das ist ja mal ne interessante kontroverse Diskussion...
meiner Erfahrung nach ist es schwierig, Regelsysteme von ihrem Spielerkreis und ihrem Hersteller zu trennen. Auch der bevorzugte Maßstab spielt eine große Rolle.
Die Spieldesigner haben unterschiedliche Ziele im Sinn - der eine möchte möglichst genau die Realität und die taktischen Mechanismen abbilden (Chain of Command, Command Decision), der andere möglichst viele Zinnfiguren verkaufen (FoW, BA) - so ungefähr würde ich die Bandbreite abstecken. Dementsprechend tendieren letztere zur Turnieroptimierung, was natürlich dem Realismus abträglich ist. Dazwischen tummeln sich alle möglichen Hybriden, die letztlich in der der Wahl des Maßstabs begründet sind (Rapid Fire u.Ä.)
Jedes Spielsystem \"sucht sich\" natürlich seinen eigenen Spielerkreis, die Kompetitiven, die Ästheten, die Knopfzähler, um nur ein paar Extreme auszumalen.
Jedem Spieler mit, sagen wir mal, forgeschrittenem Geschichtsverständnis muß allerdings klar sein, daß einigermaßen präzise Abbildung historischer Ereignisse am spezifischen Szenario nicht vorbeikommt, denn man kann nichts über einen Kamm scheren in der Militärgeschichte (Tacitus und Clausewitz zum Trotz). Ein um Authentizität bemühtes Regelsystem muß sowas ermöglichen.
Warum man allerdings dem jeweiligen Spielerkreis seinen Spaß madig machen muß ist mir jetzt nicht ganz so klar....
Ich hab z.B. BA ausprobiert und fand mich an 40K erinnert - ich würde es nur im Notfall spielen - finde aber die BA Spielerschaft um Längen kreativer als die drögen CoC Regeldiskutierer und tausche mich im Net mit ersteren lieber übers Zinnfigurensammeln aus. Als FoW rauskam sind mir als jahrelangem 1/72 Kleberschnüffler die \"maßstabsbereinigten\" FoW Fahrzeuge fast aus der Hand gefallen, aber so what? Zum Spielen kann man den Kram schnell zusammenbasteln und bemalen und eben auf den Tisch stellen.
Ich persönlich bin immer für kontroverse, aber sachliche Diskussionen zu haben. Ich weiß das ist nicht immer einfach, aber bemühen kann man sich trotzdem darum.
Es kann doch nicht verwunderlich sein daß ein Spielsystem das auf Verkaufsmaximierung von Modellen ausgelegt ist den größeren Spielerkreis hat und beliebter ist, allerdings die üblichen Turnierabstriche machen muß. Da haben die was richtig gemacht.
Leute die sich über die Anzahl und Position von Nieten und Knöpfen lieber unterhalten bemalen und spielen eben weniger. Im besten Fall produzieren sie meisterliche Dioramen, im schlimmsten Fall sind es unerträgliche Nörgler mit denen niemand spielen möchte. Die Kreise mit den \"authentischen\" Regeln sind meistens klein und elitär, das ist nicht ganz überraschend. Übrigens, kleines kostenloses Schmankerl aus über 20 jahren Wargaming: Gelände was scheiße viel Geld gekostet hat kann auch scheiße unauthentisch und unrealistisch aussehen, nur sind die Zuschauer meistens zu geflasht vom protzigen Aufwand um das zu merken....
Wenn sich jeder mal ein bißchen \"Leben und Leben lassen\" ins Buch schriebe wäre allen besser gedient und man könnte leichter voneinander abschauen.
Jahrzehntelanges Wargaming hat mich mehr über Spieler und mich selbst belehrt als über historische Authentizität - die kann man an der Uni studieren....