Irgendwo zwischen Helmgart und Eilhart, nahe der grauen Berge und der Grenze zu Bretonnia, lag die Grafschaft des Grafen Helmut von Kugler.
Der kleine Familienbesitz der von Kuglers war eine einfache Holzfeste, als Helmut sie von seinem Vater Wiedebald ĂĽbernahm, nicht groĂź und auch nicht im besten Zustand.
Die Finanzen der Familie waren auch nicht dazu angetan, Helmut bei Amtsantritt Freudentränen in die Augen zu zaubern, und überhaupt, man konnte nicht sagen, dass Kugelstein über die letzten Generationen gut geführt worden war.
Helmut trat also das Erbe an und langweilte sich furchtbar.
In den Krieg konnte er nicht ziehen, das Imperium war ausnahmsweise einmal in einer kurzen Periode des Friedens, auf dem Gut gab es rein gar nichts zu tun und fĂĽr die Jagd hatte er keinerlei Interesse ĂĽbrig.
Er streifte also voll schlechter Laune mit einer kleinen Gruppe Wächter durch die nahen Wälder und erreichte bei Mittag einen kleinen Berg, der ganz kahl von Bäumen war und nur aus groben Steinblöcken zu bestehen schien.
Irgendetwas an diesem Hügel weckte Helmuts Neugier, er kletterte etwas auf den Felsen herum und stand plötzlich vor einem kleinen Höhleneingang. Die Wände des Ganges waren seltsam glatt geschliffen und auch der Boden war gut ausgebaut, mit Treppen und all dem, und plötzlich standen er und seine Begleiter vor einer großen Halle, die den ganzen Berg auszuhöhlen schien.
Als Licht gemacht war, bot sich der kleinen Gruppe ein grausiger Anblick. In der Mitte der Halle lag eine riesenhafte, schon halb zu Staub zerfallene Spinne mit grässlich langen Beinen und einem gigantischen Rumpf, in dem allerlei Pfeile und Äxte steckten.
Um sie herum lagen die Gerippe kleiner Gestalten, es musste sich um Zwerge gehandelt haben, wenn man die Machart der Rüstungen und der Waffen näher in Augenschein nahm.
Helmut traute seinen Augen nicht – mitten in seiner Grafschaft ein Stollen voll toter Zwerge und einer toten Riesenspinne?
Und als sie die Halle näher inspizierten, entdeckten sie noch viel mehr sonderbares: in den hinteren Kammern und Räumen der Höhle fanden sie große Kisten und Säcke, Truhen und Körbe voller grober Kieselsteine. Und als sie diese öffneten und den Staub von den Steinen gepustet hatten, standen die Männer mit offenen Mündern eine ganze Zeit schweigend vor dem Bild, dass sich vor ihnen auftat:
Kistenweise hatten die Zwerge hier Gold, Silber und Edelsteine gehortet, mehr als sich irgendeiner der Männer auch nur hätte vorstellen können, nicht einmal in seinen kühnsten Träumen… Dieser Schatz musste mehr wert sein als ganz Altdorf!
Ungläubig wurden die nächsten Kammern inspiziert, und noch oft hörte man erstaunte Ausrufe und hysterisches Lachen ob der neuen Funde, die gemacht wurden.
Helmut strahlte vor Glück, als sie mit einigen großen Kisten zurück nach Kugelstein kamen und er mit seinem Berater und Financier alles weitere besprach. Dieser war nicht minder überrascht über den Fund, riet Helmut allerdings, den Berg umgehend militärisch zu sichern und kein Wort darüber zu verlieren, bis man sich nicht allem habhaft wäre, was in diesem Fels voller Gold gelagert war.
Gesagt getan, und im Laufe der nächsten Jahre wurde aus Kugelstein eines der reichsten Gebiete des Imperiums. Kugelstein selbst wurde groß ausgebaut und renoviert, prachtvolle und hohe Mauern, die sogar die Höhe der Stadtmauer von Altdorf überragten, wurden errichtet, und der Bergfried ragte über der kleinen Grafschaft auf, sodass man ihn weithin sehen konnte.
Klein.
Kugelstein war klein. Sehr klein sogar. Und das gefiel Helmut mit jedem Tag weniger.
„Wir können doch nicht so reicher als der Imperator sein, aber nur über wenige Hektar Land herrschen! Was sind das für Zustände, Fredericus?“, fragte er seinen Financier und starrte verärgert aus dem Fenster seines Palastes.
„Nun Sir, vielleicht ließe sich das ändern… Warum verleiben wir uns nicht die Nachbarstädte und Burgen der Umgebung ein? Wir sind derart reich, wir können jede Armee der Welt bezahlen! Wir könnten sogar Söldner aus Tilea anheuern!“ Dieser letzte Satz weckte wieder Helmuts Lebensgeister.
„Tilea? Leoparden? Riccos tapfere Garde? Die Bruderschaft? Aber natürlich! Fredericus, du bist ein Genie, das werden wir tun! Sende auf der Stelle einen Reiter nach diesen Regimentern, wenn wir schon derart reich sind, brauchen wir auch die beste Armee der Welt, um diese Welt zu unserer zu machen! Auf auf!“
Ein irrer Blick stahl sich in diesem Moment in Helmuts Augen, der bis auf einen kurzen Moment zwei Jahre später nicht mehr aus seinem Antlitz verschwinden sollte.
Fredericus bekam es etwas mit der Angst zu tun, vielleicht hatte er seinen Herren auf eine schlechte Idee gebracht, aber die Ausmaße dieser Worte sollte er bald genug abschätzen können…
„Warum man die Geschichte Helmuts von Kugler aus den Geschichtsbüchern und Annalen des Imperiums tilgte fragt ihr? Warum man nirgends mehr etwas davon lesen kann? Das Volk keine Kenntnis mehr davon hat, was sich in diesen Jahren des Wahnsinns und des Krieges ereignete fragt ihr?
Nun, ich kann es euch sagen: Der Imperator zittert heute noch ob des Namens `Helmut von Kugler´ und will diese Schande der Geschichte für immer aus den Köpfen der Menschen verbannen.
Warum fragt ihr?
Nun, ich kann es euch sagen: Wenn ein kleiner Graf an der Grenze des Reichs es fast vermochte, Kaiser über das Imperium zu werden und diese Tatsache weithin bekannt würde, was meint ihr, wäre dann in der Welt los? Sagt ihr es mir!“
+++ aus: „Die gesammelten Briefe und unveröffentlichten Werke von Albrecht von Druker“, letztes Exemplar aus der großen Bibliothek von Karaz-a-Karak, denn die Zwerge erinnern sich.+++








