Die Dünnheutigkeit und die (scheinbare?) Intoleranz ist aber kein Phänomen des Sweetwater. Das lässt sich heute aller Orten feststellen. Es wird nur noch eine Meinung als richtig akzeptiert und alle anderen werden verteufelt und in der Regel deren Verfechter gleich mit. Noch dazu wird oft nicht mehr hinterfragt, was mit einer Aussage gemeint ist, so dass oft gerade Bemerkungen, die als auflockernder Scherz gemeint sind, als Beleidigung verstanden werden.
Die Ursachen sind zu einem guten Teil bekannt.
Schriftliche Äußerungen wirken anders als mündliche. Und heute wird das Internet auch von denen frequentiert, die nicht gewohnt sind, sich schriftlich zu äußern. Früher wurde auch in der Hauptschule verlangt, sich so zu äußern, dass andere einen verstehen. Heute ist das auch im Gymnasium nicht mehr so wichtig, da auf die spätere Anwendung abgezielt wird und nicht ein aufgeklärter Staatsbürger, sondern ein ausbildungsgeeignetes Arbeitsmittel das Ziel der Ausbildung in der Bundesrepublik ist. In einigen Bundesländern wurde es ausdrücklich gesagt, daher ist meine Formulierung nicht mal plakativ und m.E. gehen da unterschiedliche Auffassungen quer durch alle demokratischen Parteien.
Dann gibt es verschiedene Arten zu diskutieren. Wer Delbrück liest, mag sich wundern, warum er und seine Gegner nicht mit Waffen aufeinander losgegangen sind. Aber das war ein in der Geschichtswissenschaft weit verbreiteter Diskussionsstil, der ganz einfach dazu diente, die eigenen Argumente besser herauszustellen. Heute ist es nicht mehr ganz so schlimm, aber -zumindest in den Geisteswissenschaften- wird -schriftlich- ein Diskussionsstil gepflegt, der in anderem Zusammenhang brüsk bis unverschämt wäre, aber der besseren Verständlichkeit dient. Mitunter merkt man nicht, dass das so in einer normalen Diskussion nicht geht und auch mir passiert das schon mal. Auf den Stil ist man eben trainiert und, wenn man es nicht bewusst macht, ist es für die, die wenig anders schreiben, schwierig einen anderen Stil zu schreiben. Oft wird der Student sogar gleich im ersten Semester davor gewarnt.
Früher konnte man scherzhaft auf Kasernenhofton umschalten und jeder wusste Bescheid. Das entfällt heute auch, um Missverständnisse hinsichtlich der Sprachebene zu umgehen. Schriftlich war es ja sowieso nicht üblich und in einigen Kreisen nicht gern gesehen.
Daher habe ich die Burger aufgegriffen und scherzhaft weitergeführt, weil ich an der Stelle Missverständnisse befürchtete. Nur wird in Deutschland von einigen jeder Scherz, jede Auflockerung als Beleidigung aufgefasst. Da ist aber dann ein Punkt erreicht, an dem ich die Toleranz nicht weiterführen kann und will. Ein Unterschied von Tier und Mensch ist die Fähigkeit zu lachen, auch wenn Aristoteles da vermeintlich auf die Hyäne gestoßen wurde. Vielen gilt es sogar als \'der\' Unterschied. Und unmenschlich will ich nicht werden.

Und damit sind wir bei Emoticons. Sie sollten in der Regel nicht zur Verzierung dienen, weil sie eine Bedeutung haben.

bedeutet Ironie, wird von vielen aber als \"Ich gebe Dir jetzt Mal einen Tipp.\" aufgefasst. Das ist auch nicht beliebig, dass wurde definiert und im Netz sind Listen zu finden. Wenn jemand Emoticons benutzt ohne, dass er ihre Bedeutung kennt, ist das nicht gerade günstig für das Klima der Kommunikation. Natürlich ist es in Ordnung, wenn ab und an damit gespielt wird, aber ihre Aufgabe ist normalerweise die Verdeutlichung, wie etwas gemeint ist. Und wie an der gerade geführten Diskussion sichtbar, ist es eine wichtige Aufgabe.
Dann gilt es heute, massiv verbreitet von den Medien, als typisch für das Netz, dass es -sagen wir mal- ruppig zugeht. Unterbewusst ist das im Hintergrund, wodurch wir geneigter sind, uns angegriffen zu fühlen. Also ganz einfach vor der Antwort Luft holen und überlegen, ob es so gemeint ist.
Und da ich schon von \"der Student\" und \"Kasernenhofton\" gesprochen habe, muss ich noch \'Trigger\', dt. \'Auslöser\' nennen. Bestimmten Begriffen wird eine Aussage über ihren Benutzer zugeschrieben. Wer \'Student\' statt \'Studierende\' sagt, gilt vielen als Gegner der Emazipation, wer \'Neger\' sagt, auch in historischen oder ironischem Zusammenhang als Rassist. Beim \'Indianer\' wird der Unsinn deutlich: Auf Deutsch o.k. ist es auf Englisch nicht akzeptabel. Angeblich spielt es auch keine Rolle, ob man um diese Konnotation und ihren Hintergrund weiß. Da Ethik hier ausgeschlossen ist, berichte ich neutral und gebe weder Begründung noch Widerlegung zum Besten. Als Phänomen ist es aber zu berücksichtigen: Jemand, der bewusst auf auf Trigger reagiert, muss sich klar sein, dass er Streit ohne Grund provozieren kann. \"Sarotti-Mohr\" hat für viele nichts mit Kolonialismus zu tun, sondern mit Schokolade. Mal abgesehen, dass es ein anderes Wort ist. Auf der anderen Seite wurde der Begriff aus der Psychologie entnommen: Jeder hat etwas und auch jede Gemeinschaft hat Dinge, die für sie ein rotes Tuch sind. Trigger in diesem Sinne lassen sich also auch nicht abschaffen. Wer sich damit nicht auskennt -und wer kann behaupten, dass er alle Sprachregelungen kennt -, kann es eigentlich nur in die Signatur schreiben, was aber von den Verfechtern der Reinen Lehre als Äußerung der Dunklen Seite verstanden wird. Opium für\'s Volk eben.
Da gibt es sicher noch mehr zu sagen, aber die Dünnhäutigkeit findet sich im ganzen WWW. Wer deshalb nicht mehr Posten will, muss ihm zur Gänze den Rücken zukehren.
Besser ist es, sich klar zu machen, was es alles für nichtige Provokationsquellen gibt und von einer grundsätzlich höflichen Stimmung unserer Gespräche auszugehen. Es hilft, wenn nachgefragt wird, oder Missverständnisse und \"Aneinandervorbeireden\" auch von Dritten aufgeklärt wird. Manche meiner Posts wirken vielleicht widersprüchlich oder seltsam, weil ich schon mal Versuche zu zeigen, dass beide diskutierten Standpunkte ihre Berechtigung als Ansicht haben, auch wenn ich eine Seite vertrete. Ich tendiere eher zu weiter ausgearbeiteten Regelsystemen, finde einfachere aber nicht unbrauchbar. Schach hat auch einfache Regeln. Aber ich erkenne an, dass jemand zu dem Einen oder dem Anderen tendieren kann oder es gar für sich ausschließt. Ich akzeptiere aber nicht, wenn die andere \'Seite\' heruntergemacht wird oder zur Dunklen Seite erklärt wird.
Das wäre jetzt der Übergang zur Fôrderung von Intoleranz in der heutigen Zeit. Ich schrieb ja schon \"(scheinbare?) Intoleranz\". Aber dieser Post ist mir schon sehr lang geraten, daher später dazu.
Edit: Es scheint Mal wieder die Autokorrektur zugeschlagen zu haben. Nur habe ich gerade keine Zeit, es zu korrigieren. Und ich habe mindestens 2 Stunden zum Schreiben gebraucht, weil das nicht meine einzige Tätigkeit ist. Da wird sich einiges Überschnitten haben.