Epochen > Altertum
Diskussionsthema - Der Untergang des Weströmischen Reiches
Thaddäus:
@Mansfeld: Deine Frage an mich hast Du quasi selbst beantwortet. Ein Untergang muss nicht das Apokalyptische Ende in kurzer Zeit sein, wie es das 3. Reich fabriziert hat. Genau der schleichende Prozess, den Du erwähnst, der durchaus schon im 3. Jahrhundert beginnt und sich langsam fortschreitend durch die Geschichte zieht, bis das römische Reich zur Unkenntlichkeit zerfallen ist - genau das bezeichne ich als Untergang. Gestützt wird es durch Deine eigenen Erwähnungen und man kann sicherlich noch viele hinzufügen (Demographisch, Wirtschaftlich .. es lassen sich viele Hinweise geben, die auf eine Rückentwicklung schließen lassen)
Wie ich schon geschrieben habe, die Definition \"zugrunde gehe\" finde ich sehr passend. Etwas kann auch sehr langsam zugrunde gehen ;) ... aber es bleibt dabei durchaus ein Untergang. Es ist eben keine positive Entwicklung, sondern destruktiv.
@Tumbertor: Ohoh.. der Spengler, da reagieren aber viele allergisch drauf. Ein gewisses Auf und Ab halte ich jedoch durchaus für nachvollziehbar. Es findet sich irgendwie in fast allen Bereichen, man betrachte allein mal die Wirtschaftlichen Zyklen! Etwas abstrakter gesehen finde ich es immer auch recht amüsant, dass es sich auch in der Geschichtswissenschaft findet. Es gibt eine These A - Später kommt jemand mit einer revolutionären Gegenthese B - und am Ende einigt man sich dann in der Mitte, bis wieder irgendwer mal wieder was neues findet. Wie ein Pendel ;).
steffen1988:
Von einer Transformation des Reiches würde ich nicht sprechen. Ich verstehe darunter die Veränderung zu etwas gleichem, besseren oder effektiveren als das davorige. Beim Römischen Reich sollte man von einem Untergang abstand nehmen und eher von einem Niedergang sprechen. Vorallem einem Kulturellen und MIlitärischen Niedergang.
Ich wunder mich das noch niemand den möglicherweise degerativen Einfluss des Christentums auf diesen \"Niedergang\" ins Spiel gebracht hat.
Thaddäus:
--- Zitat von: \'Yogsothoth\',\'index.php?page=Thread&postID=192700#post192700 ---Bezogen auf andere Themen (z.B. Nationalismus, Kolonialismus usw.) schrecken Historiker ja nicht gerade vor Werturteilen, auch moralischer Art, zurück, sondern betrachten ein gesellschaftspädagogisches Einwirken auf die Öffentlichkeit auf Basis solcher Urteile über die Vergangenheit ja geradezu als ihre Hauptaufgabe und Daseinsberechtigung. Warum dann die Hemmungen in Bezug auf die Antike?
--- Ende Zitat ---
Wenn es keine Werturteile gibt, dann kann es eigentlich auch keinen wirklichen Erkenntnisgewinn geben. Wenn wir lediglich Fakten auflisten, dann sind wir an dem Punkt \"Tonscherbe XY wurde auf dem Acker hinter der Kirche gefunden\".
Abgesehen davon, bleibt keine weitere Erkenntnis, wenn man nicht den Fund interpretiert und bewertet - und genau da setzt eben auch das Werturteil ein, von dem sich kein Mensch frei machen kann. Bewertet man z.b. den Rückgang der Bevölkerung Roms nun als tolle Neuerung, - eine Herausforderung, der sich Rom stellen durfte und welche die Gesellschaft vielleicht sogar nach vorne gebracht hat, oder bezeichnet man es doch eher als Rückgang und Zerfall ... die Interpretation ist ein Werturteil.
Thaddäus:
--- Zitat von: \'steffen1988\',\'index.php?page=Thread&postID=192707#post192707 ---Beim Römischen Reich sollte man von einem Untergang abstand nehmen und eher von einem Niedergang sprechen.
--- Ende Zitat ---
Niedergang habe ich ja auch durchaus schon angeführt - es kommt wie gesagt wohl ein wenig auf die persönliche Definition der Begriffe an. Bei Niedergang schwingt natürlich schon ein wenig der längere Zeitraum vielleicht mit. Transformation ist jedoch zu Wertneutral für meinen Geschmack und es sollte ein Begriff gewählt werden, der die destruktiven, negativen Effekte wiedergibt. Niedergang klammert für mich vom Gefühl her ein wenig den Gewaltaspekt aus, während Untergang oft nicht über diesen langen Zeitraum verstanden wird. Es lässt sich da bestimmt herrlich drüber streiten :).
Im Englischen finde ich das \"Rise and Fall of the Roman Empire\" eigentlich eine gute Bezeichnung für das Werden und Gehen.
Führt Spengler nicht auch das Christentum als degenerativen Einfluss an? Wobei ich dieses Thema ehrlich gesagt für sehr umfangreich halte, denn der Osten des Reiches hat ja \"trotz\" Christentum noch lange weiter existiert und hat nicht so sehr diesen Niedergang erfahren. Es kann also höchstens ein Einfluss unter vielen gewesen sein, für das westliche Reich... wenn überhaupt. Ich würde es eben eher bezweifeln - da es auch durchaus einigende und stärkende Elemente für den Staat beherbergt hat.
Mansfeld:
Insgesamt sehr schöne Diskussion mit sehr klugen Teilnehmern, nur mal so angemerkt :)
Die angesprochenen Verfallserscheinungen (Verringerung der Stadtbevölkerung, Verfall bestehender baulicher Infrastruktur) setzen allerdings in der Soldatenkaiserzeit schon ein, aber wie alle ja schon gesagt haben, es ist schwer zu sagen, ab wann eine Situation eine rote Linie überschreitet.
Aber nur zur Klärung, was versteht ihr unter Untergang?
Das Verschwinden einer staatlichen Organisationsform in einem bestimmten Zustand? Immerhin heisst es ja im Threadtitel \"Untergang des Weströmischen Reichs\". Das impliziert ja schon eine poltische Betrachtungsweise.
Einen Niedergang der materiellen Kultur? Ist zumindest in der Alltagskultur nicht festzustellen, höchstens bei größeren Bausubstanzen (Aquädukte, Straßen).
Eine Verkleinerung der Wirtschaftsräume? Da ist man sich nicht so einig, archöologisch lässt sich ein funktionierender Fernhandel auch nach 476 nachweisen.
Oder ein Rückgang der Schriftlichkeit und des kulturellen Niveaus? Ersteres ist tatsächlich festzustellen, letzteres - naja, Goldschmiedearbeiten aus der Völkerwanderungszeit haben ein sehr hohes technisches Niveau, teilweise können wir heutzutage mit all unserer Technik da so einiges immer noch nicht nachmachen.
Übrigens kann man dieselbe Diskussion auch über \"Wann endet das Mittelalter\" führen, wenn es um die reine Abgrenzung geht.
P.S.: Ich glaube, ich habe bei \"Untergang\" einfach zu sehr Bilder wie 1945 im Kopf, daher mein Unbehagen mit der Anwendung auf den Übergang Spätantike/Frühmittelalter. :)
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