Allgemeines > Bücher, Filme, Publikationen

Mit dem Degen in der Faust - Mantel- und Degenfilme Alt und Neu

<< < (21/35) > >>

Pappenheimer:
Ich konnte mich an diesen Schmarrn mit Staraufgebot eigenartigerweise nicht mehr erinnern. Hier der Review zu einer der neueren Mantel- und Degenpossen.

"The Musketeer - Der junge D'Artagnan"
UK, D, Lux., USA 2001
Regie: Peter Hyams
Darsteller: Justin Chambers, Tim Roth, Mena Suvari, Catherine Deneuve, Stephen Rea

Handlung: Frankreich zu einer nicht näher definierbaren Zeit (Königin Anne ist alt aber hat noch keine Kinder - also wann soll das bitteschön spielen?) vermutlich im 17. Jh.. Nachdem D'Artagnans Eltern vom fiesen Febre aus unerkennbarem Grund ermordet wurden, wächst er in der Obhut von Planchet heran, der ihm die Kampfkünste etc. beibringt (???). Als junger Mann kommt er nach Paris, um Monsieur de Tréville aufzusuchen. Dieser ist mittlerweile ein Greis und wurde in den Kerker Richelieus geworfen (what???). Zuerst befreien D'Artagnan und ein paar andere Tréville, dann verhindern sie einen Anschlag auf das Königspaar, als ein vom Kardinal angestachelter Mob das Schloss stürmt. Derweil hat Febre, die recht Hand Richelieus, den spanischen Gesandten ermordet (what??? - und es gibt keinen Krieg?).
Febre bekommt den Auftrag es so zu bewerkstelligen, dass Buckingham England in einen Krieg gegen Frankreich schlittern lässt (why - tell me why???). Doch anders als nach den Plänen des Kardinals, entführt Febre schließlich die Königin und Buckingham auf ein Schloss. Nach einem Reiterangriff der Musketiere (???) auf das Schloss wird dieses erobert und die Königin und Francesca, die Tochter einer Näherin der Königin (???) befreit.

Was war denn da los? Also die italienischen Filme des Genres sind ja schon hirnrissig. Aber dieser Schinken ist ja der totale Verkehrsunfall. Eine absurde Story, die außer ein paar Namen - wobei sogar Constance Bonancieux und Lady de Winter z.B. fehlen - nichts mit den Romanen von Dumas gemein hat, ist der Vorwand irgendwelche aneinander gereihte Actionsequenzen aufzuführen. Selbst wenn man nun annimmt, dass ähnlich wie in dem Maciste-Universum des Sandalenfilms die ganze historische Rahmengeschichte zu ignorieren ist, sind selbst die hier vorhandenen Charaktere in sich null Prozent schlüssig. Da fehlt schon die Motivation zu Entscheidungen. Mal geht Richelieu die Gefahr ein, dass der König auf einem Bankett von seinen Häschern ermordet wird, dann aber schreckt er vor der Entführung und Ermordung der Königin zurück. Ähnlich wie bei "Die drei Musketiere" von 1993 (Stephen Herek) bleibt der Streifen die Erklärung schuldig, was Richelieu der Sturz von Louis XIII denn überhaupt nutzen soll. Richelieu ist geistlicher. Nach dem Tod des Monarchen würde eben ein anderer Bourbone auf den Thron kommen und dieser würde, da Richelieu nicht in dem Maße vertraut, den Kardinal wahrscheinlich sogar absetzen. Die ganze Provokation des Krieges mit England UND Spanien ergibt keinen Sinn. Warum ist dann nicht sofort Krieg, als der Gesandte ermordet wurde? Was soll Richelieu das Chaos nützen? Würde man es nicht einfach ihm anlasten?
Die Kampfszenen an sich widersprechen allen Begriffen der Physik. Menschen in barockesken Klamotten die dreifache Saltos durch die Luft machen zu dem Zweck ein paar Sekunden später wieder an der selben Stelle zu landen. Die Rapiere (?) haben unglaublich harte Klingen und werden auch zum Festheften an Deckenbalken benutzt(???) und noch mehr Clownsnummern. Rochefort kann offenbar nicht kämpfen. Die Musketiere sind völlig bescheuert und reiten auf ihren Pferden auf eine Burg zu, von der sie mit Kanonen und Kleingewehr niedergemäht werden. MUSKETiere! Selten mal mit ner Muskete unterwegs!
Das Kostümbild erinnert ein bisschen an Comics. Der König hat ne lustige Perücke wie aus nem Low Budget Märchenfilm. Wie ne Märchenfigur wirkt auch die alte Königin.
Dem Cast, der sich teilweise aus Superstars wie Tim Roth und Catherine Deneuve und das in den Hauptrollen zusammensetzt, macht dieser Quatsch auch offenbar kaum Spaß. Die Filmkritiken spiegeln das wider. Vermutlich wieder das Problem wie bei ähnlichen Versuchen, nen Superheldenfilm mit ner Mantel- und Degenstory zu kombinieren, dass die Charaktere einfach so abwegig werden, dass den Schauspielern nicht einfällt wie sie diese widerspiegeln sollen.
Als einer der wenigen positiven Aspekte ist die Kameraarbeit zu bewerten und die teilweise erstaunlich gut ausgewählten Waffen und Drehorte.

Darsteller *
Bilder ***
Story
Fechtszenen *

Pappenheimer:
Es gab schon 1946 eine Art Nackte Kanone, denn dieser Mantel- und Degenfilm ist ein früher Slapstickfilm mit einer irgendwie banalen aber auch irren Handlung.

"Monsieur Beaucaire"
USA 1946
Regie: George Marshall
Darsteller: Bob Hope, Joan Gaulfield, Patric Knowles, Marjorie Reynolds, Joseph Schildkraut

Handlung: Frankreich irgendwann im 18. Jh.*. Um den mit Spaniens König Philipp drohenden Krieg abzuwenden, beschließt König Louis einen Prinzen seiner weitläufigen Verwandtschaft, nämlich den Duc de Chandre mit einer spanischen Prinzessin zu vermählen. Das Problem ist, dass sich der Duc allerdings in des Königs Mätresse Mme. de Pompadour verliebt hat und keine Lust zeigt nach Spanien zu gehen. Da trifft es sich gut, dass der trottelige königliche Barbier Beaucaire im Kerker sitzt und als falscher Duc eingespannt werden kann. Dann folgt die übliche Verwechslungskiste mit Diener als Herr und Dame als Dienerin blabla. Derweil versucht der General Don Francisco auf jegliche Weise einen Krieg zu provozieren. Nachdem alle Mordanschläge auf den falschen Duc gescheitert sind, bemerkt Don Francisco die Verwechslung und versucht nun daraus seinen Vorteil zu ziehen. Alles endet in einem aberwitzigen finalen "Duell".

Der Film entspricht den Gepflogenheiten der Zeit. Also 95-99% im Studio gedreht, was auf mich heute einen beinahe klaustrophobischen Eindruck macht. Die Kostüme zeigen immerhin Reverenzen an die Handlungszeit, wenngleich da viel vermixt ist. Bemerkenswert allerdings die erstaunlich historisch richtig wirkenden Degen, auch wenn sie genretypisch unglaubliches leisten können (etwa einen Konterbass entzwei hauen).
Die Handlung ist natürlich absurd. Es ist ein bisschen schade, dass sie nullprozentig spannend ist. In einer Welt in der sogar Louis XV einfach so als Überraschungsgast auf einer Hochzeit aufploppt und von spanischen Palastwachen mit der Partisane bedroht wird, kann einfach alles passieren und wenn alles passieren kann nimmt das jedem Plot den Reiz.
Der Film lebt v.a. von den durchweg überzeugenden Schauspielerleistungen nicht nur von Comedian Bob Hope, sondern auch vom Rest des Cast, dem der ganze Unsinn offenkundig noch Spaß macht.

Darsteller ****
Bilder *
Story **
Fechtszenen **

* Handlungszeit:
Der Film mixt zahlreiche, um nicht zu sagen eine Flut an tatsächlichen historischen Ereignissen aus der Herrschaft von Louis XV, dass es regelrecht atemberaubend ist wie der Drehbuchschreiber das alles unterbringen konnte. Zeitlich lässt sich der Film nicht verorten, da die verschiedenen Angaben einfach nicht zusammenpassen.
1. Philipp V. als König von Spanien. Er starb offensichtlich vor dem Höhepunkt des Einflusses von Mme. de Pompadour bereits 1746. Sein wechselhafter Charakter und seine aggressiven Ansichten bis hin zu einem Krieg mit den franz. Bourbonen passen aber historisch.
2. Das Heiratsprojekt zur Beilegung der Spannungen zw. span. und franz. Bourbonen. Gemeint kann hier wahrscheinlich nur die Vermählung von Louis mit der Tochter des Regenten 1722 gemeint sein.
Es gab auch die Vermählung zw. Maria Teresa von Spanien mit die franz. Dauphin 1744/45. Dazu würde passen dass im Film auch die Prinzessin Maria heißt; nur fehlt dann eben der Dauphin und warum kommt dann der Duc an den spanischen Hof und nicht umgekehrt?
3. Madame de Pompadour war die Mätresse des Königs seit der 2. Hälfte der 1740er, unangefochten dann in den 1750ern.
4. Einmal ist davon die Rede, das Königspaar sei 40 Jahre verheiratet, was die Handlungszeit in das Jahr 1765 also kurz vor den Tod der Königin Marie von Frankreich datieren würde. Mme. de Pompadour allerdings war zu dieser Zeit entweder kurz vor ihrem Tod oder gerade gestorben.
5. Zu den 1760ern würde der am Ende schon reifere Washington passen.
6. Ein kleiner Joke: die Guilottine vor der sich Beaucaire fürchtet.

Sogesehen also franz. Geschichte im Zeitraffer.

Pappenheimer:
Nach seinem fulminanten Erfolg auch bei den Oscars mit "Tom Jones" meinte Tony Richardson offenbar, Fielding ist ne sichere Kiste und legte noch ne Schippe drauf. Das Ergebnis war entsprechend ein Kassenflopp, den sich Richardson aber offensichtlich selbst zuzuschreiben hat.

"Joseph Andrews"
UK 1977
Regie: Tony Richardson
Darsteller: Peter Firth, Ann-Margreth Olsson, Michael Hordern, Jim Dale, Natalie Ogle

Handlung: Joseph Andrews wächst in der Umgebung der snobbistischen Lady Booby auf, die schon immer ein Auge auf ihn geworfen hat. Nach dem haarsträubenden Tod ihres Gemahls beginnt eine Odyssee  durch England. Denn er liebt Fanny Goodwill und will nicht von ihr lassen. Dabei kommt es zu satirischen Episoden wie bei einem sadistischen Adligen. Schließlich als Joseph seine moralische Einstellung aufgibt und mit Fanny schläft, erfährt er von seinem Protegé Vikar Adams dass er und Fanny Geschwister sein sollen. Doch auch das scheint ein Trugschluss zu sein...

Was in "Tom Jones" schon höchst satirisch überspitzt wirkt, ist hier zur Groteske noch gesteigert mit einem Kostümbild der grellen Farben, das schon schwer die Geschmacksgrenze übersteigt. Das hat auch mit aristokratischer Dekadenz des 18.Jh. nichts mehr zu tun, sondern ist regelrecht abstoßend. Obwohl teilweise gute Kameraarbeit vorliegt, sind doch auch viele Szenen einfach überdehnt so dass der Film im Gegensatz zu "Tom Jones" oftmals langatmig und regelrecht langweilig wird. Da helfen auch nackte Möpse und das ausladende Dekolleté von Lady Booby nix. Aus dem sich selbst und Schnulzen wie "Pamela" karikierenden Roman Henry Fieldings hätte man bestimmt mehr machen können.
Ein wenig zusammengekittet wird der Film durch die schauspielerische Brillanz und die sichere Auswahl in der Besetzung, allen voran Ann-Margereth, der ihre Rolle als liebeshungrige Intrigantin offensichtlich enorm Spaß machte. Aber auch Natalie Ogle als ahnungslose Liebe vom Land ist einfach entzückend.
Für den Swashbuckler Fan bietet der Film leider so ziemlich nix, auch wenn Andrews eindeutig als Charakter ähnlich Tom Jones angelegt ist.

Darsteller ****
Bilder **
Story **
Fechtszenen

Pappenheimer:
Ich find's schade, dass "Harlots" so ein langweiliger Schmarrn geworden ist. Hätte auch nen netter moderner Swashbuckler mit ner Prise Sex and Crime beeinflusst von Clelands "Fanny Hill" werden dürfen. So aber nur eine Art seichte Soap mit ner Prise Moral. Dabei ist Samantha Morton in der Hauptrolle so großartig.

D.J.:
Uuuuh ... Moralin-Soaps ... da macht Papa immer einen groooooooßen Bogen drum, denn der einzige, der Moralin versprühen durfte und darf, ist bei mit Jean Luc Picard.
Aber der ist ja auch eine andere Zeitschiene ;)

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln