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historical wargaming - was formt unser Bild?
Regulator:
Um nochmal für mich zurück zum Thema zu kommen, bzw. ob mich Filme \"inspirieren\". Ich würde mich schon als ziemlich \"korrekten\" historischen Maler einstufen. Irgendwie stört es mich einfach, wenn ich etwas male und ich weiß, dass es falsch ist. Die Recherche und das Malen macht mir eh am meisten Spaß, Spielen ist eher so zweitrangig. Das Gefühl eine Miniatur/ Armee fertig zu bekommen, ist einfach genial. Je moderner die Epoche, desto einfacher ist die Rekonstruktion.
Oft habe ich aber auch einfach nur Anfälle und will irgendwas malen. Da kann eine Recherche schon mal kürzer kommen und der Drang Minis zu kaufen und schnell zu bemalen ist da. Wenn man ein Projekt dann wirklich länger betreut, fällt einem immer wieder Kleinigkeiten auf, die man in der Vergangenheit vergurkt hat. Das habe ich mit den ein oder anderen Minis meiner Unions Armee für den amerikanischen Bürgerkrieg. Das geht zum Teil sogar soweit, dass ich die Minis eigentlich gar nicht mehr haben will und am liebsten neu malen würde.
Trotzdem gibt es irgendwo schon noch \'nen Unterschied für mich. Filme finde ich schon sehr wichtig. Die meisten geben schon irgendwo einen guten (ersten) Eindruck in die Geschichte, und je mehr Erfahrung man hat, desto leichter kann man Hollywood und die informativen Dinge aus einem Film differenzieren. Dann kommt man zu nem Punkt, wo man eine Film Figur schon gerne als Miniatur hätte, egal wie historisch unkorrekt sie eigentlich ist. Beispiel gefällig? Ich male gerade die Charaktere von Rorke\'s Drift. Dank so \'nem uralt Schinken-Film haben wir eine exakte Vorstellung, wie die Charaktere aussehen. Wir lernen aus dem Film sogar die Charakterzüge der Involvierten und machen uns ein Bild von der Schlacht.
Wenn man sich dann etwas zum Thema einliest, bemerkt man aber schnell die Fehler: Der Seargent war gar nicht so ein guter und disziplinierter wie im Film, die Offiziere hatten viel länger gedient und ihr Abschluss wäre garnicht so wichtig für die Befehlskette, Henry Hook war ein richtig guter Soldat, usw. usw. Es geht sogar soweit, dass wir zu den meisten sogar echte Fotografien und Uniformen haben. Und nicht deshalb sondern trotzdem haben wir nur die Hollywood Charaktere im Kopf. Empress hat ein richtig schönes Hollywood und \"reales\" Set gemacht... und jetzt ratet welches ich male: natürlich das Hollywood Set mit den falschen Uniformen :thumbsup:
Pedivere:
Gutes Beispiel!
es wäre eine interessante Diskussion zu eruieren, ob der Film, der eigentlich die Hauptcharaktere ersetzt hat, sie handeln ja im Detail anders, trotzdem eine historisch Korrekte Darstellung der Ereignisse ist. Ich wäre im Großen und Ganzen dafür - die Frage wäre für mich nur wie groß der Punktabzug ist. Und ich meine damit nicht die falschen Gewehre in manchen Szenen, denn sie hatten nicht genug Munition für die echten.
Graf Gaspard de Valois:
Bitte definiere doch einmal, was ist Deiner Meinung nach eine \"historisch korrekte Darstellung\"?
Ich denke es ist in diesem Fall eben Keine, weil es sich in der Realität anders abgespielt hat.
Trotzdem ist es, meiner Meinung nach, ein klasse Film!
Pedivere:
das merkt man ja, daß eigentlich jeder von uns fast seine eigene Definition hat.
Für mich ist die, sagen wir mal, historisch wertvolle Version, ich glaube \"authentisch\" wäre tatsächlich der korrekte Begriff, wenn (Spiel oder Film?), Handlung, Setting, Plot, Szenario, Aussehen, Landschaft historisch korrekt sein könnte und möglichst Nahe am tatsächlichen Geschehen ist. Abweichung sollten begründbar sein und möglichst vermieden werden, sind aber dann hinnehmbar wenn der Gesamtkontext sich nicht ändert.
Wenn es ein Film ist, dann sollten Details der Handlung die evtl abweichen das historische Gesamtergebnis nicht verändern.
Wenn es ein Spiel ist muß es allerdings ein freies Gestalten durch die Spieler geben, sonst macht das Medium -Spiel- wenig Sinn.
Insbesondere bei Schlachtereignissen deren historische Analyse ergibt daß sie kaum zu ändern gewesen wären führt das ja dazu daß sie unspielbar werden. Dann muß natürlich das Auflösungsniveau der Situation oder der Grundaufbau verändert werden. Rorke\'s Drift und Islandwhana sind da ein gutes Beispiel, denn das sind eigentlich Lehrstücke deren Spiel wenig Sinn machen, besonders Ersteres. Dann müßte man zB taktische Bewegungen der Briten erlauben welche die zersplitterten Teilstreikräfte wieder zusammenführen. Also im Prinzip die taktischen Fehler der Anführer ausgleichen indem \"jemand Anderes\", der Spieler, diese Rollen übernimmt.
Darum wären, um bei AZW zu bleiben, diverse andere Gefechte spannender zu spielen die lange Zeit unentschieden waren.
Um nochmal zur Abweichung zu kommen, jeglicher Art - solange sie historisch begründbar ist, muß sie erlaubt bleiben weil sie dem Zweck, nämlich das Spiel durchzuführen, dienlich ist. das kann eine Einheit sein die zurückgeblieben ist, eine andere Aufteilung der Streitkräfte, ein anderes Machtgleichgewicht zwischen verbündeten Befehlshabern, ein vorangehendes Ereignis das die Ausgangslage ändert, usw. Also im Prinzip all das was einen gut recherchierten kontrafaktischen Roman ausmacht.
Wenn man jetzt allerdings an professionelle Kriegsspiele denkt, auf Militärakademien - die werden manchmal durchgeführt damit die Kadetten ein besseres taktisches Verständnis erlangen - in diesem Fall ist die exakte Nachstellung sehr wichtig, und auch das kann interessantes Wargaming sein. Das ist wenn wir ein Neues System probespielen oder eine neue Epoche, damit wir uns besser in das Setting einarbeiten. Es muß halt immer ein Aspekt variabel bleiben, Minimum, sonst macht es wenig Sinn.
Camo:
Filme sind immer in zwei Gruppen unterscheidbar... Unterhaltung und Dokumentation. Unterhaltung kann dann weiter unterteilt werden in \"komplett fiktiv\", \"teilweise fiktiv\" und \"man bemüht sich um eine korrekte Darstellung\". Das gilt eigentlich immer, ob das nun eine Serie wie Vikings oder ein Spielfilm wie... ach, was weiß ich, Generals oder Waterloo ist. Unterhaltung hat keinen wirklichen Anspruch auf Realitätstreue... und ich erwarte das auch nicht unbedingt. Für Fakten suche ich nach Dokus, für Unterhaltung nach Filmen und Serien. Natürlich beeinflussen einen auch die Unterhaltungssendungen... das ist dann aber wieder die persönliche Präferenz: Bleib ich beim Bild, das ich durch die Unterhaltungssendung habe oder suche ich mir die Fakten raus, was möchte ich haben.
Ich persönlich komme mit beidem klar, warum auch nicht? So lange man nicht behauptet, die Alan Quatermain-Filme wären geschichtliche Dokumente (natürlich sind sie es, das wissen wir spätestens seit Galaxy Quest ganz genau. ;) ) ist das ja auch kein Problem. Ich habe extrem coole Quatermain-Platten gesehen, warum sollte man sowas auch nicht spielen? Ist doch eh alles nur ein Spiel, was nach der Aufstellung stattfindet...
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