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Diskussionsthema - Der Untergang des Weströmischen Reiches

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severus:

--- Zitat --- Selbst das neue Staatsoberhaupt hat mit großen Mühen eine Kontinuität
zur Republik gesucht. Ist also die Republik überhaupt nicht
untergegangen? Für mich kann man durchaus den Begriff „Untergang“ bei
der Republik anlegen und das Imperium Romanum und sein Untergang, ist
für mich mit einem ähnlichen Blickwinkel zu betrachten. Auch wenn sich
für den einzelnen „kleinen Bürger“ vielleicht nicht viel geändert hat,
so wurden doch grundlegende Strukturen zerstört oder komplett verändert,
so dass man das, was man vorher als A definiert hat, später nur noch
als B wiedererkennt.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, die Zäsur 476 ist schon ganz gut gewählt. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Herrschaftsbereich des weströmischen Kaisers auf Null geschrumpft. Das ist für uns zur Strukturierung ganz hilfreich. Transformation ist übrigens keineswegs euphemistisch. Es ist die neutrale Formulierung eines Übergangs in eine neue Form. Sie sagt aber überhaupt nichts darüber aus, wie dies vonstatten ging. Transformation ist meines Erachtens der einzig treffende Begriff, weil sich einer Wertung enthält und dem Rechnung trägt, dass die Zeitgenossen die Veränderung garnicht bemerkt haben könnten. Meiner Meinung nach treten Unterschiede erst dann zutage, wenn man die Vergleichspunkte genügend weit weg voneinander wählt und dann schaut, was sich verändert hat und was geblieben ist. Das kann der Historiker aber selten die Zeitgenossen.

Aber um mal im Bilde zu bleiben. Waren die ehemaligen Foederativerbände, auf die sich Odoaker stützte, auf einmal, nur weil der Kaiser weg war wieder oder immer noch felltragende Barbaren? Oder waren sie das, was man als den Rest des weströmischen Heeres ansehen konnte, das wie so viele Male vorher einfach einen General auf den Schild gehoben hat?

Was den Untergang der Republik anging, nunja es gab Zeitgenossen, die das genau andersherum sahen. Nämlich als Wiederherstellung der Republik durch den Princeps. Und ich denke auch, dass der entscheidende Unterschied zwischen Augustus und sagen wir mal Pompeius weniger in ihrem Handeln und ihren Methoden lag, sondern eher bei ihren Widersachern. Genauer dem Fehlen solcher Widersacher bei Augustus. Weil die Senatsaristokratie nach dem hohen Blutzoll beinahe eines Jahrhunderts Bürgerkriege weder willens noch in der Lage war, sich einer solchen Machtanhäufung bei einer Person entgegenzustellen. Augustus war bei weitem nicht der Erste, der so viele Sondervollmachten hatte. Das Neue trat bei ihm meiner Meinung nach erst am Ende seiner Herrschaft auf. Nämlich bei seinem Versuch, eine Erbmonarchie zu schaffen. Ansonsten war geradezu um Kntinuität und Tradition bemüht.

Thaddäus:

--- Zitat von: \'severus\',\'index.php?page=Thread&postID=192625#post192625 ---Transformation ist übrigens keineswegs euphemistisch.
--- Ende Zitat ---
Transformation ist sehr wohl euphemistisch, wenn durch diesen Begriff die negativen Aspekte eines Ereignisses \"verschleiert\" werden. Grade weil dieser Begriff wertneutral ist, habe ich meine Bedenken ihn für Ereignisse wie den Untergang des Römischen Reiches zu nutzen. Du sagst selbst, dass es eine Zäsur gab und eine Zäsur gibt ist nur dort, wo es nach der Zäsur einen deutlichen Unterschied der Situation zu der Situation vor der Zäsur gibt. Wir sind uns alle einig, dass zwischen 300 und 600 extreme Veränderungen stattgefunden haben und diese Entwicklungen nicht sonderlich förderlich für das Bevölkerungswachstum und allgemeinen Wohlstand waren (um es auch mal etwas neutraler zu halten).Ich stimme vollkommen überein damit, dass man Personen und ihr Handeln in der Geschichte nicht mit der Moral und Ethik aus heutiger Sicht beurteilen darf. Es waren eben Menschen ihrer Zeit. Die Resultate kann ich aber sehr wohl als negativ oder positiv beurteilen. Wenn man beim Untergang Roms von einer Transformation spricht, so sollte man dann aber zumindest konsequent sein und einen gleichen wertneutralen Standpunkt für alle anderen historischen Ereignisse anlegen.Ich verwende sicherlich nun deutlich überspitzte Beispiele, einfach um meinen Standpunkt zu unterstreichen. Würdest Du es richtig finden, wenn man von einer \"Transformation der Amerikanischen Bevölkerung\" spricht, anstelle von der Auslöschung ganzer indigener Völker bei der Kolonisierung Amerikas? Es gab auch hierzulande eine Transformation bestimmter Prozentsätze der Bevölkerung - Völkermord ist doch vielleicht zu wertend? Immerhin haben viele Zeitgenossen es auch nicht als solches empfunden oder sogar als gut und hilfreich bezeichnet. Menschenopfer sind für mich auch durchaus als Mord zu bezeichnen, auch wenn die Beteiligten es als heilsbringende Möglichkeit gesehen haben mochten - oder zumindest auf eine bessere Ernte im nächsten Jahr gehofft haben. Versteh mich bitte nicht falsch - ich halte es nur einfach für falsch, wenn man Dinge nicht beim Namen nennt und selbst wenn Zeitgenossen bestimmte Entwicklungen nicht wirklich überschauen konnten und nicht direkt die Konsequenzen gespürt haben oder einfach unbeteiligt waren, so haben doch grade wir als Historiker die Möglichkeit eben solche Ereignisse deutlich weitreichender zu betrachten. Am Beispiel der römischen Republik wollte ich auch nur zeigen, dass diese aufgehört hat zu existieren und sicherlich nicht so, wie es \"im Sinne der Republik\" war. Sondern durch einen langanhaltenden Zersetzungsprozess mit viel Gewalt und Leid. Hier lediglich von einer Transformation zu sprechen, ist meiner Meinung nach schlich euphemistisch! Sich immer nur auf Zeitgenossen zu stützen, dürfte in vielen Fällen auch ein aus heutiger Sicht falsches Bild der gesamten Situation ergeben und vor allem liegen uns doch in vielen Fällen nahezu keinen Quellen vor. Es wurde häufiger erwähnt, dass sich für die Bauern etc. nicht viel geändert hat und sie es nicht als \"Untergang\" wahrgenommen haben. Abgesehen von archäologischen Quellen und Rückschlüssen aus diesen sind uns aber die Hände gebunden und wir können diese Aussage nicht wirklich mit absoluter Sicherheit machen - mir sind zumindest keine weitreichenden Tagebücher der römischen Unterschicht in großer Stückzahl bekannt. Ich halte es absolut für plausibel, dass viele es nicht als Untergang wahrgenommen haben, vor allem nicht auf kurze Sicht gesehen. Jemand der 450 geboren wurde und jedoch vielleicht 80 Jahre gelebt hat, wird am Ende dann vielleicht doch deutliche Veränderungen empfunden haben und die Teile der Bevölkerung die jahrhundertelang zuvor keinen Krieg erlebt haben und nun plötzlich von marodierenden Horden heimgesucht wurden, haben es sicherlich als negativ empfunden und haben möglicherweise sogar von einem Untergang gesprochen.

--- Zitat von: \'severus\',\'index.php?page=Thread&postID=192625#post192625 ---Aber um mal im Bilde zu bleiben. Waren die ehemaligen Foederativerbände, auf die sich Odoaker stützte, auf einmal, nur weil der Kaiser weg war wieder oder immer noch felltragende Barbaren? Oder waren sie das, was man als den Rest des weströmischen Heeres ansehen konnte, das wie so viele Male vorher einfach einen General auf den Schild gehoben hat?
--- Ende Zitat ---
Ich glaube, man darf nicht den Fehler machen und einen Prozess, nur weil er sich zeitlich deutlich ausgedehnt hat, nicht als das zu bezeichnen was er war. Wir sind uns alle einig, dass die Wirtschaft, das Militär und viele andere Dinge einen gewissen Niedergang durchmachten und die Foederatenverbände sind natürlich nicht durch den Wegfall des Kaisers auf einmal wieder Barbaren - es zeigt aber, dass eben ein deutlicher Wandel stattgefunden hat, der schon viel früher anfängt, aber letztlich durchaus ein Baustein zum Ende Roms sein mochte. Die Zeitgenossen haben vielleicht die Situation nicht als Untergang erlebt - dafür war der Prozess zu schleichend. Ein Römer des 1. Jahrhunderts würde sich aber doch sicherlich unwohl gefühlt haben, wenn er auf einmal 500 n. Chr. aufgewacht wäre.
Es ist vielleicht ein wenig wie bei dem Frosch im Kochtopf ... er hüpft nicht raus, weil er sich langsam an die steigende Temperatur gewöhnt... bis schließlich die Proteine in seinem Körper eine Transformation durchmachen :smiley_emoticons_pirate_smile: und er stirbt. Trotzdem wurde der Frosch gekocht - auch wenn er es vielleicht nicht so wahrgenommen hat.
Ich hoffe Du verstehst meinen Text mit einem gewissen Augenzwinkern - ich habe sicherlich an diversen Stellen überspitzt formuliert. Ich möchte mich einfach nur dagegen wehren, alles immer möglichst wertneutral zu betrachten. Es ist ja wie gesagt vollkommen richtig, das Handeln etc. von historischen Personen nicht durch eine moderne Brille zu betrachten und keine modernen Maßstäbe an das Handeln anzulegen. Die Ereignisse als solche kann man aber meiner Meinung nach durchaus wertend betrachten und es verfälscht auch die Wahrnehmung von Ereignissen, wenn man sie absolut wertneutral versucht zu vermitteln.

Ach ja - natürlich hat eine Transformation stattgefunden und an dem Begriff als solchem ist auch nichts direkt auszusetzen. Verwendet man jedoch ausschließlich den Begriff Transformation und unterstreicht nicht auch die negativen Konsequenzen, die meiner Meinung nach einem Untergang des Reiches gleichkommen, so wird durch den Begriff schnell eine Art Kontinuität vorgegaukelt, die es so nicht gab. Selbstverständlich kann eine Transformation allumfassend sein, es impliziert jedoch auch eine gewisse Kontinuität - denn das Alte hört nicht auf zu existieren, es lebt eben in einer neuen Form fort. Es war also alles garnicht so schlimm - schließlich existiert alles in einer neuen (besseren?) Form weiter ... Der Begriff Untergang impliziert doch auch eine Transformation, nur mit deutlich negativer Konnotation. Deshalb halte ich den Begriff für die Ereignisse zwischen 300 und 600 als absolut passend!

severus:

--- Zitat --- Transformation ist sehr wohl
euphemistisch, wenn durch diesen Begriff die negativen Aspekte eines
Ereignisses \"verschleiert\" werden. Grade weil dieser Begriff wertneutral
ist, habe ich meine Bedenken ihn für Ereignisse wie den Untergang des
Römischen Reiches zu nutzen.
--- Ende Zitat ---
Das ist mit Verlaub unlogisch. Weil du der Setzung Untergang zuneigst, lehnst also einen wertneutralen Begriff ab.


--- Zitat --- Würdest Du es richtig finden, wenn man von
einer \"Transformation der Amerikanischen Bevölkerung\" spricht, anstelle
von der Auslöschung ganzer indigener Völker bei der Kolonisierung
Amerikas?
--- Ende Zitat ---
Hier liegt des Pudels Kern. Du verwendest Transformation im falschen Zusammenhang udn unterstellst, Transformation sei ein Begriff, der negatives verschleiern soll. Transformation bezieht sich immer auf die Veränderung des Untersuchungsgegenstandes von innen heraus. TRansformation für Eroberung zu verwenden ist schlicht falsch. Denn darum ggeht es nämlich in der Diskussion über das spätrömische Westreich.

Es wäre ein Untergang, wenn auf einmal Barbarenhorden über das Westreich hereingebrochen wären und allein mit ihrer rohen Gewalt den römischen Staat hinweggefegt hätten. Es gibt aber durchaus Argumente, dass es so eben nicht gelaufen ist. Vilemehr war es ein langer Prozess, in dem versucht wurde, die Foederaten ins Imperium zu integrieren und auch als Sperrmauer anzusiedeln. In dem Maße aber, wie die Römer den den nicht italischen Bewohnern des Imperiums die Verteidigung des Reiches überließen, marginalisierten sie sich selbst. Spätestens seit Diokletian unterschied sich der römische Senat kaum mehr gegenüber dem Senat irgendeiner Stadt im Reich. Die politische Macht lag da schon längst bei den vermeintlich barbarischen Soldatenkaisern, die bisweilen kaum Latein sprachen.

Langer Rede kurzer Sinn. Es hat eine Transformation dessen stattgefunden, was man unter dem römischen Reich überhaupt zu verstehen hatte und wie Herrschaft durch das Imperium ausgeübt wurde. Also eine Begriffstransformation. WEnn du jetzt dagegne hältst, dass es sehr wohl einen Untergang gegeben habe, dann kann ich nur sagen, ein Begriff kann nicht untergehen. Denn letztlich sind solche Dinge, wie Herrschaft, Staat und Kultur mehr oder weniger geistige Konstrukte, um bestimmte Phänomene zu beschreiben. Begriffe wnadeln ihre Bedeutung. Die Karolinger nannten ihre Herrschaft auch Res Publica. Und das obwohl sie wohl kaum etwas mit der römischen Res Publica gemein hatte. Trotzdem ist der Begriff nicht falsch. Res Publica ist nichts anderes als das Gemeinwesen oder wörtlich die öffentliche Angelegenheit.

Man sollte vielleicht wegkommen, die spätröisch Geschichte zu sehr aus der Sicht von oben zu betrachten und vielmehr regional untersuchen, was in der fraglichen Periode passiert ist. Denn dann tritt zutage, wo tatsächlich massive Verwüstungen und Verheerungen aufgetreten sind, wo Kontinuitäten gewahrt wurden und wo Neues versucht wurde.

Hier aber tritt ein ganz entscheidendes Problem hinzu. Ein Quellenproblem. Wir haben meines Wissens nur ganz wenige Schriftquellen aus dieser Zeit und diese sind Schriftquellen aus der Umgebung des byzanthinischen Hofes. Historiker, die für die Eliten über die Eliten des Reiches geschrieben haben.

Im Übrigen ist auch ein Rückgang an Schriftlichkeit nicht zwingend ein Beweis für den Rückgang an Kultur. Es ist nur ein Beweis dafür, dass weniger Schriftquellen überliefert worden sind. Wenn aber keine Schriftquellen mehr vorhanden sind, heißt das, wir können keine quellenfundierten Aussagen mehr über die Epoche machen, die mehr sind als Spekulation auf Basis einer dürftigen archäologischen Fundlage.

WCT:
Sry aber jegliche moralische Bewertung und Bezeichnung ist standortgebunden und daher niemals objektiv. Nationalkonservative dt. Historiker des letzten und vorletzten Jahunderts dürften die Völkerwanderung, da sie wohl die Zerstörung überkommener orientalisch-autokratische Herrschaftsstrukturen und der Beginn der glorreichen ,,germanisch-dt. Nation\" konstatiert hätten, durchaus sehr positiv gewertet haben.
Und auch aus heutiger aufgeklärten europäischen Perspektive: ohne den Untergang des römischen Reiches wohl keine Genese der parlamentarisches Demokratie im Mittelalter und Neuziet. Und das wäre doch wirklich schade, oder?

Jegliche moralische Bewertung ist nur durch Konstruktion alternativer Szenarien/Handlungsalternativen möglich. Das ist aber kontrafaktische Geschichtsschreibung die bekannterweise eine sehr problemantische Methodik hat. Versteht mich nicht falsch ich möchte weder dem positivismus noch dem hegelianischen Geschichtsbild hier das Wort reden. Allerdings sollte uns immer an einer klaren Trennung zwischen konstantierbaren Fakten und Bewertung gelegen sein, besonders im Fall der Terminologie, da sonst wissenschaftlich unfruchtbare Denkschranken entstehen können, welche lange nachwirken können (siehe Intentionalismus/Funktionalismus). Ich kann daher in der Bezeichnung Tranformation keinen Euphemismus erkennen, gerade da die durch die Quellen vermittelten Fakten, doch ganz andere sind als etwa bei dem Völkermord an den Indianern.

Thaddäus:
@ Severus: Unlogisch ist es sicherlich nicht, da ich bei meiner Beurteilung durchaus einer Logik folge. Du bewertest die Ereignisse auch - oder möchtest Du sagen, dass Du die Ereignisse nicht Bewertest, sondern lediglich Fakten auflistest, ohne Auswertung? Absolute Objektivität gibt es schlicht nicht.- und da ich es unpassend finde, die Wirren durch die die Menschen damals gegangen sind nicht als das zu bezeichnen, was sie waren, sondern stattdessen einen Begriff wähle, der keinen Hinweis auf negative oder positive Begleiterscheinungen zulässt, finde ich den Begriff Untergang durchaus passend. Für Dich haben also die Ereignisse weder postive noch negative Folgen für die Bevölkerung gehabt? Man kann also nicht sagen, dass sich etwas verschlechter hat? Es war eben eine Transformation - mehr nicht? Eine Veränderung - ohne negative oder positive Tendenzen? Transformation kann natürlich negative oder positive Tendenzen enthalten, diese müssen dann jedoch gesondert erörtert werden, da der Begriff keinen Schluss darauf zulässt! Untergang impliziert für mich ein Ende auf destruktive Weise und das Ende des römischen Reiches stellt für mich genau so ein Ende dar. Es gab zwar Kontinuitäten, jedoch hat sich in sehr vielen Bereichen die Lebensqualität verschlechtert und es haben viel Menschen unter den Ereignissen gelitten. Ich behaupte ja nicht das der Begriff Transformation faktisch falsch ist - es beschreibt eine Veränderung ... mir ist nur wichtig, dass man dann jedoch zusätzlich die Konsequenzen, die diese Veränderungen mit sich gebracht haben auch unterstreicht. Lediglich von einer Transformation zu sprechen klingt, wie gesagt, sehr schnell so, als wäre nichts passiert, außer, dass nun etwas altes in einer neuen Form weiter existiert und das ist nun einmal nicht der Fall beim römischen Reich. Es hat aufgehört zu existieren und ist dabei durch viele Krisen bis zum Ende gegangen und sowas kann man durchaus als Untergang bezeichnen.
Ich glaube wir reden ein wenig aneinander vorbei und haben am Ende gar nicht so eine unterschiedliche Meinung. Wir haben vermutlich nur jeweils leicht unterschiedliche Definitionen der Begriffe \"Untergang\" und \"Transformation\".
Nach Deiner Definition ist Untergang ein zwingend von außen und durch Eroberung herbeigeführtes Ereignis:
--- Zitat von: \'severus\',\'index.php?page=Thread&postID=192629#post192629 ---Es wäre ein Untergang, wenn auf einmal Barbarenhorden über das Westreich hereingebrochen wären und allein mit ihrer rohen Gewalt den römischen Staat hinweggefegt hätten.
--- Ende Zitat ---
Für mich ist der Begriff Untergang deutlich weiter gefasst. Es kann meiner Meinung nach auch von Untergang gesprochen werden, wenn es ein vielschichtiger, langatmiger Prozess ist - der wichtige Faktor für mich ist der destruktive Aspekt! Laut Duden halte ich \"das Zugrundegehen\" für eine gute Definition.
Transformieren beschreibt lediglich eine Umformung. Es deutet dabei keineswegs auf eine destruktive oder konstruktive Entwicklung hin und verschleiert daher meiner Meinung nach durchaus, ob ein Ereignis nun im Zusammenhang mit Gewalt oder anderen negativen Aspekten behaftet ist.

Ich habe ja bewusst geschrieben, dass ich überspitzte Beispiele verwendet habe und bewusst extreme Beispiele genannt. Per Definition ist der Begriff im Falle der amerikanischen Bevölkerung allerdings nicht falsch. Die Bevölkerung wurde deutlich umgeformt - wenn man es eben absolut wertneutral mit diesem Begriff beschreiben will. Deshalb halte ich den Begriff Transformation für einen Euphemismus.
Eine moralische Wertung ist übrigens nicht nur durch Konstruktion alternativer Szenarien möglich. Ich halte jedoch eine moralische Bewertung durchaus auch für gefährlich, da es schnell zu falscher Beurteilung von Fakten führen kann, wenn die Bewertung der Fakten nicht zuerst und die moralische Bewertung als zweites kommt. Vor allem sollte man das Handeln der Personen nicht durch eine Brille der modernen Moral und Ethik versuchen zu erklären. Eine moralische Wertung halte ich aber dennoch für wichtig - sonst dürften wir z.B. den Holocaust nicht als schreckliches Ereignis bezeichnen sondern dürften nur die Fakten nennen und sagen \"so war es eben\". Für mich bestehen da 2 ebenen - einmal die rein faktische und zum anderen die Ebene, wie wir aus heutiger Sicht die Erkenntnisse beurteilen, die wir durch die Fakten gewonnen haben. Rein faktisch - und da stimme ich ja auch vollkommen überein - durchlebte das römische Reich eine Transformation. Dennoch war diese Transformation für viele Menschen eine Katastrophe und es ist daher durchaus auch als Untergang zu bezeichnen.

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