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Wie historisch korrekt sind \"historische\" Regelwerke?
Hanno Barka:
Also erstens hab ich net den Nerv alle Regelbücher, die ich hab (ich sammel die auch - sind bestimmt mehr als 100) im einzelnen nach ihrer historischen Genauigkeit zu bewerten, und zweitens ist das wieder so eine Sache. Gemäß dem allgemeinen Konsens bildet kein Regelwerk die Realität 1:1 ab, ergo sind alle Regelwerke eine Abstraktion der Realität mit der Betonung der Aspekte, die dem Autor wichtig sind, das heißt dann meistens, daß andere Aspekte verzerrt werden, oder ganz auf der Strecke bleiben...
Nur ein paar Beispiele - Napoleon\'s Battles fokusiert auf Command & Control und gibt das imo sehr gut wieder, Formationen sind problematischer wegen des Flairs kann man Linien, Kolonnen und Karres formieren, aber aufgrund des Geländemaßstabs, brechen die Soldaten jeden 100m Weltrekord wenn sie von Linie in Karree gehen... Fire and Fury gibt ein ganz gutes Gefühl mit welchen Unwägbarkeiten das Kommando einer Armee verbunden war, dafür ist vieles generisch gehalten (nicht jede Unionsbatterie schoss weiter als ihr konföderiertes Gegenstück...) - Tactica versucht das Benehmen der Truppen extrem realistisch wiederzugeben -dafür kann man mit jeder Armee nur gegen wenige Gegner spielen, weil die Balance sonst nicht gegeben ist, und wenn das Spiel begonnen hat hat man kaum mehr Einfluss auf das was passiert - vielleicht sehr realistisch, aber auf Dauer befriedigend?
Selbst das bez. Historizität viel kritisierte Boltaction macht etwas gut - es vermittelt das Flair der der heroischen Hollywoodfilme aus den 60ern über den WK2 - aauch ein Aspekt der Geschichte. (Shakespears Dramen sind auch nur großartige Dramen vor einer geschichtlichen Kulisse - William war nicht mit dem Diktiergerät im Senat als Caeser ermordet wurde und die Wahrscheinlichkeit, daß dort die Worte aus seinem Drame fielen ist überaus gering :) )
Will sagen im Endeffekt bilden sie alle die Realität mehr oder weniger gut ab - wie gut hängt davon ab, welche Aspekte einem selber wichtig sind...
Wookie:
--- Zitat von: \'Wellington\',\'index.php?page=Thread&postID=189274#post189274 --- Am schlimmsten war es bei
der unglaublich üblen FoW Übersetzung, die war für viele FoW Fanboys
über jede Kritik erhaben!
--- Ende Zitat ---
Sorry, bißchen spät, aber...
...wo, bitte, hast Du denn Leute gefunden, die die deutsche FoW-Übersetzung gut oder gar \"über jede Kritik erhaben\" fanden?
Ich kenne keinen, der die gut fand. Selbst im FoW-Forum gab\'s nur vernichtende Kritiken.
Wellington:
--- Zitat von: \'Wookie\',\'index.php?page=Thread&postID=189424#post189424 ---...wo, bitte, hast Du denn Leute gefunden, die die deutsche FoW-Übersetzung gut oder gar \"über jede Kritik erhaben\" fanden?
Ich kenne keinen, der die gut fand. Selbst im FoW-Forum gab\'s nur vernichtende Kritiken.
--- Ende Zitat ---
Ne in dem Forum gabs damals ein paar Battlefront Fanboys, die bei jeder kritischen Bemerkung ausgetickt sind. Kann mich aber nicht mehr an die Namen erinnern.
Zurück zum Thema ...
Bei den Flufftexten muß klar sein ob damit historische Tatsachen, zeitgenössische Überlieferungen oder was anderes gemeint ist. Das ist Mindeststandard!
Zu den Regeln selbst ...
Als Physiker sehe die Regeln als ein Instrument oder Modell um die \"Wirklichkeit\" abzubilden/zu vereinfachen. Die \"Wirklichkeit\" die ich abbilden will, kann unter anderem sein:
- die tatsächliche historische Schlacht mit ihrem genauen Ablauf, den Truppen etc. nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen
- die historischen Überlieferung gemäss einer Chronik oder Saga mit 1000000 Krieger auf jeder Seite und Helden die sich durch die Reihen mähen
- der cinematischen Ansatz ala Sharp
- was es sonst noch so gibt ...
Wenn ich vorne in das Modell was reinfüttere, erwarte ich das hinten was Plausibles rauskommt, z.B. dass bei Saga die Wikinger die Angelsachsen weghauen können, bei WAB die Römer den Hopliten tendenziell überlegen sind und bei Saga der gute Conan mit einem Angriff ne ganze Einheit Kultisten weghaut etc. Das Ergebnis muß nicht das historische Ergebnis, aber plausibel sein. Wenn man Hastings mit Wab spielt und die Normannen grundsätzlich nicht gewinnen können, dann taugt das Modell, bzw. das System nichts.
Die nächste Ebene sind die Mechanismen, die zu dem plausiblen Ergebnis führen. Wenn man mit den offensichtlich falschen Mechanismen zum richtigen Ergebnis spricht dass nicht für das System. Wenn die Briten und Preussen bei ner Waterloo Simulation gewinnen ist das plausibel, was aber auch für einem französischen Sieg gelten würde. Aber wenn die Briten auf Grund ihrer Raketenangriffe, Sturmangriffe im Karreeformation und und Hit-and-Run Angriffe (Parthian Shot) der Dragoner die Franzosen besiegen, weil das System es erlaubt ... Ich weiß nicht .... Macht für mich keinen Sinn.
Letzlich können wir auf Grund unseres Wissens wohl nur Schlachten der letzten 250 Jahre einigermassen korrekt mit allen Details nachmodellieren, vorher fehlt uns wohl immer das wissen. Die 250 Jahre sind geschätzt, nagelt mich nicht darauf fest! Ich hab aber Bücher über den WW2 gelesen die den Eindruck vermitteln dass die Briten selbst hier Probleme haben die Zusammensetzung von Einheiten, Bewaffnung und Qualität der Truppen zu rekonstruieren.
Lange Rede, kurzer Sinn. Ein gutes System muß für das Setting ein plausibles Ergebnis liefern, unter Verwendung der aus der Sicht des Spielers korrekten Mechanismen. Und Spaß muß es machen :thumbsup:
AndréM:
Jo, die von dir genannten Fanboys dürften auch die gleichen sein, die immer mal wieder Neulinge wegen \"ungebührlicher\" Fragen filettieren.
zum Thema:
Verkündet ein Buch, dass es hist. akkurat ist, dan erwarte ich, dass alle wichtigen Kerndaten korrekt sind und auch die normalerweise leicht zugänglichen Infos eingearbeitet sind. Idealerweise immer mit dem Hinweis, dass dies der aktuelle Forschungsstand war. Denn im Lauf der Zeit kann sich da so einiges ändern und eine fehlinformierte Quelle reicht da aus, um dutzende von Büchern dann diese Fehler weitertragen zu lassen. Ich hab da mal einen Artikel über den Kampf um eine Stadt in der Normandie im WWII zur Übersetzung gehabt und mich über wiedersprüchliche Aussagen gewundert. Glücklicherweise schau ich bei sowas immer nach Kartenmaterial und stimme die Beschreibungen darauf ab. Ergebnis: Irgendwer hatten den Ort der Radarstellung und des Flughafens in den 50ern verwechselt und alle späteren Texte haben das fein kopiert. Allerdings wiedersprach dass inzwischen freigegebenen Einheitsberichten. In den ganzen Jahrzehnten hat sich aber wohl keiner die Mühe gemacht Karten zu vergleichen oder vor Ort zu prüfen. Denn der Flughafen und die Stellungen existieren noch in großen Teilen und waren da, wo die Einheitsberichte sie platzierten.
Was die britischen Quellen angeht... wenn ich mir so ansehe, was da teils an militärischen Fiaskos schöngeschrieben wurde (Erb-Offiziertum at its worst), wundert es mich nicht, dass es schwieriger ist daraus vernüftiges Material zu extrahieren. Indien ist ein schönes Beispiel, da bekommt man Berichte zu Gesicht, wo man sich fragt, ob die alle an der gleichen Schlacht teilgenommen haben oder sich jeder seine eigene Sorte Opium vorm Schreiben reingezogen hat.... :dance3:
Wann immer eine Armee mit einem leichtem Dokumentiertick im Felde war, wirds deutlich einfacher die Dinge zu rekonstruieren und da gabs schon weit vor den Deutschen in den Weltkriegen Armeen, die selbst deutschen Bürohengsten zu pedantisch beim Dokumentieren gewesen wären... für uns heute allerdings ein Segen.
Constable:
ich muss sagen dass das bei mir im Grunde kein großes Thema ist. Für mich ist das immer noch ein Hobby und als Hobby muss es für mich persönlich vor allem eines; Spaß machen. Fertig und aus.
Da steht bei mir ganz klar auf der einen Seite der Beruf und auf der anderen Seite das Hobby. Schlimm würde es für mich werden wenn historische Fakten dermaßen verdreht werden und es an Geschichtsfälschung herankommt. Habe ich aber entweder nie gelesen oder ist mir nich tuntergekommen oder hat mich noch nicht interessiert. Manche Regelsets gehen ja schon mit der Prämisse ans Werk nicht alles vollkommen historisch zu sehen, warum sollte ich das also?
Und wegen nicht so eng sehen? Größer denken usw., glaube ich absolut nicht dass nur diese aufgeblasenen Megschlachten ihre Berechtigung haben. Es gab und gibt ständig kleine Kampfhandlungen.....Duelle waren ja auch historisch....also auch hier wieder, alles möge erlaubt sein solange es Spaß macht.
Jedem TT-Spielerchen sein PLaisierchen. :hi:
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