zwei Leute aufeinander schießen unterscheidet sie nicht ihr momentanes Ziel, das immer das unmoralische Motiv ist, den Anderen zu töten, sondern der Grund, warum sie überhaupt in der Situation sind, aufeinander zu schießen. Und da gibt es eben einen elementaren Unterschied zwischen einem angreifenden Faschisten und einem angegriffenen Demokraten  (übrigens gilt das auch für den angegriffenen Kommunisten, denn der hat den Krieg halt auch nicht angefangen).
Weißt Du eigentlich, was Du da schreibst? Du legitimierst hier gerade Adolf Hitler. Natürlich haben die Kommunisten Deutschland nicht angegriffen, aber die Deutschan haben weder Großbritannien noch Frankreich den Krieg erklärt. Nach Deiner These waren sie also im Recht?
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1315147690 »
Gespeichert
Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

AndréM

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.785
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #51 am: 04. September 2011 - 16:29:31 »

Wichtig ist, dass man sich an JEDE Grausamkeit erinnert und sie im Gedächtnis behält, damit man sie verhindern kann, sollte sie wiederkehren. Ein demokratischer Massenmörder ist genauso schlimm, wie ein faschistischer oder kommunistischer etc. Oder sind die Massenmorde durch Experimente demokratischer westlicher Pharmakonzerne in Afrika nun bessere Morde, weil sie von Demokraten ausgeführt wurden?
Gespeichert
> I like Tabletoppers with a stiff upper lip but not a broom up their arse!

> Dublin Mud is a mix of Baily\'s and Guiness... and should not be used to paint ships!

opa wuttke

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.237
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #52 am: 04. September 2011 - 18:03:57 »

Zitat
Und wenn Opa Wuttke mich deswegen auch noch als Hirni bezeichnet (sorry, Opa, aber auch wenn wir sicherlich politisch selten einer Meinung sein werden, habe ich Deine Argumentation bislang zumindest respektiert, ohne Dich als linken Spinner darzustellen, der aus 70 Jahren Kommunismus nichts gelernt hat - was ich auch hiermit ausrücklich nicht tue. Trotzdem enttäuscht mich Dein Kommentar doch sehr).
Auch wenn der Schuh so aussieht, als würde er Dir passen...DU bist damit nicht gemeint Poliorketes. Es bezieht sich auf jene (obwohl sie scheinbar über das nötige intelektuelle Rüstzeug zu verfügen scheinen), die es sich mit eben dieser sogenannten Argumentation leicht machen. Das man/Du natürlich eine andere Meinung haben kann, ist nicht verkehrt und diese Meinung hat auch ihre Daseinsberechtigung. Wenn sie zudem - wie von Dir - argumentativ nachvollziehbar belegt wird, dann muß und kann ich damit leben, selbst wenn ich diese Meinung nicht teile. Du bist deshalb kein Hirni, leider aber sind und waren in der Vergangenheit hier genügend solche unterwegs, die auf jede noch so leise Kritik genau dieses Totschlagargument \"Die anderen-haben-aber-auch...\" rausgehauen haben. Im Idealfall erklären solche Kadetten dann zwei Posts weiter, dass das Koppelschloß der Waffen-SS am 15.Februar 1943 am Nordkap aber grün war und nicht braun. Na wenn´s dafür reicht, aber nicht für eine nur ansatzweise Auseinandersetzung mit einigen anderen \"Aspekten\" besagter \"Heldentruppe\", \"Frontfeuerwehr\" oder \"Spezialtruppe\" oder mit welchen verherrlichenden Begriffen auch immer diese Einheiten bisweilen benannt werden...dann: Hirni ! Ich könnt hier fortsetzen, aber dann wird´s ´ne Endlosschleife.
Gespeichert

Poliorketes

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.966
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #53 am: 04. September 2011 - 18:30:51 »

Dann tut es mir Leid, wenn ich das in den falschen Hals bekommen habe.
Gespeichert
Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

Florian

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 450
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #54 am: 04. September 2011 - 23:29:20 »

Da sich Poliorketes wohl von manchem angesprochen fühlte, was eigentlich eher an J.S. gerichtet war, trenne ich jetzt mal lieber meine Antworten.

@ J.S.:
Zitat von: \'J.S.\',index.php?page=Thread&postID=93427#post93427
- der Sieger jedes noch so abartige Verbrechen begehen kann, denn nur der Verlieren muss sich für seine Verbrechen verantworten.
- nach dem Motto \"der hat angefangen\" JEDES Verbrechen vollkommen OK ist; handelt sich ja nur um so ne Art Blutrache. Natürlich sind wir guten Demokraten hier im Westen viel zu zivilisiert für ein \"Auge um Auge\" Prinzip, ausser wenns um den Zweiten Weltkrieg geht, da wars OK. Wenn Recht und Unrecht nichts universales ist, sondern von Fall zu Fall ausgelegt wird, wies grad passt, dann kann ich auf diese Heuchelei gleich verzichten.

Was dabei rauskommt, wenn nach derlei Maximen gehandelt wird, konnte man ja sehr schön in den letzten Jahren im Iraq, Afganisthan, Gaza Streifen und zuletzt in Lybien beobachten. Also nix mit \"aus der Geschichte lernen\".
a) Natürlich ist es ein Problem, dass es keine Institution gibt, die die Verbrechen von Siegern in Kriegen verhandeln kann. Wobei die Tatsache, dass heute in Den Haag nicht nur Serben, sondern auch Kroaten sitzen zeigt, dass sich da auch etwas tut, wenn auch langsam.
b)Wenn es nur darum ginge, wer angefangen hat, würde man alle, die jemals Kriege begonnen haben so harsch beurteilen wie die Deutschen, die den 2. Weltkrieg begannen. Das tut man aber nicht und das hat damit zu tun, dass sich die Methoden aber auch (und das wird in der rein auf Kriegsführung und Kriegsschuld zentrierten Diskussion gern vergessen) die Ziele dem Rest der Menschheit als besonders schrecklich und verabscheuungswürdig erschienen. Ein Sieg des deutschen Faschismus hätte eine Welt erzeugt in der Leben nur sehr eingeschränkt erträglich wäre. Diese Perspektive macht den 2. Weltkrieg für die Welt als ganzes einzigartig. Kein anderer Krieg hatte die Option auf eine derart globale Kathastrophe in sich wie der 2. WK.

Auf die aktuellen Beispiele gehe ich jetzt mal nicht ein, dass ist einen Diskussion für sich.


Zitat von: \'J.S.\',index.php?page=Thread&postID=93427#post93427
\"Der angreifende Faschist\". Klar, man kann sichs auch einfach machen. Dann setzte dich vielleicht nochmal über dein Geschichtsbuch und schlägst nach WER 1939 Polen agegriffen hat.Dann kannste mir sicher auch erklären wieso man von demokratischer Seite her nur einen Aggressor den Krieg erklärt hat. Bevor hier irgendwier wieder sagt \"das machts auch nicht besser\", sag ichs lieber gleich selber: ja, es macht den Deutschen Angriff nicht besser, dass sich die SU daran beteiligt hat; interessant ist an diesem Vorgang etwas ganz anderes. Die Menschen sind halt leider größtenteils blind für die jahrzehntelange Heuchelei und Doppelmoral des Westens und DAS ist es was man mit einem solchen Beispiel vlt. mal exemplarisch aufzeigen könnte. Denn der nächste Krieg für \"Demokratie\" kommt bestimmt.
Um das gleich mal zu sagen: Der Angriff der SU auf Polen war ein Verbrechen und ist nicht zu beschönigen. Die Alliierten hätten das gleiche Recht gehabt der SU den Krieg zu erklären, hatten aber Polen vorher ganz explizit den Schutz vor deutschen Aggressionen zugesagt und es ging natürlich nach der Erfahrung von München und den Folgen auch darum eine Grenze zu setzen. DEer Rest ist kluge Politik gewesen. Stelle man sich mal vor die Allierten (also damals Frankreich und England) hätten beiden den Krieg erklärt. Wir würden heute in einem Welt leben, die von Stalinisten, Faschisten und möglw. japanischen Ultranationalisten beherrscht wäre. Die Allierten haben die größere Gefahr erkannt (zu spät) und sich mit ihr auseinandergesetzt und dabei fast verloren.
Gespeichert
wir meinten alles ironisch, auch die ironie.

Florian

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 450
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #55 am: 05. September 2011 - 00:21:05 »

@ Poliorketes
Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93432#post93432
Das ist das Totschlagargument, das immer wieder gegen Jeden vorgebracht wird, der eine Meinung hat, die von der \'Sonderweg der Deutschen-These\' abweicht.

Ich will Opa und Oma nicht in Schutz nehmen, aber im Gegensatz zu manch anderem sehe ich mich nicht als etwas Besseres an, denn ich bin so ehrlich zuzugeben, daß ich nicht sagen kann ob ich anders gehandelt hätte, wenn ich 1918 statt 1968 geboren worden wäre.

Leider erreicht man mit so einer Meinung sogar Fraktionsstatus im deutschen Bundestag. Wer stellt eigentlich mal einen Verbotsantrag für die Linke angesichts der dauernden verfassungsfeindlichen Äußerungen einer Gesine Lötsch?
Zum Totschlagargument: Entschuldige, aber es ist leider so, dass sehr oft mit der These \"die anderen haben aber auch...\" implizit gesagt wird: \"Dann war das, was die Deutschen gemacht haben ja eigentlich \"normal\" in einem Krieg.\" Ich nehme (erfreut und zustimmend) zur Kenntnis, dass Du das anders siehst.

Ich weiß auch nicht, was ich damals getan hätte, ich wäre halt in einer anderen Welt groß geworden und \"mich\" in dem heutuigen Sinne könnte es in dieser Welt eh nicht geben. Ich habe aber keine Menschen in einem Angriffkrieg getötet, habe keine Dörfer verbrannt, Frauen vergewaltigt, Geiseln erschossen, ein Land so verheert, dass die Menschen Hunger leiden mussten usw. (um erst gar nicht mit der Shoah zu kommen). Und bisher habe ich auch nicht geplant die halbe Welt \"meinem\" Volk Untertan zu machen, geschweige es versucht. Und so lange ich das alles nicht getan habe bin ich natürlich besser als all jene, die das getan haben, und das sind in der Generation meiner Großeltern, vor allem bei den Männern, sehr viele.

Zu Frau Lötsch - ich finde da auch vieles unglücklich, aber dass die LINKE mit Ausnahme von ganz wenigen Spinnern sich weit vom Stalinismus distanziert - weiter als es etwa die CDU 20 Jahre nach dem NS von den alten Nazis in ihren Reihen getan hat, das kann ich Dir versichern.
Es gibt eine demokratische Form des Sozialismus (aus dieser Richtung kommt ja auch die SPD) aber keine solche des Faschismus. Und ein anderes wirtschaftliches System zu präferieren ist nicht verfassungsfeindlich, sonst wären das Gründungsprogramm der CDU und die frühen Nachkriegsprogramme der SPD auch verfassungsfeindlich gewesen.
Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93432#post93432
Du unterstellst mir damit, daß ich die Naziverbrechen verharmlosen will. Bist Du nie auf die Idee gekommen, daß ich statt dessen der Tendenz, die Verbrechen eines Stalin oder Mao zu verharmlosen, entgegentreten will? Ich könnte Dir mit den gleichen Argumenten vorwerfen, daß Du die Massenmorde im Kommunismus gutheist, weil ja schließlich damit die Nazis bekämpft wurden. Das wäre allerdings absurd, oder? Es ist völlig egal, mit welcher verqueren Ideologie ein Genozid begründet wird, er ist und bleibt ein Genozid.
Da wollte ich dir gar nichts unterstellen. Den von mir ausgedrückten Eindruck hatte ich eher bei den Beiträgen von J.S.

Und ich glaube wirklich nicht, dass in der BRD die Gefahr besteht irgendwelche von angeblichen Kommunisten begangene Vebrechen zu verharmlosen. Ganz im Gegenteil wird hier auch noch der demokratischste Sozialismus (dessen Vertreter unter Stalin, Mao und Co sämtlich verfolgt un ermordet wurden - etwa in Prag 68) im Bausch und Bogen verworfen mit Hinweis auf die Verbrechen Stalins. Würde man so mit dem Wirtschaftssystem während des Faschismus verfahren sähe es düster aus für die Marktwirtschaft.

Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93432#post93432
Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Allerdings weigere ich mich, auch das Verhalten der Generationen davor damit gleichzusetzen. Wilhelm II. war vielleicht eine Niete, dessen realitätsfernes Verhalten zum Tod von Millionen beigetragen hat, aber er damit nicht alleine in Europa und er war auch kein Völkermörder.
Klar. Ich meine ja auch nicht, dass alle Deutschen immer Verbrecher waren. Es gibt da halt eine Häufung zwischen 33 und 45. Den 1. WK würde ich auch ganz anders sehen als den 2.

Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93432#post93432
Es wurde zwar schon erwähnt, aber nochmal: Deutschland hat weder Großbritannien noch Frankreich den Krieg erklärt, und Deutschland hat Polen nicht alleine angegriffen. Das ist nicht als Verteidigung des Angriffs auf Polen gedacht, wobei selbst der nicht so unbegründet war, wie man es heute gerne darstellt. Mit dem folgenden Wüten in Polen haben wir Deutschen dann allerdings zu Recht alle Ansprüche auf polnisches Staatsgebiet verwirkt.
Wenn Du heute der Frankreich dern Krieg erklärst, erklärst Du der NATO den Krieg. Polen hatte Zusagen zu seinem Schutz, das war bekannt und damit war der Angriff auf Polen natürlich auch eine Kriegserklärung an die Garantiemächte (natürlich in der Hoffnung diese würden kneifen, das ist zugestanden). Nur weil die Alliierten im Fall der Tschechoslowakei vertragsbrüchig geworden waren musste man ja nicht gleich annehmen, dass die nie zu ihrem Wort stehen.

Warum man die SU ausgespart hat habe ich kurz in meinem vorigen Post zu erklären versucht, auch warum ich es für kluge - wenn auch nicht hochmoralische - Politik halte, dass man das gemacht hat.


Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93432#post93432
Und klar, wenn zwei Leute aufeinander schießen unterscheidet sie nicht ihr momentanes Ziel, das immer das unmoralische Motiv ist, den Anderen zu töten, sondern der Grund, warum sie überhaupt in der Situation sind, aufeinander zu schießen. Und da gibt es eben einen elementaren Unterschied zwischen einem angreifenden Faschisten und einem angegriffenen Demokraten (übrigens gilt das auch für den angegriffenen Kommunisten, denn der hat den Krieg halt auch nicht angefangen).


Weißt Du eigentlich, was Du da schreibst? Du legitimierst hier gerade Adolf Hitler. Natürlich haben die Kommunisten Deutschland nicht angegriffen, aber die Deutschan haben weder Großbritannien noch Frankreich den Krieg erklärt. Nach Deiner These waren sie also im Recht?
s.o. Deutschland hat allen Garantiemächten implizit den Krieg erklärt (hat Deutschland später bei Japan im Bezug auf die USA ja auch so gesehen).

Und dann hast du noch geschrieben:

\"Ich kann aber nicht akzeptieren, daß die Untaten aus 12 Jahren
NS-Herrschaft nach 65 Jahren immer noch dazu herhalten müssen, jeden
Deutschen mit einem bißchen Nationalstolz das Gefühl zu geben, ein
verkappter Nazi zu sein.\"

Da ich keinen Nationalstolz habe, kann ich natürlich nicht sagen, ob man dann dieses Gefühl hat. Ich halte Nationalstolz (und zwar egal welchen) aber so und so für wenig wünschenswert. Da sind wir sicher unterschiedlicher Meinung. Aber natürlich ist z.B. nicht jeder, der dir deutsche Nationalmannschaft anfeuert, nur weil er Deutscher ist, gleich ein Nazi.
Gespeichert
wir meinten alles ironisch, auch die ironie.

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #56 am: 05. September 2011 - 09:47:31 »

Zitat
Warum man die SU ausgespart hat habe ich kurz in meinem vorigen Post zu erklären versucht, auch warum ich es für kluge - wenn auch nicht hochmoralische - Politik halte, dass man das gemacht hat.

Ja ganz wunderbar kluge Politik war das, da kann man ja fast nur wünschen, dass sich heutige Poltiker noch mehr ein Beispiel dran nehmen als sie es eh schon tun. Ein Land bewusst dem Messer auszuliefern um endlich einen Kriegsgrund gegen ein anderes zu haben ist natürlich äußerst klug; dann noch zu warten bis die Deutsche und Russische Dampfwalze Polen zertrümmert hat, während das ganze Ruhrgebiet von ner lächerlichen Hand voll Divisionen gedeckt ist, kann und muss man wohl als strategischen Geniestreich bewerten. Der Krieg hätte an diesem Punkt vorbei sein können; so haste halt am Ende nur halb Europa statt  einer Welt \"in der Leben nur sehr eingeschränkt erträglich wäre\" - kluger Allierter Politik sei dank. Dass den Allierten Polen sclicht s-c-h-e-i-s-s-e-g-a-l war, ist dir wohl noch nie in den Kopf gekommen? Und mit welcher Begründung hätte man Hitler Deutschland eigentlich der Sovjetunion vorziehen sollen, wenn es im Kampf gegen menschenverachtende Ideologien geht? Sag mir das doch mal. Zu dem Zeitpunkt hatte Stalin bereits mehrere Millionen Menschen auf dem Gewissen und hatte  mehrere unprovozierte Angriffskriege geführt, u.a gegen Finnland. Oder ging es den megaklugen Allierten einfach um etwas ganz anderes? Vielleicht hätte auch einfach 1918 jemand so \"klug\" sein können, dass der \"Korridor\" so oder so auf absehbare Zeit zu einen neuen Krieg zwischen Deutschland und Polen führen wird.

Zu deinem apologetischen Geschwafel über diese menschenverachtende Ideologie namens Kommunismus sag ich jetzt mal lieber nichts mehr.Haste wirklich gut \"aus der Geschichte\" gelernt, muss ich dir schon lassen.
Gespeichert

Thomas Kluchert

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.684
    • Dice Knights Berlin
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #57 am: 05. September 2011 - 10:11:07 »

@ Florian
Zitat
Es gibt eine demokratische Form des Sozialismus [...].
Ach ja? Wo findet man diese denn praktisch verwirklicht?
Zitat
Und ein anderes wirtschaftliches System zu präferieren ist nicht verfassungsfeindlich, [...].
Nein, das ist es nicht. Sozialismus ist aber mitnichten nur ein anderes wirtschaftliches System, es ist ja viel mehr ein Gesellschaftsentwurf mit einem ganz eigenen Menschenbild. Und da wirds eben langsam kritisch.



@ J.S.
Zitat
Und mit welcher Begründung hätte man Hitler Deutschland eigentlich der
Sovjetunion vorziehen sollen, wenn es im Kampf gegen menschenverachtende
Ideologien geht?
Die Erklärung ist doch denkbar einfach, du hast sie mit deinem Finnland-Beispiel mitgeliefert. Deutschland war bzw. schien militärisch einfach die größere Gefahr. Russland hatte ja in Finnland gezeigt, dass es nichtmal in der Lage war ein kleines Land am Rande Europas zu unterwerfen, während die Militärmaschinerie des Dritten Reichs alles plattzuwalzen schien. Außerdem dachte man sicher auch an den Ersten Weltkrieg, in dem Russland ja aufgegeben hatte. Und Russland bedrohte GB und Frankreich nicht direkt, jedenfalls nicht in der Form wie es Deutschland tat. Das hat zwar wenig mit Moral zu tun, durchaus aber mit kluger Politik.
Gespeichert

AndréM

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.785
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #58 am: 05. September 2011 - 11:49:04 »

Zuerst: Manche hier sollten diesen Thread hier als Diskussion und NICHT als persönlichen Angriff sehen und etwas entspannter durch die Hose atmen!

Zitat
Ja ganz wunderbar kluge Politik war das, da kann man ja fast nur wünschen, dass sich heutige Poltiker noch mehr ein Beispiel dran nehmen als sie es eh schon tun. Ein Land bewusst dem Messer auszuliefern um endlich einen Kriegsgrund gegen ein anderes zu haben ist natürlich äußerst klug; dann noch zu warten bis die Deutsche und Russische Dampfwalze Polen zertrümmert hat, während das ganze Ruhrgebiet von ner lächerlichen Hand voll Divisionen gedeckt ist, kann und muss man wohl als strategischen Geniestreich bewerten.

Das Problem bestand aber auch darin, dass selbst wenn sie gewollt hätten, sie es nicht materiell mit der deutsche/russischen Kriegsmaschinerie hätten aufnehmen können. Die Niederlage war also schon abzusehen. Da war es wirklich klüger erst Material zu sammeln und dann später zuzuschlagen. Das die britische Politik zu der Zeit kein Glanzstück war und Hitler zu Einmärschen einlud braucht man nicht nochmal zu erwähnen. Allerdings gibt es ja auch heute noch sehr viele Leute die lieber alles Verhandeln zu Tode verhandeln (selbst wenn sie dann eigentlich nur noch darüber verhandeln könnten, wo die Massengräber hinkommen...), als im Fall der Notwendigkeit auch mal einzugreifen (Jugoslawien anyone?). Selbst die amerikanische Kriegswirtschaft war erst dabei anzulaufen. Nebenbei lässt es sich heute mit all den verfügbaren Infos leichter urteilen. Damals hatte man aber weitaus beschränktere Infos zu Verfügung.

Zitat
Der Krieg hätte an diesem Punkt vorbei sein können; so haste halt am Ende nur halb Europa statt einer Welt \"in der Leben nur sehr eingeschränkt erträglich wäre\" - kluger Allierter Politik sei dank. Dass den Allierten Polen sclicht s-c-h-e-i-s-s-e-g-a-l war, ist dir wohl noch nie in den Kopf gekommen? Und mit welcher Begründung hätte man Hitler Deutschland eigentlich der Sovjetunion vorziehen sollen, wenn es im Kampf gegen menschenverachtende Ideologien geht? Sag mir das doch mal. Zu dem Zeitpunkt hatte Stalin bereits mehrere Millionen Menschen auf dem Gewissen und hatte mehrere unprovozierte Angriffskriege geführt, u.a gegen Finnland. Oder ging es den megaklugen Allierten einfach um etwas ganz anderes?


Ich empfehle mal den Film Vaterland, der eine recht realitätsnahes Bild der möglichen Welt danach abliefert.

Und Russland war Hitler in der Hinsicht vorzuziehen, dass man zu dem Zeitpunkt noch nicht das Ausmaß der stalinistischen Politik bezüglich der eigenen Bevölkerung kannte und dieses eher eine Chance hatte den Krieg zu gewinnen (Mehr Rohstoffe, größere Bevölkerung, riesiges Gebiet, dass einfach nicht zu erobern war (Hitler hätte von Napoleon lernen sollen). Mit Russland hatte man noch eine Verschnaufpause, bis die eigene Maschinerie in die Gänge kam, was auch viel ausmacht. Und bitte vergiss nicht, dass die Alliierten mehrere Male selbst mit Zusammenarbeit mit Russland kurz vor dem Zusammenbruch war (Amerikaner waren z.B. zur Zeit von Iwo Jima kurz vor dem wirtschaftlichen Totalkollaps). Hier haben teilweise einfach die Realitäten die Politik diktiert. Man hätte natürlich in Polen eingreifen können. Nur wäre mit einer weiteren Schlappe wie in Frankreich keinem geholfen gewesen. Und die wäre bei dem damaligen Rüstungsstand unausweichlich gewesen. Man war sich sicherlich klar, dass Russland auch nicht so toll ist, aber hier hatte man immerhin die Option die Konfrontation zu verschieben, bis man militärisch auf gleicher Augenhöhe war.

Nebenbei waren die Alliierten auch nicht immer auf der demokratischen Autobahn unterwegs. Hätten Charles Lindbergh und Ol\'Kennedy nur etwas anders gehandelt, wären die USA und Deutschland wohl eher Partner den Feinde geworden. Wir haben nicht hier die Demokraten und dort die Monster, sonder die Monster und Demokraten saßen auf allen Seiten, vereinfacht gesagt.

Zitat
Zu deinem apologetischen Geschwafel über diese menschenverachtende Ideologie namens Kommunismus sag ich jetzt mal lieber nichts mehr.Haste wirklich gut \"aus der Geschichte\" gelernt, muss ich dir schon lassen.

Bitte spar dir solche Ausfälle, das hat er nirgendwo gesagt!

@Kluchert
Bitte nicht schon wieder diese Grundsatzdiskussion über Sozialismus. Die Amis sind da schon so dämlich bei dem Wort nur an die Decke zu gehen, bitte nicht hier in Deutschland auch noch. Ich ziehe jedenfalls eine Soziale Marktwirtschaft die viele Elemente des Sozialismus trägt der heutigen neoliberalen Marktwirtschaft deutlich vor, die mich in vielen Dingen eher an die Wirtschaftspolitik im Dritten Reich erinnert (Die Opfer sind andere und auch werden sie nicht mehr vergast, aber beide treten den Menschen an sich mit Füßen und sehen sich als gottgegebene Naturgewalt mit der man leben muss, was sie eindeutig nicht sind)

@demokratischer Sozialismus
Gab es sogar in umgesetzter Form in der ersten Hälfte des 19. Jh. in den USA Nauvoo, Illinois. Und wir reden hier von einer Stadt die zu der Zeit etwa die Größe von Chicago hatte. Die Vereinigte Ordnung der Mormonen entsprach so ziemlich dem, was später als Sozialismus beschrieben wurde. Das System ging auch nicht an sich zugrunde, sondern wurde erst durch den totalen Vernichtungsbefehl des Governers ausgelöscht. Aus Angst vor der sich entwickelnden Wirtschaftsmacht der Stadt hatten sich nämlich einige Leute zusammen gefunden, denen Nauvoo ein Dorn im Auge war und da wurde auch vor Massenmord nicht zurückgeschreckt, dem zum Glück viele entkamen. Von daher kann so ein System schon funktionieren. Problem sind aber meist benachbarte Systeme, die darin eine Gefahr für sich selbst sehen. Warum nur?
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1315216996 »
Gespeichert
> I like Tabletoppers with a stiff upper lip but not a broom up their arse!

> Dublin Mud is a mix of Baily\'s and Guiness... and should not be used to paint ships!

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #59 am: 05. September 2011 - 12:13:22 »

Zitat
Während die Militärmaschinerie des Dritten Reichs alles plattzuwalzen schien

1. welche \"Militärmaschinerie\"? Das hört sich so an, als ob Deutschlands MIlitärausgaben die der Allierten himmelweit überstiegen und drohte unbesiegbar zu werden. Im internationalen Rahmen kann ich keine große Besonderheit der Deutschen Armee erkennen; im Bezug auf das Kräfteverhältnis im Westen 1940 war Deutschland sogar unterlegen. Ja sogar wenn Polen und die Tschechoslowakei ihre Differenzen überwunden hätten, wäre rein nach Divisionen gezählt (und die Tschechische Armee war zudem wirklich nicht von schlechten Eltern) eine gleich große Armee wie die Wehrmacht rausgekomen.
2.Wer wurde vor 1939 denn \"plattgewalzt\" von Deutschland? Dass Polen allein keine Chance hat dürfte wohl allen Beteiligten klar gewesen sein, unabhängig von einer angeblich unaufhaltsamen Wehrmacht. Dass man mit einem im Ersten Weltkrieg verhafteten strategischen und taktischen Denken nicht weit kommt, wusste man im Endeffekt erst, als der Westfeldzug verloren war, nicht vorher.

Zitat
aber hier hatte man immerhin die Option die Konfrontation zu verschieben, bis man militärisch auf gleicher Augenhöhe war.

Komischerweise geht ihr alle davon aus, dass die demokratischen Westmächte irgendwan einmal vorhatten den Kommunismus in Russland militärisch zu beenden. Wieso sollten sie das tun? Aus Philanthropie? Mir gehts es in meiner Argumentation im Grunde nur darum, aufzuzeigen, dass keineswegs eherne und noble demokratische Ziele die Politik der Westmächste bestimmten; man kanns auf Deutschland bezogen ruhig beim Namen nennen: es ging hier um Erhaltung der Versaillier Ordnung, nicht um die Bekämpfung von Totalitarismus. Und ja, dann kann man Russland auch mal ausblenden. Klug war das aber sicher nicht.

Was bringt uns das ganze Geschreibsel? Kriege unter dem Deckmantel der Menschenliebe und Demokratie sind ein Phänomen, welches aktueller nicht sein konnte, aber dennoch auf eine  relativ lange Tradition zurückblicken kann. Vielleicht kann ja der Verweis auf den Zweiten Weltkrieg den ein oder anderen mal dazu bringen, über die aktuellen Prinzipien der Westlichen Aussenpolitik nachzudenken. Darum geht es mir, nicht um mehr aber auch nicht um weniger.

Zitat
dass man zu dem Zeitpunkt noch nicht das Ausmaß der stalinistischen Politik bezüglich der eigenen Bevölkerung kannte

Was einfach falsch ist. Wieso schrieb Orwell denn Animalfarm und 1984? Als Antwort auf die westliche Kollaboration mit dem Stalinistischen Verbrecherregime, nicht weil er sprechende Schweine so lustig fand.


Zitat
Ich empfehle mal den Film Vaterland, der eine recht realitätsnahes Bild der möglichen Welt danach abliefert.

Nach was? Nachdem die Allierten, klug wie sie waren, den Polen die vertraglich zugesicherte Entlastungsoffensive im Westen zukommen liesen?  Ja, wär intressant zu lesen wies danach weitergegangen wär. Ein potentiell faschistisches Europa hätte sich zumndest wohl schon mal niemand aus den Fingern saugen müssen.
(das Buch ist trotzdem gut  ;)  Aber wenn du mir hier gewisse Dinge indirekt unterstellst..)
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1315218537 »
Gespeichert