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Schlachten der Tabletop-Klassiker

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Riothamus:
Waterloo hat natürlich auch den Vorteil des recht kleinen Schlachtfelds und der traumhaft guten Quellen- und Publikationslage.

Die Kriege seit dem 18. Jahrhundert sind ja im 19. Jahrhundert -teils mehrfach- in großen offiziösen Werken bearbeitet worden. Ältere Konflikte harren dieser Arbeit oder es gibt unzulängliche Quellen. Delbrück lag zwar gerade bei den Schlachtenbeschreibungen oft daneben, aber dass über viele Schlachten aufgrund der Art und Weise der Geschichtsschreibung eigentlich nichts gesagt werden kann, ist heute noch gültig.

Hinzu kommt, dass viele Schlachten nicht nachgespielt werden können, weil die Regeln die Truppentypen nicht vorsehen. Caesar hat z.B. Kavallerie und Legionäre kombiniert. Da müsste man dann schon Regeln modifizieren. Für Double-DBA und die Schlacht bei Zama ist so etwas vorgeführt worden. Dabei wird eine Aufstellung in 3 Treffen und mit speziell für die Schlacht aufgestellten Listen gezeigt. Die Treffen haben -geteilt in Angriifs- und Reservearmee- getrennte Siegbedingungen und die Regeln sind auch etwas angepasst. (John Curry (Hg.), DBA 2.2 Simple Ancient and Medieval Wargaming Rules Including DBSA and DBA 1.0, o.O. 2012, S. 76-83.)

Szenarios aufgrund der Schlachtbeschreibungen von Tacitus sind übrigens letztes Jahr erschienen. Ich würde ja selbst Annalen und Historien in die Hand nehmen, aber...

Pappenheimer:

--- Zitat von: \'Riothamus\',\'index.php?page=Thread&postID=265574#post265574 ---Delbrück lag zwar gerade bei den Schlachtenbeschreibungen oft daneben, aber dass über viele Schlachten aufgrund der Art und Weise der Geschichtsschreibung eigentlich nichts gesagt werden kann, ist heute noch gültig.

--- Ende Zitat ---
Seine Analyse über die Truppenstärke und -Zusammensetzung der antiken Heere bei Marathon, Issos und Gaugamela finde ich als die Höhepunkte seiner Werke, v.a. wie er die Fantasiezahlen auseinander nimmt. Mit einfach ne 0 wegstreichen ist es eben nicht getan, wenn man an wahrscheinliche Größen von Heeren gehen will. Da zeigt er sich als Praktiker. Wieviele Krieger waren überhaupt logistisch zu versorgen in der Antike? Wie sah die Kriegsführung aus? Setzte man damals überhaupt jemals auf solche Massenheere, die uns noch immer Autoren heute über die Antike vorgaukeln wollen?
Was meistenteils eh nur Spekulation ist, lässt sich ja auch schwerlich widerlegen, außer Delbrück wurden handwerkliche Fehler oder Ignorierung/Unkenntnis bestimmter Quellen nachgewiesen.
Bei den Germanen und im Mittelalter scheint er mir weniger zuverlässig.

Pappenheimer:
Zeitpunkt: Dezember 1757
Ort: Leuthen, Schlesien
Historischer Sieger: Preußen
Verlierer: Österreich
Typus: Angriff auf die Flanke des Verteidigers

Analyse:
Eine deutlich qualitativ überlegene aber quantitativ deutlich unterlegene Armee unter Friedrich II. schafft durch Geschwindigkeit, Täuschung und Disziplin einen der bedeutendsten Siege der Kabinettskriegsära. Prinz Karl von Lothringen lässt sich allerdings auch überrumpeln und wird nach dieser Niederlage endlich vom Kommando abgelöst. Die österreichischen Generäle kämpfen teilweise unkoordiniert. Mit Nadásdy steht auf dem angegriffenen Flügel immerhin einer der besten Kavallerieführer des 18.Jh.; die dort postierten Württemberger laufen meistenteils einfach davon ohne einen Schuss abzufeuern.

Fürs Tabletop:
Eine anspruchsvolle Schlacht, die viel Platz benötigt, da der ganze Reiz in dem Flankenangriff und der Umgruppierung der Österreicher liegt. Bei einer geschickten Hinhaltetaktik auf österr. Seite evtl. sogar für die Österreicher gewinnbar.

Beispiele, wer hat\'s gespielt?
carryingsonupthedale (das Besondere an der Schlacht ignorierend, handelt es wie eine normale Linearschlacht ab, nur den Moment als sich die Österreicher wieder bei Leuthen gefangen hatten) http://www.carryingsonupthedale.com/search?q=Leuthen
Der Alte Fritz: http://altefritz.blogspot.de/2014/12/leuthen-day-fashionably-late.html

Poliorketes:
Leuthen ist wie Dettingen eher ein Beispiel dafür, daß es durchaus extrem schwer sein kann, die historischen Ergebnisse zu erreichen.

Riothamus:

--- Zitat von: \'Pappenheimer\',\'index.php?page=Thread&postID=265610#post265610 ---
--- Zitat von: \'Riothamus\',\'index.php?page=Thread&postID=265574#post265574 ---Delbrück lag zwar gerade bei den Schlachtenbeschreibungen oft daneben, aber dass über viele Schlachten aufgrund der Art und Weise der Geschichtsschreibung eigentlich nichts gesagt werden kann, ist heute noch gültig.

--- Ende Zitat ---
Seine Analyse über die Truppenstärke und -Zusammensetzung der antiken Heere bei Marathon, Issos und Gaugamela finde ich als die Höhepunkte seiner Werke, v.a. wie er die Fantasiezahlen auseinander nimmt. Mit einfach ne 0 wegstreichen ist es eben nicht getan, wenn man an wahrscheinliche Größen von Heeren gehen will. Da zeigt er sich als Praktiker. Wieviele Krieger waren überhaupt logistisch zu versorgen in der Antike? Wie sah die Kriegsführung aus? Setzte man damals überhaupt jemals auf solche Massenheere, die uns noch immer Autoren heute über die Antike vorgaukeln wollen?
Was meistenteils eh nur Spekulation ist, lässt sich ja auch schwerlich widerlegen, außer Delbrück wurden handwerkliche Fehler oder Ignorierung/Unkenntnis bestimmter Quellen nachgewiesen.
Bei den Germanen und im Mittelalter scheint er mir weniger zuverlässig.
--- Ende Zitat ---

Delbrück hatte natürlich das Pech, dass die möglichen Orte vieler antiker Schlachtfelder erst nach dem Erscheinen seines Werks in Augenschein genommen und publiziert wurden. Und das meist ausgerechnet von seinen Widersachern.

Im Mittelalter hatte er ein größeres Problem mit den Quellen als er dachte. Man denke nur an das von mir wirklich jedem, der so etwas rekonstruieren will, sehr ans Herz gelegte Werk von Georges Duby: Der Sonntag von Bouvines 27. Juli 1214, Berlin 1988. (Die Übersetzung ist zwar preisgekrönt, aber das Original erschien 1973 in Paris.) (Und das Problem des damals noch nicht genügend untersuchten Mittellateins kam für ihn natürlich schon beim Verständnis des Gemeinten hinzu.)

Bei den Germanen war es natürlich auch das Problem des Forschungsstandes. Aber die vorgenommenen Abschätzungen wiesen doch auch den Weg, selbst wenn sie auf falschen Voraussetzungen für die Zahlen beruhten. Sein größter Fehler war von Wirtschaftsformen des 19. Jahrhunderts auszugehen. Was er als Viehbestand eines ganzen Dorfes bezeichnete, stand in den Ställen so mancher ausgegrabener Wohnstallhäuser schon einzeln, weil damals hierzulande eben die Viehwirtschaft gegenüber dem Ackerbau im Vordergrund stand. Das änderte sich erst im 11. und 12. Jahrhundert, was dann die Hungersnöte während der Kleinen Eiszeit verschärfte, wodurch dann wieder der Handel eine Belebung erfuhr...

Ich bezog mich aber eher auf seine Analyse der Schlachtberichte der erzählenden Quellen, die oft genug zum Schluss kam, dass ihnen nur scheinbar Informationen zu entnehmen ist. Denken wir modern an die Schilderung der Varusschlacht durch Cassius Dio, der Eindrücke schildert, die zu jeder Schlacht passen und Topoi sowie Vorurteile zu Germanien in die Schilderung einbaut. Daraus sind schon weitgehende Schlüsse gezogen worden, die aber der Grundlage entbehren, weil sie auf den Bestandteilen seiner Schilderung beruhen, die er für Ausschmückungen benutzte. Den durchschnittlichen Wargamer mag so etwas dann auch verwirren, da der grobe Ablauf, den Dio schildert, ja als zuverlässig gilt. So etwas hemmt dann natürlich die Beschäftigung mit solchen Themen noch weiter.

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