Epochen > Absolutismus und Revolution

Die Lineartaktik im Spiegel zeitgenössischer Ordnungsvorstellungen

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Decebalus:

--- Zitat von: \'Rohirrim\',\'index.php?page=Thread&postID=211951#post211951 ---Ich habe allerdings noch nie in einer geschichtlichen Abhandlung gehört, dass sich Militärtechnik von Hof- und Gartenbautechnik beeinflussen ließ :) Wäre mal was Neues.
--- Ende Zitat ---

Ich denke, das Aurgument ist nicht, dass das Militär vom Gartenbau beeinflusst war. Sondern dass die Zeit des Absolutismus/Barock von statischen, geometrischen Ordnungsvorstellungen geprägt war, die sich sowohl im Gartenbau, im Tanz, der Körperhaltung als eben auch den militärischen Formationen niedergeschlagen haben.

Pappenheimer:
Ein bisschen seltsam finde ich den Mix aus Englisch und Deutsch, wenn z.B. ein deutscher Zeitgenosse auf Englisch zitiert wird und kurz hintereinander im selben Beispiel die Bezeichnungen Yard und Schritt auftauchen. Da kommt der Verdacht auf, dass zum Korrekturlesen keine Zeit war. Ein preußischer Schritt ist natürlich kein Yard.

Bei vielem klingt es mir arg spekulativ und als würden die zeitgenössischen Aussagen, die der Autor anzuführen weiß, etwas arg strapaziert. Natürlich fand man es auch ästhetisch schön, wenn eine ideale Aufstellung, also kein unförmiges Gedränge klappte. Aber dass man wegen dem Anblick der Lineartaktik den Vorzug gegeben hätte, klingt absurd, zumal so unschöne Knicke in der Linie, wo das Gelände es diktierte auch in Kauf genommen wurden. Glaubhafter fände ich es, wenn man Beispiel gewusst hätte, wo man zu Gunsten der Ästhetik tatsächlich auf einen Vorteil wie die Besetzung einer Bergkuppe oder die Vorziehung eines Flügels an einen Bach verzichtet hätte.

Freilich bot bei Mollwitz die preußische Infanterie, offenbar des Autors Lieblingsbeispiel, einen schönen Anblick, weil sich diese recht gut entfalten konnte.

Riothamus:
Die Theorie über die Spiegelung von Absolutismus und Kultur auf dem Schlachtfeld ist, zumindest was den Grundsatz belangt, schon älter. Aber ich habe den Eindruck, dass das Prinzip im fraglichen Aufsatz zu Tode geritten wird.

Flotter_Otto:
Ich denke auch, wie zuvor schon gesagt, das da was schon \"zu Tode geritten\" bzw. arg weit hergeholt ist.

Die militärischen Formationen jener Zeit entsprangen der damaligen Waffentechnik und wie man die mit diesen Waffen ausgerüsteten Truppen optimal einsetzen konnte. Hinzu kam noch, daß man die großenteils nicht freiwillig dienenden Mannschaften besser unter Kontrolle hatte (vor den napoleonischen Kriegen), bei der Art und Weise wie damals gekämpft wurde. In der napoleonischen Zeit boten die Formationen (z.B. Kolonnen) eine bessere Kontrolle und Manövrierbarkeit auf dem Schlachtfeld.

Da spielten andere Erwägungen wohl keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Davout:
Es ist immer wieder spannend sich einem Thema philosophisch aus verschiedenen Richtungen zu nähern, das mache ich auch immer wieder gerne. Mir scheint jedoch nach der Zusammenfassung das Thema doch etwas überinterpretiert zu werden. Sicher war da viel bunt und geometrisch (zumindest in der Theorie), ABER: letztlich hatte das alles doch nur brutale Effizienz zum Ziel - eben unter den der Zeit angemessenen Bedingungen. Linienformationen sind höchst verlustanfällig gegen Kartätschfeuer. Möglicherweise spielte das aber im 18. Jh. noch weniger eine Rolle, solange man nur Bleikartätschkugeln verwendete. Mit der Umstellung auf Eisen steigerte sich da auch die Wirkung.

Dem Argument mit der Ablehnung gezogener Gewehre kann ich nicht folgen. Wir haben es nicht mehr mit ritterlichen Kämpfern zu tun, die nur im Kampf Mann gegen Mann die Ehre suchen. Tatsache ist, dass sich in absolutischen Heeren letztlich mehr gezogene Waffen fanden als nach den Revolutionskriegen. Warum rüsteten den manche Armeen, z.B. die französische, unterm Königtum ihre Infanterieoffiziere mit Musketen aus, wenn der Feuerwaffeneinsatz kein Kampf der Gentlemen war?

Irgendwelche sozialen, politischen und ästhetischen Aspekte scheinen mir eher vernachlässigbar zu sein. Angesichts der zur Verfügung stehenden Waffen ergab sich die Nutzung solcher Formationen zwangsläufig. Man darf nicht vergessen, dass der Wandel hin zu einer gemischteren Taktik eben nicht auf soziale Veränderungen zurückzuführen war, ganz gewiss auch nicht auf veränderte Waffentechnik, sondern aus dem Unvermögen der vielen Rekruten der diversen Revolutionen geboren wurde. Der Bürgersoldat desertierte schließlich auch in Scharen, vielleicht sogar noch häufiger als der Söldner. Er war nur billiger zu ersetzen.

Grüße

Gunter

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