Wir schreiben das Jahr 1968
Vielleicht liegt es ja in den Genen von jungen Buben begründet, dass sie gerne “Krieg” spielen.., ich weiß es nicht, Fakt ist und war jedoch, dass ich es gerne tat. Ich spielte einfach immer wieder „Landung in der Normandie“…und anders als in der Realität, gewannen bei mir eigentlich fast immer die Deutschen.
Diese „Schlachten“ wurden von mir meist in meinem Abenteuerland, also meinem Sandkasten, geschlagen. Dort konnte ich alle Stellungen und Schützengräben nach Lust und Laune (und natürlich dem mir eigenen taktischen Genius…) nachbauen.
Dumm wurde es nur im Winter…, oder wenn es draußen regnete. Ich begann Vater zu beknien, dass er mir doch bitte eine schöne Holzplatte besorgen sollte. Groß genug, dass ich die Normandie darauf aufbauen konnte.., und zugleich klein genug, dass sie unter mein Bett geschoben werden konnte. Vater sah also…, dass ich mitdachte, was die Größe der Platte betraf.., und diese Tatsache des Mitdenkens gefiel Vater…
(was ich natürlich vorausgeahnt hatte), und er entschied, dass ich eine solche Platte bekommen sollte.
Nicht lange danach bekam ich meine Platte, die ich sofort zur Normandie „umbaute“
Gerechnet an der Größe der Platte und der Menge an Gips, welche ich verbrauchte, ist mir heute ein wenig schleierhaft, wo ich all diese Menge Gips auf dieser Platte unter bekam. Nun, zumindest hat es, zu Beginn, gut ausgesehen.
Allerdings wurde dieses „Gipsgelände“ soo schwer, dass sich die Platte nicht mehr auf den Tisch hieven lies. Zumindest nicht von mir alleine. Ergo…, verschwand mein „Landeabschnitt Omaha“ erst einmal unter dem Bett.
Dort verbrachte er ungefähr eine Woche.., bis ich ihn wieder hervorholte und ihn zu bemalen begann. Nach etlichen Stunden hatten sich die Gips- Schützengräben und Stellungen der Mini-Normandie…, und mein Aussehen, ziemlich aneinander angepasst. Zumindest, was die Farbgebung betraf.
Doch, ich kann mich sehr gut erinnern, dass Mutter nicht gerade begeistert geklungen hat, als sie meine „Tarnfarbenbefleckte“ Kleidung sah.
Natürlich konnte ich meine Mutter nicht verstehen…, im Krieg mussten nun mal Opfer gebracht werden..!
Mit dieser Platte sollte ich zukünftig unzählige Schlachten in meinem Zimmer schlagen…, und immer ging alles gut…, dann jedoch…, erschien sie langsam am Horizont.
ARMAGEDDON…., die Mutter aller Schlachten. ..!
Zunächst einmal befand ich zu dieser Zeit, dass mein Wasserfarbenanstrich des Gipses nicht „echt“ genug aussah. Was an sich noch kein Problem darstellte, denn ich wusste zum einen, wo es viel Moos gab…, und ich wusste, dass es im Schuppen einen großen Eimer mit Spezial Kleber gab.
Der Rest war quasi ein Kinderspiel. Ich klebte den Moos, den ich fein säuberlich von den Zierrabattsteinen des Nachbargartens ablöste…, (meine Rache am Nachbarn, dass er eines Nachts einfach „meinen“ Mirabellenbaum in unserem Garten gefällt hatte, weil dieser zuviel Schatten auf des Nachbars Garten geworfen hätte…).mittels Unmengen von Klebstoff auf die Gips-Stellungen. Danach veränderte ich den Maßstab des Modells, indem ich mir ein großes Buschhaus auf die Platte baute, um mit größeren Figuren darauf spielen zu können. Dieses Buschhaus sollte aus Bambus bestehen, Der einzige Bambus jedoch, der zudem noch nicht einmal sehr stabil war, befand sich an der Rückwand von Vaters Gartenhaus. Es war wie eine Art Große Matte…, aus der ich mir mit einer Zwickzange jetzt aus der Mitte ein großes Stück herausschnitt. (Vater hat das zum Glück erst eine ganze Weile später bemerkt…)
Der Rest war ein Kinderspiel. Mit gut einem Kilo Pattex kannst Du Dir schon ein recht stabiles Haus zusammenkleben. Die restlichen vier Kilo dieses höchst penetrant riechenden Klebstoffes hatte ich ja zum Verkleben des Mooses gebraucht. Nun.., der Klebstoffeimer war leer.., und mein neues Kampfgebiet war fertig.
Fast…!
Dieses Mal wollte ich die Schlacht richtig machen. Also verlegte ich Sprengladungen aus Feuerwerkskörpern welche sich noch in meinen „Schwarzbeständen“ befanden.
Es muss hier einmal gesagt werden, das dieses Verlegen und Aneinanderknüpfen von Unmengen von kleinen Zündschnurstücken alleine schon ein Kunstwerk darstellte. Wie ich aber schon sagte…, dieses Mal sollte es perfekt werden. Perfekt bedeutete.., dass ich auch noch „Flammenwerfer“ einsetzen wollte. Also suchte ich so lange, bis ich Vaters Benzinampullen zum Befüllen seines Feuerzeuges gefunden hatte.
Die Mutter aller Schlachten konnte also beginnen…! Nachdem alle Figuren aufgestellt waren, zündete ich die Zündschnüre an. Was soll ich sagen…?
Die Ladungen hatten einen geradezu durchschlagenden Erfolg..! Überall auf der Spielplatte flammten an den Stellen der Ladungen kleine Brandherde auf.., die sich dank des brennbaren Klebstoffs auch schnell ausbreiteten.
Das verspritze Feuerzeugbenzin gab einen vortrefflichen Flammenwerfer ab…, und als das Bambushaus „getroffen“ wurde und ebenfalls sofort zu brennen anfing…, war ich mir sicher, dass dieses in der Tat, die „Mutter aller Schlachten“ war.
Inzwischen stank es in meinem Zimmer erbärmlich und sinnevernebelnd nach einer Mischung aus Benzin, Pattexklebstoff, halbverfaultem Moos und geschmolzenem Plastik.
Die Flammen, die auf verschiedenen Stellen des Spielbretts loderten, wurden immer höher.., und alsbald gedachte ich, dass es wohl besser wäre, diese Brandherde wieder auszublasen. Diese Versuche scheiterten jedoch kläglich…, überhaupt das Bambushaus, welches eigentlich nur aus höchst brennbarem Material bestand zeigte sich gegen meine „Ausblasversuche“ mehr als resistent.
Inzwischen begannen die Flammen stark stinkende, schwarze Qualmwolken auszustoßen, welche zwar zu der Schlacht, jedoch nicht mehr zu meinem, sich rapide verschlechterndem Gemütszustand passten.
Mit immer dicker werdenden Backen, versuchte ich immer schneller, die höher schlagenden Flammen auszupusten. Was bestimmt höchst lustig anzusehen war.., setzte mich persönlich unter einen höchsten psychischen Stress.
Glücklicherweise nahte die Rettung in Form eines Kleidungsstückes…, welches ich aber aufgrund der heftigen Rauchentwicklung im Zimmer inzwischen nicht mehr recht erkennen konnte. Nun gelang es mir endlich.., in letzte Minute einen regelrechten Großbrand zu verhindern. Ich konnte das Bambushaus löschen…!
Erschöpft sank ich ein wenig in mich zusammen…, als die Spannung in mir abebbte. Mein Blick fiel auf das Kleidungsstück. Es war der weiße Kasmhere Pullover von Mutter und er hatte ein sehr großes Brandloch… , welches selbst mit viel gutem Willen nicht mehr zu übersehen war.
Als ich gerade begann, über diese höchst dramatische „Ermordung“ eines Kleidungsstückes von Mutter nachzudenken, öffnete sich die Tür.., und ich konnte sogleich von Mutter erfahren.., was sie von dem Brandloch in ihrem Lieblingspullover hielt.
Nein…, das waren keine lieben Worte, die dann fielen. Und nein…, die „Normandie-Platte hat den Sturz aus dem Fenster ebenfalls nicht überlebt.., „Omaha Beach“ zerbrach krachend auf dem Gartenweg.
Tja, durch den vielen Rauch konnte ich auch die Hand von Vater nicht sehen.., die sich mit Ohrfeigengeschwindigkeit meinem Gesicht näherte.
Gespürt hab ich sie allerdings deutlichst…
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